The Anatomist - Anthony Sampsons Autobiografie
Dr. Alexander von Paleske - -- 12.4. 2009 --In diesem Jahr erschien die Autobiografie des wohl besten britischen Journalisten des vergangenen Jahrhunderts und Biografen Nelson Mandelas, Anthony Sampson, unter dem Titel THE ANATOMIST.
Lehrjahre in Südafrika
Die für den damals 24-jährigen Oxford-Absolventen im Fach Theaterwissenschaften entscheidende Weichenstellung fand im Jahre 1951 statt.
Am Karfreitag des Jahres erhielt er ein Telegramm seines südafrikanischen Freundes Jim Bailey:
ARE YOU IMMEDIATELY AVAILABLE STOP JOB NEW NEGRO PERIODICAL IN CAPE TOWN STOP FIFTY POUNDS MONTH STOP SAY YES STOP JIM BAILEY
Eine Freundschaft aus Oxford
Sampson hatte Bailey während seines Studiums in Oxford kennengelernt. Bailey war der Sohn eines reichen Minenmagnaten aus Johannesburg, hatte an der Luftschlacht um England, der sogenannten „Battle of Britain“ teilgenommen und neben dem Studium der Philosophie in Oxford sich um die Farm seines verstorbenen Vaters, Sir Abe Bailey gekümmert.
DRUM Jahre in Johannesburg
Sampson nahm das Angebot an und wurde Chefredakteur der Monatsszeitschrift DRUM, dessen Zielgruppe die schwarze Bevölkerung Südafrikas werden sollte.
Sampson, der keinerlei Erfahrung im Zeitungswesen hatte, lernte schnell, vor allem, dass eine Zeitschrift für Schwarze nur von Schwarzen gemacht werden kann.
Innerhalb relativ kurzer Zeit gelang es ihm, eine Gruppe von schwarzen Journalisten zu rekrutieren, fast alle ohne einschlägige Berufserfahrung, die DRUM zu einer Art Sprachrohr und Spiegelbild der schwarzen Bevölkerung machte.
Drum-Redaktion. Links (mit Pfeife) Henry Nxumalo
Die Fotos für das Magazin, gerade in der Anfangszeit wurden fast ausschliesslich von dem deutschen Fotografen Jürgen Schadeberg geschossen. Schadeberg präsentiert zur Zeit viele dieser Fotos in Hamburg ..
Henry Nxumalo - Investigativer Journalist
Natürlich gab es in DRUM den üblichen Unterhaltungs-Mix von Sex und Crime, aber herausragend waren die Reportagen des investigativen Journalisten Henry Nxumalo:
Die Ausbeutung und körperliche Misshandlung der schwarzen Farmarbeiter, das Tot-System in den Weinanbaugebieten der Kap-Region, wo ein Teil des Lohnes nicht in bar ausgezahlt wurde, stattdessen im Wein bestand, der die Arbeiter in einer Art ständiger Angetrunkenheit hielt, mit den entsprechenden gesundheitlichen Folgen.
Dann die Art und Weise der Rekrutierung von Arbeitern, das Pass-System und die Misshandlungen im Gefängnis.
Um diese Misshandlungen zu dokumentieren liess sich Henry Nxumalo absichtlich verhaften. Damals wanderte man schon wegen einer Bagatelle ins Gefängnis.
Wo viel Ungerechtigkeit und brutale Unterdrückung vorhanden ist – und davon gab es im Apartheid-Südafrika reichlichst - da findet der investigative Journalismus ein reiches Betätigungsfeld zur Aufdeckung und Berichterstattung.
Henry Nxumalo wurde zum Mr. Drum, der Aufdecker von Ungerechtigkeiten. Die Auflage von DRUM schoss nach oben, für Schwarze war es „ihr“ Magazin geworden, das aus ihrer Welt berichtete, das an ihnen begangene Ungerechtigkeiten blosslegte und ihre Sorgen und Freuden teilte.
Dazu trugen gerade auch die Kurzgeschichten von Can Themba und das Beleuchten der blühenden Musikszene durch Todd Matshikiza bei.
Zwei herausragende Fotografen, die später auch international bekannt wurden, hatten dort unter Jürgen Schadeberg ihre Lehrzeit, Peter Magubane und Bob Gosani.
Nelson Mandela und DRUM
Und Sampson öffnete das Blatt für den ANC. Nicht nur berichtete er von den ANC Konferenzen, interviewte den damaligen ANC Präsidenten Albert Luthuli , sondern lud Nelson Mandela ein, dort Artikel zu schreiben, insbesondere zur Defiance Campaign im Jahre 1952, ein gewaltloser Widerstand gegen die Rassentrennungsgesetze, der ersten grossen Massenaktion des ANC.
Langsam glitt durch die Erfahrungen Anthony Sampson aus der weissen Welt in die schwarze, er begann die Welt mit anderen Augen zu sehen, er ging dort in eine Art Schule wie er schreibt, der Chefredakteur wurde zum Schüler nicht nur seiner Redakteure sondern der afrikanischen Kultur.
Vier Jahre lang war er Chefredakteur von DRUM, wesentlich länger als er ursprünglich geplant hatte, dann kehrte er nach England zurück, und wurde Journalist beim OBSERVER, damals noch unter der Regie von David Astor .
Weg aus Afrika und zurück nach Afrika
Sampson glaubte, Afrika hinter sich gelassen zu haben, aber das sollte sich als Irrtum erweisen. Wann immer er konnte, reiste er nach Afrika und sorgte mit seinen Artikeln im OBSERVER dafür, dass dieser Kontinent nicht vergessen und insbesondere die brutale Apartheidpolitik der südafrikanischen Regierung an den Pranger gestellt wurde.
Er erlebte hautnah mit und berichtete über den Niedergang des US Präsidenten Nixon nach der Watergate Affäre.
Für Willy Brandts Nord-Süd Kommission nahm er an deren Sitzungen teil und schrieb den Bericht.
Vom Journalisten zum Buchautor
Sampson verliess den OBSERVER als festangestellter Journalist und wurde zum Buchautor.
Er schrieb 27 Bücher, die teilweise auch in deutsch erschienen ANATOMY OF BRITAIN (Dt. Wer regiert England)– über die Machtelite in Grossbritannien, THE ARMS BAZAAR (Dt. Die Waffenhändler)
Das Buch "Die Waffenhändler" erschien 1977
THE SEVEN SISTERS (Dt Die sieben Schwestern) – über die Oelkonzerne, , THE SOVEREIGN STATE-(Dt. Weltmacht ITT) über den Multi ITT und seinen Einfluss auf die Politik gerade auch in Lateinamerika , WHO RUNS THIS PLACE - ein Buch gegen den Blairismus und den Krieg im Irak, um nur einige zu nennen und nicht zu vergessen MANDELA – die einzige von Nelson Mandela autorisierte Biografie, das Standardwerk.
Kurz vor seinem Tode, er starb am 18.12. 2004, nahm er noch an einer grossen Demonstration gegen den Irakkrieg in London teil.
Sampsons Biografie, die hoffentlich auch in deutsch erscheinen wird, nimmt den Leser noch einmal mit auf die Reise dieses ausergewöhnlichen investigativen Journalisten in einer bewegenden und bewegten Zeit.
Abschliessend noch, was Nelson Mandela über Anthony Sampson zu sagen hatte:
Anthony was in many ways so English and in many ways so African.
He helped to edit DRUM magazine as a young man just out of Oxford
and helped to make Africa a world issue through the OBSERVER.
He cared about Africa in a way, that is rare among those from the
developed world, and he never stopped caring.
Lehrjahre in Südafrika
Die für den damals 24-jährigen Oxford-Absolventen im Fach Theaterwissenschaften entscheidende Weichenstellung fand im Jahre 1951 statt.
Am Karfreitag des Jahres erhielt er ein Telegramm seines südafrikanischen Freundes Jim Bailey:
ARE YOU IMMEDIATELY AVAILABLE STOP JOB NEW NEGRO PERIODICAL IN CAPE TOWN STOP FIFTY POUNDS MONTH STOP SAY YES STOP JIM BAILEY
Eine Freundschaft aus Oxford
Sampson hatte Bailey während seines Studiums in Oxford kennengelernt. Bailey war der Sohn eines reichen Minenmagnaten aus Johannesburg, hatte an der Luftschlacht um England, der sogenannten „Battle of Britain“ teilgenommen und neben dem Studium der Philosophie in Oxford sich um die Farm seines verstorbenen Vaters, Sir Abe Bailey gekümmert.
DRUM Jahre in Johannesburg
Sampson nahm das Angebot an und wurde Chefredakteur der Monatsszeitschrift DRUM, dessen Zielgruppe die schwarze Bevölkerung Südafrikas werden sollte.
Sampson, der keinerlei Erfahrung im Zeitungswesen hatte, lernte schnell, vor allem, dass eine Zeitschrift für Schwarze nur von Schwarzen gemacht werden kann.
Innerhalb relativ kurzer Zeit gelang es ihm, eine Gruppe von schwarzen Journalisten zu rekrutieren, fast alle ohne einschlägige Berufserfahrung, die DRUM zu einer Art Sprachrohr und Spiegelbild der schwarzen Bevölkerung machte.
Drum-Redaktion. Links (mit Pfeife) Henry Nxumalo
Die Fotos für das Magazin, gerade in der Anfangszeit wurden fast ausschliesslich von dem deutschen Fotografen Jürgen Schadeberg geschossen. Schadeberg präsentiert zur Zeit viele dieser Fotos in Hamburg ..
Henry Nxumalo - Investigativer Journalist
Natürlich gab es in DRUM den üblichen Unterhaltungs-Mix von Sex und Crime, aber herausragend waren die Reportagen des investigativen Journalisten Henry Nxumalo:
Die Ausbeutung und körperliche Misshandlung der schwarzen Farmarbeiter, das Tot-System in den Weinanbaugebieten der Kap-Region, wo ein Teil des Lohnes nicht in bar ausgezahlt wurde, stattdessen im Wein bestand, der die Arbeiter in einer Art ständiger Angetrunkenheit hielt, mit den entsprechenden gesundheitlichen Folgen.
Dann die Art und Weise der Rekrutierung von Arbeitern, das Pass-System und die Misshandlungen im Gefängnis.
Um diese Misshandlungen zu dokumentieren liess sich Henry Nxumalo absichtlich verhaften. Damals wanderte man schon wegen einer Bagatelle ins Gefängnis.
Wo viel Ungerechtigkeit und brutale Unterdrückung vorhanden ist – und davon gab es im Apartheid-Südafrika reichlichst - da findet der investigative Journalismus ein reiches Betätigungsfeld zur Aufdeckung und Berichterstattung.
Henry Nxumalo wurde zum Mr. Drum, der Aufdecker von Ungerechtigkeiten. Die Auflage von DRUM schoss nach oben, für Schwarze war es „ihr“ Magazin geworden, das aus ihrer Welt berichtete, das an ihnen begangene Ungerechtigkeiten blosslegte und ihre Sorgen und Freuden teilte.
Dazu trugen gerade auch die Kurzgeschichten von Can Themba und das Beleuchten der blühenden Musikszene durch Todd Matshikiza bei.
Zwei herausragende Fotografen, die später auch international bekannt wurden, hatten dort unter Jürgen Schadeberg ihre Lehrzeit, Peter Magubane und Bob Gosani.
Nelson Mandela und DRUM
Und Sampson öffnete das Blatt für den ANC. Nicht nur berichtete er von den ANC Konferenzen, interviewte den damaligen ANC Präsidenten Albert Luthuli , sondern lud Nelson Mandela ein, dort Artikel zu schreiben, insbesondere zur Defiance Campaign im Jahre 1952, ein gewaltloser Widerstand gegen die Rassentrennungsgesetze, der ersten grossen Massenaktion des ANC.
Langsam glitt durch die Erfahrungen Anthony Sampson aus der weissen Welt in die schwarze, er begann die Welt mit anderen Augen zu sehen, er ging dort in eine Art Schule wie er schreibt, der Chefredakteur wurde zum Schüler nicht nur seiner Redakteure sondern der afrikanischen Kultur.
Vier Jahre lang war er Chefredakteur von DRUM, wesentlich länger als er ursprünglich geplant hatte, dann kehrte er nach England zurück, und wurde Journalist beim OBSERVER, damals noch unter der Regie von David Astor .
Weg aus Afrika und zurück nach Afrika
Sampson glaubte, Afrika hinter sich gelassen zu haben, aber das sollte sich als Irrtum erweisen. Wann immer er konnte, reiste er nach Afrika und sorgte mit seinen Artikeln im OBSERVER dafür, dass dieser Kontinent nicht vergessen und insbesondere die brutale Apartheidpolitik der südafrikanischen Regierung an den Pranger gestellt wurde.
Er erlebte hautnah mit und berichtete über den Niedergang des US Präsidenten Nixon nach der Watergate Affäre.
Für Willy Brandts Nord-Süd Kommission nahm er an deren Sitzungen teil und schrieb den Bericht.
Vom Journalisten zum Buchautor
Sampson verliess den OBSERVER als festangestellter Journalist und wurde zum Buchautor.
Er schrieb 27 Bücher, die teilweise auch in deutsch erschienen ANATOMY OF BRITAIN (Dt. Wer regiert England)– über die Machtelite in Grossbritannien, THE ARMS BAZAAR (Dt. Die Waffenhändler)
Das Buch "Die Waffenhändler" erschien 1977
THE SEVEN SISTERS (Dt Die sieben Schwestern) – über die Oelkonzerne, , THE SOVEREIGN STATE-(Dt. Weltmacht ITT) über den Multi ITT und seinen Einfluss auf die Politik gerade auch in Lateinamerika , WHO RUNS THIS PLACE - ein Buch gegen den Blairismus und den Krieg im Irak, um nur einige zu nennen und nicht zu vergessen MANDELA – die einzige von Nelson Mandela autorisierte Biografie, das Standardwerk.
Kurz vor seinem Tode, er starb am 18.12. 2004, nahm er noch an einer grossen Demonstration gegen den Irakkrieg in London teil.
Sampsons Biografie, die hoffentlich auch in deutsch erscheinen wird, nimmt den Leser noch einmal mit auf die Reise dieses ausergewöhnlichen investigativen Journalisten in einer bewegenden und bewegten Zeit.
Abschliessend noch, was Nelson Mandela über Anthony Sampson zu sagen hatte:
Anthony was in many ways so English and in many ways so African.
He helped to edit DRUM magazine as a young man just out of Oxford
and helped to make Africa a world issue through the OBSERVER.
He cared about Africa in a way, that is rare among those from the
developed world, and he never stopped caring.
onlinedienst - 12. Apr, 16:47 Article 2555x read