Seltene Krankheiten - Teure Medikamente (oder gar keine)
Dr. Alexander von Paleske - 16.4. 2009 ---- Ein neues Medikament scheint erfolgreich gegen eine seltene Erkrankung zu wirken, eine Erkrankung, an der in Deutschland schätzungsweise 1500 Patienten leiden: der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH).
Bei dieser Erkrankung kommt es insbesondere während der Nachtstunden , aber nicht nur dann, zu einer anfallsweisen Zerstörung von roten Blukörperchen. Die Folge sind Blutarmut und die Notwendigkeit von häufigen Transfusionen.
Aber nicht nur an Blutarmut leiden die Patienten sondern auch an einer deutlich erhöhten Thromboseneigung, also der Bildung von Blutgerinseln in den Blutgefässen.
Ein Medikament namens Eculizumab
Es handelt sich um das Medikament Eculizumab, Handelsname Soliris.
Kein Heilmittel aber ein Mittel, das den Bedarf an Bluttransfusionen mit den damit verbundenen Gefahren wie Infektionen und Eisenüberladung drastisch reduziert, ebenso die Bildung von Blutgerinseln
Im Februar wurde eine Studie in der hochangesehenen Medizinzeitung „LANCET“ veröffentlicht (Lancet 28.2.2009, Vol 373, Seite 759ff), welche die Wirksamkeit von Eculizumab belegt.
Es soll hier nicht im einzelnen auf den Hintergrund der PNH-Erkrankung eingegangen werden, nur so viel: Die roten Blutköperchen haben normalerweise an der Aussenhülle bestimme Stoffe, die sie gegen natürliche körpereigene Verteidigungswaffen zur Abwehr eingedungener Mikroorganismen schützen.
Bei der PNH fehlt dieser Schutzmechanismus, die roten Blutkörperchen sind schutzlos vor den körpereigenen Abwehrsubstanzen und werden zerstört..
Wohl keine Pharmafirma hätte sich daran gemacht, für eine derart kleine Patientengruppe ein wirksames Medikament zu entwickeln, denn das bringt ausser der Dankbarkeit der Patienten nichts ein.
Ein Medikament per Zufall
Das Medikament Eculizumab wurde eigentlich nicht für die PNH entwickelt, sondern zur Behandlung von wesentlich häufigeren Krankheiten des rheumatischen Formenkreises, also rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, membranöse Glomerulonephritis (eine Autoimmunerkrankung welche die Nieren befällt) usw..
Aber nur bei der PNH zeigte es wirklich erstaunliche Effekte.
Wenige Patienten, hoher Preis
Wenn es nur wenige Patienten sind, dann muss offenbar der Preis entsprechend hoch geschraubt werden. Im Falle von Eculizumab sind die Tageskosten 5736 Euro und 10 Cent, wohlgemerkt pro Tag.
Das macht schlappe 448,645 Euro pro Patient pro Jahr oder gesamtgesellschaftlich gesehen 580 Millionen Euro pro Jahr nur für die Behandlung von circa 1500 Patienten in Deutschland.
So kann es dann wohl doch nicht gehen.
Seltene Erkrankungen sogenannte Orphan (Waisen-) Erkrankungen, von denen es in der Medizin eine ganze Reihe gibt, werden Erkrankungen genannt, die bei weniger als 1 Menschen pro 50.000 auftreten. Die Häufigkeit von PNH liegt bei unter 1:200.000 also eine Ultra-Orphan-Erkrankung.
Lorenzos Oel
Am bekanntesten wurden solche seltenen Erkrankungen durch den Film „Lorenzos Oel“ aus dem Jahre 1992.
Er beschreibt den Kampf der Eltern für das Ueberleben ihres Kindes Lorenzo Odone, der an der extrem seltenen Adrenoleukodystrophie erkrankt war, einer genetisch-neurologischen Erkrankung, die in der Regel nach kurzer Zeit zum Tode führt.
Den Eltern des Kindes wurde nach Diagnosestellung 1983 mitgeteilt, dass ihr Kind noch eine Lebenserwartung von etwa zwei Jahren habe. Tatsächlich starb Lorenzo aber am 31 Mai vergangenen Jahres also 25 Jahre später.
Laien vs. Wissenschaft
Die Eltern, medizinische Laien wollten sich mit diesem Todesurteil nicht abfinden, lasen sich in alle erschienenen Publikationen ein, brachten Wissenschaftler, die sich mit dieser Krankheit beschäftigt hatten, erstmalig zu einem Symposium zusammen und förderten, trotz aller Anfeindungen, eine Entwicklung , die zu dem besagten Oel führte. Sie entwickelten ein Oel, eine Mixtur von zwei Speiseölen.
Den Eltern wurde vorgeworfen, falsche Hoffnungen geweckt zu haben.
Und die Laien hatten doch recht
Aber letztlich sollten sie in gewisser Weise doch Recht behalten. Zwar konnten sie bei ihrem eigenen Kind „nur“ das Leben verlängern, und nicht den vollen Ausbruch der Krankheit verhindern, aber in einer im Jahre 2005 veröffentlichten Studie zeigte sich, dass bei 2/3 der von der Erkrankung Betroffenen bei rechtzeitiger Einnahme des Oels der Ausbruch der Erkrankung, also das Vollbild und der Tod verhindert werden konnte.
Ein Triumph der Laien über die Wissenschaft, allerdings ein extrem seltenes, gleichwohl ausserordentlich bemerkenswertes Ereignis.
Bundessozialgericht und Lorenzos Oel
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass das Bundessozialgericht im vergangenen Jahr entschieden hat, die Kosten für dieses Oel müssten von den Krankenkassen nicht übernommen werden, weil es sich angeblich weder um eine „Arznei“ im herkömmlichen Sinne handele, noch um ein Heilmittel.
Selbstverständlich sind alle Kosten nach dem Ausbruch der Erkrankungl erstattungsfähig (Entscheidung vom 28.02.2008, Az.: B 1 KR 16/07 R ). Die Entscheidung im Wortlaut hier.
Eine Entscheidung, die eigentlich nur Kopfschütteln auslösen kann.
Die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit gelenkt zu haben, , die Forschung über derart seltene Erkrankungen zu fördern, auch das ist auch das Verdienst der Familie Odone.
Internet und seltene Erkrankungen
Mittlerweile hat das Internet dafür gesorgt, dass sich nicht nur Initiativen bilden konnten, sondern auch ein regelmässiger Erahrungsaustausch ermöglicht wurde. Und neben allem muss die Behandlung derart seltener Krankheiten bezahlbar bleiben.
Das ist bei der PNH jedoch in Frage gestellt.
Bei dieser Erkrankung kommt es insbesondere während der Nachtstunden , aber nicht nur dann, zu einer anfallsweisen Zerstörung von roten Blukörperchen. Die Folge sind Blutarmut und die Notwendigkeit von häufigen Transfusionen.
Aber nicht nur an Blutarmut leiden die Patienten sondern auch an einer deutlich erhöhten Thromboseneigung, also der Bildung von Blutgerinseln in den Blutgefässen.
Ein Medikament namens Eculizumab
Es handelt sich um das Medikament Eculizumab, Handelsname Soliris.
Kein Heilmittel aber ein Mittel, das den Bedarf an Bluttransfusionen mit den damit verbundenen Gefahren wie Infektionen und Eisenüberladung drastisch reduziert, ebenso die Bildung von Blutgerinseln
Im Februar wurde eine Studie in der hochangesehenen Medizinzeitung „LANCET“ veröffentlicht (Lancet 28.2.2009, Vol 373, Seite 759ff), welche die Wirksamkeit von Eculizumab belegt.
Es soll hier nicht im einzelnen auf den Hintergrund der PNH-Erkrankung eingegangen werden, nur so viel: Die roten Blutköperchen haben normalerweise an der Aussenhülle bestimme Stoffe, die sie gegen natürliche körpereigene Verteidigungswaffen zur Abwehr eingedungener Mikroorganismen schützen.
Bei der PNH fehlt dieser Schutzmechanismus, die roten Blutkörperchen sind schutzlos vor den körpereigenen Abwehrsubstanzen und werden zerstört..
Wohl keine Pharmafirma hätte sich daran gemacht, für eine derart kleine Patientengruppe ein wirksames Medikament zu entwickeln, denn das bringt ausser der Dankbarkeit der Patienten nichts ein.
Ein Medikament per Zufall
Das Medikament Eculizumab wurde eigentlich nicht für die PNH entwickelt, sondern zur Behandlung von wesentlich häufigeren Krankheiten des rheumatischen Formenkreises, also rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, membranöse Glomerulonephritis (eine Autoimmunerkrankung welche die Nieren befällt) usw..
Aber nur bei der PNH zeigte es wirklich erstaunliche Effekte.
Wenige Patienten, hoher Preis
Wenn es nur wenige Patienten sind, dann muss offenbar der Preis entsprechend hoch geschraubt werden. Im Falle von Eculizumab sind die Tageskosten 5736 Euro und 10 Cent, wohlgemerkt pro Tag.
Das macht schlappe 448,645 Euro pro Patient pro Jahr oder gesamtgesellschaftlich gesehen 580 Millionen Euro pro Jahr nur für die Behandlung von circa 1500 Patienten in Deutschland.
So kann es dann wohl doch nicht gehen.
Seltene Erkrankungen sogenannte Orphan (Waisen-) Erkrankungen, von denen es in der Medizin eine ganze Reihe gibt, werden Erkrankungen genannt, die bei weniger als 1 Menschen pro 50.000 auftreten. Die Häufigkeit von PNH liegt bei unter 1:200.000 also eine Ultra-Orphan-Erkrankung.
Lorenzos Oel
Am bekanntesten wurden solche seltenen Erkrankungen durch den Film „Lorenzos Oel“ aus dem Jahre 1992.
Er beschreibt den Kampf der Eltern für das Ueberleben ihres Kindes Lorenzo Odone, der an der extrem seltenen Adrenoleukodystrophie erkrankt war, einer genetisch-neurologischen Erkrankung, die in der Regel nach kurzer Zeit zum Tode führt.
Den Eltern des Kindes wurde nach Diagnosestellung 1983 mitgeteilt, dass ihr Kind noch eine Lebenserwartung von etwa zwei Jahren habe. Tatsächlich starb Lorenzo aber am 31 Mai vergangenen Jahres also 25 Jahre später.
Laien vs. Wissenschaft
Die Eltern, medizinische Laien wollten sich mit diesem Todesurteil nicht abfinden, lasen sich in alle erschienenen Publikationen ein, brachten Wissenschaftler, die sich mit dieser Krankheit beschäftigt hatten, erstmalig zu einem Symposium zusammen und förderten, trotz aller Anfeindungen, eine Entwicklung , die zu dem besagten Oel führte. Sie entwickelten ein Oel, eine Mixtur von zwei Speiseölen.
Den Eltern wurde vorgeworfen, falsche Hoffnungen geweckt zu haben.
Und die Laien hatten doch recht
Aber letztlich sollten sie in gewisser Weise doch Recht behalten. Zwar konnten sie bei ihrem eigenen Kind „nur“ das Leben verlängern, und nicht den vollen Ausbruch der Krankheit verhindern, aber in einer im Jahre 2005 veröffentlichten Studie zeigte sich, dass bei 2/3 der von der Erkrankung Betroffenen bei rechtzeitiger Einnahme des Oels der Ausbruch der Erkrankung, also das Vollbild und der Tod verhindert werden konnte.
Ein Triumph der Laien über die Wissenschaft, allerdings ein extrem seltenes, gleichwohl ausserordentlich bemerkenswertes Ereignis.
Bundessozialgericht und Lorenzos Oel
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass das Bundessozialgericht im vergangenen Jahr entschieden hat, die Kosten für dieses Oel müssten von den Krankenkassen nicht übernommen werden, weil es sich angeblich weder um eine „Arznei“ im herkömmlichen Sinne handele, noch um ein Heilmittel.
Selbstverständlich sind alle Kosten nach dem Ausbruch der Erkrankungl erstattungsfähig (Entscheidung vom 28.02.2008, Az.: B 1 KR 16/07 R ). Die Entscheidung im Wortlaut hier.
Eine Entscheidung, die eigentlich nur Kopfschütteln auslösen kann.
Die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit gelenkt zu haben, , die Forschung über derart seltene Erkrankungen zu fördern, auch das ist auch das Verdienst der Familie Odone.
Internet und seltene Erkrankungen
Mittlerweile hat das Internet dafür gesorgt, dass sich nicht nur Initiativen bilden konnten, sondern auch ein regelmässiger Erahrungsaustausch ermöglicht wurde. Und neben allem muss die Behandlung derart seltener Krankheiten bezahlbar bleiben.
Das ist bei der PNH jedoch in Frage gestellt.
onlinedienst - 16. Apr, 21:13 Article 5134x read