Tratschundlaber
Sonja Wenger - Von lauem Sprachwitz zu monotoner Inhaltslosigkeit; von schnarchigen Wortspielen bis wahr gewordener Verbalhölle: Die Kioskauslage auf dem Jahrmarkt des Gesellschaftsmasochismus bietet die ganze Bandbreite. Als willkürlich ausgewählte Brüller des Monats für die Devise «Lebenszeitverschwendung» müssen diesmal das biedere Phantasieheftchen «Glückspost» und das pseudobesorgte Geiferblatt «InTouch» herhalten.
So erweisen sich diese Prototypen der Banalität, dieses Fressen für Textminimalisten, diese Musterfälle für erfolgreiche Gehirnwäsche als gut bestückte Goldgrube auf der Suche nach dem Unsäglichen – oder ganz im Slang von Jugend und «InTouch»: Als «echt total extrem» ergiebig.
Kylie Minogue hat den «totalen Durchblick»
Nun aber nicht, dass man glauben muss, kurze Texte erfordern weniger Arbeit! Im Gegenteil. In der Kürze liegt noch immer die Würze, und bei dem Zeug, das hier serviert wird, verbrennt sich noch die schärfste Zunge. Hut ab also, denn dies bei gewissermassen null Inhalt und noch weniger Relevanz hinzukriegen erfordert einen quasi «total grossen» Wortschatz.
Das fängt schon ganz weit vorne an, also genauer auf dem Titelbild: «Top-Model-Hölle – so brutal ist Heidis Show». Ketzerisch, wer Böses denkt, denn eigentlich ist nur irgendwo gerade eben wieder eine Schaufel umgefallen oder ein Nagel abgebrochen. Das klingt dann aber so: «Die Kandidatinnen stehen total unter Druck»; die Models «sind schon jetzt total fertig» und jedes Topmodel habe ein «total angesagtes Vorbild».
Dazwischen zur Auflockerung mal ne neue Wortschöpfung, wenn sich Victoria Beckham und Jennifer Lopez im «Zicken-Zoff» gegenseitig «bepöbeln» und sich einen «Beauty-Battle» liefern, von dem wohl nur die Redaktion weiss, was das ist. Aber dann natürlich gleich weiter, denn quasi abgestumpft sind eh schon alle, merkt also niemand, wenn es Seite um Seite geht: Rihanna «leidet total unter dem Fremdflirt» ihres Lovers; Halle Berry «steht total unter Stress», weil ihr Lover weiteren Nachwuchs will; oder Kylie Minogue hat mit ihrer Sonnenbrille den «totalen Durchblick».
Und kaum denkt man, dass vielleicht doch nicht alle Hirnzellen schon in einem katatonischen Zustand sind, steht auf der ersten Seite der glücksverheissenden Post auch noch: «Camilla in der Ehe-Hölle, wie einst Prinzessin Diana – und Charles schaut einfach weg.» Aus also. Vorbei. Der letzte Rest der grauen Masse schmilzt in der Hölle der Substanzlosigkeit, der gestrafte Leser fühlt sich so «nudelfertig» wie die Kandidaten in der Show «Hell’s Kitchen» des britischen Starkochs Gordon Ramsay, quasi «Kandidatenbraten», wie es adaptiert auf RTL heisst. Und wem das noch nicht heiss genug ist: Anna Nicole Smiths Leben – das war die, die aus Liebe geheiratet habe – soll nun in London als Oper aufgeführt werden
So erweisen sich diese Prototypen der Banalität, dieses Fressen für Textminimalisten, diese Musterfälle für erfolgreiche Gehirnwäsche als gut bestückte Goldgrube auf der Suche nach dem Unsäglichen – oder ganz im Slang von Jugend und «InTouch»: Als «echt total extrem» ergiebig.
Kylie Minogue hat den «totalen Durchblick»
Nun aber nicht, dass man glauben muss, kurze Texte erfordern weniger Arbeit! Im Gegenteil. In der Kürze liegt noch immer die Würze, und bei dem Zeug, das hier serviert wird, verbrennt sich noch die schärfste Zunge. Hut ab also, denn dies bei gewissermassen null Inhalt und noch weniger Relevanz hinzukriegen erfordert einen quasi «total grossen» Wortschatz.
Das fängt schon ganz weit vorne an, also genauer auf dem Titelbild: «Top-Model-Hölle – so brutal ist Heidis Show». Ketzerisch, wer Böses denkt, denn eigentlich ist nur irgendwo gerade eben wieder eine Schaufel umgefallen oder ein Nagel abgebrochen. Das klingt dann aber so: «Die Kandidatinnen stehen total unter Druck»; die Models «sind schon jetzt total fertig» und jedes Topmodel habe ein «total angesagtes Vorbild».
Dazwischen zur Auflockerung mal ne neue Wortschöpfung, wenn sich Victoria Beckham und Jennifer Lopez im «Zicken-Zoff» gegenseitig «bepöbeln» und sich einen «Beauty-Battle» liefern, von dem wohl nur die Redaktion weiss, was das ist. Aber dann natürlich gleich weiter, denn quasi abgestumpft sind eh schon alle, merkt also niemand, wenn es Seite um Seite geht: Rihanna «leidet total unter dem Fremdflirt» ihres Lovers; Halle Berry «steht total unter Stress», weil ihr Lover weiteren Nachwuchs will; oder Kylie Minogue hat mit ihrer Sonnenbrille den «totalen Durchblick».
Und kaum denkt man, dass vielleicht doch nicht alle Hirnzellen schon in einem katatonischen Zustand sind, steht auf der ersten Seite der glücksverheissenden Post auch noch: «Camilla in der Ehe-Hölle, wie einst Prinzessin Diana – und Charles schaut einfach weg.» Aus also. Vorbei. Der letzte Rest der grauen Masse schmilzt in der Hölle der Substanzlosigkeit, der gestrafte Leser fühlt sich so «nudelfertig» wie die Kandidaten in der Show «Hell’s Kitchen» des britischen Starkochs Gordon Ramsay, quasi «Kandidatenbraten», wie es adaptiert auf RTL heisst. Und wem das noch nicht heiss genug ist: Anna Nicole Smiths Leben – das war die, die aus Liebe geheiratet habe – soll nun in London als Oper aufgeführt werden
sfux - 30. Apr, 20:33 Article 1559x read