Das fotzige Parfüm der Politik
Kommentar von Harald Haack – Eigentlich sind Duelle in Deutschland verboten und unter Strafe gestellt. Doch am 4. September duellierten sich zwei, die es am 18. September, am kommenden (Wahl-)Sonntag, wissen wollen: Wer Teutonien künftig bis zur nächsten Vertrauensfrage bzw. nächsten Wahl kanzeln darf und wer nicht.
Noch-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und Möchtegerne-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) duellierten sich verbal in einem TV-Studio. Beide sagten viel und verschwiegen ebenso vieles, was für eine Wahlentscheidung interessant gewesen wäre. Angeblich, so übereinstimmendes Ergebnis deutscher und internationaler Medien, hatte sich Schröder als souveränerer Rhetoriker gezeigt und Angela Merkel geschlagen.
Doch Angela Merkel hatte mit Unterstützung des Bundestagswahlverlierers Edmund Stoiber (CSU) in den vergangenen Jahren ständig die Öffentlichkeit mit der Behauptung betäubt, Schröder hielte sich nicht an seine Wahlversprechen und sei somit ein Schaumschläger.
Auch wenn sie in einer direkten Konfrontation den Redekünsten Schröders unterlegen scheint, so kennt sie sich zumindest mit dem „Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden“ bestens aus, so der Titel ihrer Dissertation (über die Reaktionen einfacher Kohlenwasserstoffe), mit der sie 1986 bei dem theoretischem Chemiker Lutz Zülicke promovierte. Es wäre auch ein Wunder, wenn sie als ehemalige FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda an der Akademie der Wissenschaften der DDR, nicht wüsste, wie man politischen Gegnern agitierend und propagandistisch die Basis nimmt und sie damit ausschaltet. Merkels Agitprop, den sie seit 1990 als CDU-Mitglied in Deutschland betreibt, hat mehrfach Wirkung gezeigt – nicht nur in der SPD, deren Zerfallsreaktionen (Abspaltung von Parteimitgliedern, Gründung der WASP, Vertrauensfrage) erheblich mittels ihres Agitprops lanciert wurden, sondern auch in der CDU. Sie erreichte während der Parteispendenaffäre eine Abkehr der CDU von Altbundeskanzler Helmut Kohl (der sie einst nur „das Mädchen“ genannt haben soll und der sie sicherlich unterschätzt hatte), umschrieb dies als „Neuanfang“ der (gestrauchelten) CDU und ließ sich, in einem über wenige Jahre verlaufenden Kampf in ihrer Partei, den sie agitierend und propagandistisch gewann, zur Parteivorsitzenden machen.
Angela Merkel: Wurde sie für den Wahlkampf durch eine hübschere Doppelgängerin ausgetauscht?
Obwohl sie sich während der DDR-Zeit angeblich vom Kommunismus distanzierte, nutzt sie offenbar den Agitprop, das kommunistische Mittel der politischen Werbung seit Lenin, den sie in der DDR gelernt hat, um sich Macht zu verschaffen. Während Agitprop für Leninisten positiv geprägt ist, wird „diese stark ideologische Kunst von geringer Qualität“ in der westlichen Welt nur noch gebraucht, um die Aussagen gegnerischer Politiker abzuwerten. Mit anderen Worten: wie man mit schlechter Luft die politische Atmosphäre zu seinen Gunsten nutzt; das fotzige (unkameradschaftliche) Parfüm der Politik. Angela Merkel zeigte, als sie Friedrich Merz nach der Bundestagswahl 2002 politisch kaltstellte, dass sie es nicht nur hat, sondern auch als „chemischen Kampfstoff“ anzuwenden versteht. Und wie sehr ihr „chemische Reaktion“ am Herzen liegen, sagte sie während des TV-Duells am 4. September: Sie wolle gentechnisch veränderte Pflanzen durchsetzen, wenn sie Kanzlerin sei: „Die Pflanzen sollen nicht zum Essen sein, sondern für chemische Reaktionen.“ Damit wolle sie Firmen wie die BASF unterstützen. Aber was die Wähler dann essen sollen, sagte sie nicht.
Ob sie Friedrich Merz inzwischen „gentechnisch verändert“ versteht, um wieder auf ihn zu bauen, damit sie Kanzlerin wird, kann nur vermutet werden. Wie einst in der KPD zur Zeit der Weimarer Republik wurde der Wahlkampf der CDU unter ihrer Möchtegerne-Kanzlerin Merkel von Sprechchören, den Spieltrupps von Laienschauspielern mit ihren Angie-Rufen in unterhaltsamer Weise darboten, geprägt.
Das alles war noch ganz lustig. Nun stieg einigen EU-Kommissaren ein eigenwilliger Duft in die Nase. Die aus den Niederlanden stammende EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat eine Wahlempfehlung für die Unionsspitzenkandidatin ausgesprochen und erregt damit den Zorn männlicher Kollegen in Brüssel. Sie begründete ihre Schützenhilfe ausschließlich damit, dass Merkel eine Frau sei. Kroes' Sprecher Jonathan Todd sagte, sie habe sich nicht als Kommissarin geäußert, sondern als „Politikerin und Frau“. Er behauptete zudem, sie habe mit ihrer Einmischung in den deutschen Wahlkampf nicht gegen den Verhaltenskodex für EU-Kommissare verstoßen. Dem widersprach Martin Schulz, Vorsitzender der Sozialistischen Fraktion im Europaparlament. Die EU-Kommissare seien laut ihres Verhaltenskodex zu strikter parteipolitischer Neutralität verpflichtet, sagte Schulz. Kroes habe sehr wohl gegen diesen Kodex verstoßen. Deshalb forderte Schulz von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, er möge Kroes zur Ordnung zu rufen.
Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit regierte in Brüssel empört auf Kroes' Äußerungen und schimpfte, dies sei „eine skandalöse Einmischung in den deutschen Wahlkampf“. Sie sei als EU-Kommissarin verpflichtet, „sich aus dem parteipolitischen Tagesgeschäft herauszuhalten“. Ihre Wahlempfehlung sei daher skandalös und inakzeptabel. Indirekt legte er der Kommissarin den Rücktritt nahe: Sie sei „in der EU-Kommission eindeutig fehl am Platze“", sagte der Grünen-Abgeordnete. „Wenn sie Lust auf Parteipolitik hat, sollte sie wieder zurück in die Niederlande gehen.“
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Noch-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und Möchtegerne-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) duellierten sich verbal in einem TV-Studio. Beide sagten viel und verschwiegen ebenso vieles, was für eine Wahlentscheidung interessant gewesen wäre. Angeblich, so übereinstimmendes Ergebnis deutscher und internationaler Medien, hatte sich Schröder als souveränerer Rhetoriker gezeigt und Angela Merkel geschlagen.
Doch Angela Merkel hatte mit Unterstützung des Bundestagswahlverlierers Edmund Stoiber (CSU) in den vergangenen Jahren ständig die Öffentlichkeit mit der Behauptung betäubt, Schröder hielte sich nicht an seine Wahlversprechen und sei somit ein Schaumschläger.
Auch wenn sie in einer direkten Konfrontation den Redekünsten Schröders unterlegen scheint, so kennt sie sich zumindest mit dem „Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden“ bestens aus, so der Titel ihrer Dissertation (über die Reaktionen einfacher Kohlenwasserstoffe), mit der sie 1986 bei dem theoretischem Chemiker Lutz Zülicke promovierte. Es wäre auch ein Wunder, wenn sie als ehemalige FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda an der Akademie der Wissenschaften der DDR, nicht wüsste, wie man politischen Gegnern agitierend und propagandistisch die Basis nimmt und sie damit ausschaltet. Merkels Agitprop, den sie seit 1990 als CDU-Mitglied in Deutschland betreibt, hat mehrfach Wirkung gezeigt – nicht nur in der SPD, deren Zerfallsreaktionen (Abspaltung von Parteimitgliedern, Gründung der WASP, Vertrauensfrage) erheblich mittels ihres Agitprops lanciert wurden, sondern auch in der CDU. Sie erreichte während der Parteispendenaffäre eine Abkehr der CDU von Altbundeskanzler Helmut Kohl (der sie einst nur „das Mädchen“ genannt haben soll und der sie sicherlich unterschätzt hatte), umschrieb dies als „Neuanfang“ der (gestrauchelten) CDU und ließ sich, in einem über wenige Jahre verlaufenden Kampf in ihrer Partei, den sie agitierend und propagandistisch gewann, zur Parteivorsitzenden machen.

Angela Merkel: Wurde sie für den Wahlkampf durch eine hübschere Doppelgängerin ausgetauscht?
Obwohl sie sich während der DDR-Zeit angeblich vom Kommunismus distanzierte, nutzt sie offenbar den Agitprop, das kommunistische Mittel der politischen Werbung seit Lenin, den sie in der DDR gelernt hat, um sich Macht zu verschaffen. Während Agitprop für Leninisten positiv geprägt ist, wird „diese stark ideologische Kunst von geringer Qualität“ in der westlichen Welt nur noch gebraucht, um die Aussagen gegnerischer Politiker abzuwerten. Mit anderen Worten: wie man mit schlechter Luft die politische Atmosphäre zu seinen Gunsten nutzt; das fotzige (unkameradschaftliche) Parfüm der Politik. Angela Merkel zeigte, als sie Friedrich Merz nach der Bundestagswahl 2002 politisch kaltstellte, dass sie es nicht nur hat, sondern auch als „chemischen Kampfstoff“ anzuwenden versteht. Und wie sehr ihr „chemische Reaktion“ am Herzen liegen, sagte sie während des TV-Duells am 4. September: Sie wolle gentechnisch veränderte Pflanzen durchsetzen, wenn sie Kanzlerin sei: „Die Pflanzen sollen nicht zum Essen sein, sondern für chemische Reaktionen.“ Damit wolle sie Firmen wie die BASF unterstützen. Aber was die Wähler dann essen sollen, sagte sie nicht.
Ob sie Friedrich Merz inzwischen „gentechnisch verändert“ versteht, um wieder auf ihn zu bauen, damit sie Kanzlerin wird, kann nur vermutet werden. Wie einst in der KPD zur Zeit der Weimarer Republik wurde der Wahlkampf der CDU unter ihrer Möchtegerne-Kanzlerin Merkel von Sprechchören, den Spieltrupps von Laienschauspielern mit ihren Angie-Rufen in unterhaltsamer Weise darboten, geprägt.
Das alles war noch ganz lustig. Nun stieg einigen EU-Kommissaren ein eigenwilliger Duft in die Nase. Die aus den Niederlanden stammende EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat eine Wahlempfehlung für die Unionsspitzenkandidatin ausgesprochen und erregt damit den Zorn männlicher Kollegen in Brüssel. Sie begründete ihre Schützenhilfe ausschließlich damit, dass Merkel eine Frau sei. Kroes' Sprecher Jonathan Todd sagte, sie habe sich nicht als Kommissarin geäußert, sondern als „Politikerin und Frau“. Er behauptete zudem, sie habe mit ihrer Einmischung in den deutschen Wahlkampf nicht gegen den Verhaltenskodex für EU-Kommissare verstoßen. Dem widersprach Martin Schulz, Vorsitzender der Sozialistischen Fraktion im Europaparlament. Die EU-Kommissare seien laut ihres Verhaltenskodex zu strikter parteipolitischer Neutralität verpflichtet, sagte Schulz. Kroes habe sehr wohl gegen diesen Kodex verstoßen. Deshalb forderte Schulz von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, er möge Kroes zur Ordnung zu rufen.
Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit regierte in Brüssel empört auf Kroes' Äußerungen und schimpfte, dies sei „eine skandalöse Einmischung in den deutschen Wahlkampf“. Sie sei als EU-Kommissarin verpflichtet, „sich aus dem parteipolitischen Tagesgeschäft herauszuhalten“. Ihre Wahlempfehlung sei daher skandalös und inakzeptabel. Indirekt legte er der Kommissarin den Rücktritt nahe: Sie sei „in der EU-Kommission eindeutig fehl am Platze“", sagte der Grünen-Abgeordnete. „Wenn sie Lust auf Parteipolitik hat, sollte sie wieder zurück in die Niederlande gehen.“

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sfux - 15. Sep, 20:48 Article 3157x read
Manni poliert
Harald Haack