Der Wirecard-Absturz und die BaFin
Dr. Alexander von Paleske —– 25.6. 2020 ——-
Der Finanzdienstleister Wirecard steht vor dem möglichen Totalabsturz, heute stellte die Firma Insolvenzantrag, nachdem offenbar eine Bilanzmanipulation gigantischen Ausmasses aufgedeckt wurde.
Eine Insolvenz wird gerade auch die kreditgebenden Banken mit massiven Verlusten belasten: So hat z.B. die Commerzbank, die 2009 durch Staatsbeteiligung gerettet werden musste, einen 200 Millionen Euro Kredit für diese Firma in den Büchern, ebenso die Landesbank Baden Wuerttemberg (LBBW), die Deutsche Bank 80 Millionen, dazu noch einige austrische Banken.
Neben den kreditgebenden Banken im Falle einer Insolvenz, sind es vor allem die Kleinanleger, die bereits jetzt durch den Kursverfall massiv geschädigt wurden. Aber: Der bisherige Vorstand Markus Braun hat nach seiner Entlassung flugs noch seine Wirecard -Aktien verkauft und dabei 150 Millionen Euro klargemacht. Damit kann er sich in der austrischen Skandalrepublik bequem und unbesorgt zur Ruhe setzen.
Rolle der BaFin
Gab es keine Möglichkeit diesen Ikarus-Flug rechtzeitig zu beenden, dieser Firma rechtzeitig die “rote Karte”, zumindest aber die “gelbe Karte” zu zeigen?
Zuständig für die Verteilung von derartigen Karten ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
Deren Hauptaufgabe ist die Aufsicht über Banken, Versicherungen und den Handel mit Wertpapieren in Deutschland. Ausgestattet mit anfangs rund 1600 Beschäftigten – mittlerweile sind des 2700 – kann die Behörde kaum über Personalmangel klagen.
Als diese Bundesanstalt im Jahre 2002 gegründet wurde, da knüpften sich daran auch und gerade Hoffnungen auf Schlagkraft gegen Betrug und windige Finanzgeschäfte, Der frischgebackene Präsident Jochen Sanio erklärte:
„Diese Institution wird beissen, solange ich hier Präsident bin“
Bereits nach sechs Jahren sah die Bilanz grottenschlecht aus, es schälte sich das Bild eines zahnlosen Tigers heraus, dessen Präsident in der Presse als Dampfplauderer bezeichnet wurde, und der offenbar nicht einmal sein eigenes Haus in Ordnung bringen konnte .
Das Versagen der Bafin in den Nuller Jahren
Totales Wuchern des grauen Marktes für Finanzdienstleistungen, wo Zehntausende von Bundesbürgern über den Tisch gezogen wurden, und viele ihr gesamtes erspartes Vermögen und Altersversorgung verloren.
Folgende Betrugsfälle machten Schlagzeilen:
Betrugsfall „Göttinger Gruppe“
– 270.000 Geschädigte
– mehr als 1 Milliarde Euro (evtl. bis zu 10
Milliarden) Anlagegelder durch den Schornstein
Betrugsfall Phoenix
– 30.000 Geschädigte
– 600 Millionen Euro Schaden
Betrugsfall Amis
– 16.000 Geschädigte (6000 in Deutschland)
– 200 Millionen Euro Schaden
Betrugsfall „Ulrich Engler“
– 5000 Geschädigte
– 450 Millionen US Dollar Schaden
Betrugsfall Berliner Vermögens Garant AG
– 10.000 Geschädigte
– zweistelliger Millionenbetrag Schaden.
Betrugsfall „DM Beteiligungen AG„
– 8000 Geschädigte
– 93 Millionen Euro Schaden
Betrugsfall Wohnungsbaugesellschaft Leipzig West
– 30.000 Geschädigte
– 500 Millionen Euro Schaden
Aber nicht nur auf dem Grauen Markt versagte die BaFin, hinzu kam die Industriekreditbank (IKB), die unmittelbar vor dem drohenden Zusammenbruch 2008 von der Bafin als “unproblematisch” bezeichnet wurde. Der Bund musste eingreifen, und mit 12 Milliarden Kreditbürgschaften die Bank vor dem Zusammenbruch bewahren.
Auch dass die Hypo-Real-Estate total marode war, weil mit Schrottpapieren reichlichst gesegnet, fiel der BaFin offenbar nicht auf. Die Folge:123,98 Milliarden Euro Garantien zuzüglich 7,7 Milliarden Euro direkte Hilfe durch Kapitalmaßnahmen aus dem Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin).
Armutszeugnis erster Klasse
Bereits 2009 erweiterte der Bundestag die Befugnisse der BaFin, das Resultat ist jetzt zu besichtigen mit der Causa Wirecard. Ein Armutszeugnis erster Klasse, wie selbst BaFin-Chef Felix Hufeld – sich windend – eingestehen musste.
Dass nicht jeder Bilanzbetrug sofort aufgedeckt werden kann, versteht sich von selbst. Aber was die Bafin sich im Falle Wirecard geleistet hat, spottet jeder Beschreibung. Sie führte sich auf wie ein Anwalt und Schutzpatron für Wirecard, statt gründlich nachzuschauen.
Seit fast zwei Jahren berichtete die Financial Times über erhebliche finanzielle Unregelmässigkeiten bei Wirecard,, offenbar wurden ihr Insider-Informationen zugespielt.
Die Reaktion der Bafin: sie erstatte nach einer offenbar oberflächlichen Prüfung Strafanzeige gegen die Redakteure der Financial Times.
Dann gab es mehrfach Leerverkäufe, also Wetten auf einen Kursabsturz, zuerst 2016. Das muss nicht gleich heissen, dass es für diesen Kurs-Absturz eine Basis gab, es können auch absichtlich ausgetreute Gerüchte sein, aber Leerverkäufer werden, gerade durch ernsthafte Probleme bei börsennotierten Firmen, angelockt, wie der Aasgeier vom „Aasgeruch“.
Leerverkäufe können deshalb auch ein Alarmsignal sein, dass Probleme in der Luft liegen. Statt dem intensiv nachzugehen, verbot die Bafin für eine bergrenzte Zeit Leerverkäufe von Wirecard- Aktien “zum Schutz der Aktionäre”.
Ein britischer Analyst deckt auf
Einer der Leerverkäufer, der auf den Absturz der Wirecard-Aktie wettete, war der britische Analyst Matthew Earl. Er machte das, was die Bafin hätte machen sollen: Er prüfte die veröffentlichten Bilanzen und Geschäftsberichte – und fand Ungereimtheiten. Dann spürte er dubiose Scheinfirmen in Grossbritannien auf, die von einer Firma verwaltet wurden, bei denen Wirecard-Leute Aktionäre waren. Die perfekte Bühne für illegale Transaktionen z.B. Von illegalen Poker-Websites, wie die Wochenzeitung „DIE ZEIT“ am 18. 6. 2020 zu berichten wusste.
Im Jahre 2016 hatte Earl seine Untersuchungen zusammengefasst, und ins Internet gestellt.Der Wirecard-Kurs stürzte ab und Earl machte er Kasse mit Leerverkäufen. Die Antwort von Wirecard: Sie hetzte eine Detektei auf Earl, und liess ihn Tag und Nacht beschatten.
ZEIT vom 18.6. 2020
Die Bafin “untersuchte”, fand nichts, offenbar getreu dem Beamten-Motto:
“Das hat’s ja noch nie gegeben, da könnte ja jeder kommen, wo kommen wir denn dahin.”
Fazit:
Die BaFin beisst nicht. Sie ist, wie schon 2008 berichtet, trotz Erweiterung der Befugnisse, bestenfalls ein zahnloser Tiger. Die Folgen dieses Versagens müssen die Steuerzahler und Kleinaktionäre tragen. Dass sich in Zukunft etwas ändert, ist nach den bisherigen Erfahrungen kaum zu erwarten.
Der Finanzdienstleister Wirecard steht vor dem möglichen Totalabsturz, heute stellte die Firma Insolvenzantrag, nachdem offenbar eine Bilanzmanipulation gigantischen Ausmasses aufgedeckt wurde.
Eine Insolvenz wird gerade auch die kreditgebenden Banken mit massiven Verlusten belasten: So hat z.B. die Commerzbank, die 2009 durch Staatsbeteiligung gerettet werden musste, einen 200 Millionen Euro Kredit für diese Firma in den Büchern, ebenso die Landesbank Baden Wuerttemberg (LBBW), die Deutsche Bank 80 Millionen, dazu noch einige austrische Banken.
Neben den kreditgebenden Banken im Falle einer Insolvenz, sind es vor allem die Kleinanleger, die bereits jetzt durch den Kursverfall massiv geschädigt wurden. Aber: Der bisherige Vorstand Markus Braun hat nach seiner Entlassung flugs noch seine Wirecard -Aktien verkauft und dabei 150 Millionen Euro klargemacht. Damit kann er sich in der austrischen Skandalrepublik bequem und unbesorgt zur Ruhe setzen.
Rolle der BaFin
Gab es keine Möglichkeit diesen Ikarus-Flug rechtzeitig zu beenden, dieser Firma rechtzeitig die “rote Karte”, zumindest aber die “gelbe Karte” zu zeigen?
Zuständig für die Verteilung von derartigen Karten ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
Deren Hauptaufgabe ist die Aufsicht über Banken, Versicherungen und den Handel mit Wertpapieren in Deutschland. Ausgestattet mit anfangs rund 1600 Beschäftigten – mittlerweile sind des 2700 – kann die Behörde kaum über Personalmangel klagen.
Als diese Bundesanstalt im Jahre 2002 gegründet wurde, da knüpften sich daran auch und gerade Hoffnungen auf Schlagkraft gegen Betrug und windige Finanzgeschäfte, Der frischgebackene Präsident Jochen Sanio erklärte:
„Diese Institution wird beissen, solange ich hier Präsident bin“
Bereits nach sechs Jahren sah die Bilanz grottenschlecht aus, es schälte sich das Bild eines zahnlosen Tigers heraus, dessen Präsident in der Presse als Dampfplauderer bezeichnet wurde, und der offenbar nicht einmal sein eigenes Haus in Ordnung bringen konnte .
Das Versagen der Bafin in den Nuller Jahren
Totales Wuchern des grauen Marktes für Finanzdienstleistungen, wo Zehntausende von Bundesbürgern über den Tisch gezogen wurden, und viele ihr gesamtes erspartes Vermögen und Altersversorgung verloren.
Folgende Betrugsfälle machten Schlagzeilen:
Betrugsfall „Göttinger Gruppe“
– 270.000 Geschädigte
– mehr als 1 Milliarde Euro (evtl. bis zu 10
Milliarden) Anlagegelder durch den Schornstein
Betrugsfall Phoenix
– 30.000 Geschädigte
– 600 Millionen Euro Schaden
Betrugsfall Amis
– 16.000 Geschädigte (6000 in Deutschland)
– 200 Millionen Euro Schaden
Betrugsfall „Ulrich Engler“
– 5000 Geschädigte
– 450 Millionen US Dollar Schaden
Betrugsfall Berliner Vermögens Garant AG
– 10.000 Geschädigte
– zweistelliger Millionenbetrag Schaden.
Betrugsfall „DM Beteiligungen AG„
– 8000 Geschädigte
– 93 Millionen Euro Schaden
Betrugsfall Wohnungsbaugesellschaft Leipzig West
– 30.000 Geschädigte
– 500 Millionen Euro Schaden
Aber nicht nur auf dem Grauen Markt versagte die BaFin, hinzu kam die Industriekreditbank (IKB), die unmittelbar vor dem drohenden Zusammenbruch 2008 von der Bafin als “unproblematisch” bezeichnet wurde. Der Bund musste eingreifen, und mit 12 Milliarden Kreditbürgschaften die Bank vor dem Zusammenbruch bewahren.
Auch dass die Hypo-Real-Estate total marode war, weil mit Schrottpapieren reichlichst gesegnet, fiel der BaFin offenbar nicht auf. Die Folge:123,98 Milliarden Euro Garantien zuzüglich 7,7 Milliarden Euro direkte Hilfe durch Kapitalmaßnahmen aus dem Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin).
Armutszeugnis erster Klasse
Bereits 2009 erweiterte der Bundestag die Befugnisse der BaFin, das Resultat ist jetzt zu besichtigen mit der Causa Wirecard. Ein Armutszeugnis erster Klasse, wie selbst BaFin-Chef Felix Hufeld – sich windend – eingestehen musste.
Dass nicht jeder Bilanzbetrug sofort aufgedeckt werden kann, versteht sich von selbst. Aber was die Bafin sich im Falle Wirecard geleistet hat, spottet jeder Beschreibung. Sie führte sich auf wie ein Anwalt und Schutzpatron für Wirecard, statt gründlich nachzuschauen.
Seit fast zwei Jahren berichtete die Financial Times über erhebliche finanzielle Unregelmässigkeiten bei Wirecard,, offenbar wurden ihr Insider-Informationen zugespielt.
Die Reaktion der Bafin: sie erstatte nach einer offenbar oberflächlichen Prüfung Strafanzeige gegen die Redakteure der Financial Times.
Dann gab es mehrfach Leerverkäufe, also Wetten auf einen Kursabsturz, zuerst 2016. Das muss nicht gleich heissen, dass es für diesen Kurs-Absturz eine Basis gab, es können auch absichtlich ausgetreute Gerüchte sein, aber Leerverkäufer werden, gerade durch ernsthafte Probleme bei börsennotierten Firmen, angelockt, wie der Aasgeier vom „Aasgeruch“.
Leerverkäufe können deshalb auch ein Alarmsignal sein, dass Probleme in der Luft liegen. Statt dem intensiv nachzugehen, verbot die Bafin für eine bergrenzte Zeit Leerverkäufe von Wirecard- Aktien “zum Schutz der Aktionäre”.
Ein britischer Analyst deckt auf
Einer der Leerverkäufer, der auf den Absturz der Wirecard-Aktie wettete, war der britische Analyst Matthew Earl. Er machte das, was die Bafin hätte machen sollen: Er prüfte die veröffentlichten Bilanzen und Geschäftsberichte – und fand Ungereimtheiten. Dann spürte er dubiose Scheinfirmen in Grossbritannien auf, die von einer Firma verwaltet wurden, bei denen Wirecard-Leute Aktionäre waren. Die perfekte Bühne für illegale Transaktionen z.B. Von illegalen Poker-Websites, wie die Wochenzeitung „DIE ZEIT“ am 18. 6. 2020 zu berichten wusste.
Im Jahre 2016 hatte Earl seine Untersuchungen zusammengefasst, und ins Internet gestellt.Der Wirecard-Kurs stürzte ab und Earl machte er Kasse mit Leerverkäufen. Die Antwort von Wirecard: Sie hetzte eine Detektei auf Earl, und liess ihn Tag und Nacht beschatten.
ZEIT vom 18.6. 2020
Die Bafin “untersuchte”, fand nichts, offenbar getreu dem Beamten-Motto:
“Das hat’s ja noch nie gegeben, da könnte ja jeder kommen, wo kommen wir denn dahin.”
Fazit:
Die BaFin beisst nicht. Sie ist, wie schon 2008 berichtet, trotz Erweiterung der Befugnisse, bestenfalls ein zahnloser Tiger. Die Folgen dieses Versagens müssen die Steuerzahler und Kleinaktionäre tragen. Dass sich in Zukunft etwas ändert, ist nach den bisherigen Erfahrungen kaum zu erwarten.
onlinedienst - 25. Jun, 21:44 Article 802x read