Ein Berg von Korruption und ein Maulwurfshügel von Strafverfahren- Oder: Keine Aufklärung des Leuna-Skandals zu erwarten
Dr. Alexander von Paleske --- 27.12. 2010 -- In der vergangenen Woche lief die Meldung über den Ticker: Der Lobbyist Dieter Holzer und der ehemalige CSU-Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Ludwig Holger Pfahls, seien verhaftet worden. Ihnen wird Betrug und uneidliche Falschaussage vorgeworfen.
Ein nicht aufgeklärter Skandal
Die Namen Holzer und Pfahls erregen kaum noch Aufmerksamkeit, dabei stehen sie in engem Zusammenhang mit einem der größten Bestechungsskandale, nicht nur der Nach-Wiedervereinigungsära, sondern auch der Bundesrepublik seit ihrer Entstehung: dem Leuna Skandal. . Ein Skandal, der bis heute nicht aufgeklärt wurde. Ein erbärmliches Versagen der bundesdeutschen Justiz.
Ein Blick zurück
Der heute 68-jährige Pfahls wuchs in das Netzwerk des 1989 verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauss hinein, nachdem er zunächst als Staatsanwalt und dann als Richter tätig, aus dem Justizdienst in die bayerische Ministerialbürokratie wechselte.
Dort wurde er von Strauss als Talent „entdeckt“, und der machte Pfahls dann zu seinem persönlichen Referenten und Büroleiter.
Ein Mann namens Karlheinz Schreiber
In Straussens Vorzimmer lernte Pfahls auch den Airbus- und Thyssen-Krupp- Lobbyisten Karlheinz Schreiber kennen, der bei Strauss ein- und aus ging und eine dicke Nummer in dessen Netzwerk war.
Ein Netzwerk Strauss - F.J. Strauss (r) und K.H. Schreiber (l)
Vermutlich lernte er dort nicht nur, wie ein Lobbyist „tickt“, sondern dass man in dieser Funktion – zumindest im Strauss-Netzwerk – nicht immer mit dem Gesetzbuch, insbesondere mit dem Strafgesetzbuch, unter dem Arm herumlaufen kann. Das sollte allerdings Schreiber - viel später, im Mai 2010 - dann eine achtjährige Freiheitsstrafe einbringen.
Ein Netzwerk Strauss
Schreiber sorgte im Auftrag von Strauss dafür, dass der Verkauf von Airbus Flugzeugen – Strauss war Aufsichtsratsvorsitzender dort – lief, notfalls, also oftmals, geschmiert lief. Aber auch schwere Waffen aus deutscher Produktion verkaufte er gerne an wohlhabende Länder mit unfreundlichen Nachbarn.
Dieses Strauss-Netzwerk, das sich über einen Mangel an Skandalen nicht zu beklagen brauchte, ist mit der Geschichte Nachkriegsdeutschlands fest verbunden.
Der „Vollblutpolitiker“ Franz Josef Strauss startete seinen scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg in den 50er Jahren. Er war unter dem ersten Nachkriegskanzler Konrad Adenauer Atomminister und dann Verteidigungsminister.
Merksatz Strauss: "Lieber ein kalter Krieger als ein warmer Bruder".
Strauss stand im Zentrum einer ganzen Reihe von Beschaffungsskandalen für die Bundeswehr. Einkäufe, an denen so mancher Strauss-Spezi sich eine goldene Nase verdiente:
- Bau von Kasernen
- Beschaffung des absturzgefährdeten Kampfbombers Lockheed Starfighter F 104G
- Beschaffung des miserablen Schützenpanzers HS 30 u.s.w., u.s.w.
Im Gegenzug gab es dann immer reichlich Spenden für die CSU-Pateikasse – Parteifinanzierung in der bayerischen Variante.
Das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL, damals zu Recht als das Sturmgeschütz der Demokratie von seinem Herausgeber Rudolf Augstein bezeichnet, hatte Mühe, mit den zahlreichen Strauss-Netzwerk-Skandalen Schritt zu halten.
Verkauf statt Einkauf
In den 70er und 80er Jahren ging es dann nicht mehr um die Beschaffung von Bundeswehrausrüstung, denn mittlerweile war die Bundesrepublik aufgerüstet, die Kasernen gebaut, und selbst zum Hersteller und Großexporteur von Kriegswaffen geworden. Vielmehr ging es jetzt um den Export von Kriegswaffen, also deren Verkauf in andere Länder.
Das war die Stunde für Leute vom Schlage Schreibers, der ganz offensichtlich nach der Devise handelte: Wer gut schmiert, der gut fährt (verkauft).
Besonders begehrt der Leopard-Panzer, dessen Name in Tradition zu Hitlers Panzern stand, dessen letzter der Tiger-Panzer war. Aber auch der Fuchs-Spürpanzer und der Kampfjet Tornado ließen sich gut an den Mann bringen.
Pfahls steigt auf
Pfahls, dem das Strauss-Vorzimmer zu klein wurde, rückte mit der Unterstützung seines Ziehvaters auf den Präsidentensessel des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Und weiter dann 1987 auf die Stelle eines beamteten Staatssekretärs im deutschen Verteidigungsministerium auf der Bonner Hardthöhe, zuständig gerade auch für Beschaffung.
Staatssekretär Pfahls (r) ......Panzer für Saudi-Arabien aus Bundeswehrbeständen.
Screenshot: Dr. v. Paleske
Dort gehen die Lobbyisten ein und aus, und so ist es nicht verwunderlich, dass auch Karlheinz Schreiber, mittlerweile mit Pfahls per Du, dort auftauchte.
Bundeswehr-Panzer für Saudi-Arabien
Schreiber wollte nicht verkaufen, sondern einkaufen: 34 Fuchs-Spürpanzer (Wert: 446 Millionen Mark) zum Weiterverkauf an Saudi-Arabien. Die Zeit drängte, weil der erste Golfkrieg vor der Tür stand und der Irak im Besitz von Chemiewaffen war, die Iraks Herrscher Saddam Hussein schon im Irak-Iran Konflikt, und selbst im eigenen Land, zum Einsatz gebracht hatte.
Der Hersteller von Spürpanzern konnte in der kurzen Zeit nicht liefern, also kamen nur Bundeswehrbestände in Frage. Pfahls sorgte dafür, dass alle Widerstande dagegen aus dem Wege geräumt wurden. Saudi Arabien bekam die Bundeswehr-Spürpanzer, Schreiber sein Geld, und Pfahls bekam eine anständige "Entlohnung" in Millionenhöhe für die anstrengende Lobbyarbeit.
Eine Skandalflucht
Aber die Sache flog schließlich auf, Pfahls flüchtete vor der Strafverfolgung, wobei ihm der Lobbyist Holzer mit Rat und Tat (Geldzuwendungen) zur Seite stand. Die Staatsanwaltschaft erliess einen Haftbefehl gegen Pfahls, aber erst nach fünfjähriger Flucht, wurde er schließlich 2004 in Frankreich gefasst. Im Jahre 2005 wurde Pfahls nach Deutschland ausgeliefert und vom Landgericht Augsburg wegen Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung schliesslich zu 2 Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
Der Lobbyist Holzer erhielt wegen des rechtswidrigen Fluchthilfe-Freundschaftsdienstes im Juli 2008 eine Freiheitsstrafe auf Bewährung und eine Geldstrafe aufgebrummt.
Der Leuna-Bestechungsskandal
Alles hätte eigentlich jetzt paletti sein können, aber das war gar nichts, verglichen mit dem, was sich 1991/1992 abspielte. Denn hier ging es um ein Milliardenprojekt, bei dem offenbar Bestechungsgelder im zweistelligen, evtl. dreistelligen Millionenbereich flossen, und wieder mit dabei: das Duo Holzer und Pfahls.
Holzer arbeitete als Lobbyist für Elf-Aquitaine und kassierte für diese Schwerstarbeit insgesamt 50 Millionen Mark, was er gegenüber einem Gericht in Frankreich als "branchenüblich" bezeichnete.
Bei dem Milliarden-DM-Geschäft handelte es sich um den Verkauf der Minol--Tankstellen und der Leuna-Raffinerie aus Ex-DDR-Staatsbesitz. Deren Verkauf wurde 1991 ausgeschrieben und 1992 der Zuschlag erteilt. Bieter waren BP, die Tamoil Gruppe und das kuwaitische Unternehmen Q8 sowie Elf- Aquitaine (jetzt TotalElfFina)
Die französiche Firma Elf- Aquitaine bekam den Zuschlag. Aber der Käufer musste eine dicke Kröte schlucken, die ihr allerdings durch massive Subventionen in DM-Milliardenhöhe schmackhaft gemacht wurde: Die marode Leuna-Raffinerie plus Beseitigung der durch die DDR-Raffinerie bis dato verursachten Umweltschäden.
Fest steht, dass erhebliche Schmiergelder geflossen sind, die sich auf mindestens 48 Millionen Euro belaufen.
Nicht klar ist, wer neben Holzer, und vermutlich auch Pfahls, noch die Empfänger in deutschen Ministerien waren, bzw.ob, und in welche Parteikasse, sie geflossen sind.
Eine aufrechte Richterin namens Joly
Wie die französische Untersuchungsrichterin Eva Joly, die mit äußerster Hartnäckigkeit und gegen massive politische Widerstände in Frankreich herausfand, hatten Dieter Holzer und Ludwig Holger Pfahls in den 90er Jahren insgesamt 130 Millionen Euro zwischen Trusts und Schweizer und Luxemburger Banken so lange hin-und hergeschoben, bis die endgültigen Empfänger nicht mehr zu finden waren.
Aufgrund ihrer Ermittlungen wurden die Elf-Aquitaine Manager Loik Le Floch-Prigent und Alfred Sirven zu langen Freiheitsstrafen verurteilt. Der Lobbyist Holzer erhielt von einem französischen Gericht in Abwesenheit eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten und eine Geldstrafe von 1,5 Millionen Euro wegen Veruntreuung aufgebrummt.
Keine Konsequenzen in Deutschland
Nun hätte man erwarten dürfen, dass Pfahls in Deutschland mit der Strafverfolgung an der Reihe wäre, und dann, nach Enttarnung, die anderen Empfänger. Die Untersuchungsrichterin Joly hatte alle Akten an die deutschen Strafverfolgungsbehörden zügig weitergereicht.
In den hochbrisanten Unterlagen befindet sich auch die Aussage eines mittlerweile verurteilten französischen Angeklagten, dass Millionenbeträge an deutsche Minister bzw. Staatssekretäre geflossen seien.
Es hätte nahegelegen, dass, wenn schon die Bundesanwaltschaft das Verfahren aus Rechtsgründen nicht an sich ziehen konnte, eine einzige Staatsanwaltschaft den ganzen Komplex schwerpunktmässig bearbeitet hätte.
Aber nein, stattdessen mussten gleich mehrere überlastete regionale Staatsanwaltschaften sich mit dem Aktenberg herumschlagen.
Die Ermittlungen diverser Staatsanwaltschaften gestalteten sich auch deshalb schwierig, weil diverse Regierungsunterlagen im Rahmen der "Bundeslöschtage" offenbar vernichtet worden waren, bevor die rot-grüne Regierung 1997 ans Ruder kam.
Eine Nachforschung mit Bankspezialisten, wo die Millionenbeträge nach all den Transaktionen schließlich gelandet waren, fand ebenfalls nicht statt.
Eine aufrechte Staatsanwaltschaft in Augsburg
Lediglich die Staatsanwaltschaft Augsburg erwarb sich grosse Verdienste bei der Aufklärung der Teilaspekte "Schreiber und seine Zahlungen an die CDU", was dazu führte, dass die Staatsanwaltschaft mit Staatsanwalt Winfried Maier und dem Leiter der Augsburger Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Jörg Hillinger, unter massiven Druck seitens der bayerischen Ministerien gerieten.
Aber auch seitens der Generalstaatsanwaltschaft in München unter Leitung des Generalstaatsanwalts Hermann Froschauer. gab es offenbar Beeinflussungsversuche. Froschauer hatte sogar seinerzeit den Vollzug des Haftbefehl gegen Pfahls verzögert, was dieser dann flugs nutzte, um aus Deutschland zu flüchten.Das riecht nach Begünstigung im Amt. Ein Skandal im Skandal. .
Schluss, aus
Und so wurde die Akte Leuna-Bestechungsskandal seitens der diversen Staatsanwaltschaften geschlossen. Für immer. Wie schön-jedenfalls für die Verdächtigen.
In Wirklichkeit ein erbärmliches Zeugnis der deutschen Justiz, die angebliche schwere Straftaten auf Ministerebene nicht aufklärt, so, wie man es eigentlich aus einer Bananenrepublik gewohnt ist.
Aber diese Erfahrung haben wir bereits bei den angeblichen Verbrechen deutscher Beteiligter im Zusammenhang mit dem fehlgeschlagenen Putsch in Äquatorial Guinea gemacht. Die Staatsanwaltschaften unterliegen der Weisungsbefugnis der zuständigen Ministerien, was die Verfahrenseinstellung in derartigen politischen Fällen sicher nicht erschwert.
Die jetzigen Verhaftungen von Holzer und Pfahls gehören bestenfalls in den Randbereich des Leuna-Megaskandals. Sie kommen durch die angebliche Verschleierung ihrer Vermögenslage gegenüber Gläubigern zustande. Denen wollten sie weismachen, dass sie mittellos seien. Nach all den dubiosen Banktransaktionen? Das wollte die Augsburger Staatsanwaltschaft ihnen nicht abnehmen.
Aber: Kleine Fische, verglichen mit dem Leuna-Skandal.
Zu Waffenhändler Karlheinz Schreiber
Urteil gegen Karlheinz Schreiber: sind 8 Jahre genug? Sind alle Schuldigen verurteilt?
Ein Waffenhändler, ein ehemaliger kanadischer Regierungschef und jede Menge Lügen
Zum Elf-Aquitaine- (Total Elf Fina-) Skandal
Elf – oder Sprit für Bestechungen im Grossformat
Zahltag für französischen Rüstungkonzern oder: wie schmiert man eine Republik/Provinz
Zum Putschversuch in Äquatorial Guinea und der Strafverfolgung des deutschen Verdächtigen
Der Wonga Coup
Ein Putschversuch in Afrika und ein juristisches Nachspiel in Hessen
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Clearstream ein Megaskandal in Frankreich
Justiz in der Krise oder Krisenjustiz?
Ein nicht aufgeklärter Skandal
Die Namen Holzer und Pfahls erregen kaum noch Aufmerksamkeit, dabei stehen sie in engem Zusammenhang mit einem der größten Bestechungsskandale, nicht nur der Nach-Wiedervereinigungsära, sondern auch der Bundesrepublik seit ihrer Entstehung: dem Leuna Skandal. . Ein Skandal, der bis heute nicht aufgeklärt wurde. Ein erbärmliches Versagen der bundesdeutschen Justiz.
Ein Blick zurück
Der heute 68-jährige Pfahls wuchs in das Netzwerk des 1989 verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauss hinein, nachdem er zunächst als Staatsanwalt und dann als Richter tätig, aus dem Justizdienst in die bayerische Ministerialbürokratie wechselte.
Dort wurde er von Strauss als Talent „entdeckt“, und der machte Pfahls dann zu seinem persönlichen Referenten und Büroleiter.
Ein Mann namens Karlheinz Schreiber
In Straussens Vorzimmer lernte Pfahls auch den Airbus- und Thyssen-Krupp- Lobbyisten Karlheinz Schreiber kennen, der bei Strauss ein- und aus ging und eine dicke Nummer in dessen Netzwerk war.
Ein Netzwerk Strauss - F.J. Strauss (r) und K.H. Schreiber (l)
Vermutlich lernte er dort nicht nur, wie ein Lobbyist „tickt“, sondern dass man in dieser Funktion – zumindest im Strauss-Netzwerk – nicht immer mit dem Gesetzbuch, insbesondere mit dem Strafgesetzbuch, unter dem Arm herumlaufen kann. Das sollte allerdings Schreiber - viel später, im Mai 2010 - dann eine achtjährige Freiheitsstrafe einbringen.
Ein Netzwerk Strauss
Schreiber sorgte im Auftrag von Strauss dafür, dass der Verkauf von Airbus Flugzeugen – Strauss war Aufsichtsratsvorsitzender dort – lief, notfalls, also oftmals, geschmiert lief. Aber auch schwere Waffen aus deutscher Produktion verkaufte er gerne an wohlhabende Länder mit unfreundlichen Nachbarn.
Dieses Strauss-Netzwerk, das sich über einen Mangel an Skandalen nicht zu beklagen brauchte, ist mit der Geschichte Nachkriegsdeutschlands fest verbunden.
Der „Vollblutpolitiker“ Franz Josef Strauss startete seinen scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg in den 50er Jahren. Er war unter dem ersten Nachkriegskanzler Konrad Adenauer Atomminister und dann Verteidigungsminister.
Merksatz Strauss: "Lieber ein kalter Krieger als ein warmer Bruder".
Strauss stand im Zentrum einer ganzen Reihe von Beschaffungsskandalen für die Bundeswehr. Einkäufe, an denen so mancher Strauss-Spezi sich eine goldene Nase verdiente:
- Bau von Kasernen
- Beschaffung des absturzgefährdeten Kampfbombers Lockheed Starfighter F 104G
- Beschaffung des miserablen Schützenpanzers HS 30 u.s.w., u.s.w.
Im Gegenzug gab es dann immer reichlich Spenden für die CSU-Pateikasse – Parteifinanzierung in der bayerischen Variante.
Das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL, damals zu Recht als das Sturmgeschütz der Demokratie von seinem Herausgeber Rudolf Augstein bezeichnet, hatte Mühe, mit den zahlreichen Strauss-Netzwerk-Skandalen Schritt zu halten.
Verkauf statt Einkauf
In den 70er und 80er Jahren ging es dann nicht mehr um die Beschaffung von Bundeswehrausrüstung, denn mittlerweile war die Bundesrepublik aufgerüstet, die Kasernen gebaut, und selbst zum Hersteller und Großexporteur von Kriegswaffen geworden. Vielmehr ging es jetzt um den Export von Kriegswaffen, also deren Verkauf in andere Länder.
Das war die Stunde für Leute vom Schlage Schreibers, der ganz offensichtlich nach der Devise handelte: Wer gut schmiert, der gut fährt (verkauft).
Besonders begehrt der Leopard-Panzer, dessen Name in Tradition zu Hitlers Panzern stand, dessen letzter der Tiger-Panzer war. Aber auch der Fuchs-Spürpanzer und der Kampfjet Tornado ließen sich gut an den Mann bringen.
Pfahls steigt auf
Pfahls, dem das Strauss-Vorzimmer zu klein wurde, rückte mit der Unterstützung seines Ziehvaters auf den Präsidentensessel des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Und weiter dann 1987 auf die Stelle eines beamteten Staatssekretärs im deutschen Verteidigungsministerium auf der Bonner Hardthöhe, zuständig gerade auch für Beschaffung.
Staatssekretär Pfahls (r) ......Panzer für Saudi-Arabien aus Bundeswehrbeständen.
Screenshot: Dr. v. Paleske
Dort gehen die Lobbyisten ein und aus, und so ist es nicht verwunderlich, dass auch Karlheinz Schreiber, mittlerweile mit Pfahls per Du, dort auftauchte.
Bundeswehr-Panzer für Saudi-Arabien
Schreiber wollte nicht verkaufen, sondern einkaufen: 34 Fuchs-Spürpanzer (Wert: 446 Millionen Mark) zum Weiterverkauf an Saudi-Arabien. Die Zeit drängte, weil der erste Golfkrieg vor der Tür stand und der Irak im Besitz von Chemiewaffen war, die Iraks Herrscher Saddam Hussein schon im Irak-Iran Konflikt, und selbst im eigenen Land, zum Einsatz gebracht hatte.
Der Hersteller von Spürpanzern konnte in der kurzen Zeit nicht liefern, also kamen nur Bundeswehrbestände in Frage. Pfahls sorgte dafür, dass alle Widerstande dagegen aus dem Wege geräumt wurden. Saudi Arabien bekam die Bundeswehr-Spürpanzer, Schreiber sein Geld, und Pfahls bekam eine anständige "Entlohnung" in Millionenhöhe für die anstrengende Lobbyarbeit.
Eine Skandalflucht
Aber die Sache flog schließlich auf, Pfahls flüchtete vor der Strafverfolgung, wobei ihm der Lobbyist Holzer mit Rat und Tat (Geldzuwendungen) zur Seite stand. Die Staatsanwaltschaft erliess einen Haftbefehl gegen Pfahls, aber erst nach fünfjähriger Flucht, wurde er schließlich 2004 in Frankreich gefasst. Im Jahre 2005 wurde Pfahls nach Deutschland ausgeliefert und vom Landgericht Augsburg wegen Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung schliesslich zu 2 Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
Der Lobbyist Holzer erhielt wegen des rechtswidrigen Fluchthilfe-Freundschaftsdienstes im Juli 2008 eine Freiheitsstrafe auf Bewährung und eine Geldstrafe aufgebrummt.
Der Leuna-Bestechungsskandal
Alles hätte eigentlich jetzt paletti sein können, aber das war gar nichts, verglichen mit dem, was sich 1991/1992 abspielte. Denn hier ging es um ein Milliardenprojekt, bei dem offenbar Bestechungsgelder im zweistelligen, evtl. dreistelligen Millionenbereich flossen, und wieder mit dabei: das Duo Holzer und Pfahls.
Holzer arbeitete als Lobbyist für Elf-Aquitaine und kassierte für diese Schwerstarbeit insgesamt 50 Millionen Mark, was er gegenüber einem Gericht in Frankreich als "branchenüblich" bezeichnete.
Bei dem Milliarden-DM-Geschäft handelte es sich um den Verkauf der Minol--Tankstellen und der Leuna-Raffinerie aus Ex-DDR-Staatsbesitz. Deren Verkauf wurde 1991 ausgeschrieben und 1992 der Zuschlag erteilt. Bieter waren BP, die Tamoil Gruppe und das kuwaitische Unternehmen Q8 sowie Elf- Aquitaine (jetzt TotalElfFina)
Die französiche Firma Elf- Aquitaine bekam den Zuschlag. Aber der Käufer musste eine dicke Kröte schlucken, die ihr allerdings durch massive Subventionen in DM-Milliardenhöhe schmackhaft gemacht wurde: Die marode Leuna-Raffinerie plus Beseitigung der durch die DDR-Raffinerie bis dato verursachten Umweltschäden.
Fest steht, dass erhebliche Schmiergelder geflossen sind, die sich auf mindestens 48 Millionen Euro belaufen.
Nicht klar ist, wer neben Holzer, und vermutlich auch Pfahls, noch die Empfänger in deutschen Ministerien waren, bzw.ob, und in welche Parteikasse, sie geflossen sind.
Eine aufrechte Richterin namens Joly
Wie die französische Untersuchungsrichterin Eva Joly, die mit äußerster Hartnäckigkeit und gegen massive politische Widerstände in Frankreich herausfand, hatten Dieter Holzer und Ludwig Holger Pfahls in den 90er Jahren insgesamt 130 Millionen Euro zwischen Trusts und Schweizer und Luxemburger Banken so lange hin-und hergeschoben, bis die endgültigen Empfänger nicht mehr zu finden waren.
Aufgrund ihrer Ermittlungen wurden die Elf-Aquitaine Manager Loik Le Floch-Prigent und Alfred Sirven zu langen Freiheitsstrafen verurteilt. Der Lobbyist Holzer erhielt von einem französischen Gericht in Abwesenheit eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten und eine Geldstrafe von 1,5 Millionen Euro wegen Veruntreuung aufgebrummt.
Keine Konsequenzen in Deutschland
Nun hätte man erwarten dürfen, dass Pfahls in Deutschland mit der Strafverfolgung an der Reihe wäre, und dann, nach Enttarnung, die anderen Empfänger. Die Untersuchungsrichterin Joly hatte alle Akten an die deutschen Strafverfolgungsbehörden zügig weitergereicht.
In den hochbrisanten Unterlagen befindet sich auch die Aussage eines mittlerweile verurteilten französischen Angeklagten, dass Millionenbeträge an deutsche Minister bzw. Staatssekretäre geflossen seien.
Es hätte nahegelegen, dass, wenn schon die Bundesanwaltschaft das Verfahren aus Rechtsgründen nicht an sich ziehen konnte, eine einzige Staatsanwaltschaft den ganzen Komplex schwerpunktmässig bearbeitet hätte.
Aber nein, stattdessen mussten gleich mehrere überlastete regionale Staatsanwaltschaften sich mit dem Aktenberg herumschlagen.
Die Ermittlungen diverser Staatsanwaltschaften gestalteten sich auch deshalb schwierig, weil diverse Regierungsunterlagen im Rahmen der "Bundeslöschtage" offenbar vernichtet worden waren, bevor die rot-grüne Regierung 1997 ans Ruder kam.
Eine Nachforschung mit Bankspezialisten, wo die Millionenbeträge nach all den Transaktionen schließlich gelandet waren, fand ebenfalls nicht statt.
Eine aufrechte Staatsanwaltschaft in Augsburg
Lediglich die Staatsanwaltschaft Augsburg erwarb sich grosse Verdienste bei der Aufklärung der Teilaspekte "Schreiber und seine Zahlungen an die CDU", was dazu führte, dass die Staatsanwaltschaft mit Staatsanwalt Winfried Maier und dem Leiter der Augsburger Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Jörg Hillinger, unter massiven Druck seitens der bayerischen Ministerien gerieten.
Aber auch seitens der Generalstaatsanwaltschaft in München unter Leitung des Generalstaatsanwalts Hermann Froschauer. gab es offenbar Beeinflussungsversuche. Froschauer hatte sogar seinerzeit den Vollzug des Haftbefehl gegen Pfahls verzögert, was dieser dann flugs nutzte, um aus Deutschland zu flüchten.Das riecht nach Begünstigung im Amt. Ein Skandal im Skandal. .
Schluss, aus
Und so wurde die Akte Leuna-Bestechungsskandal seitens der diversen Staatsanwaltschaften geschlossen. Für immer. Wie schön-jedenfalls für die Verdächtigen.
In Wirklichkeit ein erbärmliches Zeugnis der deutschen Justiz, die angebliche schwere Straftaten auf Ministerebene nicht aufklärt, so, wie man es eigentlich aus einer Bananenrepublik gewohnt ist.
Aber diese Erfahrung haben wir bereits bei den angeblichen Verbrechen deutscher Beteiligter im Zusammenhang mit dem fehlgeschlagenen Putsch in Äquatorial Guinea gemacht. Die Staatsanwaltschaften unterliegen der Weisungsbefugnis der zuständigen Ministerien, was die Verfahrenseinstellung in derartigen politischen Fällen sicher nicht erschwert.
Die jetzigen Verhaftungen von Holzer und Pfahls gehören bestenfalls in den Randbereich des Leuna-Megaskandals. Sie kommen durch die angebliche Verschleierung ihrer Vermögenslage gegenüber Gläubigern zustande. Denen wollten sie weismachen, dass sie mittellos seien. Nach all den dubiosen Banktransaktionen? Das wollte die Augsburger Staatsanwaltschaft ihnen nicht abnehmen.
Aber: Kleine Fische, verglichen mit dem Leuna-Skandal.
Zu Waffenhändler Karlheinz Schreiber
Urteil gegen Karlheinz Schreiber: sind 8 Jahre genug? Sind alle Schuldigen verurteilt?
Ein Waffenhändler, ein ehemaliger kanadischer Regierungschef und jede Menge Lügen
Zum Elf-Aquitaine- (Total Elf Fina-) Skandal
Elf – oder Sprit für Bestechungen im Grossformat
Zahltag für französischen Rüstungkonzern oder: wie schmiert man eine Republik/Provinz
Zum Putschversuch in Äquatorial Guinea und der Strafverfolgung des deutschen Verdächtigen
Der Wonga Coup
Ein Putschversuch in Afrika und ein juristisches Nachspiel in Hessen
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onlinedienst - 27. Dez, 10:20 Article 5322x read