Eine unzureichende Entschuldigung und ein unzureichender Artikel
Dr. Alexander von Paleske --- 24.9. 2012 ---
Auf dem 115. Deutschen Ärztetag in Nürnberg im Mai dieses Jahres entschuldigte sich die deutsche Ärzteschaft für die von Medizinern begangenen Verbrechen in der Nazi-Zeit.
Am gleichen Ort waren vor 65 Jahren im Nürnberger Ärzteprozess deutsche Mediziner wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden.
Nicht etwa nur die seinerzeit verurteilten 20 Ärzte, sondern ein nicht geringer Teil der deutschen Ärzteschaft hatte die Vertreibung jüdischer Kollegen geduldet und betrieben.
Eine Reihe von Ärzten hat ausserdem systematisch Tötungen und unfassbar qualvolle und sinnlose Versuche an ihnen ausgelieferten Menschen unternommen.
Viele dieser Verbrecher und ihrer Helfer in weissen Kitteln haben nach dem Ende der NS Herrschaft Karriere gemacht, oder blieben zumindest lange Zeit unentdeckt, bzw. entzogen sich der Verhaftung durch Flucht ins Ausland, wie die KZ Ärzte Josef Mengele und Aribert Heim.
Ein Mann namens Sewering
Das ehemalige SS Mitglied und offenbar in die Tötungsmaschinerie verstrickte Arzt Hans-Joachim Sewering brachte es sogar bis zum Präsident der Bayerischen Landesärztekammer in der Zeit von 1955 bis 1991.
Er war ausserdem Mitglied des Vorstands der Bundesärztekammer, obwohl er nachweislich 9 behinderte Patienten in die „Klinik“ Eglfing-Haar überwiesen hatte, wo dann mindestens 5 der überwiesenen Patienten entsprechend der nationalsozialistischen Ideologie ermordet wurden.
Mit Orden überschüttet
Sewering wurde mit Orden und Auszeichnungen nach dem Ende der NS Herrschaft förmlich überschüttet, und bestritt, jemals geahnt zu haben, was mit den von ihm überwiesenen Patienten geschah – was ihm kaum abzunehmen war, ihn zumindest aber für die Übernahme derartiger Ämter eindeutig disqualifizierte.
Das Schweigen, die Kumpanei der Ärzteschaft nach dem Kriege, statt die Aufklärung der ungeheuren Verbrechen als Akt einer Selbstreinigung des Berufsstandes energisch anzupacken, ist ein weiteres trübes Zeugnis deutscher "Vergangenheitsbewältigung".
Ein schwacher Versuch
Nun haben drei deutsche Historiker und Mediziner, Stephan Kolb, Volker Roelcke und Horst Seithe aus Nürnberg bzw. Oxford einen längeren Artikel in der hochangesehenen Medizinzeitung Lancet untergebracht:
"Apologising for Nazi medicine: a constructive starting point. -
(The Lancet, August 25, 2012 p. 722f.)
der einen Rückblick auf diese Zeit erlauben soll, und die Entschuldigung der Ärzteschaft würdigt.
Die Entschuldigung, wie die Schreiber feststellen, komme spät, aber nicht zu spät.
Zu wenig und sehr spät
Das ist allerdings nicht ganz zutreffend: sie kommt für fast alle seinerzeit überlebenden Opfer zu spät, und sie beinhaltet ausserdem nicht die Entschuldigung für die Vertuschung bzw. Unwilligkeit der Aufklärung seitens der deutschen Ärzteschaft danach.
Nicht weniger kritikwürdig: Die Aufarbeitung der Verbrechen der Ärzte unter dem Hakenkreuz und ihre Karrieren nach dem Ende der NS-Herrschaft wurden führend von dem investigativen Journalisten Ernst Klee betrieben und dokumentiert, und zwar bereits in den 70er und 80er Jahren.
Ernst Klee ........ federführend, aber nicht genannt.
In dem Artikel wird Klee jedoch mit keinem Wort erwähnt.
Wir schrieben im März vergangenen Jahres:
Der NS-Euthanasie fielen zwischen 1939 und 1945 fast 300.000 Menschen zum Opfer. Außerdem wurden 400.000 „erblich minderwertige Menschen“ zwangssterilisiert.
Nicht zufällig erhielt Klee 1976 ein Hausverbot für die psychiatrische Universitätsklinik von dem Frankfurter Psychiater Professor Bochnik. Ein Mediziner, der mir aus meiner Studienzeit in Frankfurt noch durch seinen offenbaren Mangel an Empathie, und durch süffisante Bemerkungen nach den Patientenvorstellungen, in denkbar schlechter Erinnerung geblieben ist.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Nichtnennung des Journalisten Klee nicht nur ein blosses Versehen ist.
Medizin unter dem Hakenkreuz - späte Aufarbeitung - oder: Die Mörder waren lange unter uns
Joseph (Joschka) Fischer - ein Entnazifizierungsheld im Auswärtigen Amt
Auf dem 115. Deutschen Ärztetag in Nürnberg im Mai dieses Jahres entschuldigte sich die deutsche Ärzteschaft für die von Medizinern begangenen Verbrechen in der Nazi-Zeit.
Am gleichen Ort waren vor 65 Jahren im Nürnberger Ärzteprozess deutsche Mediziner wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden.
Nicht etwa nur die seinerzeit verurteilten 20 Ärzte, sondern ein nicht geringer Teil der deutschen Ärzteschaft hatte die Vertreibung jüdischer Kollegen geduldet und betrieben.
Eine Reihe von Ärzten hat ausserdem systematisch Tötungen und unfassbar qualvolle und sinnlose Versuche an ihnen ausgelieferten Menschen unternommen.
Viele dieser Verbrecher und ihrer Helfer in weissen Kitteln haben nach dem Ende der NS Herrschaft Karriere gemacht, oder blieben zumindest lange Zeit unentdeckt, bzw. entzogen sich der Verhaftung durch Flucht ins Ausland, wie die KZ Ärzte Josef Mengele und Aribert Heim.
Ein Mann namens Sewering
Das ehemalige SS Mitglied und offenbar in die Tötungsmaschinerie verstrickte Arzt Hans-Joachim Sewering brachte es sogar bis zum Präsident der Bayerischen Landesärztekammer in der Zeit von 1955 bis 1991.
Er war ausserdem Mitglied des Vorstands der Bundesärztekammer, obwohl er nachweislich 9 behinderte Patienten in die „Klinik“ Eglfing-Haar überwiesen hatte, wo dann mindestens 5 der überwiesenen Patienten entsprechend der nationalsozialistischen Ideologie ermordet wurden.
Mit Orden überschüttet
Sewering wurde mit Orden und Auszeichnungen nach dem Ende der NS Herrschaft förmlich überschüttet, und bestritt, jemals geahnt zu haben, was mit den von ihm überwiesenen Patienten geschah – was ihm kaum abzunehmen war, ihn zumindest aber für die Übernahme derartiger Ämter eindeutig disqualifizierte.
Das Schweigen, die Kumpanei der Ärzteschaft nach dem Kriege, statt die Aufklärung der ungeheuren Verbrechen als Akt einer Selbstreinigung des Berufsstandes energisch anzupacken, ist ein weiteres trübes Zeugnis deutscher "Vergangenheitsbewältigung".
Ein schwacher Versuch
Nun haben drei deutsche Historiker und Mediziner, Stephan Kolb, Volker Roelcke und Horst Seithe aus Nürnberg bzw. Oxford einen längeren Artikel in der hochangesehenen Medizinzeitung Lancet untergebracht:
"Apologising for Nazi medicine: a constructive starting point. -
(The Lancet, August 25, 2012 p. 722f.)
der einen Rückblick auf diese Zeit erlauben soll, und die Entschuldigung der Ärzteschaft würdigt.
Die Entschuldigung, wie die Schreiber feststellen, komme spät, aber nicht zu spät.
Zu wenig und sehr spät
Das ist allerdings nicht ganz zutreffend: sie kommt für fast alle seinerzeit überlebenden Opfer zu spät, und sie beinhaltet ausserdem nicht die Entschuldigung für die Vertuschung bzw. Unwilligkeit der Aufklärung seitens der deutschen Ärzteschaft danach.
Nicht weniger kritikwürdig: Die Aufarbeitung der Verbrechen der Ärzte unter dem Hakenkreuz und ihre Karrieren nach dem Ende der NS-Herrschaft wurden führend von dem investigativen Journalisten Ernst Klee betrieben und dokumentiert, und zwar bereits in den 70er und 80er Jahren.
Ernst Klee ........ federführend, aber nicht genannt.
In dem Artikel wird Klee jedoch mit keinem Wort erwähnt.
Wir schrieben im März vergangenen Jahres:
Der NS-Euthanasie fielen zwischen 1939 und 1945 fast 300.000 Menschen zum Opfer. Außerdem wurden 400.000 „erblich minderwertige Menschen“ zwangssterilisiert.
Nicht zufällig erhielt Klee 1976 ein Hausverbot für die psychiatrische Universitätsklinik von dem Frankfurter Psychiater Professor Bochnik. Ein Mediziner, der mir aus meiner Studienzeit in Frankfurt noch durch seinen offenbaren Mangel an Empathie, und durch süffisante Bemerkungen nach den Patientenvorstellungen, in denkbar schlechter Erinnerung geblieben ist.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Nichtnennung des Journalisten Klee nicht nur ein blosses Versehen ist.
Medizin unter dem Hakenkreuz - späte Aufarbeitung - oder: Die Mörder waren lange unter uns
Joseph (Joschka) Fischer - ein Entnazifizierungsheld im Auswärtigen Amt
onlinedienst - 24. Sep, 07:40 Article 3968x read