Folgt Westafrika dem Beispiel Somalias? Oder: Fabrikmässige Überfischung in den Küstengewässern treibt lokale Fischer in die Armut
Dr. Alexander von Paleske --- 23.4. 2012 ---
In Somalia waren es die Fabrikfangschiffe aus Europa, welche in die fischreichen Küstengewässer eindrangen und sie leerfischten. Küstengewässer, die nach internationalem Recht ausschliesslich lokalen Fischern vorbehalten sind.
Es begann im Jahre 1992 zeitgleich mit dem Zerfall des Staates Somalia, und liess die lokalen Fischer schliesslich zur bewaffneten Selbsthilfe greifen.
So schilderte es nicht nur der in Kenia lebende somalische Journalist Mohamed Abshir Walso, sondern auch Abdirahman Mohamed Farole, Präsident Puntlands (der nach dem Zerfall Somalias semiautonomen Nordprovinz Somalias), jüngst auf einer Konferenz in London, auf der das Problem der Piraterie und Wege zur Abhilfe diskutiert wurden.
Von den Fischtrawlern zu den Handelsschiffen
Erst waren es die Fischtrawler, die gekapert, und dann nur gegen Lösegeld wieder freigelassen wurden. Dann begann sich die Piraterie aus der Selbsthilfe zu lösen, und mit der Kaperung von Handelsschiffen zu einem eigenen lukrativen Geschäftszweig sich zu entwickeln, gegen den schliesslich eine ganze Flotte von Kriegsschiffen der Nato, aber auch aus Ländern wie China und Indien zum Einsatz kommt.
Der Erfolg ist mässig, denn immer wieder gelingt es den Piraten, gleichwohl Handelsschiffe zu kapern.
Mittlerweile haben einige Reedereien Söldner angeheuert und die EU will einen (vorläufig) begrenzten Küstenstreifen zur Kriegszone machen, mit der Folge, dass vermutete Piraten aus der Luft attackiert werden dürfen. Schritte zu einer weiteren Eskalation nach dem Motto „immer feste druff“ ohne die sozialen Ursachen zur Kenntnis nehmen zu wollen..
Bald auch vor Westafrika?
Auch in Westafrika könnte sich ein ähnliches Szenario entwickeln.
Die erste Stufe dazu ist in den fischreichen Küstengewässern von Mauretanien und Senegal bereits erreicht.
Der Fischbestand in den Küstengewässern ist dank massiver Überfischung durch Fabrikfangschiffe aus Europa, Russland und China bereits stark geschrumpft.
Die Fischfangerträge des Senegal haben sich in zehn Jahren von 220.000 Tonnen auf 120.000 Tonnen fast glatt halbiert.
Zwar sind die Fabrikfangschiffe aus der EU gehalten, die 19km Zone strikt einzuhalten, die ausschliesslich lokalen Fischern vorbehalten ist, aber die Überfischung ausserhalb dieser Zone macht sich gleichwohl auch innerhalb der Zone mehr als deutlich bemerkbar.
Ausserdem gibt es eine Reihe von Trawlern, die insbesondere bei Nacht in die Verbotszone eindringen. Die Eigentümer dieser verrosteten „Seelenverkäufer“ sind irgendwelche Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen, um die wahren Eigentümer zu verschleiern, wir berichteten darüber.
Der Schaden, der durch diese illegale Fischerei hervorgerufen wird, liegt im Falle Sierra Leones, einem der ärmsten Länder Westafrikas mit einer langen Bürgerkriegsgeschichte, bei rund 30 Millionen US Dollar pro Jahr.
Die betroffenen Länder haben so gut wie keine Möglichkeit die Küste z.B. durch Küstenschutzboote zu überwachen, und den Fischpiraten das Handwerk zu legen
Die Versuchung zu bewaffneter Selbsthilfe seitens der lokalen Fischer steigt daher in dem Umfang, in dem die Fischbestände sich vermindern, und die Fischer bisher wütend aber hilflos diesem Treiben zuschauen mussten.
Kein Wunder
50 Fabrikfangschiffe, deren grösste Einheiten bis zu 250 Tonnen Fisch pro Tag fangen und verarbeten können, kreuzen vor der Küste Mauretaniens, darunter 30 bereits aus Ländern wie China Indien und Belize.
Was 56 der kleinen mauretanischen Fischerboote in einem Jahr fangen, das fischen und verarbeiten diese Frabrikschiffe in einem Tag. Mittlerweile kommen 25% der Fische, die in Europa auf dem Esstisch landen, aus Gewässern der Dritten Welt.
Die Überfischung der eigenen Gewässer wird „exportiert“, mit katastrophalen Folgen:
Zerstörung der Existenzgrundlage der lokalen Fischerei
Verhinderung des Aufbaus einer Fischverwertungsindustrie
Verminderte Versorgung der lokalen Bevölkerung mit proteinreichem Fisch
Schliesslich Kollaps der Fischgründe durch Überfischung
Hungersnöte
In Senegal leben rund eine Million Menschen direkt und indirekt vom Fischfang.
Aber auch ausserhalb der 19km Schutzzone darf nur gefischt werden, wenn entsprechende Fischereirechte an die Eigentümer der Fabrikfangschiffe erteilt wurden.
Viele Länder Westafrikas haben aus dem Verkauf dieser Lizenzen lukrative Einnahmen gemacht, die entweder Staatsausgaben decken, oder in die Taschen korrupter Regierungseliten wandern, oder beides . Sie erlauben vielfach durch totale Ignorierung des ökologischen Gleichgewichts und der Interessen der lokalen Fischer diese Überfischung.
Etwas, was die Konflikte der Fischer mit der eigenen Regierung schüren wird.
So ist es dann keine Überraschung, dass diese Verträge meistens unter Verschluss gehalten werden – von beiden Seiten versteht sich..
Man braucht also kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, dass dieser Konflikt sich in der Zukunft gewaltsam entladen wird, wenn nicht rechtzeitig Abhilfe geschaffen wird. Ganz abgesehen von den irreparablen ökologischen Schäden.
Guten Appetit Europa – Fischfangsklaverei und Umweltzerstörung
Kampf gegen somalische Piraten – nun mit Söldnern
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Söldnerchef Spicer sucht neues Geschäftsfeld: Piratenbekämpfung vor Somalia?
In Somalia waren es die Fabrikfangschiffe aus Europa, welche in die fischreichen Küstengewässer eindrangen und sie leerfischten. Küstengewässer, die nach internationalem Recht ausschliesslich lokalen Fischern vorbehalten sind.
Es begann im Jahre 1992 zeitgleich mit dem Zerfall des Staates Somalia, und liess die lokalen Fischer schliesslich zur bewaffneten Selbsthilfe greifen.
So schilderte es nicht nur der in Kenia lebende somalische Journalist Mohamed Abshir Walso, sondern auch Abdirahman Mohamed Farole, Präsident Puntlands (der nach dem Zerfall Somalias semiautonomen Nordprovinz Somalias), jüngst auf einer Konferenz in London, auf der das Problem der Piraterie und Wege zur Abhilfe diskutiert wurden.
Von den Fischtrawlern zu den Handelsschiffen
Erst waren es die Fischtrawler, die gekapert, und dann nur gegen Lösegeld wieder freigelassen wurden. Dann begann sich die Piraterie aus der Selbsthilfe zu lösen, und mit der Kaperung von Handelsschiffen zu einem eigenen lukrativen Geschäftszweig sich zu entwickeln, gegen den schliesslich eine ganze Flotte von Kriegsschiffen der Nato, aber auch aus Ländern wie China und Indien zum Einsatz kommt.
Der Erfolg ist mässig, denn immer wieder gelingt es den Piraten, gleichwohl Handelsschiffe zu kapern.
Mittlerweile haben einige Reedereien Söldner angeheuert und die EU will einen (vorläufig) begrenzten Küstenstreifen zur Kriegszone machen, mit der Folge, dass vermutete Piraten aus der Luft attackiert werden dürfen. Schritte zu einer weiteren Eskalation nach dem Motto „immer feste druff“ ohne die sozialen Ursachen zur Kenntnis nehmen zu wollen..
Bald auch vor Westafrika?
Auch in Westafrika könnte sich ein ähnliches Szenario entwickeln.
Die erste Stufe dazu ist in den fischreichen Küstengewässern von Mauretanien und Senegal bereits erreicht.
Der Fischbestand in den Küstengewässern ist dank massiver Überfischung durch Fabrikfangschiffe aus Europa, Russland und China bereits stark geschrumpft.
Die Fischfangerträge des Senegal haben sich in zehn Jahren von 220.000 Tonnen auf 120.000 Tonnen fast glatt halbiert.
Zwar sind die Fabrikfangschiffe aus der EU gehalten, die 19km Zone strikt einzuhalten, die ausschliesslich lokalen Fischern vorbehalten ist, aber die Überfischung ausserhalb dieser Zone macht sich gleichwohl auch innerhalb der Zone mehr als deutlich bemerkbar.
Ausserdem gibt es eine Reihe von Trawlern, die insbesondere bei Nacht in die Verbotszone eindringen. Die Eigentümer dieser verrosteten „Seelenverkäufer“ sind irgendwelche Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen, um die wahren Eigentümer zu verschleiern, wir berichteten darüber.
Der Schaden, der durch diese illegale Fischerei hervorgerufen wird, liegt im Falle Sierra Leones, einem der ärmsten Länder Westafrikas mit einer langen Bürgerkriegsgeschichte, bei rund 30 Millionen US Dollar pro Jahr.
Die betroffenen Länder haben so gut wie keine Möglichkeit die Küste z.B. durch Küstenschutzboote zu überwachen, und den Fischpiraten das Handwerk zu legen
Die Versuchung zu bewaffneter Selbsthilfe seitens der lokalen Fischer steigt daher in dem Umfang, in dem die Fischbestände sich vermindern, und die Fischer bisher wütend aber hilflos diesem Treiben zuschauen mussten.
Kein Wunder
50 Fabrikfangschiffe, deren grösste Einheiten bis zu 250 Tonnen Fisch pro Tag fangen und verarbeten können, kreuzen vor der Küste Mauretaniens, darunter 30 bereits aus Ländern wie China Indien und Belize.
Was 56 der kleinen mauretanischen Fischerboote in einem Jahr fangen, das fischen und verarbeiten diese Frabrikschiffe in einem Tag. Mittlerweile kommen 25% der Fische, die in Europa auf dem Esstisch landen, aus Gewässern der Dritten Welt.
Die Überfischung der eigenen Gewässer wird „exportiert“, mit katastrophalen Folgen:
Zerstörung der Existenzgrundlage der lokalen Fischerei
Verhinderung des Aufbaus einer Fischverwertungsindustrie
Verminderte Versorgung der lokalen Bevölkerung mit proteinreichem Fisch
Schliesslich Kollaps der Fischgründe durch Überfischung
Hungersnöte
In Senegal leben rund eine Million Menschen direkt und indirekt vom Fischfang.
Aber auch ausserhalb der 19km Schutzzone darf nur gefischt werden, wenn entsprechende Fischereirechte an die Eigentümer der Fabrikfangschiffe erteilt wurden.
Viele Länder Westafrikas haben aus dem Verkauf dieser Lizenzen lukrative Einnahmen gemacht, die entweder Staatsausgaben decken, oder in die Taschen korrupter Regierungseliten wandern, oder beides . Sie erlauben vielfach durch totale Ignorierung des ökologischen Gleichgewichts und der Interessen der lokalen Fischer diese Überfischung.
Etwas, was die Konflikte der Fischer mit der eigenen Regierung schüren wird.
So ist es dann keine Überraschung, dass diese Verträge meistens unter Verschluss gehalten werden – von beiden Seiten versteht sich..
Man braucht also kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, dass dieser Konflikt sich in der Zukunft gewaltsam entladen wird, wenn nicht rechtzeitig Abhilfe geschaffen wird. Ganz abgesehen von den irreparablen ökologischen Schäden.
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onlinedienst - 23. Apr, 21:44 Article 3881x read
Vielen Dank für den Beitrag.
Somalia und die Giftmüllmafia,
https://www.youtube.com/watch?v=j4r1DZvU9es