Frieden im Ost-Kongo?
Dr. Alexander von Paleske --- 11.3. 2013 ---
Vor zwei Wochen schlossen 11 afrikanische Staaten ein Abkommen, das dem Ostteil der Demokratischen Republik Kongo (DRC) einen dauerhaften Frieden bringen soll.
DRC
Dort,
- wo seit dem Beginn des ersten Kongokrieges im Jahre 1996 immer wieder Kämpfe ausbrachen,
- wo Hunderttausende zu Flüchtlingen gemacht, und
- wo unfassbare Grausamkeiten an der Zivilbevölkerung begangen wurden.
- wo alle Friedensabkommen, auch das von Sun City / Südafrika 2003, das den zweiten Kongokrieg beendete, der mehr als 4 Millionen Menschen direkt und indirekt das Leben kostete, nicht zu einem dauerhaften Frieden führten.
Ethnische Konflikte und Rohstoffe
Der Hintergrund:
- Ethnische Konflikte, die 1994 zum Genozid von 800.000 Tutsis und moderaten Hutus durch radikalisierte Hutus in Ruanda führten
- Nach der Beendigung der Grausamkeiten die Flucht von Hunderttausenden Hutus in den Ostkongo
- Die Reorganisierung einer bewaffneten Hutu-Miliz
- Die latente Bedrohung Ruandas dadurch
- Die Plünderung der Rohstoffe des ausserordentlich rohstoffreichen Ostkongos durch das extrem rohstoffarme Ruanda aber auch Uganda im zweiten Kongokrieg (1998 -2003)
,
- Die Fortsetzung der Plünderung - trotz des Friedensschlusses 2003 - durch Ruandas Proxy-Armeen im Ost-Kongo: erst die CNDP unter Laurent Nkunda und jetzt die M23 unter Bosco Ntaganda.
Exporteur ohne eigene Rohstoffe
Ruanda ist mittlerweile zum Gross-Exporteur von Coltan aufgestiegen, obgleich es selbst kaum bzw. gar kein Coltan fördert.
Coltan - in Deutschland von der Goslarer Firma H.C. Starck verarbeitet – wird zur Herstellung von Mobiltelefonen und Laptops benötigt.
Weiter im Ostkongo gefördert: Gold und Diamanten. Vermutet werden auch Erdölvorkommen.
Wohlwollen endete
Bisher konnte Ruandas Kagame sich bei seinen militärischen Eskapaden und seiner Destabilisierungspolitik im Ost-Kongo der wohlwollenden Tolerierung westlicher Länder sicher sein.
Paul Kagame ...will die Annexion des Ostkongo. Screenshot: Dr. v. Paleske
Kagame, der auf einer US Militärakademie seinen letzten soldatischen Schliff bekam, verstand es immer wieder, das schlechte Gewissen der westlichen Länder wegen des Nichteingreifens in den Völkermord in Ruanda 1994 für sich zu nutzen.
Hinzu kam, dass er mit seiner Regierung, und gefördert durch massive Entwicklungsgelder und unterstützt die Rohstoffplünderei im Ost-Kongo, es schaffte, einen effektiven Staatsapparat aufzubauen und die Infrastruktur Ruandas auf Vordermann zu bringen, ebenso wie das Gesundheitswesen. Ein krasser Gegensatz zu dem desolaten Zustand im benachbarten Kongo, insbesondere in dessen Ostprovinzen.
Nun aber ist, mit ausgelöst durch einen UN-Bericht, der Ruanda als die treibende Kraft hinter der Rebellengruppe M23 anschuldigte, die vor allem neues Flüchtlingselend schuf, westlichen Ländern der Geduldsfaden mit Kagame gerissen. Zugesagte Entwicklungshilfegelder wurden eingefroren..
Der Konflikt war dabei, in einen neuen Kongokrieg zu münden Nachbarstaaten, vor allem Angola mit seinen bürgerkriegserprobten Kampftruppen, von Kagame nach den Erfahrungen im zweiten Kongokrieg gefürchtet, waren dabei, auf Seiten der DRC in den Konflikt einzugreifen.
Einen neuen Kongokrieg wollten sowohl die anderen Anrainer-Staaten, aber auch die Regionalmacht Südafrika unter allen Umständen verhindern, und endlich ein Ende dieses scheinbar nie enden wollenden Konflikts sehen.
So stimmte Ruandas Präsident Paul Kagame, von mehreren Seiten politisch unter Druck gesetzt, schliesslich dem Abkommen zu, und so setzten nicht nur die Präsidenten der kriegführenden Staaten, sondern insgesamt 11 afrikanische Staatsmänner ihre Unterschrift unter das Abkommen, darunter neben der vom Krieg am schwersten betroffenen Demokratischen Republik Kongo, und den beiden Nachbarstaaten Ruanda und Uganda, auch Tansania, Südafrika, Angola, Burundi, Süd-Sudan, Sambia, die Zentralafrikanische Republik und Kongo-Brazzaville.
Paul Kagame bei der Unterschrift . .......wie lange gültig?
Screenshot: Dr. v. Paleske
Milizunterstützung soll enden
Zentraler Punkt des Abkommens ist die Verpflichtung insbesondere Ruandas, aber auch Ugandas, die Tutsi Milizen, zuletzt unter der Firmenbezeichnung M23 - de facto unter dem Oberkommando der ruandischen Armee - nicht weiter zu unterstützen.
Das Abkommen verpflichtete gleichzeitig die Regierung der DRC, die staatliche Autorität durch Armee und Polizei im Ost-Kongo wiederherzustellen, und die marodierenden Milizen, insbesondere der Hutu Rebellen, aber auch die Mai Mai, und andere wie die Lord Resistance Army (LRA), welche auch den Kongo immer wieder als Rückzugsgebiet benutzt, zu entwaffnen.
Ausserdem verpflichtet das Abkommen die Regierung des Kongo unter Joseph Kabila, demokratische Reformen durchzuführen.
Eine Zeitplan und überprüfbare Meilensteine wurden jedoch nicht vereinbart.
Joseph Kabila bei der Unterschrift .....kann und will er die Bedingungen erfüllen? Screenshot: Dr. v. Paleske
Dauerhafter Frieden?
Wird es nun Frieden im Ost-Kongo geben?
Kurzfristig vermutlich, mittel bis längerfristig unter den gegenwärtigen Umständen vermutlich nicht, da es trotz des Abkommens zu keiner wirklich endgültigen Lösung der bestehenden Konflikte gekommen ist.
Paul Kagame wird weiterhin sein Ziel verfolgen, mittel- bzw. langfristig grosse Teile des Ost-Kongo zu annektieren, in der Zwischenzeit die Rohstoffplünderei durch seine Proxy-Milizen sicherstellen. Milizen, die sich vorübergehend darauf beschränken werden, die Rohstoff-Transportwege nach Ruanda offen- und die Hutu-Milizen im Zaum zu halten, statt Provinzhauptstädte wie Goma unter ihre Kontrolle zu bringen – vorerst.
Der kongolesische Präsident Joseph Kabila wiederum hat in mehr als 10 Jahren Regierungszeit eine staatliche Ordnung im Ost-Kongo nicht herstellen können oder wollen.
Die dort im Einsatz befindlichen UN Truppen haben kein wirklich handfestes Mandat, um die Rebellen in Schach zu halten.
Und so ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Kämpfe erneut ausbrechen, und das Leiden der Zivilbevölkerung sich fortsetzt..
Zum Ostkongo
Ostkongo (DRC): Vorübergehende Waffenruhe im langen Krieg
Ruandas Paul Kagame greift nach dem Ost-Kongo - Der Dritte Kongokrieg hat begonnen
Der Krieg im Ost-Kongo, Ruanda und die USA
Der vergessene Krieg im Osten des Kongo
Kampf um Kongos Ostprovinzen
Die Kongo-Plünderer
Reichtum, Armut, Krieg - Demokratische Republik Kongo
Demokratische Republik Kongo – 50 Jahre Unabhängigkeit. Grund zum Feiern?
Im Interview: Sir Ketumile Masire zur Lage im Kongo
Kongo: Warlord Laurent Nkunda benennt „Kriegsziele“
Wohin treibt der Ost-Kongo oder: Krieg ohne Frieden
Zu Ruanda
Demokratie bleibt ein Fremdwort in Ruanda.
Zu Uganda
Ugandas Ölfunde: Söldner fördern es, die Amerikaner kaufen es.
Vor zwei Wochen schlossen 11 afrikanische Staaten ein Abkommen, das dem Ostteil der Demokratischen Republik Kongo (DRC) einen dauerhaften Frieden bringen soll.
DRC
Dort,
- wo seit dem Beginn des ersten Kongokrieges im Jahre 1996 immer wieder Kämpfe ausbrachen,
- wo Hunderttausende zu Flüchtlingen gemacht, und
- wo unfassbare Grausamkeiten an der Zivilbevölkerung begangen wurden.
- wo alle Friedensabkommen, auch das von Sun City / Südafrika 2003, das den zweiten Kongokrieg beendete, der mehr als 4 Millionen Menschen direkt und indirekt das Leben kostete, nicht zu einem dauerhaften Frieden führten.
Ethnische Konflikte und Rohstoffe
Der Hintergrund:
- Ethnische Konflikte, die 1994 zum Genozid von 800.000 Tutsis und moderaten Hutus durch radikalisierte Hutus in Ruanda führten
- Nach der Beendigung der Grausamkeiten die Flucht von Hunderttausenden Hutus in den Ostkongo
- Die Reorganisierung einer bewaffneten Hutu-Miliz
- Die latente Bedrohung Ruandas dadurch
- Die Plünderung der Rohstoffe des ausserordentlich rohstoffreichen Ostkongos durch das extrem rohstoffarme Ruanda aber auch Uganda im zweiten Kongokrieg (1998 -2003)
,
- Die Fortsetzung der Plünderung - trotz des Friedensschlusses 2003 - durch Ruandas Proxy-Armeen im Ost-Kongo: erst die CNDP unter Laurent Nkunda und jetzt die M23 unter Bosco Ntaganda.
Exporteur ohne eigene Rohstoffe
Ruanda ist mittlerweile zum Gross-Exporteur von Coltan aufgestiegen, obgleich es selbst kaum bzw. gar kein Coltan fördert.
Coltan - in Deutschland von der Goslarer Firma H.C. Starck verarbeitet – wird zur Herstellung von Mobiltelefonen und Laptops benötigt.
Weiter im Ostkongo gefördert: Gold und Diamanten. Vermutet werden auch Erdölvorkommen.
Wohlwollen endete
Bisher konnte Ruandas Kagame sich bei seinen militärischen Eskapaden und seiner Destabilisierungspolitik im Ost-Kongo der wohlwollenden Tolerierung westlicher Länder sicher sein.
Paul Kagame ...will die Annexion des Ostkongo. Screenshot: Dr. v. Paleske
Kagame, der auf einer US Militärakademie seinen letzten soldatischen Schliff bekam, verstand es immer wieder, das schlechte Gewissen der westlichen Länder wegen des Nichteingreifens in den Völkermord in Ruanda 1994 für sich zu nutzen.
Hinzu kam, dass er mit seiner Regierung, und gefördert durch massive Entwicklungsgelder und unterstützt die Rohstoffplünderei im Ost-Kongo, es schaffte, einen effektiven Staatsapparat aufzubauen und die Infrastruktur Ruandas auf Vordermann zu bringen, ebenso wie das Gesundheitswesen. Ein krasser Gegensatz zu dem desolaten Zustand im benachbarten Kongo, insbesondere in dessen Ostprovinzen.
Nun aber ist, mit ausgelöst durch einen UN-Bericht, der Ruanda als die treibende Kraft hinter der Rebellengruppe M23 anschuldigte, die vor allem neues Flüchtlingselend schuf, westlichen Ländern der Geduldsfaden mit Kagame gerissen. Zugesagte Entwicklungshilfegelder wurden eingefroren..
Der Konflikt war dabei, in einen neuen Kongokrieg zu münden Nachbarstaaten, vor allem Angola mit seinen bürgerkriegserprobten Kampftruppen, von Kagame nach den Erfahrungen im zweiten Kongokrieg gefürchtet, waren dabei, auf Seiten der DRC in den Konflikt einzugreifen.
Einen neuen Kongokrieg wollten sowohl die anderen Anrainer-Staaten, aber auch die Regionalmacht Südafrika unter allen Umständen verhindern, und endlich ein Ende dieses scheinbar nie enden wollenden Konflikts sehen.
So stimmte Ruandas Präsident Paul Kagame, von mehreren Seiten politisch unter Druck gesetzt, schliesslich dem Abkommen zu, und so setzten nicht nur die Präsidenten der kriegführenden Staaten, sondern insgesamt 11 afrikanische Staatsmänner ihre Unterschrift unter das Abkommen, darunter neben der vom Krieg am schwersten betroffenen Demokratischen Republik Kongo, und den beiden Nachbarstaaten Ruanda und Uganda, auch Tansania, Südafrika, Angola, Burundi, Süd-Sudan, Sambia, die Zentralafrikanische Republik und Kongo-Brazzaville.
Paul Kagame bei der Unterschrift . .......wie lange gültig?
Screenshot: Dr. v. Paleske
Milizunterstützung soll enden
Zentraler Punkt des Abkommens ist die Verpflichtung insbesondere Ruandas, aber auch Ugandas, die Tutsi Milizen, zuletzt unter der Firmenbezeichnung M23 - de facto unter dem Oberkommando der ruandischen Armee - nicht weiter zu unterstützen.
Das Abkommen verpflichtete gleichzeitig die Regierung der DRC, die staatliche Autorität durch Armee und Polizei im Ost-Kongo wiederherzustellen, und die marodierenden Milizen, insbesondere der Hutu Rebellen, aber auch die Mai Mai, und andere wie die Lord Resistance Army (LRA), welche auch den Kongo immer wieder als Rückzugsgebiet benutzt, zu entwaffnen.
Ausserdem verpflichtet das Abkommen die Regierung des Kongo unter Joseph Kabila, demokratische Reformen durchzuführen.
Eine Zeitplan und überprüfbare Meilensteine wurden jedoch nicht vereinbart.
Joseph Kabila bei der Unterschrift .....kann und will er die Bedingungen erfüllen? Screenshot: Dr. v. Paleske
Dauerhafter Frieden?
Wird es nun Frieden im Ost-Kongo geben?
Kurzfristig vermutlich, mittel bis längerfristig unter den gegenwärtigen Umständen vermutlich nicht, da es trotz des Abkommens zu keiner wirklich endgültigen Lösung der bestehenden Konflikte gekommen ist.
Paul Kagame wird weiterhin sein Ziel verfolgen, mittel- bzw. langfristig grosse Teile des Ost-Kongo zu annektieren, in der Zwischenzeit die Rohstoffplünderei durch seine Proxy-Milizen sicherstellen. Milizen, die sich vorübergehend darauf beschränken werden, die Rohstoff-Transportwege nach Ruanda offen- und die Hutu-Milizen im Zaum zu halten, statt Provinzhauptstädte wie Goma unter ihre Kontrolle zu bringen – vorerst.
Der kongolesische Präsident Joseph Kabila wiederum hat in mehr als 10 Jahren Regierungszeit eine staatliche Ordnung im Ost-Kongo nicht herstellen können oder wollen.
Die dort im Einsatz befindlichen UN Truppen haben kein wirklich handfestes Mandat, um die Rebellen in Schach zu halten.
Und so ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Kämpfe erneut ausbrechen, und das Leiden der Zivilbevölkerung sich fortsetzt..
Zum Ostkongo
Ostkongo (DRC): Vorübergehende Waffenruhe im langen Krieg
Ruandas Paul Kagame greift nach dem Ost-Kongo - Der Dritte Kongokrieg hat begonnen
Der Krieg im Ost-Kongo, Ruanda und die USA
Der vergessene Krieg im Osten des Kongo
Kampf um Kongos Ostprovinzen
Die Kongo-Plünderer
Reichtum, Armut, Krieg - Demokratische Republik Kongo
Demokratische Republik Kongo – 50 Jahre Unabhängigkeit. Grund zum Feiern?
Im Interview: Sir Ketumile Masire zur Lage im Kongo
Kongo: Warlord Laurent Nkunda benennt „Kriegsziele“
Wohin treibt der Ost-Kongo oder: Krieg ohne Frieden
Zu Ruanda
Demokratie bleibt ein Fremdwort in Ruanda.
Zu Uganda
Ugandas Ölfunde: Söldner fördern es, die Amerikaner kaufen es.
onlinedienst - 11. Mär, 06:51 Article 4665x read
Das Coltan-Spiel
Man nehme:
Unternehmen, die versuchen, ihre Rohstofflieferungen ohne moralische Skrupel sicher zu stellen. Dazu einige entwurzelte Abenteurer, die bereit sind, für Geld über vieles hinwegzusehen.
Diplomaten, die sich nach ihrem Ruhestand sehnen,
oder aber einiges zu verbergen haben.
Geheimdienste, die schon mal gerne austesten, wieweit sie ihre Kompetenzen überschreiten können.
Ein Land, dessen korrupter Staatsapparat sich in Auflösung befindet,
dazu heiß begehrte Bodenschätzen, die man eben fast nur in diesem Land findet.
Ein Gemisch, dessen Resultate sich sehen lassen können:
Bürgerkrieg, Milizen, Kindersoldaten, Hungersnot.
So wird das Coltan-Spiel eben gespielt.