Grossbritannien: Die Zukunft(slosigkeit) im Gesundheitswesen hat schon begonnen
Dr. Alexander von Paleske --- 22.9. 2010 --- Während in Deutschland die Debatte um die Gesundheitsreform der schwarz/gelben Regierung in vollem Gange ist, schreitet die Regierung in Grossbritannien bereits zu konkreten Maßnahmen.
Vor der Unterhauswahl machte die jetzt in einer Koalitionsregierung mit den Liberal-Demokraten an der Macht befindliche Konservative Partei dem Wahlvolk für den Gesundheitsbereich folgende (feste) Versprechen:
- Jedes Jahr werden wir mehr Geld im Gesundheitsbereich ausgegeben
- Wir verteidigen den Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) gegen die von der Labour-Partei beschlossenen Mittelkürzungen und Reorganisation.
Der NHS, nach dem zweiten Weltkrieg geschaffen, wird von der großen Mehrheit der Briten, trotz seiner Mängel als unverzichtbar angesehen. Margaret Thatcher hatte seinerzeit vergeblich versucht, ihm teilweise den Garaus zu machen.
Auch nach der Unterhauswahl ging es mit den vollmundigen Versprechen munter weiter:
- "Equity and excellence, Liberating the NHS" verkündete der Gesundheitsminister Andrew Lansley
- Einsparungen durch mehr Effektivität werden in “Frontline Services” investiert.
- Die im Gesundheitsbereich Beschäftigten sollten von unnötiger Bürokratie befreit werden.
Die bittere Realität
Was damit in Wirklichkeit gemeint war, das sollte sich recht bald herausstellen, z.B. im Bereich der Psychiatrie: 14% Mittelkürzungen über die nächsten drei Jahre.
So sollen In den Bezirken Oxfordshire und Buckinghamshire beispielsweise 3 von 19 Psychiatrie-Fachärzten ihren Job verlieren, ebenso 16 Karriere-Koordinatoren für psychisch Kranke und 8 weitere Gesundheitsdienst-Mitarbeiter sollen raus. Und als wäre das noch nicht genug, sollen gleich auch einige Psychologen-Stellen gestrichen werden.
Psychisch Kranke ohne Lobby, Madness der Politiker
Hier wird also erst einmal bei denjenigen gespart, die keine Lobby haben: Den psychisch Kranken. Und dies angesichts eines zunehmendem Behandlungsbedarfs durch Ansteigen der Krankenzahlen.
Die Reaktion der dort im Gesundheitsbereich Beschäftigten war eindeutig: Madness - Verrücktheit (der Politiker).
Es geht weiter
Wer allerdings der Meinung war, das sei alles, der sollte sich alsbald getäuscht sehen.
Die britische Regierung holt jetzt zu einem weiteren Schlag aus:
Die Bildung von sogenannten Foundation Trusts. Davon gibt es bisher 129, aber in Zukunft soll jeder Trust, zu dem in der Regel ein- oder auch mehrere Krankenhauskomplexe mit assoziierten Diensten gehören, ein Foundation Trust werden.
Privatisierung ein anderes Wort
Hinter diesem vielversprechenden Namen verbirgt sich aber nichts anderes als eine schleichende Privatisierung des staatlichen Gesundheitsdienstes, und zwar auf eine recht krude Art:
Während nämlich der Staat bisher weitgehend die Finanzierung der Trusts über den NHS übernimmt, und nur 2% über Privatpatienten hereingeholt werden dürfen, um eine Gleichbehandlung der Patienten zu gewährleisten, soll die 2% Obergrenze abgeschafft werden. In Zukunft sollen sich die Krankendienste über Privatpatienten zu einem nicht geringen Teil selbst finanzieren. Man braucht wohl nicht viel Vorstellungskraft, um sich auszumalen, was nun passiert.
Wes Brot ich eß, dessen Behandlung ich sofort mach
Während das Gesundheitsbudget auch nicht, wie versprochen, Jahr um Jahr erhöht wird, sollen vielmehr die Zuschüsse zu den Krankenhäusern um 20% bis zum Jahre 2014 gekürzt werden, um damit "Spielraum" zu schaffen für die ansteigenden Medikamentenpreise.
Die Kürzungen sollen sich die Trusts über die Honorare von Privatpatienten aus aller Welt hereinholen.
Damit ist klar, wohin die Reise geht: Vorfahrt für Privatpatienten.
Da die Wartezeiten im Gesundheitsbereich immer noch viel zu lang sind - manchmal muss man selbst für eine simple Ultraschalluntersuchung mehrere Monate warten - werden sie nun aber durch die Bevorzugung der Privatpatienten noch länger. Eine brutale Zweiklassenmedizin innerhalb des NHS wird die Folge sein.
Gleichzeitig wird der Bevölkerung Sand in die Augen gestreut. So wurde ein Krebs- Fond mit 200 Millionen britischen Pfund aufgelegt, der teure aber nicht über die NHS-Zulassungsbehörde NICE genehmigte Medikamente finanzieren soll, also Medikamente, mit keinem vernünftigen Preis-Wirksamkeitsverhältnis: nur geringe Lebensverlängerung bei gleichzeitig exorbitanten Kosten, nach denen die Patienten, gefördert noch durch eine aggressive Pharmawerbung, in ihrer Verzweiflung aber oftmals verlangen.
Nicht nur dass damit die Zulassungsbehörde NICE umgangen wird, der Fond ist für den vorgesehenen Zweck natürlich völlig unzureichend, ein Täuschungsmanöver also.
Aber das wird sich erst später herausstellen, erst einmal versucht die neue Regierung Cameron / Clegg Zeit zu gewinnen.
Vor der Unterhauswahl machte die jetzt in einer Koalitionsregierung mit den Liberal-Demokraten an der Macht befindliche Konservative Partei dem Wahlvolk für den Gesundheitsbereich folgende (feste) Versprechen:
- Jedes Jahr werden wir mehr Geld im Gesundheitsbereich ausgegeben
- Wir verteidigen den Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) gegen die von der Labour-Partei beschlossenen Mittelkürzungen und Reorganisation.
Der NHS, nach dem zweiten Weltkrieg geschaffen, wird von der großen Mehrheit der Briten, trotz seiner Mängel als unverzichtbar angesehen. Margaret Thatcher hatte seinerzeit vergeblich versucht, ihm teilweise den Garaus zu machen.
Auch nach der Unterhauswahl ging es mit den vollmundigen Versprechen munter weiter:
- "Equity and excellence, Liberating the NHS" verkündete der Gesundheitsminister Andrew Lansley
- Einsparungen durch mehr Effektivität werden in “Frontline Services” investiert.
- Die im Gesundheitsbereich Beschäftigten sollten von unnötiger Bürokratie befreit werden.
Die bittere Realität
Was damit in Wirklichkeit gemeint war, das sollte sich recht bald herausstellen, z.B. im Bereich der Psychiatrie: 14% Mittelkürzungen über die nächsten drei Jahre.
So sollen In den Bezirken Oxfordshire und Buckinghamshire beispielsweise 3 von 19 Psychiatrie-Fachärzten ihren Job verlieren, ebenso 16 Karriere-Koordinatoren für psychisch Kranke und 8 weitere Gesundheitsdienst-Mitarbeiter sollen raus. Und als wäre das noch nicht genug, sollen gleich auch einige Psychologen-Stellen gestrichen werden.
Psychisch Kranke ohne Lobby, Madness der Politiker
Hier wird also erst einmal bei denjenigen gespart, die keine Lobby haben: Den psychisch Kranken. Und dies angesichts eines zunehmendem Behandlungsbedarfs durch Ansteigen der Krankenzahlen.
Die Reaktion der dort im Gesundheitsbereich Beschäftigten war eindeutig: Madness - Verrücktheit (der Politiker).
Es geht weiter
Wer allerdings der Meinung war, das sei alles, der sollte sich alsbald getäuscht sehen.
Die britische Regierung holt jetzt zu einem weiteren Schlag aus:
Die Bildung von sogenannten Foundation Trusts. Davon gibt es bisher 129, aber in Zukunft soll jeder Trust, zu dem in der Regel ein- oder auch mehrere Krankenhauskomplexe mit assoziierten Diensten gehören, ein Foundation Trust werden.
Privatisierung ein anderes Wort
Hinter diesem vielversprechenden Namen verbirgt sich aber nichts anderes als eine schleichende Privatisierung des staatlichen Gesundheitsdienstes, und zwar auf eine recht krude Art:
Während nämlich der Staat bisher weitgehend die Finanzierung der Trusts über den NHS übernimmt, und nur 2% über Privatpatienten hereingeholt werden dürfen, um eine Gleichbehandlung der Patienten zu gewährleisten, soll die 2% Obergrenze abgeschafft werden. In Zukunft sollen sich die Krankendienste über Privatpatienten zu einem nicht geringen Teil selbst finanzieren. Man braucht wohl nicht viel Vorstellungskraft, um sich auszumalen, was nun passiert.
Wes Brot ich eß, dessen Behandlung ich sofort mach
Während das Gesundheitsbudget auch nicht, wie versprochen, Jahr um Jahr erhöht wird, sollen vielmehr die Zuschüsse zu den Krankenhäusern um 20% bis zum Jahre 2014 gekürzt werden, um damit "Spielraum" zu schaffen für die ansteigenden Medikamentenpreise.
Die Kürzungen sollen sich die Trusts über die Honorare von Privatpatienten aus aller Welt hereinholen.
Damit ist klar, wohin die Reise geht: Vorfahrt für Privatpatienten.
Da die Wartezeiten im Gesundheitsbereich immer noch viel zu lang sind - manchmal muss man selbst für eine simple Ultraschalluntersuchung mehrere Monate warten - werden sie nun aber durch die Bevorzugung der Privatpatienten noch länger. Eine brutale Zweiklassenmedizin innerhalb des NHS wird die Folge sein.
Gleichzeitig wird der Bevölkerung Sand in die Augen gestreut. So wurde ein Krebs- Fond mit 200 Millionen britischen Pfund aufgelegt, der teure aber nicht über die NHS-Zulassungsbehörde NICE genehmigte Medikamente finanzieren soll, also Medikamente, mit keinem vernünftigen Preis-Wirksamkeitsverhältnis: nur geringe Lebensverlängerung bei gleichzeitig exorbitanten Kosten, nach denen die Patienten, gefördert noch durch eine aggressive Pharmawerbung, in ihrer Verzweiflung aber oftmals verlangen.
Nicht nur dass damit die Zulassungsbehörde NICE umgangen wird, der Fond ist für den vorgesehenen Zweck natürlich völlig unzureichend, ein Täuschungsmanöver also.
Aber das wird sich erst später herausstellen, erst einmal versucht die neue Regierung Cameron / Clegg Zeit zu gewinnen.
onlinedienst - 22. Sep, 15:26 Article 4556x read