Gruner und Jahr Verlag: Trübe Aussichten, finanziell und journalistisch
Dr. Alexander von Paleske -14.10. 2009 --- Bernd Buchholz, Vorstand des Gruner und Jahr Verlags in Hamburg, ein Verlag, der Dutzende von Zeitschriften, darunter STERN, GEO und BRIGITTE, herausgibt, hat vergangene Woche die Katze aus dem Sack gelassen.
Plattformen statt Einzelredaktionen
Nachdem Buchholz drastische Einschnitte angesichts der zurückgehenden Einkünfte bereits im Juni ankündigte, wir berichteten darüber, hat er nun in der vergangenen Woche auf einer Betriebsversammlung klargemacht, wie die Kostensparungen aussehen sollen: Gespart werden soll in allen Bereichen, also auch und gerade bei den Redaktionen.
Für ganze Gruppen von Zeitungen soll es jetzt sogenannte Plattformen geben, zum Teil ist das Konzept bereits verwirklicht.
Das sind aber nichts anderes als Zentralredaktionen. Dort sitzen wie in einem Grossbüro Journalisten, die auf Anforderung Artikel liefern, also keine Redaktion pro Blatt mehr.
Zentral war bisher nur das Zentralarchiv, auf das alle Redakteure zurückgreifen konnten. Jetzt gibt es nicht nur ein Zentralarchiv, sondern auch Zentralredaktionen. Das ist so, auf die einzelne Publikation übertragen, als würde in einem Produktionsbetrieb jetzt nichts mehr produziert, sondern stattdessen nur noch ein angeliefertes vorgefertigtes Produkt verpackt.
Entlasungen von Redakteuren bzw. Verzicht auf Neueinststellungen sind die beabsichtigte Folge.
Der Sparschuss dürfte aber wohl nach hinten losgehen, denn Einsparungen im redaktionellen Bereich, dem Herz jeder Zeitung und Zeitschrift, müssen zwangsläufig zu Lasten der Qualität gehen..
Einheitsbrei statt Unverwechselbarkeit
Bösartig kann man das auch so formulieren: Von einer Gruppe von Zeitungen und Zeitschriften wird jetzt der Tinten-Einheitsbrei tropfen.
Das Unverwechselbare, das typisch Bunte wird wohl verloren gehen. Damit können die Zeitschriften und Zeitungen nicht besser, sondern nur schlechter werden. Der weitere Abstieg scheint damit vorgezeichnet.
Vorbei sind die Tage, wo eine Redaktion zu „Ihrem“ Blatt gehörte. Wo auf Redaktionskonferenzen um das Hochheben von Artikeln in die Zeitung oder Zeitschrift gerungen wurde, wo sich Redakteure eines Blattes oftmals als verschworene Gemeinschaft ansahen oder, wie bei dem legendären Henri Nannen und seinem STERN, als „gemischte Raubtiergruppe“ mit Nannen als Dompteur.
Gerd Bucerius, der 1995 verstorbene Verleger von STERN und ZEIT und Mitbegründer des Gruner und Jahr Verlags bemerkte einst:
„Redakteure sind nicht selten Halbverrückte, aber nur mit denen kann man ja Zeitung machen“.
Aus Halbverrückten werden jetzt vor allem Halbverängstigte, die Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat und Jahr für Jahr um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen. Kein Klima für Kreativität.
Die in den einzelnen Redaktionen verbleibenden Redakteure werden zu Content-Managern.
Die Verlage unterliegen offenbar der irrigen Auffassung, sich mit derartigen Sparmassnahmen irgendwie durch die Krise mogeln zu können. Und dies angesichts der enormen Probleme, die anstehen, ob es die Weltfinanzkrise, der Afghanistankrieg, die Lage in Pakistan, die neuen Massnahmen der Gelb-Schwarzen Regierung sind, die neue Form der gewalttätigen Jugendkriminalität, die Liste liesse sich noch um etliches verlängern.
Journalisten braucht das Land, viele Journalisten, viel investigativen Journalismus.
Oder, wie der frühere Gruner und Jahr-Vorstand Gerd Schulte-Hillen es formulierte:
"Guter Journalismus kann nur entstehen, wenn möglichst viele Ideen von möglichst vielen Journalisten verwirklicht werden, geführt an der langen Leine".
Und auf einem Management Meeting im Jahre 1998:
"Gruner und Jahr ist nicht irgendein Unternehmen, wir sind ein journalistisches Haus. Das ist etwas ganz Besonderes. Unser Herz schlägt in den Redaktionen."
Jetzt schlägt es wohl in den Plattformen, sofern dort überhaupt ein Herz schlagen kann. Aber vielleicht kann ja Herr Buchholz mit einem Schrittmacher nachhelfen.
Die Verlage, die nur den Pfennig herumdrehen , werden mit dieser Drehbewegung auch die Flutung des eigenen Hauses in die Wege leiten. Und durch die Herausgabe einer Kochzeitschrift für Männer, die Gruner und Jahr jetzt auf den Markt wirft, lässt sich der Abstieg wohl kaum aufhalten.
Die neue Gruner und Jahr Story oder: Von Gruner und Jahr zu Anzeigen und Spar
Darfs ein bisschen weniger sein? Oder: Neues zum Niedergang des Qualitätsjournalismus
Untergang des Qualitätsjournalismus? - oder: Josef Joffe und seine Albträume
Plattformen statt Einzelredaktionen
Nachdem Buchholz drastische Einschnitte angesichts der zurückgehenden Einkünfte bereits im Juni ankündigte, wir berichteten darüber, hat er nun in der vergangenen Woche auf einer Betriebsversammlung klargemacht, wie die Kostensparungen aussehen sollen: Gespart werden soll in allen Bereichen, also auch und gerade bei den Redaktionen.
Für ganze Gruppen von Zeitungen soll es jetzt sogenannte Plattformen geben, zum Teil ist das Konzept bereits verwirklicht.
Das sind aber nichts anderes als Zentralredaktionen. Dort sitzen wie in einem Grossbüro Journalisten, die auf Anforderung Artikel liefern, also keine Redaktion pro Blatt mehr.
Zentral war bisher nur das Zentralarchiv, auf das alle Redakteure zurückgreifen konnten. Jetzt gibt es nicht nur ein Zentralarchiv, sondern auch Zentralredaktionen. Das ist so, auf die einzelne Publikation übertragen, als würde in einem Produktionsbetrieb jetzt nichts mehr produziert, sondern stattdessen nur noch ein angeliefertes vorgefertigtes Produkt verpackt.
Entlasungen von Redakteuren bzw. Verzicht auf Neueinststellungen sind die beabsichtigte Folge.
Der Sparschuss dürfte aber wohl nach hinten losgehen, denn Einsparungen im redaktionellen Bereich, dem Herz jeder Zeitung und Zeitschrift, müssen zwangsläufig zu Lasten der Qualität gehen..
Einheitsbrei statt Unverwechselbarkeit
Bösartig kann man das auch so formulieren: Von einer Gruppe von Zeitungen und Zeitschriften wird jetzt der Tinten-Einheitsbrei tropfen.
Das Unverwechselbare, das typisch Bunte wird wohl verloren gehen. Damit können die Zeitschriften und Zeitungen nicht besser, sondern nur schlechter werden. Der weitere Abstieg scheint damit vorgezeichnet.
Vorbei sind die Tage, wo eine Redaktion zu „Ihrem“ Blatt gehörte. Wo auf Redaktionskonferenzen um das Hochheben von Artikeln in die Zeitung oder Zeitschrift gerungen wurde, wo sich Redakteure eines Blattes oftmals als verschworene Gemeinschaft ansahen oder, wie bei dem legendären Henri Nannen und seinem STERN, als „gemischte Raubtiergruppe“ mit Nannen als Dompteur.
Gerd Bucerius, der 1995 verstorbene Verleger von STERN und ZEIT und Mitbegründer des Gruner und Jahr Verlags bemerkte einst:
„Redakteure sind nicht selten Halbverrückte, aber nur mit denen kann man ja Zeitung machen“.
Aus Halbverrückten werden jetzt vor allem Halbverängstigte, die Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat und Jahr für Jahr um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen. Kein Klima für Kreativität.
Die in den einzelnen Redaktionen verbleibenden Redakteure werden zu Content-Managern.
Die Verlage unterliegen offenbar der irrigen Auffassung, sich mit derartigen Sparmassnahmen irgendwie durch die Krise mogeln zu können. Und dies angesichts der enormen Probleme, die anstehen, ob es die Weltfinanzkrise, der Afghanistankrieg, die Lage in Pakistan, die neuen Massnahmen der Gelb-Schwarzen Regierung sind, die neue Form der gewalttätigen Jugendkriminalität, die Liste liesse sich noch um etliches verlängern.
Journalisten braucht das Land, viele Journalisten, viel investigativen Journalismus.
Oder, wie der frühere Gruner und Jahr-Vorstand Gerd Schulte-Hillen es formulierte:
"Guter Journalismus kann nur entstehen, wenn möglichst viele Ideen von möglichst vielen Journalisten verwirklicht werden, geführt an der langen Leine".
Und auf einem Management Meeting im Jahre 1998:
"Gruner und Jahr ist nicht irgendein Unternehmen, wir sind ein journalistisches Haus. Das ist etwas ganz Besonderes. Unser Herz schlägt in den Redaktionen."
Jetzt schlägt es wohl in den Plattformen, sofern dort überhaupt ein Herz schlagen kann. Aber vielleicht kann ja Herr Buchholz mit einem Schrittmacher nachhelfen.
Die Verlage, die nur den Pfennig herumdrehen , werden mit dieser Drehbewegung auch die Flutung des eigenen Hauses in die Wege leiten. Und durch die Herausgabe einer Kochzeitschrift für Männer, die Gruner und Jahr jetzt auf den Markt wirft, lässt sich der Abstieg wohl kaum aufhalten.
Die neue Gruner und Jahr Story oder: Von Gruner und Jahr zu Anzeigen und Spar
Darfs ein bisschen weniger sein? Oder: Neues zum Niedergang des Qualitätsjournalismus
Untergang des Qualitätsjournalismus? - oder: Josef Joffe und seine Albträume
onlinedienst - 14. Okt, 17:19 Article 5418x read