Keine Strafverfolgung deutscher Soldaten in Afghanistan?
Dr. Alexander von Paleske -- Als Folge des von der Bundeswehr angeforderten Luftangriffs auf einen im Gebiet Kundus entführten Tanklastwagen, sind Dutzende von Menschen getötet bzw. schwer verletzt worden.
Nachdem es ursprünglich gehiessen hatte, die Toten seien Taliban-Kämpfer gewesen, stellt sich nun heraus, dass unter den Opfern auch eine ganze Reihe von unbeteiligten Zivilisten waren.
Massive Kritik ist mittlerweile an dem Bundeswehr-Einsatzkommando laut geworden, darunter auch von den Aussenministern Frankreichs und Luxemburgs.
Da es sich möglicherweise um eine strafbare Handlung handelt, stellt sich die Frage, wer für eine Strafverfolgung hier zuständig ist.
Die Antwort lautet: Die Staatsanwaltschaft Potsdam, da es, anders als bei anderen im Einsatz dort befindlichen Truppen eine deutsche Militärstrafgerichtsbarkeit nicht gibt.
Ich befragte vor vier Wochen den ehemaligen Berliner Generalstaatsanwalt Dr. Hansjürgen Karge zu diesem Problem im Rahmen eines längeren Interviews:
Frage Kommen wir auf ein relativ aktuelles Thema zu sprechen: Mögliches strafbares Verhalten deutscher Soldaten in Afghanistan, wie Folter, Tötung von unbeteiligten Zivilisten etc
Wie lässt sich denn ein derartiges Verhalten strafverfolgungsrechtlich in Deutschland überhaupt in den Griff bekommen?
Dr. Karge Na jedenfalls nicht so, wie es jetzt versucht wird, dass die Staatsanwaltschaft Potsdam, weil sie nun per Zufall neben dem Einsatzkommando für Afghanistan sitzt,und dann andere deutsche Staatsanwaltschaften mit deutschem Strafrecht angebliche oder wirkliche Notwehr in einjährigen Ermittlungen in Afghanistan klären müssen.
Wenn man einen Guerillakrieg führt, das aber nicht so nennen darf, dann muss man nach Regeln des Guerillakrieges arbeiten, die sind vielleicht etwas anders, als mancher sich das vorgestellt hat. Oder man muss es lassen. Man muss nicht die alte Militärgerichtsbarkeit wieder einführen, aber man muss spezialisierte Staatsanwälte haben, die wissen, was überhaupt dort geschieht. Man muss natürlich Einsatzregeln haben, die nicht so unrealistisch sind, wie sie es bisher waren.
Wir haben kein Kriegsstrafgesetzbuch, und nach unserer Vergangenheit wollen wir auch keins, ich auch nicht. Man muss realistischerweise aber die Vorstellungen, die man für Polizeieinsätze zum Glück hatte, ändern, man kann diese nicht auf Kriegssituationen anwenden.
Das komplette Interview hier.
Bei der jetzigen Lage dürften daher Bundeswehrsoldaten bei strafbarem Verhalten wohl kaum mit einer ernsthaften Strafverfolgung rechnen müssen.
Verteidigung westlicher Kulturwerte am Hindukusch oder: So fröhlich ist das Söldnerleben in Afghanistan
Justiz in der Krise oder Krisenjustiz?
Nachdem es ursprünglich gehiessen hatte, die Toten seien Taliban-Kämpfer gewesen, stellt sich nun heraus, dass unter den Opfern auch eine ganze Reihe von unbeteiligten Zivilisten waren.
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Da es sich möglicherweise um eine strafbare Handlung handelt, stellt sich die Frage, wer für eine Strafverfolgung hier zuständig ist.
Die Antwort lautet: Die Staatsanwaltschaft Potsdam, da es, anders als bei anderen im Einsatz dort befindlichen Truppen eine deutsche Militärstrafgerichtsbarkeit nicht gibt.
Ich befragte vor vier Wochen den ehemaligen Berliner Generalstaatsanwalt Dr. Hansjürgen Karge zu diesem Problem im Rahmen eines längeren Interviews:
Frage Kommen wir auf ein relativ aktuelles Thema zu sprechen: Mögliches strafbares Verhalten deutscher Soldaten in Afghanistan, wie Folter, Tötung von unbeteiligten Zivilisten etc
Wie lässt sich denn ein derartiges Verhalten strafverfolgungsrechtlich in Deutschland überhaupt in den Griff bekommen?
Dr. Karge Na jedenfalls nicht so, wie es jetzt versucht wird, dass die Staatsanwaltschaft Potsdam, weil sie nun per Zufall neben dem Einsatzkommando für Afghanistan sitzt,und dann andere deutsche Staatsanwaltschaften mit deutschem Strafrecht angebliche oder wirkliche Notwehr in einjährigen Ermittlungen in Afghanistan klären müssen.
Wenn man einen Guerillakrieg führt, das aber nicht so nennen darf, dann muss man nach Regeln des Guerillakrieges arbeiten, die sind vielleicht etwas anders, als mancher sich das vorgestellt hat. Oder man muss es lassen. Man muss nicht die alte Militärgerichtsbarkeit wieder einführen, aber man muss spezialisierte Staatsanwälte haben, die wissen, was überhaupt dort geschieht. Man muss natürlich Einsatzregeln haben, die nicht so unrealistisch sind, wie sie es bisher waren.
Wir haben kein Kriegsstrafgesetzbuch, und nach unserer Vergangenheit wollen wir auch keins, ich auch nicht. Man muss realistischerweise aber die Vorstellungen, die man für Polizeieinsätze zum Glück hatte, ändern, man kann diese nicht auf Kriegssituationen anwenden.
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Bei der jetzigen Lage dürften daher Bundeswehrsoldaten bei strafbarem Verhalten wohl kaum mit einer ernsthaften Strafverfolgung rechnen müssen.
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onlinedienst - 5. Sep, 19:52 Article 6955x read