Kommen mehrere Hundert Cum-Ex-Banker straflos davon?
Dr. Alexander von Paleske —– 29.3. 2023 —–
Es ist der wohl grösste Finanzraub in der Geschichte Deutschlands: Der Cum-Ex- Skandal, wo skrupellose Banker, mit der irreführenden Behauptung, eine Gesetzeslücke ganz legal ausgenutzt zu haben, die Staatskassen um Milliardenbeträge “erleichterten”: In Deutschland um satte 31,8 Milliarden Euro, in Europa insgesamt über 50 Milliarden Euro, und weltweit um rund 150 Milliarden.
Es handelte sich keineswegs um eine Lücke im Steuerrecht, wie vielfach von den Bankern als Rechtfertigung für ihr kriminelles Verhalten behauptet, sondern um schwersten Betrug, im Steuerrecht als Steuerhinterziehung bezeichnet: Die agierenden Banken und Banker verlangten Kapitalertragssteuer-Rückerstattung, wo zuvor gar keine Steuern bezahlt worden waren. Details siehe hier.
Versagen des Bundestages, Hartnäckigkeit einer Staatsanwältin
Obwohl seinerzeit ein Bundestags-Untersuchungssausschuss eingesetzt worden war, um Licht in dieses kriminelle Treiben zu bringen – und kläglich versagte – war es erst die Kölner Staatsanwältin Anne Brorhilker mit der Unterstützung einer Handvoll Steuerfahndern und Kriminalbeamten , die Licht in diesen ungeheuerlichen Kriminalfall mit rund 1500 Verdächtigen brachte, und bereits einige von ihnen vor Gericht stellte, allen voran den deutschen Rechtsanwalt Hanno Berger. Berger war der bekannteste Protagonist des Cum-Ex Geschäftsmodells, das der Bundesgerichtshof – kaum überraschend – im Jahr 2021 als Straftat gewertet hatte.
Das Bonner Landgericht verurteilte Hanno Berger, zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren wegen Steuerhinterziehung; das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Hunderte von Verfahren
Immer noch warten Hunderte wegen angeblicher Beteiligung am cum- ex- Betrug verdächtige Banker darauf, dass die Ermittlungen abgeschlossen, Anklage erhoben – oder die Verfahren eingestellt werden. Eine Mammutaufgabe.
An der wäre die Oberstaatsanwältin Brorhilker auch nach den ersten spektakulären Prozessen gescheitert, wenn nicht der damalige NRW- Justizminister Peter Biesenbach (CDU) diesen Skandal und dessen Aufarbeitung zur Chefsache gemacht hätte, und dafür sorgte, dass Anne Brorhilker nun eine ganze Abteilung mit ihr als Abteilungsleiterin und mit mehr als einem Dutzend Staatsanwälten zugeordnet bekam, dazu Dutzende von Steuerfahndern und Polizeibeamte.
Auch Kanzler Scholz im Fokus
Und so gingen die Ermittlungen zunächst mit Volldampf weiter. In den Fokus geriet auch Bundeskanzler Scholz: Die alterhrwürdige Warburg Bank in Hamburg, mit ihrem Chef Christian Olearius, sollte das Geld aus den von ihr getägtigten rechtswidrigen Cum-Ex-Geschäften an das Finanzamt zurückzahlen.
Um das zu verhindern, weil die Rückzahlungen angeblich die Existenz dieser Bank bedrohen würden, verzichtete das Finanzamt Hamburg auf die Rückforderung dieser unrechtmässig erlangten Millionen – aber offenbar erst nach Intervention von “ganz oben”: eine Steuerforderung in Höhe von 47 Millionen Euro wurde der Verjährung zugeführt, eine weitere Steuerschuld in Höhe von 56,4 Millionen sollte aus Billigkeitserwägungen erlassen werden. Begründung: angeblich unklare Rechtslage, daher hohes Prozessrisiko.
Eine völlig daneben liegende Stellungnahme einer Volljuristin, wo man nur gesunden Menschenverstand, und nicht einmal ein Jurastudium braucht, um den offensichtlichen Betrug zu erkennen.
Dieser Steuererlasss aus Billigkeitsgründen lief aber schief, weil das Bundesfinanministerium, damals unter Wolfgang Schäuble, die Notbremse zog, und die Finanzbehörde in Hamburg anwies, diese Steuerforderung doch einzutreiben.
Warburg-Chefbanker Olearius tauchte mehrfach bei Olaf Scholz – damals 1. Bürgermeister von Hamburg – auf. An den Inhalt der Gespräche konnte sich Scholz in zwei Untersuchungsausschüssen (Berlin und Hamburg), danach befragt, “beim besten Willen nicht mehr erinnern” obwohl es hier um zweistellige Millionen Euro ging.. Denn normalerweise hätte es seitens des Finanzamtes heissen müssen: Zahlung, oder wir pfänden
Im Fokus auch der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs,in dessen Bankschliessfach bei einer Razzia mal schlappe 200.000 Euro in bar gefunden wurden, Herkunft unbekannt, Verdacht: von der Warburg Bank, und der ehemalige Vizebürgermeister Alfons Pawelczyk.
Ein Ex-Minister ist empört
Klar, dass es CDU-Minister Biesenbach es wohl auch nicht ungern sah, dass SPD-Scholz in den Fokus der Ermittler geriet.
All das änderte sich offenbar mit dem Antritt der neuen NRW-Regierung Hendrik Wüst (CDU) und Mona Neubaur (Grüne) im Juni 2022. Das Justizresort fiel an den Grünen Benjamin Limbach.
Ex- Justizminister Biesenbach beobachtete mit Missfallen, was sich nun unter seinem Nachfolger offenbar abspielte: die angeblich unzureichende Unterstützung der Cum-Ex-Ermittler. Schliesslich platzte ihm der Kragen und er reichte eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Leiter der Kölner Staatsanwaltschaft und dessen Stellvertreter bei Justizminister Limbach ein. Der Ex-Minister kritisierte, "das Verfahren werde von der zuständigen Strafverfolgungsbehörden ausgebremst: Die Verantwortlichen hätten die Cum-Ex-Abteilung mit zu wenig Personal und Ressourcen ausgestattet. Er sehe die Gefahr einer „Strafvereitelung im Amt“ und beklagte, dass der Leiter der Staatsanwaltschaft Köln und sein Vertreter die Ermittler „weder stützen noch unterstützen.“
Anders als Biesenbach könnte Limbach möglicherweise weniger Interesse als Biesenbach verspüren, insbesondere den Komplex Scholz/Warburg/Bank/ Finanzbehörde Hamburg einer strafrechtlichen Aufklärung zuzuführen, denn dies könnte auch Bundeskanzler Scholz in Bedrängnis bringen, der sich bisher mit Gedächtnislücken versuchte herauszureden. Scholz hat mit dem Zusammenhalten der völlig zerstrittenen Ampelkoalition in Berlin ohnehin genug zu tun.
Es bleibt zu hoffen, dass Oberstaatsanwältin Brorhilker standhaft bleibt, und nicht nachgibt – trotz des Personalmangels, und der angeblich mangelnden Unterstützung seitens des Leiters der Kölner Staatsanwaltschaft. Sonst müsste es wieder einmal heissen: “Die Kleinen hängt man, und die Grossen lässt man laufen”.
Cum Ex, Warburg-Bank, Scholzens Gedächtnislücken und eine Kölner Staatsanwältin
Es ist der wohl grösste Finanzraub in der Geschichte Deutschlands: Der Cum-Ex- Skandal, wo skrupellose Banker, mit der irreführenden Behauptung, eine Gesetzeslücke ganz legal ausgenutzt zu haben, die Staatskassen um Milliardenbeträge “erleichterten”: In Deutschland um satte 31,8 Milliarden Euro, in Europa insgesamt über 50 Milliarden Euro, und weltweit um rund 150 Milliarden.
Es handelte sich keineswegs um eine Lücke im Steuerrecht, wie vielfach von den Bankern als Rechtfertigung für ihr kriminelles Verhalten behauptet, sondern um schwersten Betrug, im Steuerrecht als Steuerhinterziehung bezeichnet: Die agierenden Banken und Banker verlangten Kapitalertragssteuer-Rückerstattung, wo zuvor gar keine Steuern bezahlt worden waren. Details siehe hier.
Versagen des Bundestages, Hartnäckigkeit einer Staatsanwältin
Obwohl seinerzeit ein Bundestags-Untersuchungssausschuss eingesetzt worden war, um Licht in dieses kriminelle Treiben zu bringen – und kläglich versagte – war es erst die Kölner Staatsanwältin Anne Brorhilker mit der Unterstützung einer Handvoll Steuerfahndern und Kriminalbeamten , die Licht in diesen ungeheuerlichen Kriminalfall mit rund 1500 Verdächtigen brachte, und bereits einige von ihnen vor Gericht stellte, allen voran den deutschen Rechtsanwalt Hanno Berger. Berger war der bekannteste Protagonist des Cum-Ex Geschäftsmodells, das der Bundesgerichtshof – kaum überraschend – im Jahr 2021 als Straftat gewertet hatte.
Das Bonner Landgericht verurteilte Hanno Berger, zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren wegen Steuerhinterziehung; das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Hunderte von Verfahren
Immer noch warten Hunderte wegen angeblicher Beteiligung am cum- ex- Betrug verdächtige Banker darauf, dass die Ermittlungen abgeschlossen, Anklage erhoben – oder die Verfahren eingestellt werden. Eine Mammutaufgabe.
An der wäre die Oberstaatsanwältin Brorhilker auch nach den ersten spektakulären Prozessen gescheitert, wenn nicht der damalige NRW- Justizminister Peter Biesenbach (CDU) diesen Skandal und dessen Aufarbeitung zur Chefsache gemacht hätte, und dafür sorgte, dass Anne Brorhilker nun eine ganze Abteilung mit ihr als Abteilungsleiterin und mit mehr als einem Dutzend Staatsanwälten zugeordnet bekam, dazu Dutzende von Steuerfahndern und Polizeibeamte.
Auch Kanzler Scholz im Fokus
Und so gingen die Ermittlungen zunächst mit Volldampf weiter. In den Fokus geriet auch Bundeskanzler Scholz: Die alterhrwürdige Warburg Bank in Hamburg, mit ihrem Chef Christian Olearius, sollte das Geld aus den von ihr getägtigten rechtswidrigen Cum-Ex-Geschäften an das Finanzamt zurückzahlen.
Um das zu verhindern, weil die Rückzahlungen angeblich die Existenz dieser Bank bedrohen würden, verzichtete das Finanzamt Hamburg auf die Rückforderung dieser unrechtmässig erlangten Millionen – aber offenbar erst nach Intervention von “ganz oben”: eine Steuerforderung in Höhe von 47 Millionen Euro wurde der Verjährung zugeführt, eine weitere Steuerschuld in Höhe von 56,4 Millionen sollte aus Billigkeitserwägungen erlassen werden. Begründung: angeblich unklare Rechtslage, daher hohes Prozessrisiko.
Eine völlig daneben liegende Stellungnahme einer Volljuristin, wo man nur gesunden Menschenverstand, und nicht einmal ein Jurastudium braucht, um den offensichtlichen Betrug zu erkennen.
Dieser Steuererlasss aus Billigkeitsgründen lief aber schief, weil das Bundesfinanministerium, damals unter Wolfgang Schäuble, die Notbremse zog, und die Finanzbehörde in Hamburg anwies, diese Steuerforderung doch einzutreiben.
Warburg-Chefbanker Olearius tauchte mehrfach bei Olaf Scholz – damals 1. Bürgermeister von Hamburg – auf. An den Inhalt der Gespräche konnte sich Scholz in zwei Untersuchungsausschüssen (Berlin und Hamburg), danach befragt, “beim besten Willen nicht mehr erinnern” obwohl es hier um zweistellige Millionen Euro ging.. Denn normalerweise hätte es seitens des Finanzamtes heissen müssen: Zahlung, oder wir pfänden
Im Fokus auch der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs,in dessen Bankschliessfach bei einer Razzia mal schlappe 200.000 Euro in bar gefunden wurden, Herkunft unbekannt, Verdacht: von der Warburg Bank, und der ehemalige Vizebürgermeister Alfons Pawelczyk.
Ein Ex-Minister ist empört
Klar, dass es CDU-Minister Biesenbach es wohl auch nicht ungern sah, dass SPD-Scholz in den Fokus der Ermittler geriet.
All das änderte sich offenbar mit dem Antritt der neuen NRW-Regierung Hendrik Wüst (CDU) und Mona Neubaur (Grüne) im Juni 2022. Das Justizresort fiel an den Grünen Benjamin Limbach.
Ex- Justizminister Biesenbach beobachtete mit Missfallen, was sich nun unter seinem Nachfolger offenbar abspielte: die angeblich unzureichende Unterstützung der Cum-Ex-Ermittler. Schliesslich platzte ihm der Kragen und er reichte eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Leiter der Kölner Staatsanwaltschaft und dessen Stellvertreter bei Justizminister Limbach ein. Der Ex-Minister kritisierte, "das Verfahren werde von der zuständigen Strafverfolgungsbehörden ausgebremst: Die Verantwortlichen hätten die Cum-Ex-Abteilung mit zu wenig Personal und Ressourcen ausgestattet. Er sehe die Gefahr einer „Strafvereitelung im Amt“ und beklagte, dass der Leiter der Staatsanwaltschaft Köln und sein Vertreter die Ermittler „weder stützen noch unterstützen.“
Anders als Biesenbach könnte Limbach möglicherweise weniger Interesse als Biesenbach verspüren, insbesondere den Komplex Scholz/Warburg/Bank/ Finanzbehörde Hamburg einer strafrechtlichen Aufklärung zuzuführen, denn dies könnte auch Bundeskanzler Scholz in Bedrängnis bringen, der sich bisher mit Gedächtnislücken versuchte herauszureden. Scholz hat mit dem Zusammenhalten der völlig zerstrittenen Ampelkoalition in Berlin ohnehin genug zu tun.
Es bleibt zu hoffen, dass Oberstaatsanwältin Brorhilker standhaft bleibt, und nicht nachgibt – trotz des Personalmangels, und der angeblich mangelnden Unterstützung seitens des Leiters der Kölner Staatsanwaltschaft. Sonst müsste es wieder einmal heissen: “Die Kleinen hängt man, und die Grossen lässt man laufen”.
Cum Ex, Warburg-Bank, Scholzens Gedächtnislücken und eine Kölner Staatsanwältin
onlinedienst - 30. Mär, 10:52 Article 823x read