Mit der Volksabstimmung in die Klein- und Kleinststaaterei?
Dr. Alexander von Paleske ---- 3.10.2017 -----
Die Volksabstimmung in Katalonien endete in einem brutalen Polizeieinsatz. Die spanische Regierung hat mit Gewalt klargemacht, dass sie eine Unabhängigkeit Kataloniens nicht akzeptieren wird: heute nicht, und morgen nicht. Die Katalanen sehen sich in ihrem demokratischen Recht auf Volksabstimmung und Unabhängigkeit verletzt.
Die katalanische Provinz-Regierung hatte vor der Volksabstimmung klargemacht, dass nach einem positiven Votum sie unverzüglich die Unabhängigkeit, und damit die Loslösung von Spanien erklären würde.
Grundsätzliche Fragen
In diesem Konflikt werden grundsätzliche Fragen aufgeworfen, die weit über Katalonien hinausreichen, insbesondere über die Legalität einer derartigen Unabhängigkeitserklärung.
- Kann die Provinz eine Staates nach einer regionalen Volksabstimmung sich für unabhängig erklären, und auf welche Rechte beruft sie sich dabei?
- Geht das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes innerhalb einer Nation so weit, sich nach einer Volksabstimmung für unabhängig zu erklären?
Verfassung bestimmend
Die Unabhängigkeitserklärung einer derartigen Provinz setzt voraus, dass neben einem positiven Referendum die jeweilige Verfassung sie zulässt.
So war in Deutschland der Beitritt zur Bundesrepublik in Art. 23 GG geregelt, das war das Muster für die Wiedervereinigung mit der ehemaligen DDR. Ein Austritt ist jedoch nicht vorgesehen.
Ein Austritt, z.B. Bayerns, wäre nur möglich, wenn die Verfassung insoweit geändert, und der Austritt in Bayern mit einer Volksabstimmung beschlossen würde.
In Spanien nicht anders
Nicht anders sieht es in Spanien aus. Um die Unabhängigkeit Kataloniens, also sein Verlassen der Spanischen Nation zuzulassen, müsste zunächst die spanische Verfassung geändert werden.
Katalonien hat niemals versucht, eine Verfassungsänderung herbeizuführen, es wäre ohnehin ein aussichtsloses Unterfangen, weil sich dafür zur Zeit - und wohl auch in der Zukunft - keine Mehrheit finden würde. Also versucht die katalanische Regierung unter Bruch der spanischen Verfassung die Unabhängigkeit zu erzwingen.
Damit ist der Konflikt mit der Zentralregierung in Madrid vorprogrammiert.
Anders in Grossbritannien
In Grossbritannien war und ist die Situation eine andere. Das Land hat keine Verfassung im eigentlichen Sinn, die den Austritt und das Verbleiben im Vereinigten Königreich regelt. Deshalb war die britische Regierung rechtlich in der Lage, ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands zu erlauben, bei dessen Zustimmung Schottland unabhängig geworden wäre.
Die Bevölkerung Schottlands hat dies vor drei Jahren jedoch abgelehnt.
Bleibt also für Provinzen eines Landes mit einer Verfassung, die keinen Austritt einer Provinz vorsieht, sich entweder damit abzufinden, und grösstmögliche Autonomie zu erreichen, oder aber, unter Bruch der Verfassung, mit Einsatz von Gewalt gegen die Zentralregierung Tatsachen zu schaffen.
Beispiel Slowenien
So geschehen 1991, als ´die slowenische Teilrepublik Jugoslawiens sich für unabhängig erklärte, und sofort von mehreren EU Staaten als unabhängig anerkannt wurde. Der Sezessionskrieg mit der Zentralregierung dauerte 10 Tage. Die Regierung in Belgrad zog es vor, sich zurückzuziehen. Normative Kraft des Faktischen ein anderes Wort dafür.
Dass das Vorgehen der EU eine unglaubliche politische Torheit, an welcher der damalige deutsche Aussenminister Genscher federführend beteiligt war, sollte sich alsbald zeigen: Denn nach Slowenien erklärte sich ebenfalls Kroatien für unabhängig und Bosnien folgte, schliesslich auch der Kosovo.
Die Folge waren brutale Sezessionskriege, in denen Zehntausende getötet und ganze Landstriche verwüstet wurden. In die dann auch noch Nato- Kampfflugzeuge einschliesslich Bundeswehr-Tornados eingriffen, gerechtfertigt in Deutschland durch das erbärmliche Auschwitzzitat des damaligen Aussenministers Joseph Martin (Joschka)Fischer.
Auch in Spanien
Ein derartiger Sezessionskrieg kochte jahrzehntelang auch im Baskenland Spaniens, angeführt von der ETA, mit Hunderten von Toten, der schliesslich zusammenbrach.
Es ist zu hoffen, dass die katalanische Regierung nicht versucht, ebenfalls diesen Weg zu beschreiten. Die EU, anders als noch in den Balkankriegen, hat jetzt kein Interesse mehr daran, eine derartige Teilrepublik vor, während, oder nach einem Sezessionskrieg als unabhängig anzuerkennen. Die weiteren Folgen wären unabsehbar. Auch z.B. in Belgien gibt es einen ethnischen Konflikt: den zwischen Flamen und Wallonen, der dann auch in einen Sezessionskrieg münden könnte.
Auseinandersetzung gesucht
Die katalanische Regierung hat die Auseinandersetzung gesucht, und die spanische Regierung ist prompt in diese Falle getappt, indem sie Polizei zur Verhinderung der Volksabstimmung nach Katalonien schickte.
Der katalonische Regierungschef wusste sehr genau, dass ein positiver Ausgang des Referendums keineswegs sicher war, der gewaltsame Einsatz der Polizei, so offenbar sein Kalkül, würde die Bevölkerung auf seine Seite bringen. Und genau das geschah.
Ein teuflisches Vorgehen seitens der katalanischen Regierung, und eine grenzenlose Dummheit der spanischen Zentralregierung.
Katalanischer Regierungschef .....teuflisches Vorgehen
Legal, illegal, völlig egal
Natürlich war die Volksabstimmung schon deshalb illegal, weil das darauf gerichtete Ziel nach der spanischen Verfassung illegal ist. Aber das Ergebnis hätte die Zentralregierung seelenruhig ignorieren können. Erst bei Erklärung der Unabhängigkeit hätte dann gehandelt werden können.
Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy ......grenzenlose Dummheit
Die Sezessionsbestrebungen, gerade im Falle Jugoslawiens, hätten auch auf andere Weise gelöst werden können, z.B. durch grössere Autonomie der Teilrepubliken.
Nun ist klar, dass die EU einen weiteren Sezessionskrieg in Europa auf allen Fälle verhindern will, ob in Spanien, in Belgien, Italien, oder in Frankreich.
Auch international machen Sezessionsbestrebungen Schlagzeilen: Die Kurden fordern einen eigenen Staat.
Im Süd-Sudan ist wiederum das Ergebnis der Sezession zu besichtigen: Statt Sezessionskrieg jetzt der Bürgerkrieg.
Nationen müssen lernen, mit Minderheiten im eigenen Land verantwortlich umzugehen. Nationenbildung ist ein dauernder Prozess der Integration.
Sezession, hinter der sich oft genug der Versuch eines reichen Landesteils verbirgt, sich von den ärmeren abzukoppeln, also nicht mehr den Reichtum zu teilen ist jedoch keine Antwort auf ethnische Konflikte.
Die Volksabstimmung in Katalonien endete in einem brutalen Polizeieinsatz. Die spanische Regierung hat mit Gewalt klargemacht, dass sie eine Unabhängigkeit Kataloniens nicht akzeptieren wird: heute nicht, und morgen nicht. Die Katalanen sehen sich in ihrem demokratischen Recht auf Volksabstimmung und Unabhängigkeit verletzt.
Die katalanische Provinz-Regierung hatte vor der Volksabstimmung klargemacht, dass nach einem positiven Votum sie unverzüglich die Unabhängigkeit, und damit die Loslösung von Spanien erklären würde.
Grundsätzliche Fragen
In diesem Konflikt werden grundsätzliche Fragen aufgeworfen, die weit über Katalonien hinausreichen, insbesondere über die Legalität einer derartigen Unabhängigkeitserklärung.
- Kann die Provinz eine Staates nach einer regionalen Volksabstimmung sich für unabhängig erklären, und auf welche Rechte beruft sie sich dabei?
- Geht das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes innerhalb einer Nation so weit, sich nach einer Volksabstimmung für unabhängig zu erklären?
Verfassung bestimmend
Die Unabhängigkeitserklärung einer derartigen Provinz setzt voraus, dass neben einem positiven Referendum die jeweilige Verfassung sie zulässt.
So war in Deutschland der Beitritt zur Bundesrepublik in Art. 23 GG geregelt, das war das Muster für die Wiedervereinigung mit der ehemaligen DDR. Ein Austritt ist jedoch nicht vorgesehen.
Ein Austritt, z.B. Bayerns, wäre nur möglich, wenn die Verfassung insoweit geändert, und der Austritt in Bayern mit einer Volksabstimmung beschlossen würde.
In Spanien nicht anders
Nicht anders sieht es in Spanien aus. Um die Unabhängigkeit Kataloniens, also sein Verlassen der Spanischen Nation zuzulassen, müsste zunächst die spanische Verfassung geändert werden.
Katalonien hat niemals versucht, eine Verfassungsänderung herbeizuführen, es wäre ohnehin ein aussichtsloses Unterfangen, weil sich dafür zur Zeit - und wohl auch in der Zukunft - keine Mehrheit finden würde. Also versucht die katalanische Regierung unter Bruch der spanischen Verfassung die Unabhängigkeit zu erzwingen.
Damit ist der Konflikt mit der Zentralregierung in Madrid vorprogrammiert.
Anders in Grossbritannien
In Grossbritannien war und ist die Situation eine andere. Das Land hat keine Verfassung im eigentlichen Sinn, die den Austritt und das Verbleiben im Vereinigten Königreich regelt. Deshalb war die britische Regierung rechtlich in der Lage, ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands zu erlauben, bei dessen Zustimmung Schottland unabhängig geworden wäre.
Die Bevölkerung Schottlands hat dies vor drei Jahren jedoch abgelehnt.
Bleibt also für Provinzen eines Landes mit einer Verfassung, die keinen Austritt einer Provinz vorsieht, sich entweder damit abzufinden, und grösstmögliche Autonomie zu erreichen, oder aber, unter Bruch der Verfassung, mit Einsatz von Gewalt gegen die Zentralregierung Tatsachen zu schaffen.
Beispiel Slowenien
So geschehen 1991, als ´die slowenische Teilrepublik Jugoslawiens sich für unabhängig erklärte, und sofort von mehreren EU Staaten als unabhängig anerkannt wurde. Der Sezessionskrieg mit der Zentralregierung dauerte 10 Tage. Die Regierung in Belgrad zog es vor, sich zurückzuziehen. Normative Kraft des Faktischen ein anderes Wort dafür.
Dass das Vorgehen der EU eine unglaubliche politische Torheit, an welcher der damalige deutsche Aussenminister Genscher federführend beteiligt war, sollte sich alsbald zeigen: Denn nach Slowenien erklärte sich ebenfalls Kroatien für unabhängig und Bosnien folgte, schliesslich auch der Kosovo.
Die Folge waren brutale Sezessionskriege, in denen Zehntausende getötet und ganze Landstriche verwüstet wurden. In die dann auch noch Nato- Kampfflugzeuge einschliesslich Bundeswehr-Tornados eingriffen, gerechtfertigt in Deutschland durch das erbärmliche Auschwitzzitat des damaligen Aussenministers Joseph Martin (Joschka)Fischer.
Auch in Spanien
Ein derartiger Sezessionskrieg kochte jahrzehntelang auch im Baskenland Spaniens, angeführt von der ETA, mit Hunderten von Toten, der schliesslich zusammenbrach.
Es ist zu hoffen, dass die katalanische Regierung nicht versucht, ebenfalls diesen Weg zu beschreiten. Die EU, anders als noch in den Balkankriegen, hat jetzt kein Interesse mehr daran, eine derartige Teilrepublik vor, während, oder nach einem Sezessionskrieg als unabhängig anzuerkennen. Die weiteren Folgen wären unabsehbar. Auch z.B. in Belgien gibt es einen ethnischen Konflikt: den zwischen Flamen und Wallonen, der dann auch in einen Sezessionskrieg münden könnte.
Auseinandersetzung gesucht
Die katalanische Regierung hat die Auseinandersetzung gesucht, und die spanische Regierung ist prompt in diese Falle getappt, indem sie Polizei zur Verhinderung der Volksabstimmung nach Katalonien schickte.
Der katalonische Regierungschef wusste sehr genau, dass ein positiver Ausgang des Referendums keineswegs sicher war, der gewaltsame Einsatz der Polizei, so offenbar sein Kalkül, würde die Bevölkerung auf seine Seite bringen. Und genau das geschah.
Ein teuflisches Vorgehen seitens der katalanischen Regierung, und eine grenzenlose Dummheit der spanischen Zentralregierung.
Katalanischer Regierungschef .....teuflisches Vorgehen
Legal, illegal, völlig egal
Natürlich war die Volksabstimmung schon deshalb illegal, weil das darauf gerichtete Ziel nach der spanischen Verfassung illegal ist. Aber das Ergebnis hätte die Zentralregierung seelenruhig ignorieren können. Erst bei Erklärung der Unabhängigkeit hätte dann gehandelt werden können.
Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy ......grenzenlose Dummheit
Die Sezessionsbestrebungen, gerade im Falle Jugoslawiens, hätten auch auf andere Weise gelöst werden können, z.B. durch grössere Autonomie der Teilrepubliken.
Nun ist klar, dass die EU einen weiteren Sezessionskrieg in Europa auf allen Fälle verhindern will, ob in Spanien, in Belgien, Italien, oder in Frankreich.
Auch international machen Sezessionsbestrebungen Schlagzeilen: Die Kurden fordern einen eigenen Staat.
Im Süd-Sudan ist wiederum das Ergebnis der Sezession zu besichtigen: Statt Sezessionskrieg jetzt der Bürgerkrieg.
Nationen müssen lernen, mit Minderheiten im eigenen Land verantwortlich umzugehen. Nationenbildung ist ein dauernder Prozess der Integration.
Sezession, hinter der sich oft genug der Versuch eines reichen Landesteils verbirgt, sich von den ärmeren abzukoppeln, also nicht mehr den Reichtum zu teilen ist jedoch keine Antwort auf ethnische Konflikte.
onlinedienst - 3. Okt, 21:22 Article 3966x read