Murdoch, Huffington-Post und das Wikipedia-Prinzip
Dr. Alexander von Paleske -- 8.2. 2011 -- Vergangene Woche kamen zwei Meldungen über den Ticker, die scheinbar wenig miteinander zu tun haben, oder doch?
Meldung 1: Medien-Tycoon Rupert Murdoch, in Deutschland über den Bezahlfernsehsender Sky (früher Premiere) vertreten, wirft die neue Bezahl- Internetzeitung, The Daily auf den Markt, vom Spiegel sogleich als Internet-Groschenheft „gelobt“ (kurze dürre Texte, schöne Bilder).
Meldung 2: Die 2005 gegründete linksliberale Internet-Zeitung Huffington-Post wird vom Internet-Absteiger AOL für schlappe 315 Millionen US-Dollar gekauft.
Arianna Huffington, Gründerin und Chefin, wird nun – neben dem Geldregen - Leiterin der gesamten AOL-Mediensparte, zu der auch eine Reihe von Blogs gehören, die der CEO von AOL, Tim Arrmstrong, einst bei Gigant Google für die Werbung zuständig, auf einer Einkaufstour dem schwächelnden Internet-Provider einverleibt hat
AOL-Ziel: Zurück in die erste Internet- Liga
Armstrong hat sich zum Ziel gesetzt, AOL nicht nur vor dem endgültigen Aus zu bewahren, sondern die Firma wieder in die 1. Liga des Internets zurückzuführen. Dort wo sich Google und Facebook tummeln, und wie diese soll AOL in Zukunft wieder neue Kunden dazugewinnen und ordentlich Geld zu verdienen.
Gemeinsam ist beiden Meldungen der Versuch, mit Hilfe von Medien im Internet Geld zu verdienen, was sich bisher als außerordentlich schwierig dargestellt hat, weil es an kostenlosen Angeboten nur so wimmelt.
Murdoch ist in von seinem Alter (79) her, gerade was das Internet angeht, eher ein „Yesterday Man". Er ist noch mit Druckerschwärze groß geworden - darüber hinaus, politisch gesehen, auch noch rabenschwarz, .
Murdoch-Flop My Space
Mit dem Einkauf von My Space hat er jetzt seinen großen Internetflop gelandet. My Space, einstmals führend bei den sozialen Netzwerken, ist zu einem Absteiger ersten Ranges geworden, also will Murdoch ihn so schnell wie möglich wieder loswerden. Motto: Weg mit Schaden.
Grosser Coup mit "Groschenpostille"?
Mit der neuen Postille „The Daily“ glaubt er nun einen großen Coup gelandet zu haben. Die Aussichten dafür sind jedoch alles andere als gut. Nach einer kurzen Anlaufphase will er nämlich Geld. Aber wer bezahlt schon gerne Geld, wenn andere Qualitätspublikationen weiterhin kostenlos zu haben sind, und dann noch für eine solche „Groschenpostille“. Hinzu kommt, die Medienverlage in den USA haben bereits wieder rückläufige App-Verkäufe zu melden.
Konzept der Huffington Post: Kostenlos anliefern lassen
Das lässt sich von der kostenlosen Huffington- Post, die sich über Werbeeinnahmen finanziert, keineswegs sagen
.
Diese Internetzeitung erstellt die Artikel meist nicht selbst, abgesehen von Kommentaren, sondern bekommt sie angeliefert - kostenlos - von Bürgerreportern, Bürgerjournalisten, Bloggern und Prominenten, die sich freuen, wenn ihre Artikel und Bilder dort erscheinen.
Die rund 200 von ihr angestellten Journalisten, darunter einige von renommierten Blättern wie der New York Times abgeworben, nehmen die Ware in Empfang, filtern Schwachsinn, Blödsinn und groben Unfug heraus, editieren, wenn nötig, und Juristen scannen die Beiträge auf Prozessverdächtiges, um es dann ggf. zu entschärfen bzw. rauszuwerfen..
Die Zahl der Einsender ist riesengroß, die Huffington-Leute können auswählen, auch Qual der Wahl genannt.
25 Millionen pro Monat
Dieser Mix von Bildern und Artikeln in großer Vielfalt zieht mittlerweile 25 Millionen Besucher pro Monat an. Tendenz: weiter steigend. Und die Huffington- Post hat jetzt angefangen, Geld zu verdienen.
Das Rezept: Eine Internetzeitung nach dem „Prinzip Wikipedia“. In Deutschland gibt es nichts Vergleichbares - noch nicht.
Rudimentär versuchen sich Publikationen wie die ZEIT in ihrer Online-Ausgabe daran, indem Leser mittlerweile dort nicht nur Kommentare, sondern auch ganze Artikel abladen dürfen.
Die Bild-Zeitung hat viele ihrer Leser dazu gebracht, Fotos mit Hilfe von Vado-Kameras an den Springer-Verlag zu schicken. Schöne Kosteneinsparung, denn immer ist irgend jemand irgendwo ja nahe am Geschehen dran, also muss man keine Bild-Reporter mehr dahinschicken oder professionelle freiberufliche Fotoreporter für die Fotos bezahlen.
Die weitere Frage ist allerdings, wie lange das „Wikipedia-Prinzip“ bei einer Internetzeitung bzw. bei Printmedien, zumal noch einer wie die Bild, die in Zukunft nicht mehr kostenfrei über das Internet erhältlich ist, aufrechterhalten werden kann. Also, anders als bei dem gemeinnützigen „no Profit“ Projekt Wikipedia, durch kostenlose Zuverfügungstellung eigener Ressourcen dafür sorgen, dass andere damit Geld verdienen können.
Das hat auf Dauer eigentlich noch nie funktioniert. Bisher jedenfalls.
Ausserdem: Das Hauptproblem der Verlage, die kostenpflichtige Artikel ins Netz stellen, ist die Abrechnung. Apple will über seine Inkasso-Apps mitverdienen, und das nicht zu knapp. Andere Provider werden es ähnlich machen. Das schmälert die ohnehin knapp kalkulierten Erträge. Also kommt zu dem Schwund der Leser nach Einführung der Kostenpflicht noch der Schwund des Geldes hinzu..
Und so hat bisher noch kein Verlag zeigen können, mit seinem kostenpflichtigen Internetauftritt nennenswert Geld hereinzuholen. Das gilt vergleichsweise selbst für den grössten Anbieter in Deutschland, SPIEGEL-Online
Bleibt die Frage: Warum geht die Huffington Post nun zu AOL? Genau aus diesem Grunde. Die Zeitung braucht einen Internet-Provider, der bringt neue Kunden zur Huffington-Post, und umgekehrt, was wiederum deren Werbeeinnahmen steigert.
Medien plus Internetprovider, das könnte Synergien freisetzen – jedenfalls nach dem Prinzip Hoffnung.
An der Huffington Post können jedenfalls jetzt weder Apple, noch Google Geld verdienen, noch an ihr vorbeikommen.
Interessant wird bleiben, ob und ggf. wann es eine derartige Internetzeitung auch in Deutschland geben wird.
Zu Murdoch
Rupert Murdoch - Citizen Kane in der Aera der Globalisierung
Rettet Rupert Murdoch den guten Journalismus?
Botschaft eines Kraken aus der Medienwelt.
Medienartikel
-Eine Plage im Internet: Die Basher
Frankfurter Rundschau: "Kastration" als Überlebensprinzip
Bodo Hombach und die Zukunft der Tageszeitungen - oder: Lokalteil hat Zukunft, WAZ macht Zukunft?
FAZ: Ein Artikel verschwindet oder: Telefonierte Bodo Hombach mit der FAZ?
Umsonst ist nicht angemessen? - oder: Ist das Zeitungssterben aufzuhalten?
Nach den Banken nun die Zeitungen?
Gruner und Jahr Verlag: Trübe Aussichten, finanziell und journalistisch
Die neue Gruner und Jahr Story oder: Von Gruner und Jahr zu Anzeigen und Spar
Der Fall Hypo Alpe-Adria (Skandalpe) – Eine Abschlussbetrachtung
Darfs ein bisschen weniger sein? Oder: Neues zum Niedergang des Qualitätsjournalismus
Josef Joffe und das Gespenst des drohenden Todes der Tageszeitungen
Alles frei?– oder: Der Streit um das Urheberrecht und seine Vergütung
Meldung 1: Medien-Tycoon Rupert Murdoch, in Deutschland über den Bezahlfernsehsender Sky (früher Premiere) vertreten, wirft die neue Bezahl- Internetzeitung, The Daily auf den Markt, vom Spiegel sogleich als Internet-Groschenheft „gelobt“ (kurze dürre Texte, schöne Bilder).
Meldung 2: Die 2005 gegründete linksliberale Internet-Zeitung Huffington-Post wird vom Internet-Absteiger AOL für schlappe 315 Millionen US-Dollar gekauft.
Arianna Huffington, Gründerin und Chefin, wird nun – neben dem Geldregen - Leiterin der gesamten AOL-Mediensparte, zu der auch eine Reihe von Blogs gehören, die der CEO von AOL, Tim Arrmstrong, einst bei Gigant Google für die Werbung zuständig, auf einer Einkaufstour dem schwächelnden Internet-Provider einverleibt hat
AOL-Ziel: Zurück in die erste Internet- Liga
Armstrong hat sich zum Ziel gesetzt, AOL nicht nur vor dem endgültigen Aus zu bewahren, sondern die Firma wieder in die 1. Liga des Internets zurückzuführen. Dort wo sich Google und Facebook tummeln, und wie diese soll AOL in Zukunft wieder neue Kunden dazugewinnen und ordentlich Geld zu verdienen.
Gemeinsam ist beiden Meldungen der Versuch, mit Hilfe von Medien im Internet Geld zu verdienen, was sich bisher als außerordentlich schwierig dargestellt hat, weil es an kostenlosen Angeboten nur so wimmelt.
Murdoch ist in von seinem Alter (79) her, gerade was das Internet angeht, eher ein „Yesterday Man". Er ist noch mit Druckerschwärze groß geworden - darüber hinaus, politisch gesehen, auch noch rabenschwarz, .
Murdoch-Flop My Space
Mit dem Einkauf von My Space hat er jetzt seinen großen Internetflop gelandet. My Space, einstmals führend bei den sozialen Netzwerken, ist zu einem Absteiger ersten Ranges geworden, also will Murdoch ihn so schnell wie möglich wieder loswerden. Motto: Weg mit Schaden.
Grosser Coup mit "Groschenpostille"?
Mit der neuen Postille „The Daily“ glaubt er nun einen großen Coup gelandet zu haben. Die Aussichten dafür sind jedoch alles andere als gut. Nach einer kurzen Anlaufphase will er nämlich Geld. Aber wer bezahlt schon gerne Geld, wenn andere Qualitätspublikationen weiterhin kostenlos zu haben sind, und dann noch für eine solche „Groschenpostille“. Hinzu kommt, die Medienverlage in den USA haben bereits wieder rückläufige App-Verkäufe zu melden.
Konzept der Huffington Post: Kostenlos anliefern lassen
Das lässt sich von der kostenlosen Huffington- Post, die sich über Werbeeinnahmen finanziert, keineswegs sagen
.
Diese Internetzeitung erstellt die Artikel meist nicht selbst, abgesehen von Kommentaren, sondern bekommt sie angeliefert - kostenlos - von Bürgerreportern, Bürgerjournalisten, Bloggern und Prominenten, die sich freuen, wenn ihre Artikel und Bilder dort erscheinen.
Die rund 200 von ihr angestellten Journalisten, darunter einige von renommierten Blättern wie der New York Times abgeworben, nehmen die Ware in Empfang, filtern Schwachsinn, Blödsinn und groben Unfug heraus, editieren, wenn nötig, und Juristen scannen die Beiträge auf Prozessverdächtiges, um es dann ggf. zu entschärfen bzw. rauszuwerfen..
Die Zahl der Einsender ist riesengroß, die Huffington-Leute können auswählen, auch Qual der Wahl genannt.
25 Millionen pro Monat
Dieser Mix von Bildern und Artikeln in großer Vielfalt zieht mittlerweile 25 Millionen Besucher pro Monat an. Tendenz: weiter steigend. Und die Huffington- Post hat jetzt angefangen, Geld zu verdienen.
Das Rezept: Eine Internetzeitung nach dem „Prinzip Wikipedia“. In Deutschland gibt es nichts Vergleichbares - noch nicht.
Rudimentär versuchen sich Publikationen wie die ZEIT in ihrer Online-Ausgabe daran, indem Leser mittlerweile dort nicht nur Kommentare, sondern auch ganze Artikel abladen dürfen.
Die Bild-Zeitung hat viele ihrer Leser dazu gebracht, Fotos mit Hilfe von Vado-Kameras an den Springer-Verlag zu schicken. Schöne Kosteneinsparung, denn immer ist irgend jemand irgendwo ja nahe am Geschehen dran, also muss man keine Bild-Reporter mehr dahinschicken oder professionelle freiberufliche Fotoreporter für die Fotos bezahlen.
Die weitere Frage ist allerdings, wie lange das „Wikipedia-Prinzip“ bei einer Internetzeitung bzw. bei Printmedien, zumal noch einer wie die Bild, die in Zukunft nicht mehr kostenfrei über das Internet erhältlich ist, aufrechterhalten werden kann. Also, anders als bei dem gemeinnützigen „no Profit“ Projekt Wikipedia, durch kostenlose Zuverfügungstellung eigener Ressourcen dafür sorgen, dass andere damit Geld verdienen können.
Das hat auf Dauer eigentlich noch nie funktioniert. Bisher jedenfalls.
Ausserdem: Das Hauptproblem der Verlage, die kostenpflichtige Artikel ins Netz stellen, ist die Abrechnung. Apple will über seine Inkasso-Apps mitverdienen, und das nicht zu knapp. Andere Provider werden es ähnlich machen. Das schmälert die ohnehin knapp kalkulierten Erträge. Also kommt zu dem Schwund der Leser nach Einführung der Kostenpflicht noch der Schwund des Geldes hinzu..
Und so hat bisher noch kein Verlag zeigen können, mit seinem kostenpflichtigen Internetauftritt nennenswert Geld hereinzuholen. Das gilt vergleichsweise selbst für den grössten Anbieter in Deutschland, SPIEGEL-Online
Bleibt die Frage: Warum geht die Huffington Post nun zu AOL? Genau aus diesem Grunde. Die Zeitung braucht einen Internet-Provider, der bringt neue Kunden zur Huffington-Post, und umgekehrt, was wiederum deren Werbeeinnahmen steigert.
Medien plus Internetprovider, das könnte Synergien freisetzen – jedenfalls nach dem Prinzip Hoffnung.
An der Huffington Post können jedenfalls jetzt weder Apple, noch Google Geld verdienen, noch an ihr vorbeikommen.
Interessant wird bleiben, ob und ggf. wann es eine derartige Internetzeitung auch in Deutschland geben wird.
Zu Murdoch
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Alles frei?– oder: Der Streit um das Urheberrecht und seine Vergütung
onlinedienst - 8. Feb, 20:52 Article 3901x read