Unersättliche Geldgier: Zinsmanipulationen britischer Banker führen zur Krise im Londoner Finanzsektor
Dr. Alexander von Paleske ... 3.7. 2012 ---
Die Ereignisse überschlagen sich zur Zeit in der Londoner City:
Vergangene Woche verhängten die US- und britischen Finanzaufsichtsbehörden gegen die britische Grossbank Barclays Bussgelder in Höhe von zusammen von 450 Millionen Dollar.
Gestern trat der Aufsichtsratsvorsitzende der Bank, Marcus Agius, zurück.
Gestern zurückgetreten: Marcus Agius. Screenshot: Dr. v. Paleske
Heute folgte der Vorstandsvorsitzende Bob Diamond.
Sein Motto war:
"Greed is good - Gier ist gut"
Sein Jahreseinkommen 2011 einschliesslich Bonuszahlungen etc:
27 Millionen US Dollar.
Im Jahr davor (2010):
43 Millionen US Dollar.
Heute zurückgetreten: Bob Diamond. Screenshot: Dr. v. Paleske
Rücktritte kaum das Ende
Das dürfte aber kaum das Ende sein, es handelt sich wohl nur um die Spitze eines Eisbergs, in den wohl weitere britische Grossbanken wie die Royal Bank of Scotland, möglicherweise auch deutsche Banken verwickelt sind
Was steckt dahinter?
Es geht wieder einmal um Geld, um viel Geld. Geld, das durch illegale Zinsmanipulationen gescheffelt wurde, nachdem Wetten auf bestimmte Zinssätze abgeschlossen worden waren, die durch Zinsmanipulationen zu todsicheren Wetten wurden, selbsterfüllende Prophezeiungen.
Es geht also um betrugsähnliche Handlungen im Grossmassstab.
Treibende Kraft: Die schier unersättliche Gier der Banker und Hedgefonds-Manager.
So lief das Spiel
Das ganze Spielchen lief so:
Jeden Morgen Montags bis Freitags teilen einige ausgewählte Grossbanken der Britischen Bankers Association den Zinssatz mit, zu welchem sie von einer anderen Bank Geld leihen werden, für die unterschliedlichsten Zeitspannen von 1 Tag bis zu einem Jahr und für die unterschiedlichsten Währungen.
.
Jeden Tag (Von Montags bis freitags) wird dann um 11 Uhr Ortszeit aus diesen mitgeteilten Zinssätzen der für jeweilige Laufzeit und die jeweilige Währung geltende Durchschnittszinssatz gebildet, LIBOR genannt:. Die London Interbank Offered Rate, die für Finanztransaktionen der Banken dann gilt.
Der Zinssatz gilt primär für den Finanzplatz London, aber da dieser einer der grössten Finanzplätze der Welt ist, an dem auch deutsche Banken wie die Deutsche Bank Transaktionen abwickeln, geht die Bedeutung dieses Zinssatzes weit über London hinaus.
In Europa gibt es den insoweit ähnlichen EURIBOR.
Viele Finanzgeschäfte betroffen
Dieser Zinssatz betrifft eine ganze Reihe von Finanzgeschäften:
- Hypothekendarlehen, soweit sie an den Zinssatz des LIBOR gebunden sind.
- Geschäftskredite
- Privatkredite
- Höhe der Sparzinsen.
Er betrifft aber auch die Bonität einer Bank, denn eine vertrauenswürdige Bank kann zu einem niedrigeren Zinssatz Kredite von anderen Banken bekommen und umgekehrt.
.
Und dieser LIBOR spielt eine wichtige Rolle bei komplexen nationalen und internationalen Finanztransaktionen wie SWAPs, also den Wetten der Investmentbanker.
Da jede der ausgewählten LIBOR-Banken nur für sich selbst den zu zahlenden Zinssatz benennen kann, ergeben erst die (ehrlich) mitgeteilten Zinssätze zusammen den LIBOR.
Höhe des LIBOR
Normalerweise ist dieser LIBOR nur geringfügig höher, als der Leitzinssatz, der von der Zentralbank, in diesem Falle der Bank von England bzw. in Europa von der EZB, festgesetzt wird.
Das trifft aber keineswegs immer zu. So stieg der LIBOR-Zinssatz, getrieben durch das gegenseitige Misstrauen der Banken, im Rahmen der Finanzkrise 2007 deutlicher an, und insbesondere ein Jahr später nach der Lehmann-Pleite, als das gegenseitige Misstrauen einen Höhepunkt erreichte.
Die Banken liehen sich nur noch - wenn überhaupt - gegen deutlich erhöhte Zinssätze Geld. Der LIBOR stieg also deutlich über den normalen Zinssatz, bis es dann zu einem Bailout der Banken mit Staatsgeld kam.
So weit so gut bzw. schlecht.
Weg mit dem Risiko
Banker mögen das Risiko so wenig wie der Teufel das Weihwasser, und was ist schöner als eine Wette, deren Ausgang man beeinflussen kann.
Auf den Libor wurden und werden Wetten im Milliardenmaßstab abgeschlossen, sogenannte Swaps, auch finanzielle Massenvernichtungswaffen genannt.
Was nun passierte ist aus Frühstückskartellen nun allzu gut bekannt als Preisabsprachen.
Nur: hier waren es eben Zinsabsprachen.
Weg mit dem Markt
Barclays-Investmentbanker kontaktierten ehemalige Barclays Mitarbeiter, die mittlerweile bei anderen Banken untergekommen waren, und sprachen sich über den zu meldenden Zinssatz ab, der nichts mehr mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu tun hatte. Manipulation ein anderes Wort dafür.
Und der Rubel aus den Wettgeschäften rollte – in die Taschen von Barclays Investmentabteilung - bis der Schwindel aufflog.
Die E-Mails zwischen den Bankern, die von der britischen Finanzaufsicht FSA sichergestellt wurden, sprechen eine deutliche, nur allzu deutliche Sprache. Daraufhin hagelte es in der vergangenen Woche Bussgeldbescheide aus Grossbritannien, aber auch aus den USA. Summa summarum 450 Millionen US Dollar.
Auch kleine und mittlere Geschäftsleute übers Ohr gehauen
Als wäre das noch nicht rechtswidriges Vorgehen genug:
Genau wie in Deutschland zog die Barclays Bank - und nicht nur sie - Tausenden von kleinen und mitttleren Geschäftsinhabern mit Zinsswaps das Geld aus der Tasche, und das Fell über die Ohren: die britische Grossbank wie ein Hintertreppen-Kredithai.
Das lief so: Geschäftsleuten, die Kredite bei der Bank nachfragten, wurden zur Absicherung Zinsswaps aufgedrängt, deren komplexe Struktur kaum einer der Geschäftsleute verstand, aber sie vertrauten ihrer Bank.
Das war jedoch ein gewaltiger Irrtum, denn bei diesen Zinsswaps gibt es einen Gewinner und einen Verlierer, und der Gewinner ist meistens die Bank.
Die Zahlungen aus den Swaps können die normalen Zinsszahlungen um ein Vielfaches übersteigen. Und auch diese Zinszahlungen werden wieder durch den LIBOR beeinflusst. Wie schön.
Skandalgeschichten
Die Geschichten von Tausenden kleiner und mittlerer Geschäftsleute, die mit diesen SWAP-Geschäften der Barclays Bank und anderer Finanzinstitute in den Ruin oder finanzielle Notlage getrieben wurden, füllen zur Zeit die Spalten der britischen Presse.
Auch in Deutschland
Auch in Deutschland lief diese Chose, an denen sich die Banken, allen voran die Deutsche Bank, eine goldene Nase verdienen wollten.
Opfer waren nicht nur Geschäftsleute, sondern gerade auch notleidende Kommunen, denen dieses "Danaergeschenk" aufgeschwatzt wurde – bis letztes Jahr der Bundesgerichtshof das Fallbeil auf diese Art von Geschäften sausen liess.
Die Deutsche Bank flog auf die Nase, nicht ohne vorher gegenüber dem Gericht für den Unterliegensfall das Schreckgespenst einer neuen Finanzkrise an die Wand zu malen.
Den Bundesgerichtshof liess das jedoch ungerührt. Er verdonnerte die Deutsche Bank zum Schadensersatz und zur Vertragsauflösung.
Auswirkungen noch nicht abzusehen
Obgleich die deutschen Medien diesen LIBOR-Skandal eher am Rande vermelden, werden die Auswirkungen noch zu spüren sein, auch in Europa, und auch bei deutschen Banken.
Denn Barclays ist vermutlich nur die Spitze eines Eisbergs, andere Banken dürften folgen.
Nur Spitze des Eisbergs? Screenshot: Dr. v. Paleske
Es ist unbeschreiblich, mit welcher Unverfrorenheit, und getrieben von der blanken Gier, die Banker, nachdem sie mit "Staatsknete" vor dem Zusammenbruch gerettet worden waren, so weitermachten, als sei nichts gewesen.
Bis zum nächsten Mal.
Zur Deutschen Bank und Zinsswaps
Deutsche Bank: "Raubtierkapitalismus", Staatsknete und rechtswidriges Vorgehen als Geschäftsidee?
Deutsche Bank und CDO’s oder: wie man Schrottpapiere losschlägt und dabei noch einen Riesen-Reibach macht. Drei Beispiele
Deutsche Bank, Anlagemüll und die Zinswetten mit hochverschuldeten Kommunen
Die Ereignisse überschlagen sich zur Zeit in der Londoner City:
Vergangene Woche verhängten die US- und britischen Finanzaufsichtsbehörden gegen die britische Grossbank Barclays Bussgelder in Höhe von zusammen von 450 Millionen Dollar.
Gestern trat der Aufsichtsratsvorsitzende der Bank, Marcus Agius, zurück.
Gestern zurückgetreten: Marcus Agius. Screenshot: Dr. v. Paleske
Heute folgte der Vorstandsvorsitzende Bob Diamond.
Sein Motto war:
"Greed is good - Gier ist gut"
Sein Jahreseinkommen 2011 einschliesslich Bonuszahlungen etc:
27 Millionen US Dollar.
Im Jahr davor (2010):
43 Millionen US Dollar.
Heute zurückgetreten: Bob Diamond. Screenshot: Dr. v. Paleske
Rücktritte kaum das Ende
Das dürfte aber kaum das Ende sein, es handelt sich wohl nur um die Spitze eines Eisbergs, in den wohl weitere britische Grossbanken wie die Royal Bank of Scotland, möglicherweise auch deutsche Banken verwickelt sind
Was steckt dahinter?
Es geht wieder einmal um Geld, um viel Geld. Geld, das durch illegale Zinsmanipulationen gescheffelt wurde, nachdem Wetten auf bestimmte Zinssätze abgeschlossen worden waren, die durch Zinsmanipulationen zu todsicheren Wetten wurden, selbsterfüllende Prophezeiungen.
Es geht also um betrugsähnliche Handlungen im Grossmassstab.
Treibende Kraft: Die schier unersättliche Gier der Banker und Hedgefonds-Manager.
So lief das Spiel
Das ganze Spielchen lief so:
Jeden Morgen Montags bis Freitags teilen einige ausgewählte Grossbanken der Britischen Bankers Association den Zinssatz mit, zu welchem sie von einer anderen Bank Geld leihen werden, für die unterschliedlichsten Zeitspannen von 1 Tag bis zu einem Jahr und für die unterschiedlichsten Währungen.
.
Jeden Tag (Von Montags bis freitags) wird dann um 11 Uhr Ortszeit aus diesen mitgeteilten Zinssätzen der für jeweilige Laufzeit und die jeweilige Währung geltende Durchschnittszinssatz gebildet, LIBOR genannt:. Die London Interbank Offered Rate, die für Finanztransaktionen der Banken dann gilt.
Der Zinssatz gilt primär für den Finanzplatz London, aber da dieser einer der grössten Finanzplätze der Welt ist, an dem auch deutsche Banken wie die Deutsche Bank Transaktionen abwickeln, geht die Bedeutung dieses Zinssatzes weit über London hinaus.
In Europa gibt es den insoweit ähnlichen EURIBOR.
Viele Finanzgeschäfte betroffen
Dieser Zinssatz betrifft eine ganze Reihe von Finanzgeschäften:
- Hypothekendarlehen, soweit sie an den Zinssatz des LIBOR gebunden sind.
- Geschäftskredite
- Privatkredite
- Höhe der Sparzinsen.
Er betrifft aber auch die Bonität einer Bank, denn eine vertrauenswürdige Bank kann zu einem niedrigeren Zinssatz Kredite von anderen Banken bekommen und umgekehrt.
.
Und dieser LIBOR spielt eine wichtige Rolle bei komplexen nationalen und internationalen Finanztransaktionen wie SWAPs, also den Wetten der Investmentbanker.
Da jede der ausgewählten LIBOR-Banken nur für sich selbst den zu zahlenden Zinssatz benennen kann, ergeben erst die (ehrlich) mitgeteilten Zinssätze zusammen den LIBOR.
Höhe des LIBOR
Normalerweise ist dieser LIBOR nur geringfügig höher, als der Leitzinssatz, der von der Zentralbank, in diesem Falle der Bank von England bzw. in Europa von der EZB, festgesetzt wird.
Das trifft aber keineswegs immer zu. So stieg der LIBOR-Zinssatz, getrieben durch das gegenseitige Misstrauen der Banken, im Rahmen der Finanzkrise 2007 deutlicher an, und insbesondere ein Jahr später nach der Lehmann-Pleite, als das gegenseitige Misstrauen einen Höhepunkt erreichte.
Die Banken liehen sich nur noch - wenn überhaupt - gegen deutlich erhöhte Zinssätze Geld. Der LIBOR stieg also deutlich über den normalen Zinssatz, bis es dann zu einem Bailout der Banken mit Staatsgeld kam.
So weit so gut bzw. schlecht.
Weg mit dem Risiko
Banker mögen das Risiko so wenig wie der Teufel das Weihwasser, und was ist schöner als eine Wette, deren Ausgang man beeinflussen kann.
Auf den Libor wurden und werden Wetten im Milliardenmaßstab abgeschlossen, sogenannte Swaps, auch finanzielle Massenvernichtungswaffen genannt.
Was nun passierte ist aus Frühstückskartellen nun allzu gut bekannt als Preisabsprachen.
Nur: hier waren es eben Zinsabsprachen.
Weg mit dem Markt
Barclays-Investmentbanker kontaktierten ehemalige Barclays Mitarbeiter, die mittlerweile bei anderen Banken untergekommen waren, und sprachen sich über den zu meldenden Zinssatz ab, der nichts mehr mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu tun hatte. Manipulation ein anderes Wort dafür.
Und der Rubel aus den Wettgeschäften rollte – in die Taschen von Barclays Investmentabteilung - bis der Schwindel aufflog.
Die E-Mails zwischen den Bankern, die von der britischen Finanzaufsicht FSA sichergestellt wurden, sprechen eine deutliche, nur allzu deutliche Sprache. Daraufhin hagelte es in der vergangenen Woche Bussgeldbescheide aus Grossbritannien, aber auch aus den USA. Summa summarum 450 Millionen US Dollar.
Auch kleine und mittlere Geschäftsleute übers Ohr gehauen
Als wäre das noch nicht rechtswidriges Vorgehen genug:
Genau wie in Deutschland zog die Barclays Bank - und nicht nur sie - Tausenden von kleinen und mitttleren Geschäftsinhabern mit Zinsswaps das Geld aus der Tasche, und das Fell über die Ohren: die britische Grossbank wie ein Hintertreppen-Kredithai.
Das lief so: Geschäftsleuten, die Kredite bei der Bank nachfragten, wurden zur Absicherung Zinsswaps aufgedrängt, deren komplexe Struktur kaum einer der Geschäftsleute verstand, aber sie vertrauten ihrer Bank.
Das war jedoch ein gewaltiger Irrtum, denn bei diesen Zinsswaps gibt es einen Gewinner und einen Verlierer, und der Gewinner ist meistens die Bank.
Die Zahlungen aus den Swaps können die normalen Zinsszahlungen um ein Vielfaches übersteigen. Und auch diese Zinszahlungen werden wieder durch den LIBOR beeinflusst. Wie schön.
Skandalgeschichten
Die Geschichten von Tausenden kleiner und mittlerer Geschäftsleute, die mit diesen SWAP-Geschäften der Barclays Bank und anderer Finanzinstitute in den Ruin oder finanzielle Notlage getrieben wurden, füllen zur Zeit die Spalten der britischen Presse.
Auch in Deutschland
Auch in Deutschland lief diese Chose, an denen sich die Banken, allen voran die Deutsche Bank, eine goldene Nase verdienen wollten.
Opfer waren nicht nur Geschäftsleute, sondern gerade auch notleidende Kommunen, denen dieses "Danaergeschenk" aufgeschwatzt wurde – bis letztes Jahr der Bundesgerichtshof das Fallbeil auf diese Art von Geschäften sausen liess.
Die Deutsche Bank flog auf die Nase, nicht ohne vorher gegenüber dem Gericht für den Unterliegensfall das Schreckgespenst einer neuen Finanzkrise an die Wand zu malen.
Den Bundesgerichtshof liess das jedoch ungerührt. Er verdonnerte die Deutsche Bank zum Schadensersatz und zur Vertragsauflösung.
Auswirkungen noch nicht abzusehen
Obgleich die deutschen Medien diesen LIBOR-Skandal eher am Rande vermelden, werden die Auswirkungen noch zu spüren sein, auch in Europa, und auch bei deutschen Banken.
Denn Barclays ist vermutlich nur die Spitze eines Eisbergs, andere Banken dürften folgen.
Nur Spitze des Eisbergs? Screenshot: Dr. v. Paleske
Es ist unbeschreiblich, mit welcher Unverfrorenheit, und getrieben von der blanken Gier, die Banker, nachdem sie mit "Staatsknete" vor dem Zusammenbruch gerettet worden waren, so weitermachten, als sei nichts gewesen.
Bis zum nächsten Mal.
Zur Deutschen Bank und Zinsswaps
Deutsche Bank: "Raubtierkapitalismus", Staatsknete und rechtswidriges Vorgehen als Geschäftsidee?
Deutsche Bank und CDO’s oder: wie man Schrottpapiere losschlägt und dabei noch einen Riesen-Reibach macht. Drei Beispiele
Deutsche Bank, Anlagemüll und die Zinswetten mit hochverschuldeten Kommunen
onlinedienst - 3. Jul, 10:01 Article 4773x read
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