Wirtschaftskrise, Haushaltskrise, politische Krise: Wohin treibt die Bundesrepublik?
Dr. Alexander von Paleske —— 24.11. 2023 ——–
"Wohin treibt die Bundesrepublik?" Das war der Titel eines Buches von Karl Jaspers im Jahre 1966, dem Jahr der ersten Wirtschaftskrise im Nachkriegsdeutschland. Verglichen mit danach folgenden Krisen, wie z.B. mit der von 2009, war das aber nur eine Miniatur-Krise: nach Wirtschaftswunder mit Vollbeschäftigung ein Stocken mit 600.000 Arbeitslosen, damals aber als Grosse Krise angesehen. Zur Krisenbewältigung wurde eine Grosse Koalition aus SPD und CDU/CSU, gebildet, mit dem SPD Politiker Karl Schiller als Wirtschaftsminister und Franz Josef Strauss (CSU) als Finanzminister.
Heute steckt Deutschland – ohnehin schon umgeben von der Klimakrise, zwei Kriegen (Nahost und Ukraine) – in einer Grossen Krise: einer Haushalts- Wirtschafts- und Politik-Krise:
- Angesichts einer wirtschaftlichen Rezession – in Europa z.Zt nur Deutschland
- Angesichts einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das die Umschichtung von 60 Milliarden Euro im Haushalt für verfassungswidrig und nichtig erklärt hat: Der Bund darf keine Gelder, die für die Bewältigung der Corona-Krise gedacht waren, einfach für andere Zwecke verwenden, da Verstoss gegen die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse, die nur in einer Notlage umgangen werden darf. Auch andere Sondervermögen sind betroffen. Der FDP Finanzminister Lindner hat daraufhin eine Sperre für die Abrufung von Geldern aus diesen Sondervermögen verfügt, die Gas- und Strompreisbremse zum Jahresende deshalb auslaufen wird.
- Angesichts des Streits darüber, wie aus dieser Krise herauskommen – und zusammen mit der Migrationskrise – gibt es als Zugabe noch eine politische Krise.
Wieder stellt sich daher die Frage: Wohin treibt die Bundesrepublik?
Das Loch wie zuschütten?
Es klafft allein aus dem verplanten Sondervermögen „Klima-Transformation“ ehemals „Corona“ nun ein Loch von 60 Milliarden Euro, wobei im Prinzip drei Vorschläge zur Lösung des Problems diskutiert werden:
- Sparen sparen sparen, natürlich auch im Sozialetat, z. B. beim Bürgergeld und der Kindergrundsicherung. Im Dutzend wurden und werden nach der Verkündung des Bundesverfassungsgerichts-Urteils Vorschläge gemacht, wo gespart werden könne, wobei Vorschäge einer Partei in der Regel mit „Nicht mit uns“ von einer anderen Partei beantwortet wurden.
- Einfach ein oder mehrere weitere Sondervermögen kreieren, und mit einer angeblichen Notlage begründen. Nachdem die Ampel-Koalition mit ihren Haushaltstricksereien Schiffbruch erlitten hat, und jetzt SOS funkt, kann wohl kaum von einer durch „unverhersehbare Ereignisse herbeigeführten Notlage“ gesprochen werden, die eine Suspendierung der Schuldenbremse rechtfertigen könnte. Für die Flucht an dieses den Haushalt „rettende Ufer“ hat das Bundesverfassungsgericht die rote Karte gezogen.
- Die vollstände, oder zumindet temporäre Abschaffung der Schuldenbremse, was eine Verfassungsänderung mit einer dazu erforderlichen 2/3 Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erfordern würde.
Die Ampel-Koalition, angesichts dieses Dilemmas, gleicht immer mehr einer Kutsche, die von Pferden in verschiedene, oft entgegengesetzte Richtungen gezogen wird.
BILD (23.11. 2023) freut sich schon:“ Ende Klimawende? Chefs der Ampelparteien sehen nach „fertig“aus“.
Die Ampelmänner und -Frauen mutierten so zu Hampelmännern (m/w/d) , alles auch noch vor dem Hintergrund der beschriebenen weltweiten Krisen und Kriege.
Welche Wege aus dem Schlamassel bieten sich an?.
- die Grünen und SPD versuchten zunächst mit Schalmaienklängen die CDU zu bewegen, nach ihrem juristischem Erfolg in Karlsruhe, nun ihrer staatstragenden Verantwortung gerecht zu werden – auf dem Parteitag in Karlsruhe droschen die Grünen aber zur Abwechslung und zum Gaudi der Delegierten wieder auf die CDU ein – um eine zumindest temporäre Suspendierung der Schuldenbremse zu ermöglichen. Allerdings das Ganze ohne Koalitionsangebote, also zum politischen Nulltarif. Als Dankeschön nur staatspolitisches Schulterklopfen. Nachdem CDU-Merz im Bundestag die SPD aufgefordert hatte, die Grünen aus der Koalition rauszuschmeissen, und seine Zusammenarbeit in der Migrationskrise anbot, erscheint ein solches Adventsgeschenk seitens der CDU eher unwahrscheinlich.
- Die FDP realisiert vermutlich, dass sie von einem Verbleiben in der Koalition, angesichts der jetzigen Krise, nicht unbedingt profitieren würde. Zudem läuft zur Zeit eine Mitgliederbefragung gegen das Verbleiben in der Koalition. Und da Finanzminister Lindner an der Schuldenbremse für den Haushalt 2014 festhalten will, läuft alles auf einen drastischen Sparkurs hinaus, der mit SPD und Grünen wohl so nicht zu machen ist: ein Platzen der Koalition wäre die Folge.
Neue Koalition?
Also müsste dann eine neue Koalition her. Das könnte entweder:
- eine Koalition von Grünen, SPD und CDU sein. Es bleibt abzuwarten, ob die CDU sich darauf einlassen würde, nachdem sie sich derart auf die Grünen eingeschossen – und umgekehrt, zudem bereits Koalitionen in Hessen und Berlin mit der SPD und nicht mit den Grünen vereinbart hat. Das macht diese Dreierkoalition ziemlich unwahrscheinlich.
- oder als wahrscheinlichste Lösung bei einem Koalitionszerfall die Bildung einer Grossen Koalition aus SPD und CDU – ohne FDP und Grüne. Die 2/3 Mehrheit für eine zumindest temporäre Abschaffung der Schuldenbremse käme auch so zustande, da die Grünen – auch wenn nicht mehr in der Regierung, – ebenso wie die Linke sich auf eine Abschaffung bzw. Modofizierung der Schuldenbremse festgelegt haben.
Gegen den linken Flügel der SPD?
Die Frage stellt sich aber: Wird die SPD, insbesondere deren linker Flügel, da mitspielen, wenn Scholz dies für sich als den einzig gangbaren Ausweg aus der Krise ansieht? Die Antwort: Ihr bliebe gar nichts anderes übrig. Scholz würde vermutlich zum Instrument der Drohung mit dem Rücktritt greifen – Gerhard Schröder lässt grüssen. Im Falle seines Rücktritts kärme es zu Neuwahlen, da eine Koalition der CDU mit den Grünen und FDP unwahrscheinlich wäre, zumal die CDU bei Neuwahlen nur gewinnen kann, die SPD aber massiv verlieren würde: Stand heute minus 10%. Das würde auch das Aus für viele Parlamentarier der SPD bedeuten, die ihren Parlamentssitz verlören. Somit wäre eine Rücktrittsdrohung das – einzige – Ass in der Tasche des Kanzlers,
Für die Grünen wären zwar keine Verluste im Vergleich zur Wahl 2021 zu erwarten, aber der Traum der Kanzlerschaft wäre ausgeträumt. Besonders bitter natürlich gerade auch für Annalena Baerbock, die ihre neue (schiefgegangene) „wertegeleitete feminine“ von brennendem Ehrgeiz angefeuerte Aussenpolitik nicht fortsetzen könnte, und der ständige innerparteiliche Kampf gegen ihren Konkurrenten Habeck sich nachträglich als völlig überflüssig erwiesen hätte. Der ging immerhin bis gestern weiter, als Habecks Staatssekratär Kellner deutlich auf Distanz zu Baerbock ging, und zugab, dass seine scharfe Zurückweisung der Angriffe gegen Baerbock wegen ihres „Plagiatsbüchleins“ ein Fehler gewesen sei..
Man mag das alles spannend finden, wie Deutschland taumelt, wohin die Bundesrepublik letztlich treibt, ein positiver Gewinn lässt sich kaum daraus ziehen.
"Wohin treibt die Bundesrepublik?" Das war der Titel eines Buches von Karl Jaspers im Jahre 1966, dem Jahr der ersten Wirtschaftskrise im Nachkriegsdeutschland. Verglichen mit danach folgenden Krisen, wie z.B. mit der von 2009, war das aber nur eine Miniatur-Krise: nach Wirtschaftswunder mit Vollbeschäftigung ein Stocken mit 600.000 Arbeitslosen, damals aber als Grosse Krise angesehen. Zur Krisenbewältigung wurde eine Grosse Koalition aus SPD und CDU/CSU, gebildet, mit dem SPD Politiker Karl Schiller als Wirtschaftsminister und Franz Josef Strauss (CSU) als Finanzminister.
Heute steckt Deutschland – ohnehin schon umgeben von der Klimakrise, zwei Kriegen (Nahost und Ukraine) – in einer Grossen Krise: einer Haushalts- Wirtschafts- und Politik-Krise:
- Angesichts einer wirtschaftlichen Rezession – in Europa z.Zt nur Deutschland
- Angesichts einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das die Umschichtung von 60 Milliarden Euro im Haushalt für verfassungswidrig und nichtig erklärt hat: Der Bund darf keine Gelder, die für die Bewältigung der Corona-Krise gedacht waren, einfach für andere Zwecke verwenden, da Verstoss gegen die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse, die nur in einer Notlage umgangen werden darf. Auch andere Sondervermögen sind betroffen. Der FDP Finanzminister Lindner hat daraufhin eine Sperre für die Abrufung von Geldern aus diesen Sondervermögen verfügt, die Gas- und Strompreisbremse zum Jahresende deshalb auslaufen wird.
- Angesichts des Streits darüber, wie aus dieser Krise herauskommen – und zusammen mit der Migrationskrise – gibt es als Zugabe noch eine politische Krise.
Wieder stellt sich daher die Frage: Wohin treibt die Bundesrepublik?
Das Loch wie zuschütten?
Es klafft allein aus dem verplanten Sondervermögen „Klima-Transformation“ ehemals „Corona“ nun ein Loch von 60 Milliarden Euro, wobei im Prinzip drei Vorschläge zur Lösung des Problems diskutiert werden:
- Sparen sparen sparen, natürlich auch im Sozialetat, z. B. beim Bürgergeld und der Kindergrundsicherung. Im Dutzend wurden und werden nach der Verkündung des Bundesverfassungsgerichts-Urteils Vorschläge gemacht, wo gespart werden könne, wobei Vorschäge einer Partei in der Regel mit „Nicht mit uns“ von einer anderen Partei beantwortet wurden.
- Einfach ein oder mehrere weitere Sondervermögen kreieren, und mit einer angeblichen Notlage begründen. Nachdem die Ampel-Koalition mit ihren Haushaltstricksereien Schiffbruch erlitten hat, und jetzt SOS funkt, kann wohl kaum von einer durch „unverhersehbare Ereignisse herbeigeführten Notlage“ gesprochen werden, die eine Suspendierung der Schuldenbremse rechtfertigen könnte. Für die Flucht an dieses den Haushalt „rettende Ufer“ hat das Bundesverfassungsgericht die rote Karte gezogen.
- Die vollstände, oder zumindet temporäre Abschaffung der Schuldenbremse, was eine Verfassungsänderung mit einer dazu erforderlichen 2/3 Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erfordern würde.
Die Ampel-Koalition, angesichts dieses Dilemmas, gleicht immer mehr einer Kutsche, die von Pferden in verschiedene, oft entgegengesetzte Richtungen gezogen wird.
BILD (23.11. 2023) freut sich schon:“ Ende Klimawende? Chefs der Ampelparteien sehen nach „fertig“aus“.
Die Ampelmänner und -Frauen mutierten so zu Hampelmännern (m/w/d) , alles auch noch vor dem Hintergrund der beschriebenen weltweiten Krisen und Kriege.
Welche Wege aus dem Schlamassel bieten sich an?.
- die Grünen und SPD versuchten zunächst mit Schalmaienklängen die CDU zu bewegen, nach ihrem juristischem Erfolg in Karlsruhe, nun ihrer staatstragenden Verantwortung gerecht zu werden – auf dem Parteitag in Karlsruhe droschen die Grünen aber zur Abwechslung und zum Gaudi der Delegierten wieder auf die CDU ein – um eine zumindest temporäre Suspendierung der Schuldenbremse zu ermöglichen. Allerdings das Ganze ohne Koalitionsangebote, also zum politischen Nulltarif. Als Dankeschön nur staatspolitisches Schulterklopfen. Nachdem CDU-Merz im Bundestag die SPD aufgefordert hatte, die Grünen aus der Koalition rauszuschmeissen, und seine Zusammenarbeit in der Migrationskrise anbot, erscheint ein solches Adventsgeschenk seitens der CDU eher unwahrscheinlich.
- Die FDP realisiert vermutlich, dass sie von einem Verbleiben in der Koalition, angesichts der jetzigen Krise, nicht unbedingt profitieren würde. Zudem läuft zur Zeit eine Mitgliederbefragung gegen das Verbleiben in der Koalition. Und da Finanzminister Lindner an der Schuldenbremse für den Haushalt 2014 festhalten will, läuft alles auf einen drastischen Sparkurs hinaus, der mit SPD und Grünen wohl so nicht zu machen ist: ein Platzen der Koalition wäre die Folge.
Neue Koalition?
Also müsste dann eine neue Koalition her. Das könnte entweder:
- eine Koalition von Grünen, SPD und CDU sein. Es bleibt abzuwarten, ob die CDU sich darauf einlassen würde, nachdem sie sich derart auf die Grünen eingeschossen – und umgekehrt, zudem bereits Koalitionen in Hessen und Berlin mit der SPD und nicht mit den Grünen vereinbart hat. Das macht diese Dreierkoalition ziemlich unwahrscheinlich.
- oder als wahrscheinlichste Lösung bei einem Koalitionszerfall die Bildung einer Grossen Koalition aus SPD und CDU – ohne FDP und Grüne. Die 2/3 Mehrheit für eine zumindest temporäre Abschaffung der Schuldenbremse käme auch so zustande, da die Grünen – auch wenn nicht mehr in der Regierung, – ebenso wie die Linke sich auf eine Abschaffung bzw. Modofizierung der Schuldenbremse festgelegt haben.
Gegen den linken Flügel der SPD?
Die Frage stellt sich aber: Wird die SPD, insbesondere deren linker Flügel, da mitspielen, wenn Scholz dies für sich als den einzig gangbaren Ausweg aus der Krise ansieht? Die Antwort: Ihr bliebe gar nichts anderes übrig. Scholz würde vermutlich zum Instrument der Drohung mit dem Rücktritt greifen – Gerhard Schröder lässt grüssen. Im Falle seines Rücktritts kärme es zu Neuwahlen, da eine Koalition der CDU mit den Grünen und FDP unwahrscheinlich wäre, zumal die CDU bei Neuwahlen nur gewinnen kann, die SPD aber massiv verlieren würde: Stand heute minus 10%. Das würde auch das Aus für viele Parlamentarier der SPD bedeuten, die ihren Parlamentssitz verlören. Somit wäre eine Rücktrittsdrohung das – einzige – Ass in der Tasche des Kanzlers,
Für die Grünen wären zwar keine Verluste im Vergleich zur Wahl 2021 zu erwarten, aber der Traum der Kanzlerschaft wäre ausgeträumt. Besonders bitter natürlich gerade auch für Annalena Baerbock, die ihre neue (schiefgegangene) „wertegeleitete feminine“ von brennendem Ehrgeiz angefeuerte Aussenpolitik nicht fortsetzen könnte, und der ständige innerparteiliche Kampf gegen ihren Konkurrenten Habeck sich nachträglich als völlig überflüssig erwiesen hätte. Der ging immerhin bis gestern weiter, als Habecks Staatssekratär Kellner deutlich auf Distanz zu Baerbock ging, und zugab, dass seine scharfe Zurückweisung der Angriffe gegen Baerbock wegen ihres „Plagiatsbüchleins“ ein Fehler gewesen sei..
Man mag das alles spannend finden, wie Deutschland taumelt, wohin die Bundesrepublik letztlich treibt, ein positiver Gewinn lässt sich kaum daraus ziehen.
onlinedienst - 25. Nov, 09:14 Article 942x read