Journalist bekam Karadzic-Vertrag während Haft in Den Haag zugespielt
World Content News - Die Westmächte haben offenbar doch jahrelang aktiv verhindert, dass der Serbenführer Radovan Karadzic gefasst und nach Den Haag ausgeliefert wurde. Diese Einlassungen machte vor kurzem die ehemalige Sprecherin der früheren Chefanklägerin des Haager Tribunals, Florence Hartmann. Und der kroatische Journalist Domagoj Margetic, der die mutmaßliche geheime Vereinbarung von Radovan Karadzic und Richard Holbrooke auf seinem Webserver hostete, will eine Kopie des Dokuments während der Verbüßung einer dreimonatigen Gefängnisstrafe in Scheveningen direkt aus dem Büro von Carla Del Ponte erhalten haben. Zudem existiere eine ähnliche Abmachung mit dem früheren Armeegeneral Ratko Mladić.
World.Content.News war nach der Festnahme des Serbenführers im Zuge der Recherchen auf das ominöse Dokument in serbischer Sprache gestoßen und hatte es bereits am 22. Juni veröffentlicht. Ein aufmerksamer Leser hatte sich kurz darauf um die Übersetzung des Schriftstücks gekümmert. Heraus kam, dass Karadzic für mindestens sechs Jahre Sicherheit vor Verfolgung angeboten wurde, ihm darüber hinaus 600.000 US-Dollar sowie ein Haus angeboten wurden, wenn er sich aus allen politischen Ämtern zurückzöge. Das handschriftliche Dokument war mit der mutmaßlichen Unterschrift Karadzics sowie des damaligen US-Balkan-Vermittlers Richard Holbrooke versehen.

Unbeugsamer, unbequemer Journalist: Domagoj Margetic
Domagoj Margetić (34), freier Journalist und Mitgründer des Kroatischen Journalistenverbandes HND hat nun einer russischen Zeitung erzählt, wie er an das Schriftstück gekommen ist, berichtete RIA Novosti. Demnach hätte es auch einen ähnlichen Deal mit dem Kommandanten der serbischen Armee Ratko Mladić gegeben. Margetic will die Informationen im niederländischen Scheveningen erhalten haben, als er dort im Februar 2007 eine Haftstrafe antrat, die der Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) gegen ihn verhängte.
Er war wegen Missachtung des Gerichts verurteilt worden, weil er trotz eines Verbotes Tonbandaufnahmen von geheimen Zeugenaussagen des kroatischen Präsidenten Stipe Mesic im Fall des kroatischen Generals Tihomir Blaskic auf seiner Webseite veröffentlichte.
Urteil in Den Haag: "Gericht missachtet"
Blaskic wurde im Jahr 2000 wegen schwerer Kriegsverbrechen zu 45 Jahren Haft verurteilt, 2004 wurde in der Berufung die Strafe auf neun Jahre reduziert. Margetic's Webseite war eine der ersten die vom kroatischen Staat verboten wurde.
Margetic will die Informationen über die Deals mit Holbrooke von einem „ehemaligen hochrangigen Mitarbeiter des Büros der früheren Chefanklägerin des Jugoslawien-Tribunals, Carla del Ponte“ erfahren haben, der sich jedoch „gefürchtet“ habe, Details über diese Abmachung zu verlautbaren.
Margetic betonte, sein Informant sei eine zuverlässige Quelle, da er sich mit den Ermittlungen in wichtigen Strafverfahren des ICTY beschäftigt habe.
Diese Einlassungen klingen insofern glaubhaft, da die PDF-Datei mit dem Vertrag am 10.09.2007, also nach Margetic's Haftentlassung, erstellt wurde.
Weitere Aussagen von Margetic in einem anderen Fall, es geht um den Hypo-Alpe-Skandal, wo er behauptete, die Liechtensteiner Filiale der Bank hätte als Waschanlage für schmutzige Gelder des kroatischen Staates gedient (es geht um 200 Mio. Euro), haben in jüngster Zeit ebenfalls zu Fortschritten bei der Aufklärung geführt.

Hartmann (l.), Del Ponte: Nach dem Abschied pikante Details
Und auch von anderer Seite bekommt die These von einer heimlichen Abmachung qualifizierte Unterstützung: Von der Ex-Del-Ponte-Sprecherin Florence Hartmann.
Die USA, Großbritannien und Frankreich hätten wiederholt die Festnahme eines der meist gesuchten Angeklagten des UNO-Tribunals für Kriegsverbrechen, Radovan Karadzic, verhindert, sagte Hartmann in einem Interview mit der serbischen Zeitung "Blic".
"Manchmal wurde die Festnahmeaktion von Chirac, ein anderes Mal von Clinton persönlich blockiert."
Und sie fährt fort:
"Jetzt, wo Karadzic endlich festgenommen worden ist, kann er sehr viel über die Geheimabsprachen erzählen, die auch zum Fall der UNO-Schutzzone Srebrenica im Sommer 1995 geführt haben. Für die westlichen Großmächte stellt seine Aussage ein großes Risiko dar. Bisher hat es keine festen Beweise dafür gegeben, dass die westlichen Staaten Srebrenica für die Mitarbeit der Serben am Friedensprozess übergeben haben".
Zwei Mitarbeiter des amerikanischen Nachrichtendienstes CIA sollen im Sommer 2005 die bosnische Polizei aufgefordert haben, die von Carla del Ponte beantragte Observierung der Familie Karadzic einzustellen.
Hartmann weiter: Der Chef der bosnischen Geheimpolizei Munibabic wurde auf Antrag des damaligen internationalen Bosnien-Beauftragten Ashdown abgesetzt, nachdem er große Fortschritte bei der Fahndung nach Karadzic gemacht habe.
Florence Hartmann untermauert den vermuteten Deal mit Karadzic glaubhaft. Wer ihre Berichte (und diejenigen Del Pontes in Sachen Organhandel) in Zweifel zieht, der müsste die Ermittlungen des Den Haager Gerichts folgerichtig insgesamt in Frage stellen. Immerhin muss ein immenser Druck ausgeübt worden sein, dass die Vorwürfe erst nach dem Ausscheiden der beiden ans Tageslicht kommen.
Es sieht also ganz danach aus, als ob der Weltöffentlichkeit jahrelang von Seiten der westlichen Großmächte eine grandiose Lügenkomödie vorgeführt worden wäre.
Dass die NATO mit albanischen Mördern und Mafiosi paktierte und von den Praktiken des scheußlichen illegalen Organhandels früh Bescheid wusste. Wären die Vorwürfe, die jetzt vom europäischen Sonderermittler Dick Marty untersucht werden, rechtzeitig öffentlich bekannt geworden, die NATO hätte nie und nimmer im Kosovo einmarschieren können.
Ein Laptop und diverse Disketten, die jüngst beschlagnahmt wurden und Radovan Karadzic gehören sollen, könnten weitere Einzelheiten ans Licht bringen. Noch mit Vorsicht zu genießen sind allerdings Berichte, nach denen darunter auch eine Gesprächsaufzeichnung zwischen dem inzwischen verstorbenen früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und dem US-Sonderbeauftragten auf dem Balkan, Richard Holbrooke zu finden ist. Angeblicher Inhalt: Der US-Diplomat soll Karadzic Straffreiheit versprochen haben, wenn er sich aus dem öffentlichen Leben in Bosnien zurückzieht.
In zwei Wochen soll Karadzic sich zur Haager Anklage äußern. Man wird genau hinhören müssen.
Quellen:
Holbrooke soll auch mit Mladic geheime Abmachungen getroffen haben
(RIA Novosti, 04.08.2008)
Ex-Del-Ponte-Sprecherin: Karadzic-Festnahme von Westmächten blockiert
(Der Standard, 10.08.2008)
"CIA protected Karadžić"
(Radio B92, 10.08.2008)
Radovan Karadzic 'was protected by UK'
(Telegraph, 11.08.2008)
Karadzic will Holbrooke und Albright vorladen lassen
(net-tribune.de, 07.08.2008)
Holbrooke bestreitet Absprachen mit Karadzic
(diepresse.com, 01.08.2008)
Serbischer Militärnachrichtendienst verhandelt mit Mladic
(Südtirol Online, 13.08.2008)
Karadzic bekommt seinen Laptop zurück
(diepresse.com, 14.08.2008)
siehe auch:
Karadzic: Existiert ein Nicht-Auslieferungsvertrag?
(WCN, 22.07.2008)
Karadzic: Medien auf Entenjagd (WCN, 27.07.2008)
Karadzic: Geheimabsprache mit Holbrooke? (WCN, 31.07.2008)
Kosovo: Organhandelsvorwürfe bereits seit 2001 bekannt?
(WCN, 06.08.2008)
Dieser Artikel erschien erstmalig bei World Content News
World.Content.News war nach der Festnahme des Serbenführers im Zuge der Recherchen auf das ominöse Dokument in serbischer Sprache gestoßen und hatte es bereits am 22. Juni veröffentlicht. Ein aufmerksamer Leser hatte sich kurz darauf um die Übersetzung des Schriftstücks gekümmert. Heraus kam, dass Karadzic für mindestens sechs Jahre Sicherheit vor Verfolgung angeboten wurde, ihm darüber hinaus 600.000 US-Dollar sowie ein Haus angeboten wurden, wenn er sich aus allen politischen Ämtern zurückzöge. Das handschriftliche Dokument war mit der mutmaßlichen Unterschrift Karadzics sowie des damaligen US-Balkan-Vermittlers Richard Holbrooke versehen.

Unbeugsamer, unbequemer Journalist: Domagoj Margetic
Domagoj Margetić (34), freier Journalist und Mitgründer des Kroatischen Journalistenverbandes HND hat nun einer russischen Zeitung erzählt, wie er an das Schriftstück gekommen ist, berichtete RIA Novosti. Demnach hätte es auch einen ähnlichen Deal mit dem Kommandanten der serbischen Armee Ratko Mladić gegeben. Margetic will die Informationen im niederländischen Scheveningen erhalten haben, als er dort im Februar 2007 eine Haftstrafe antrat, die der Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) gegen ihn verhängte.
Er war wegen Missachtung des Gerichts verurteilt worden, weil er trotz eines Verbotes Tonbandaufnahmen von geheimen Zeugenaussagen des kroatischen Präsidenten Stipe Mesic im Fall des kroatischen Generals Tihomir Blaskic auf seiner Webseite veröffentlichte.
Urteil in Den Haag: "Gericht missachtet"
Blaskic wurde im Jahr 2000 wegen schwerer Kriegsverbrechen zu 45 Jahren Haft verurteilt, 2004 wurde in der Berufung die Strafe auf neun Jahre reduziert. Margetic's Webseite war eine der ersten die vom kroatischen Staat verboten wurde.
Margetic will die Informationen über die Deals mit Holbrooke von einem „ehemaligen hochrangigen Mitarbeiter des Büros der früheren Chefanklägerin des Jugoslawien-Tribunals, Carla del Ponte“ erfahren haben, der sich jedoch „gefürchtet“ habe, Details über diese Abmachung zu verlautbaren.
Margetic betonte, sein Informant sei eine zuverlässige Quelle, da er sich mit den Ermittlungen in wichtigen Strafverfahren des ICTY beschäftigt habe.
Diese Einlassungen klingen insofern glaubhaft, da die PDF-Datei mit dem Vertrag am 10.09.2007, also nach Margetic's Haftentlassung, erstellt wurde.
Weitere Aussagen von Margetic in einem anderen Fall, es geht um den Hypo-Alpe-Skandal, wo er behauptete, die Liechtensteiner Filiale der Bank hätte als Waschanlage für schmutzige Gelder des kroatischen Staates gedient (es geht um 200 Mio. Euro), haben in jüngster Zeit ebenfalls zu Fortschritten bei der Aufklärung geführt.

Hartmann (l.), Del Ponte: Nach dem Abschied pikante Details
Und auch von anderer Seite bekommt die These von einer heimlichen Abmachung qualifizierte Unterstützung: Von der Ex-Del-Ponte-Sprecherin Florence Hartmann.
Die USA, Großbritannien und Frankreich hätten wiederholt die Festnahme eines der meist gesuchten Angeklagten des UNO-Tribunals für Kriegsverbrechen, Radovan Karadzic, verhindert, sagte Hartmann in einem Interview mit der serbischen Zeitung "Blic".
"Manchmal wurde die Festnahmeaktion von Chirac, ein anderes Mal von Clinton persönlich blockiert."
Und sie fährt fort:
"Jetzt, wo Karadzic endlich festgenommen worden ist, kann er sehr viel über die Geheimabsprachen erzählen, die auch zum Fall der UNO-Schutzzone Srebrenica im Sommer 1995 geführt haben. Für die westlichen Großmächte stellt seine Aussage ein großes Risiko dar. Bisher hat es keine festen Beweise dafür gegeben, dass die westlichen Staaten Srebrenica für die Mitarbeit der Serben am Friedensprozess übergeben haben".
Zwei Mitarbeiter des amerikanischen Nachrichtendienstes CIA sollen im Sommer 2005 die bosnische Polizei aufgefordert haben, die von Carla del Ponte beantragte Observierung der Familie Karadzic einzustellen.
Hartmann weiter: Der Chef der bosnischen Geheimpolizei Munibabic wurde auf Antrag des damaligen internationalen Bosnien-Beauftragten Ashdown abgesetzt, nachdem er große Fortschritte bei der Fahndung nach Karadzic gemacht habe.
Florence Hartmann untermauert den vermuteten Deal mit Karadzic glaubhaft. Wer ihre Berichte (und diejenigen Del Pontes in Sachen Organhandel) in Zweifel zieht, der müsste die Ermittlungen des Den Haager Gerichts folgerichtig insgesamt in Frage stellen. Immerhin muss ein immenser Druck ausgeübt worden sein, dass die Vorwürfe erst nach dem Ausscheiden der beiden ans Tageslicht kommen.
Es sieht also ganz danach aus, als ob der Weltöffentlichkeit jahrelang von Seiten der westlichen Großmächte eine grandiose Lügenkomödie vorgeführt worden wäre.
Dass die NATO mit albanischen Mördern und Mafiosi paktierte und von den Praktiken des scheußlichen illegalen Organhandels früh Bescheid wusste. Wären die Vorwürfe, die jetzt vom europäischen Sonderermittler Dick Marty untersucht werden, rechtzeitig öffentlich bekannt geworden, die NATO hätte nie und nimmer im Kosovo einmarschieren können.
Ein Laptop und diverse Disketten, die jüngst beschlagnahmt wurden und Radovan Karadzic gehören sollen, könnten weitere Einzelheiten ans Licht bringen. Noch mit Vorsicht zu genießen sind allerdings Berichte, nach denen darunter auch eine Gesprächsaufzeichnung zwischen dem inzwischen verstorbenen früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und dem US-Sonderbeauftragten auf dem Balkan, Richard Holbrooke zu finden ist. Angeblicher Inhalt: Der US-Diplomat soll Karadzic Straffreiheit versprochen haben, wenn er sich aus dem öffentlichen Leben in Bosnien zurückzieht.
In zwei Wochen soll Karadzic sich zur Haager Anklage äußern. Man wird genau hinhören müssen.
Quellen:
Holbrooke soll auch mit Mladic geheime Abmachungen getroffen haben
(RIA Novosti, 04.08.2008)
Ex-Del-Ponte-Sprecherin: Karadzic-Festnahme von Westmächten blockiert
(Der Standard, 10.08.2008)
"CIA protected Karadžić"
(Radio B92, 10.08.2008)
Radovan Karadzic 'was protected by UK'
(Telegraph, 11.08.2008)
Karadzic will Holbrooke und Albright vorladen lassen
(net-tribune.de, 07.08.2008)
Holbrooke bestreitet Absprachen mit Karadzic
(diepresse.com, 01.08.2008)
Serbischer Militärnachrichtendienst verhandelt mit Mladic
(Südtirol Online, 13.08.2008)
Karadzic bekommt seinen Laptop zurück
(diepresse.com, 14.08.2008)
siehe auch:
Karadzic: Existiert ein Nicht-Auslieferungsvertrag?
(WCN, 22.07.2008)
Karadzic: Medien auf Entenjagd (WCN, 27.07.2008)
Karadzic: Geheimabsprache mit Holbrooke? (WCN, 31.07.2008)
Kosovo: Organhandelsvorwürfe bereits seit 2001 bekannt?
(WCN, 06.08.2008)

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