Untersuchung legt den drohenden Ethikverfall im Deutschen Gesundheitswesen bloss
Dr. Alexander von Paleske ---- 5.7.2015 ------ Mehrfach haben wir bereits über die katastrophalen Auswirkungen der bereits verabschiedeten bzw. geplanten Gesundheitsreformen berichtet, die sich zusammenfassen lassen als das „Primat der Kostensenkung“ über die Gesundheitsversorgung.
Im April hatte der Medizinethiker Prof. Maio in einem Vortrag auf dem Internistenkongress in Mannheim schwere Kritik an den sich jetzt entwickelnden Strukturen geäussert:
„Die Umgestaltung des Gesundheitswesens nach Prinzipien, die der Industrie entlehnt sind, ist ein Irrweg. Wer Patienten optimal versorgen soll, muss von medizinfremden Anreizsystemen und überbordenden Kontrollen verschont bleiben.“
Prof. Wehkamp legt nach
Nun legte der Bremer Medizinethiker Prof. Karl Heinz Wehkamp mit einer eigenen Untersuchung nach:
Aufgrund von zahlreichen Interviews mit Ärzten und Geschäftsführern verschiedener Krankenhäuser kommt Prof. Wehkamp zu folgenden Schlüssen, die er in einem Interview mit der Ärztezeitung benennt:
- Fast alle befragten Ärzte erleben den ökonomischen Druck seitens der Krankenhausverwaltungen als eine Bedrohung ihrer ethischen Grundsätze.
- Insbesondere der Druck zu Indikationsausweitungen für bestimmte lukrative Untersuchungen wie Herzkatheter, die nur unter strenger Indikationsstellung zu rechtfertigen sind, ebenso Operationen bzw. Eingriffe, die weniger oder gar nicht dem Wohl des Patienten, dafür umso mehr den Finanzen des Krankenhauses dienlich sind.
- Die Einschränkung von erforderlichen aber kostenintensiven Therapien 1. Wahl, stattdessen Ausweichen auf billigere Therapien 2. Und 3. Wahl.
- Völlig unzureichender Personalschlüssel. Ein Krankenhaus-Geschäftsführer sagte sogar, er würde das Personal so lange reduzieren, bis die übriggebliebenen „quietschen“, dann wisse er, dass er den Boden des absolut Zumutbaren erreicht habe.
Wozu das führt zeigte jüngst der Pflegestreik an der Charite in Berlin.
Die Folgen
Die vorhersehbaren Folgen sind:
- Frust am Arbeitsplatz
- Ständiger Stress
- Massive Einengung des Entscheidungsspielraums und der Entscheidungskompetenz zugunsten rein ökonomischer Überlegungen. Nicht wenige Ärzte bereuen deshalb mittlerweile, Medizin studiert zu haben.
Diese Entwicklungen sind begleitet von einer Gleichgültigkeit der verantwortlichen Politiker gegenüber diesen Zuständen. In der Politik haben vor allem die Gesundheitsökonomen das Sagen.
Entscheidungsträger ohne Sachkompetenz
Gesundheitsminister wie die Sozialdemokratin Ulla Schmidt, von Beruf Lehrerin war niemals selbst dem Arbeitsablauf eines Krankenhauses ausgesetzt,
Sie zeichnet verantwortlich als damalige Dienstwagenaffäre- Gesundheitsministerin für die Einführung der Fallpauschale, die als das Grundübel für die jetzigen Zustände angesehen werden muss.
Bejubelt von Gesundheitsökonomen, und hart angegriffen von den praktizierenden Ärzten, treibt diese Fallpauschale die bürgernahem Krankenhäuser der Grund-und Regelversorgung ins Defizit, führt zu einer massiven Verschlechterung der Behandlung multimorbider älterer und alter Patienten, und treibt andererseits die Zahl bestimmter, oftmals überflüssiger, Eingriffe in die Höhe, wir berichteten mehrfach darüber.
Festhalten an der Fehlentwicklung
Die Koalitionsparteien halten an diesen Fehlentwicklungen fest. Die Oppositionspartei Die Grünen hat keinerlei überzeugende Konzepte, diese Fehlentwicklung zu korrigieren. Nach deren Vorstellungen sollen auch noch die Krankenkassen den Investitionsrückstau der Krankenhäuser mit beseitigen, m.a.W. die Versicherten sollen die Krankenhäuser mitfinanzieren, und nicht nur die Behandlung der Patienten. Eine Aufgabe, die mit den Krankenkassen nichts, aber auch gar nichts zu tun hat, sondern klar in den Aufgabenbereich der öffentlichen Daseinsvorsorge fällt, und deshalb aus den öffentlichen Haushalten finanziert werden muss.
So besteht wenig Aussicht auf eine Korrektur dieser katastrophalen Fehlentwicklungen.
Die Folgen sind nicht nur frustrierte Ärzte, schlecht behandelte Patienten, sondern auch ein sich entwickelndes tiefes Misstrauen seitens der Patienten, wem die Entscheidungen der Ärzte letztlich dienen: der Kasse des Krankenhauses - oder seinem Wohl.
Gute Nacht Deutschland kann man dazu nur noch sagen.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe erläutert seinen Gesundheitsfahrplan für Deutschland: „Weniger ist mehr“
Kürzen und Schliessen – das Programm der Gross(artig)en Koalition im Gesundheitswesen
Deutscher Ärztetag, die Bundesregierung, und das Versagen der Antibiotika
Siehe auch die informativen ZEIT-Artikel:
Klappe halten und wegsehen ZEIT vom 20.9. 2012 S. 32
Das Ende der Schweigepflicht ZEIT vom 15.5. 2012
Zu Ulla Schmidt
Ministerin Ulla Schmidt: Nie wieder unter Hartz IV- Bedingungen leben
SPD-Ulla Schmidt schreibt an SPD-Hoffnungsträger Peer Steinbrück
Im April hatte der Medizinethiker Prof. Maio in einem Vortrag auf dem Internistenkongress in Mannheim schwere Kritik an den sich jetzt entwickelnden Strukturen geäussert:
„Die Umgestaltung des Gesundheitswesens nach Prinzipien, die der Industrie entlehnt sind, ist ein Irrweg. Wer Patienten optimal versorgen soll, muss von medizinfremden Anreizsystemen und überbordenden Kontrollen verschont bleiben.“
Prof. Wehkamp legt nach
Nun legte der Bremer Medizinethiker Prof. Karl Heinz Wehkamp mit einer eigenen Untersuchung nach:
Aufgrund von zahlreichen Interviews mit Ärzten und Geschäftsführern verschiedener Krankenhäuser kommt Prof. Wehkamp zu folgenden Schlüssen, die er in einem Interview mit der Ärztezeitung benennt:
- Fast alle befragten Ärzte erleben den ökonomischen Druck seitens der Krankenhausverwaltungen als eine Bedrohung ihrer ethischen Grundsätze.
- Insbesondere der Druck zu Indikationsausweitungen für bestimmte lukrative Untersuchungen wie Herzkatheter, die nur unter strenger Indikationsstellung zu rechtfertigen sind, ebenso Operationen bzw. Eingriffe, die weniger oder gar nicht dem Wohl des Patienten, dafür umso mehr den Finanzen des Krankenhauses dienlich sind.
- Die Einschränkung von erforderlichen aber kostenintensiven Therapien 1. Wahl, stattdessen Ausweichen auf billigere Therapien 2. Und 3. Wahl.
- Völlig unzureichender Personalschlüssel. Ein Krankenhaus-Geschäftsführer sagte sogar, er würde das Personal so lange reduzieren, bis die übriggebliebenen „quietschen“, dann wisse er, dass er den Boden des absolut Zumutbaren erreicht habe.
Wozu das führt zeigte jüngst der Pflegestreik an der Charite in Berlin.
Die Folgen
Die vorhersehbaren Folgen sind:
- Frust am Arbeitsplatz
- Ständiger Stress
- Massive Einengung des Entscheidungsspielraums und der Entscheidungskompetenz zugunsten rein ökonomischer Überlegungen. Nicht wenige Ärzte bereuen deshalb mittlerweile, Medizin studiert zu haben.
Diese Entwicklungen sind begleitet von einer Gleichgültigkeit der verantwortlichen Politiker gegenüber diesen Zuständen. In der Politik haben vor allem die Gesundheitsökonomen das Sagen.
Entscheidungsträger ohne Sachkompetenz
Gesundheitsminister wie die Sozialdemokratin Ulla Schmidt, von Beruf Lehrerin war niemals selbst dem Arbeitsablauf eines Krankenhauses ausgesetzt,
Sie zeichnet verantwortlich als damalige Dienstwagenaffäre- Gesundheitsministerin für die Einführung der Fallpauschale, die als das Grundübel für die jetzigen Zustände angesehen werden muss.
Bejubelt von Gesundheitsökonomen, und hart angegriffen von den praktizierenden Ärzten, treibt diese Fallpauschale die bürgernahem Krankenhäuser der Grund-und Regelversorgung ins Defizit, führt zu einer massiven Verschlechterung der Behandlung multimorbider älterer und alter Patienten, und treibt andererseits die Zahl bestimmter, oftmals überflüssiger, Eingriffe in die Höhe, wir berichteten mehrfach darüber.
Festhalten an der Fehlentwicklung
Die Koalitionsparteien halten an diesen Fehlentwicklungen fest. Die Oppositionspartei Die Grünen hat keinerlei überzeugende Konzepte, diese Fehlentwicklung zu korrigieren. Nach deren Vorstellungen sollen auch noch die Krankenkassen den Investitionsrückstau der Krankenhäuser mit beseitigen, m.a.W. die Versicherten sollen die Krankenhäuser mitfinanzieren, und nicht nur die Behandlung der Patienten. Eine Aufgabe, die mit den Krankenkassen nichts, aber auch gar nichts zu tun hat, sondern klar in den Aufgabenbereich der öffentlichen Daseinsvorsorge fällt, und deshalb aus den öffentlichen Haushalten finanziert werden muss.
So besteht wenig Aussicht auf eine Korrektur dieser katastrophalen Fehlentwicklungen.
Die Folgen sind nicht nur frustrierte Ärzte, schlecht behandelte Patienten, sondern auch ein sich entwickelndes tiefes Misstrauen seitens der Patienten, wem die Entscheidungen der Ärzte letztlich dienen: der Kasse des Krankenhauses - oder seinem Wohl.
Gute Nacht Deutschland kann man dazu nur noch sagen.
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Kürzen und Schliessen – das Programm der Gross(artig)en Koalition im Gesundheitswesen
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Siehe auch die informativen ZEIT-Artikel:
Klappe halten und wegsehen ZEIT vom 20.9. 2012 S. 32
Das Ende der Schweigepflicht ZEIT vom 15.5. 2012
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onlinedienst - 5. Jul, 18:35 Article 4359x read