Geheimdienstsprecher wehrt sich
Stefan von Bergen / Berner Zeitung - Nein, er sei nicht das Leck der CIA-Fax-Affäre, dementiert Geheimdienstsprecher Roman Weissen gegenüber dieser Zeitung einen Medienbericht. Wer hat ein Interesse, Weissen blosszustellen? Gar die Militärjustiz selber?
Geheimdienst-Zentrale «Pentagon» in Bern: Unter anderem hier sucht die Militärjustiz nach dem Leck in der Fax-Affäre.
Eigentlich kann Roman Weissen nichts sagen. Obwohl er Pressesprecher ist. Allerdings von einer verschwiegenen Behörde: des geheim operierenden Strategischen Nachrichtendienstes SND. Deshalb muss Weissen oft stumm bleiben. Auch wenn der 59-jährige Walliser, früher Gemeindepräsident und CVP-Politiker, ein leutseliger Mensch ist.
Auf Anfrage dieser Zeitung aber spricht er. Und dementiert entschieden, dass er das Leck in der so genannten «CIA-Fax-Affäre» sei: «Persönlich habe ich mit der Weitergabe des Faxes nichts zu tun», beteuert er und kündigt an: «Für den Fall von entsprechenden Unterstellungen, Rufschädigungen und Verletzungen meiner Ehre behalte ich mir alle notwendigen Schritte vor.»
Infochef am Pranger
Am 13. August hatte die «Sonntagszeitung» Weissen namentlich an den Pranger gestellt. Ohne Quellenangabe schrieb sie, die Militärjustiz glaube im SND-Infochef den Verantwortlichen in der CIA-Fax-Affäre gefunden zu haben. Im Herbst könnte es schon zur Anklage kommen. Weissen sei Ende Mai eine Woche in Untersuchungshaft genommen worden. Im Dezember 2005 habe er im Berner Restaurant Lorenzini in der Sache einen Mittelsmann getroffen.
Im Januar publizierte der «Sonntagsblick» einen abgefangenen geheimen Fax des ägyptischen Aussenministeriums, der angeblich die Existenz illegaler CIA-Gefängnisse in Europa belege. Nun laufen zwei Verfahren der Militärjustiz: gegen «Blick»-und gegen das Leck im VBS.
Vorverurteilung?
Dass der unbescholtene Weissen dieses Leck sein sollte, verwunderte allenthalben. Der «Sonntagsblick», allerdings selber Partei, dementierte umgehend. Anfang Juni - nur kurz nach der angeblichen Untersuchungshaft - sass Weissen mit am Tisch, als diese Zeitung mit Geheimdienst-Chef Hans Wegmüller unter anderem über die Fax-Affäre sprach. Hätte der Chef seinen vorveruteilten Sprecher mithören lassen, wenn er ihn als Hauptverdächtigen gesehen hätte? Wegmüller verneinte im Gespräch Fehler seiner Behörde und nannte die Fax-Affäre gemessen an der deutschen Bespitzelungsaffäre «idyllisch».
Weissen will nicht bestätigen, ob er in Untersuchungshaft war. Er äussere sich auch nicht zur «undifferenzierten und suggestiven Darstellung der Vorgänge» in der Sonntagszeitung. Was er bestätigt: Er und andere Personen seien vom militärischen Untersuchungsrichter befragt worden und würden wohl noch zusätzlich befragt. Der SND habe ein Interesse, dass die Sache aufgeklärt werde, sein Dienst habe aber über die laufende Untersuchung keine Auskunft geben. «Die Infolecks zum Verfahren sind anderswo zu suchen.» Wo? Weissen macht eine Anspielung: «Es wäre bedenklich, wenn die Militärjustiz Medien mit Informationen bedient hätte, die den Regeln des Verfahrens widersprechen.»
Wie einst bei Jeanmaire?
Von fern erinnert die Geschichte an den Fall des angeblichen Jahrhundertspions Jean-Louis Jeanmaire. In seinem aktuellen Buch zum Fall legt Autor Jürg Schoch nahe, dass der 1976 verurteilte Brigadier der Sowjetunion eher harmlose Geheimnisse ausgeplaudert hatte und von Politik und Medien dem überhitzten Klima des Kalten Kriegs geopfert wurde.
Will auch jetzt die Militärjustiz möglichst schnell einen Untersuchungserfolg vorweisen und schiebt deshalb den SND-Infochef an der heiklen Schaltstelle zwischen Geheimdienst und Öffentlichkeit vor? «Nein, es gibt überhaupt keinen politischen Druck wie ihn damals Bundesrat Furgler im Fall Jeanmaire ausgeübt hat», verneint Martin Immenhauser, Informationschef der Militärjustiz auf Anfrage. Er erklärt vehement, dass die Militärjustiz Weissens Name nicht publik gemacht habe. Die Journalistin der «Sonntagszeitung» habe ihm schriftlich bestätigt, ihre Quelle sei nicht in der Militärjustiz zu suchen. Immenhauser erklärt, das Leck könne an verschiedenen Orten sein. Und ob im Herbst Anklage erhoben werde, das entscheide der Auditor - der Staatsanwalt - des Militärgerichts.
Dann fügt Immenhauser doch noch etwas Überraschendes an: «Wir wissen, wer den Namen herausgab und Herr Weissen weiss es auch.» Wer denn? Das sagt er nicht, zu einer Voruntersuchung äussere er sich nicht. Was läuft denn da für ein Spiel? Ein böses, sagt Immenhauser. Es gebe Personen, die ein Interesse daran hätten, dass die Militärjustiz «in einem schlechten Licht» dastehe und die dafür die Medien instrumentalisierten.
Was weiss Weissen?
Weiss Weissen wirklich, wer ihn anschwärzen will?
«Widerspruch! Da weiss der Sprecher der Militärjustiz wieder einmal mehr als alle anderen», erklärt Weissen. Es stimme ihn nachdenklich, wenn ein Mensch öffentlich vorverurteilt und regelrecht «hingerichtet» werde. So würden Ehre, Ruf und Ansehen «sträflich verletzt».
Dem eigenartigen Krimi um einen Fax, der heute als harmlos gilt, fehlt der klärende Schluss. Vielleicht muss dafür noch die Politik mitschreiben.
Die Publikation erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors
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Infochef am Pranger
Am 13. August hatte die «Sonntagszeitung» Weissen namentlich an den Pranger gestellt. Ohne Quellenangabe schrieb sie, die Militärjustiz glaube im SND-Infochef den Verantwortlichen in der CIA-Fax-Affäre gefunden zu haben. Im Herbst könnte es schon zur Anklage kommen. Weissen sei Ende Mai eine Woche in Untersuchungshaft genommen worden. Im Dezember 2005 habe er im Berner Restaurant Lorenzini in der Sache einen Mittelsmann getroffen.
Im Januar publizierte der «Sonntagsblick» einen abgefangenen geheimen Fax des ägyptischen Aussenministeriums, der angeblich die Existenz illegaler CIA-Gefängnisse in Europa belege. Nun laufen zwei Verfahren der Militärjustiz: gegen «Blick»-und gegen das Leck im VBS.
Vorverurteilung?
Dass der unbescholtene Weissen dieses Leck sein sollte, verwunderte allenthalben. Der «Sonntagsblick», allerdings selber Partei, dementierte umgehend. Anfang Juni - nur kurz nach der angeblichen Untersuchungshaft - sass Weissen mit am Tisch, als diese Zeitung mit Geheimdienst-Chef Hans Wegmüller unter anderem über die Fax-Affäre sprach. Hätte der Chef seinen vorveruteilten Sprecher mithören lassen, wenn er ihn als Hauptverdächtigen gesehen hätte? Wegmüller verneinte im Gespräch Fehler seiner Behörde und nannte die Fax-Affäre gemessen an der deutschen Bespitzelungsaffäre «idyllisch».
Weissen will nicht bestätigen, ob er in Untersuchungshaft war. Er äussere sich auch nicht zur «undifferenzierten und suggestiven Darstellung der Vorgänge» in der Sonntagszeitung. Was er bestätigt: Er und andere Personen seien vom militärischen Untersuchungsrichter befragt worden und würden wohl noch zusätzlich befragt. Der SND habe ein Interesse, dass die Sache aufgeklärt werde, sein Dienst habe aber über die laufende Untersuchung keine Auskunft geben. «Die Infolecks zum Verfahren sind anderswo zu suchen.» Wo? Weissen macht eine Anspielung: «Es wäre bedenklich, wenn die Militärjustiz Medien mit Informationen bedient hätte, die den Regeln des Verfahrens widersprechen.»
Wie einst bei Jeanmaire?
Von fern erinnert die Geschichte an den Fall des angeblichen Jahrhundertspions Jean-Louis Jeanmaire. In seinem aktuellen Buch zum Fall legt Autor Jürg Schoch nahe, dass der 1976 verurteilte Brigadier der Sowjetunion eher harmlose Geheimnisse ausgeplaudert hatte und von Politik und Medien dem überhitzten Klima des Kalten Kriegs geopfert wurde.
Will auch jetzt die Militärjustiz möglichst schnell einen Untersuchungserfolg vorweisen und schiebt deshalb den SND-Infochef an der heiklen Schaltstelle zwischen Geheimdienst und Öffentlichkeit vor? «Nein, es gibt überhaupt keinen politischen Druck wie ihn damals Bundesrat Furgler im Fall Jeanmaire ausgeübt hat», verneint Martin Immenhauser, Informationschef der Militärjustiz auf Anfrage. Er erklärt vehement, dass die Militärjustiz Weissens Name nicht publik gemacht habe. Die Journalistin der «Sonntagszeitung» habe ihm schriftlich bestätigt, ihre Quelle sei nicht in der Militärjustiz zu suchen. Immenhauser erklärt, das Leck könne an verschiedenen Orten sein. Und ob im Herbst Anklage erhoben werde, das entscheide der Auditor - der Staatsanwalt - des Militärgerichts.
Dann fügt Immenhauser doch noch etwas Überraschendes an: «Wir wissen, wer den Namen herausgab und Herr Weissen weiss es auch.» Wer denn? Das sagt er nicht, zu einer Voruntersuchung äussere er sich nicht. Was läuft denn da für ein Spiel? Ein böses, sagt Immenhauser. Es gebe Personen, die ein Interesse daran hätten, dass die Militärjustiz «in einem schlechten Licht» dastehe und die dafür die Medien instrumentalisierten.
Was weiss Weissen?
Weiss Weissen wirklich, wer ihn anschwärzen will?
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sfux - 25. Aug, 08:13 Article 3012x read