Druck auf CIA-Entführer und deren Unterstützer wächst
Helmut Küfner - Neue Erkenntnisse über das Entführungsprogramm der CIA und die durch Ermittler geplante Veröffentlichung mehrerer tausend Flugdaten des US-Geheimdienstes im Internet nähren die Hoffnung, dass es langsam eng werden könnte für die Kidnapper und deren europäischen Unterstützer. Hier eine kurze Zusammenfassung über den aktuellen Stand:
Der Journalist Stephen Grey hat mit seinem Buch "Das Schattenreich der CIA" ein breites Medieninteresse ausgelöst. Dank seiner hervorragenden Recherchen kommen immer mehr Einzelheiten über die Entführungspraktiken, die Täter, die Opfer und die Folterkerker ans Tageslicht. Auch können jetzt zur Beweisführung weitere diverse Entführungen anhand der Flugdaten ganz bestimmten Flugzeugen zugeordnet werden, insbesondere der N379P. (Liste demnächst hier bei WCN)
Sowohl der Sonderermittler der EU, Dick Marty, als auch Grey wollen in Kürze jeweils Tausende von Flugdaten, die der CIA zugerechnet werden, im Internet zur Verfügung stellen. Durch die Veröffentlichung soll unter anderem auch Druck auf die europäischen Regierungen ausgeübt werden, mögliche Verwicklungen in das Entführungsprogramm einzuräumen.
Portugal hat bereits eingestanden, von CIA-Flügen über seinem Hoheitsgebiet gewusst und ausdrücklich erlaubt zu haben. Darüber hinaus weist eine vom Parlament in Auftrag gegebene Untersuchung über Flugdaten der CIA einen besonders prekären Fall für Deutschland aus: Am 17.07. 2004 um 15:18 Uhr hob eine Gulfstream mit der Registriernummer N982RK (Richmor Aviation) auf den Azoren ab, die erst wenige Stunden zuvor aus Guantanamo gekommen war. Flugziel war die Frankenmetropole Nürnberg, nach einer kurzen Zwischenlandung ging es von dort um 19:58 Uhr weiter nach Duschanbe in Tadschikistan. Der Rückflug erfolgte einen Tag später wiederum über Nürnberg. Die Flugdaten dieser Maschine sind bisher nicht gänzlich untersucht worden. War es nur ein Gefangenenflug von vielen, in die deutsche Flughäfen verwickelt waren?
In Italien wird in Kürze Anklage gegen 26 mutmaßliche CIA-Entführer (Fall Abu Omar) erhoben, auch im italienischen Militär-Geheimdienst gibt es weitreichende Ermittlungen wegen des Verdachts auf Beihilfe. Mit der Auslieferung der durch Haftbefehl gesuchten Agenten durch die USA dürfte vorerst jedoch nicht zu rechnen sein und der Chef der Gruppe, Bob Lady, soll in Mittelamerika untergetaucht sein.
In der Schweiz läuft zur Zeit eine spektakuläre Enthüllungsgeschichte über einen CIA-Agenten in der Schweizer US-Botschaft, der u.a. versucht hatte, mit Hilfe von Informanten die dortige Gewerkschaft Syna auszuspähen. Die Zeitung "Blick" veröffentlichte soeben die gesamte Vita des Agenten sowie seinen eMail-Verkehr mit angeworbenen Spitzeln im Internet. Es halten sich hartnäckig Spekulationen, er könnte auch die Entführung von Abu Omar koordiniert haben, da er just zu diesem Zeitpunkt seinen Posten in der Botschaft antrat und es den Anschein hat, als wären die Entführer über die Schweiz eingereist (Flug N500GV am 12.02.2003 nach Sitten/Sion) und von dort aus nach Mailand weitergefahren.
Gleich mehrere auffällig gewordene CIA-Flugzeuge haben in den letzten Wochen ihren Besitzer gewechselt:
Das von Grey ausführlich beschriebene "Folter-Taxi", die ehemalige N313P / N4476S, die unter anderen den Deutschen Khaled al-Masri entführte, wurde umregistriert auf N720MM und fliegt jetzt überraschenderweise für den Multimilliardär Kirk Kerkorian aus Las Vegas, sie wurde von einer seiner vielen Firmen, die MGM Mirage Aircraft Holdings LLC vom CIA-Geisterunternehmen Keeler & Tate Management erworben. (Näheres dazu hier in Kürze)
Auch eine andere Berühmtheit, der "Guantanamo Bay Express", die ehemalige N379P, jetzt N126CH, ist inzwischen in anderen Händen. Der Milliardär Bruce Menin von Crescent Heights hat sie an die "Treuhandgesellschaft" Wilmington Trust weitergereicht. Die Maschine ist inzwischen in Sydney, Australien abgetaucht.
Die N129QS, in England verdächtigt, wechselte von Netjets zu Wells Fargo Bank Sie ist mittlerweile ebenso wie die ex-N313P auf der Lackland Airbase (bei San Antonio, Texas) geparkt, wo auch die "Air Intelligence Agency" (AIA) zu Hause ist. Auch andere Maschinen mit viel Europaverkehr haben dort Zuflucht gefunden, u.a. die N127QS (NetJets / Executive Air), N737ER (Boetti Air), N544PA (Phoenix), N772BC (NetJets Large), N836BA (Wells Fargo Bank, ex-N156QS), N727GP (Malibu Consulting) Was die wohl vorhaben ?
Die N259SK, besser bekannt als das Entführungsflugzeug des Syrers Maher Arar (ex-N829MG, Mark Gordon, Presidential Aviation), hat sich vor kurzem erdreistet, genauer gesagt am 19.10.06, auf dem Flughafen von Karlsruhe/Baden-Baden zu landen. Am 30.10 kehrt sie über Shannon in die USA zurück. Was sie dazwischen angestellt hat, ist noch nicht ermittelt. Der aktuelle Besitzer, Stuart Lasher, hatte schon im Sommer nichts zu lachen, als er von den Medien in die Zange genommen wurde, weil er auch einen Kandidaten für die Gouverneurswahlen in Florida mit dieser Maschine spazieren geflogen hatte. Lashers Antwort: Er habe von der CIA-Vergangenheit dieses Flugzeugs nichts gewusst. (Schaun wir mal - mehr über den Millionärsklüngel und Politiker und ihre Verwicklung in Renditions und Koks demnächst hier)..
Die ansonsten so seriöse Firma Jeppesen Dataplan, die u.a. Karten und Software für die Flugnavigation vertreibt und weltweit Büros unterhält, soll nach einem Bericht des Magazins "New Yorker" das "Reisebüro der CIA" gewesen sein, wo Entführungen geplant und koordiniert worden sein sollen. Einer ihrer Firmensitze, von dem aus die Aktionen gesteuert wurden, liegt - aha - wiederum in San Antonio, Texas (siehe Lackland AFB). Und darüber hinaus ist die Firma Jeppesen laut Eurocontrol UK auch selbst unterwegs gewesen, als kurzzeitiger Operator der Maschinen N4476S (ex-N313P, siehe Kerkorian), N168D, N187D (Devon Holding), N4456A (Aviation Specialties).
Auch bei der CIA-Frontfirma Aero Contractors scheint die Tür jetzt einen Spalt weit aufzugehen. Wie bekannt, liefen unter deren Verbund die Flugzeuge der Firmen Premier Aircraft Management (N313P, N39P), Aviation Specialties (N157A, N299AL, N312ME, N4456A, N4466A, N4476S, N4489A, N5139A, N5155A, N58AS, N6161Q und andere), Stevens Express Leasing (N173S, N4009L, N4042J, N845S) und Devon Holding (N168D, N187D, N196D, N219D).
Wie die Flugzeuge innerhalb der Firmen weitergereicht wurden, zeigt folgendes Beispiel aus der Registrierungshistorie der Twin Otter N6161Q, ein Flugzeug, das sich sowohl in Camp Peary, als auch in Mittel- und Osteuropa herumgetrieben hat:
N391AC Aero Contractors 1979
N6292Q Devon Holding 1996
N237JR Devon Holding 1998
N6151C Courtland Air Services 05/2001
N6161Q Aviation Specialties Inc. 07/2001
Kann denn Zufall Sünde sein? "Aerocontractors" heißt auch eine äußerst seriöse Airline in Nigeria. Na ja, mag man denken, eben eine zufällige Namensähnlichkeit in dieser Sparte. Aber Flugzeug-Recherchen über Eigentümer anhand der fortlaufenden Seriennummern des Herstellers der DeHavilland und deren Auslieferungszeitpunkt machen dann doch stutzig, die Wahrscheinlichkeit, dass die Bestellungen vom selben Konto ausgegangen sind, ist groß:
c/n 633 N391AC Aero Contractors 05.10.79
c/n 634 5N-AVG Aerocontractors 11.79
Quelle: Planemad
Bleibt die staunende Frage, wer war wohl zuerst da - die Henne oder das Ei? War die von US-Managern dominierte nigerianische Fluglinie, die bereits seit 1959 aktiv ist, eine frühe Auslandszentrale der CIA oder haben sich deren Besitzer Ende der siebziger Jahre mit Jim Rhyne, dem Gründer der US-Aero und ehemaligen Piloten der "Air America" zusammengetan und sich anschließend für Spezialaufgaben angeboten?
Der Vollständigkeit halber seien noch die Tarnnamen der Entführungscrew von Khaled al-Masri aufgeführt, die im Sold der US-Aero Contractors unterwegs gewesen waren. Die Liste stammt von "El Pais", die sie von spanischen Behörden erhalten hat, die wiederum auf die exzellenten Recherchen von Stephen Grey zurückgehen:
Bird, Kirk James
Bryson, Charles Goldman
Deckard, John Richard
Fain, Eric Matthew (Pilot)
Fairing, James
Franklin, Jason
Grady, Michael
Greesbore, Walter Richard
Loren, Hector
Lumsden II, Lyle Edgar
O'Hale, James
O'Riley, Patricia
Payne, Jane
Auch die Klarnamen und Anschriften der Entführer sind in der Obhut der Behörden, und es sieht so aus, als ob es angeichts der Beweislast auch in Deutschland für eine Anklage reichen dürfte.
Umgekehrt müssen sich deutsche Regierungsstellen und Behörden auf weitere Enthüllungen gefasst machen. Spätestens seit der Verdacht aufkam, dass es auch in Deutschland illegale Geheimgefängnissse, sog. "Black Sites" existierten, verfällt man dort in eisiges Schweigen und zieht nur noch den Kopf ein. Zuviele neue Vorwürfe sind in den letzten Wochen auf sie eingeprasselt:
Deutsche Behörden haben wohl doch Informationen über Khaled al-Masri an die CIA weitergegeben, berichtete "Der Spiegel". Der Bundesnachrichtendienst (BND) habe inzwischen eingeräumt, zumindest Informationen über das «Multikulturhaus», in dem El Masri regelmässig als Gast verkehrte, mit dem US-Geheimdienst CIA ausgetauscht zu haben. Der Islamisten-Treffpunkt sei Gegenstand von Besprechungen im Pariser Geheimdienstzentrum «Base Alliance» gewesen, in dem BND und CIA zusammenarbeiten.
Murat Kurnaz wurde seinen Aussagen nach von KSK- Soldaten misshandelt: "... Sie trugen die deutsche Flagge am Ärmel. Ich musste mich hinlegen, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Der eine zog mich an den Haaren hoch. Weisst Du, wer wir sind?' Der wollte angeben. 'Wir sind die deutsche Kraft.' Er hat jedenfalls meinen Kopf auf den Boden geschlagen, und die Amerikaner fanden das lustig. ..." Zuerst wurde alles abgestritten, dann doch bestätigt, dass es im Januar 2002 in Afghanistan Kontakte zwischen Bundeswehrsoldaten und Kurnaz gegeben habe. Es sollen nur «verbale, nicht körperliche Kontakte» gewesen sein. Schwer zu glauben, wenn es vorher hieß, dass es überhaupt kein Aufeinandertreffen gab.
Dann der "Stern"-Bericht, BND und BKA wussten bereits seit Herbst 2001 dass die USA in Europa Gefängnisse für Terrorverdächtige unterhielt und dass jene dort auch misshandelt worden seien. Er bezog sich auf einen Besuch von Behördenvertretern auf der US-amerikanischen «Eagle Base» in Tuzla Sie beobachteten, wie ein etwa 70-jähriger Deutsch-Ägypter so schwer geschlagen worden sei, «dass die bei der Verhaftung mit Gewehrkolben zugefügte Kopfwunde 20 Stiche benötigte». Der BND und das Kanzleramt soll die vorangegangene Entführung von Abdel-Halim K. durch maskierte Männer aus einem Hotel in Sarajevo vertuscht haben.
Die Familie des Mannes habe nach seinem plötzlichen Verschwinden, das ihr von einer Hotelangestellten übermittelt wurde ("Überall im Zimmer war Blut") die Behörden informiert, und bei der deutschen Botschaft in Sarajevo nachgefragt, jedoch keine Auskuft erhalten. Der BKA-Beamte wiederum soll unmittelbar nach seiner Rückkehr einen Bericht für die Nachrichtendienst-Lage im Kanzleramt geschrieben haben, so das ARD-Magazin "Kontraste". Einer der beteiligten Beamten vermerkte nach dem Besuch in Tuzla: "Für das, was die Amerikaner dort machten, würden vor dem Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag Prozesse geführt."
Es gibt also noch jede Menge aufzuarbeiten. Bereits jetzt schon ließe sich ein dickes Buch mit diesen unerhörten Vorgängen füllen, die in jeder verantwortungsbewussten Demokratie schon längst zu Rücktritten von Mitwissern und Beteiligten hätte führen müssen. So werden vermutlich wohl die Gerichte das letzte Wort haben, hier geht es schliesslich um unterlassene Hilfeleistung und womöglich auch um Beihilfe zu schwerer Körperverletzung.
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Der Journalist Stephen Grey hat mit seinem Buch "Das Schattenreich der CIA" ein breites Medieninteresse ausgelöst. Dank seiner hervorragenden Recherchen kommen immer mehr Einzelheiten über die Entführungspraktiken, die Täter, die Opfer und die Folterkerker ans Tageslicht. Auch können jetzt zur Beweisführung weitere diverse Entführungen anhand der Flugdaten ganz bestimmten Flugzeugen zugeordnet werden, insbesondere der N379P. (Liste demnächst hier bei WCN)
Sowohl der Sonderermittler der EU, Dick Marty, als auch Grey wollen in Kürze jeweils Tausende von Flugdaten, die der CIA zugerechnet werden, im Internet zur Verfügung stellen. Durch die Veröffentlichung soll unter anderem auch Druck auf die europäischen Regierungen ausgeübt werden, mögliche Verwicklungen in das Entführungsprogramm einzuräumen.
Portugal hat bereits eingestanden, von CIA-Flügen über seinem Hoheitsgebiet gewusst und ausdrücklich erlaubt zu haben. Darüber hinaus weist eine vom Parlament in Auftrag gegebene Untersuchung über Flugdaten der CIA einen besonders prekären Fall für Deutschland aus: Am 17.07. 2004 um 15:18 Uhr hob eine Gulfstream mit der Registriernummer N982RK (Richmor Aviation) auf den Azoren ab, die erst wenige Stunden zuvor aus Guantanamo gekommen war. Flugziel war die Frankenmetropole Nürnberg, nach einer kurzen Zwischenlandung ging es von dort um 19:58 Uhr weiter nach Duschanbe in Tadschikistan. Der Rückflug erfolgte einen Tag später wiederum über Nürnberg. Die Flugdaten dieser Maschine sind bisher nicht gänzlich untersucht worden. War es nur ein Gefangenenflug von vielen, in die deutsche Flughäfen verwickelt waren?
In Italien wird in Kürze Anklage gegen 26 mutmaßliche CIA-Entführer (Fall Abu Omar) erhoben, auch im italienischen Militär-Geheimdienst gibt es weitreichende Ermittlungen wegen des Verdachts auf Beihilfe. Mit der Auslieferung der durch Haftbefehl gesuchten Agenten durch die USA dürfte vorerst jedoch nicht zu rechnen sein und der Chef der Gruppe, Bob Lady, soll in Mittelamerika untergetaucht sein.
In der Schweiz läuft zur Zeit eine spektakuläre Enthüllungsgeschichte über einen CIA-Agenten in der Schweizer US-Botschaft, der u.a. versucht hatte, mit Hilfe von Informanten die dortige Gewerkschaft Syna auszuspähen. Die Zeitung "Blick" veröffentlichte soeben die gesamte Vita des Agenten sowie seinen eMail-Verkehr mit angeworbenen Spitzeln im Internet. Es halten sich hartnäckig Spekulationen, er könnte auch die Entführung von Abu Omar koordiniert haben, da er just zu diesem Zeitpunkt seinen Posten in der Botschaft antrat und es den Anschein hat, als wären die Entführer über die Schweiz eingereist (Flug N500GV am 12.02.2003 nach Sitten/Sion) und von dort aus nach Mailand weitergefahren.
Gleich mehrere auffällig gewordene CIA-Flugzeuge haben in den letzten Wochen ihren Besitzer gewechselt:
Das von Grey ausführlich beschriebene "Folter-Taxi", die ehemalige N313P / N4476S, die unter anderen den Deutschen Khaled al-Masri entführte, wurde umregistriert auf N720MM und fliegt jetzt überraschenderweise für den Multimilliardär Kirk Kerkorian aus Las Vegas, sie wurde von einer seiner vielen Firmen, die MGM Mirage Aircraft Holdings LLC vom CIA-Geisterunternehmen Keeler & Tate Management erworben. (Näheres dazu hier in Kürze)
Auch eine andere Berühmtheit, der "Guantanamo Bay Express", die ehemalige N379P, jetzt N126CH, ist inzwischen in anderen Händen. Der Milliardär Bruce Menin von Crescent Heights hat sie an die "Treuhandgesellschaft" Wilmington Trust weitergereicht. Die Maschine ist inzwischen in Sydney, Australien abgetaucht.
Die N129QS, in England verdächtigt, wechselte von Netjets zu Wells Fargo Bank Sie ist mittlerweile ebenso wie die ex-N313P auf der Lackland Airbase (bei San Antonio, Texas) geparkt, wo auch die "Air Intelligence Agency" (AIA) zu Hause ist. Auch andere Maschinen mit viel Europaverkehr haben dort Zuflucht gefunden, u.a. die N127QS (NetJets / Executive Air), N737ER (Boetti Air), N544PA (Phoenix), N772BC (NetJets Large), N836BA (Wells Fargo Bank, ex-N156QS), N727GP (Malibu Consulting) Was die wohl vorhaben ?
Die N259SK, besser bekannt als das Entführungsflugzeug des Syrers Maher Arar (ex-N829MG, Mark Gordon, Presidential Aviation), hat sich vor kurzem erdreistet, genauer gesagt am 19.10.06, auf dem Flughafen von Karlsruhe/Baden-Baden zu landen. Am 30.10 kehrt sie über Shannon in die USA zurück. Was sie dazwischen angestellt hat, ist noch nicht ermittelt. Der aktuelle Besitzer, Stuart Lasher, hatte schon im Sommer nichts zu lachen, als er von den Medien in die Zange genommen wurde, weil er auch einen Kandidaten für die Gouverneurswahlen in Florida mit dieser Maschine spazieren geflogen hatte. Lashers Antwort: Er habe von der CIA-Vergangenheit dieses Flugzeugs nichts gewusst. (Schaun wir mal - mehr über den Millionärsklüngel und Politiker und ihre Verwicklung in Renditions und Koks demnächst hier)..
Die ansonsten so seriöse Firma Jeppesen Dataplan, die u.a. Karten und Software für die Flugnavigation vertreibt und weltweit Büros unterhält, soll nach einem Bericht des Magazins "New Yorker" das "Reisebüro der CIA" gewesen sein, wo Entführungen geplant und koordiniert worden sein sollen. Einer ihrer Firmensitze, von dem aus die Aktionen gesteuert wurden, liegt - aha - wiederum in San Antonio, Texas (siehe Lackland AFB). Und darüber hinaus ist die Firma Jeppesen laut Eurocontrol UK auch selbst unterwegs gewesen, als kurzzeitiger Operator der Maschinen N4476S (ex-N313P, siehe Kerkorian), N168D, N187D (Devon Holding), N4456A (Aviation Specialties).
Auch bei der CIA-Frontfirma Aero Contractors scheint die Tür jetzt einen Spalt weit aufzugehen. Wie bekannt, liefen unter deren Verbund die Flugzeuge der Firmen Premier Aircraft Management (N313P, N39P), Aviation Specialties (N157A, N299AL, N312ME, N4456A, N4466A, N4476S, N4489A, N5139A, N5155A, N58AS, N6161Q und andere), Stevens Express Leasing (N173S, N4009L, N4042J, N845S) und Devon Holding (N168D, N187D, N196D, N219D).
Wie die Flugzeuge innerhalb der Firmen weitergereicht wurden, zeigt folgendes Beispiel aus der Registrierungshistorie der Twin Otter N6161Q, ein Flugzeug, das sich sowohl in Camp Peary, als auch in Mittel- und Osteuropa herumgetrieben hat:
N391AC Aero Contractors 1979
N6292Q Devon Holding 1996
N237JR Devon Holding 1998
N6151C Courtland Air Services 05/2001
N6161Q Aviation Specialties Inc. 07/2001
Kann denn Zufall Sünde sein? "Aerocontractors" heißt auch eine äußerst seriöse Airline in Nigeria. Na ja, mag man denken, eben eine zufällige Namensähnlichkeit in dieser Sparte. Aber Flugzeug-Recherchen über Eigentümer anhand der fortlaufenden Seriennummern des Herstellers der DeHavilland und deren Auslieferungszeitpunkt machen dann doch stutzig, die Wahrscheinlichkeit, dass die Bestellungen vom selben Konto ausgegangen sind, ist groß:
c/n 633 N391AC Aero Contractors 05.10.79
c/n 634 5N-AVG Aerocontractors 11.79
Quelle: Planemad
Bleibt die staunende Frage, wer war wohl zuerst da - die Henne oder das Ei? War die von US-Managern dominierte nigerianische Fluglinie, die bereits seit 1959 aktiv ist, eine frühe Auslandszentrale der CIA oder haben sich deren Besitzer Ende der siebziger Jahre mit Jim Rhyne, dem Gründer der US-Aero und ehemaligen Piloten der "Air America" zusammengetan und sich anschließend für Spezialaufgaben angeboten?
Der Vollständigkeit halber seien noch die Tarnnamen der Entführungscrew von Khaled al-Masri aufgeführt, die im Sold der US-Aero Contractors unterwegs gewesen waren. Die Liste stammt von "El Pais", die sie von spanischen Behörden erhalten hat, die wiederum auf die exzellenten Recherchen von Stephen Grey zurückgehen:
Bird, Kirk James
Bryson, Charles Goldman
Deckard, John Richard
Fain, Eric Matthew (Pilot)
Fairing, James
Franklin, Jason
Grady, Michael
Greesbore, Walter Richard
Loren, Hector
Lumsden II, Lyle Edgar
O'Hale, James
O'Riley, Patricia
Payne, Jane
Auch die Klarnamen und Anschriften der Entführer sind in der Obhut der Behörden, und es sieht so aus, als ob es angeichts der Beweislast auch in Deutschland für eine Anklage reichen dürfte.
Umgekehrt müssen sich deutsche Regierungsstellen und Behörden auf weitere Enthüllungen gefasst machen. Spätestens seit der Verdacht aufkam, dass es auch in Deutschland illegale Geheimgefängnissse, sog. "Black Sites" existierten, verfällt man dort in eisiges Schweigen und zieht nur noch den Kopf ein. Zuviele neue Vorwürfe sind in den letzten Wochen auf sie eingeprasselt:
Deutsche Behörden haben wohl doch Informationen über Khaled al-Masri an die CIA weitergegeben, berichtete "Der Spiegel". Der Bundesnachrichtendienst (BND) habe inzwischen eingeräumt, zumindest Informationen über das «Multikulturhaus», in dem El Masri regelmässig als Gast verkehrte, mit dem US-Geheimdienst CIA ausgetauscht zu haben. Der Islamisten-Treffpunkt sei Gegenstand von Besprechungen im Pariser Geheimdienstzentrum «Base Alliance» gewesen, in dem BND und CIA zusammenarbeiten.
Murat Kurnaz wurde seinen Aussagen nach von KSK- Soldaten misshandelt: "... Sie trugen die deutsche Flagge am Ärmel. Ich musste mich hinlegen, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Der eine zog mich an den Haaren hoch. Weisst Du, wer wir sind?' Der wollte angeben. 'Wir sind die deutsche Kraft.' Er hat jedenfalls meinen Kopf auf den Boden geschlagen, und die Amerikaner fanden das lustig. ..." Zuerst wurde alles abgestritten, dann doch bestätigt, dass es im Januar 2002 in Afghanistan Kontakte zwischen Bundeswehrsoldaten und Kurnaz gegeben habe. Es sollen nur «verbale, nicht körperliche Kontakte» gewesen sein. Schwer zu glauben, wenn es vorher hieß, dass es überhaupt kein Aufeinandertreffen gab.
Dann der "Stern"-Bericht, BND und BKA wussten bereits seit Herbst 2001 dass die USA in Europa Gefängnisse für Terrorverdächtige unterhielt und dass jene dort auch misshandelt worden seien. Er bezog sich auf einen Besuch von Behördenvertretern auf der US-amerikanischen «Eagle Base» in Tuzla Sie beobachteten, wie ein etwa 70-jähriger Deutsch-Ägypter so schwer geschlagen worden sei, «dass die bei der Verhaftung mit Gewehrkolben zugefügte Kopfwunde 20 Stiche benötigte». Der BND und das Kanzleramt soll die vorangegangene Entführung von Abdel-Halim K. durch maskierte Männer aus einem Hotel in Sarajevo vertuscht haben.
Die Familie des Mannes habe nach seinem plötzlichen Verschwinden, das ihr von einer Hotelangestellten übermittelt wurde ("Überall im Zimmer war Blut") die Behörden informiert, und bei der deutschen Botschaft in Sarajevo nachgefragt, jedoch keine Auskuft erhalten. Der BKA-Beamte wiederum soll unmittelbar nach seiner Rückkehr einen Bericht für die Nachrichtendienst-Lage im Kanzleramt geschrieben haben, so das ARD-Magazin "Kontraste". Einer der beteiligten Beamten vermerkte nach dem Besuch in Tuzla: "Für das, was die Amerikaner dort machten, würden vor dem Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag Prozesse geführt."
Es gibt also noch jede Menge aufzuarbeiten. Bereits jetzt schon ließe sich ein dickes Buch mit diesen unerhörten Vorgängen füllen, die in jeder verantwortungsbewussten Demokratie schon längst zu Rücktritten von Mitwissern und Beteiligten hätte führen müssen. So werden vermutlich wohl die Gerichte das letzte Wort haben, hier geht es schliesslich um unterlassene Hilfeleistung und womöglich auch um Beihilfe zu schwerer Körperverletzung.
Weierführende Artikel:
WorldContentNews
Landungsdaten im Allerheiligsten der CIA
Dreist: Folterflieger in Zürich gelandet
Kurnaz: Gefoltert und in Fesseln nach Hause geschickt
BAZL-Direktor bestätigt CIA Flüge
Bush gibt Gefangenenflüge über Europa zu
Flugdatenanalyse: N35NK
CIA-Flüge nach Baku
sfux - 3. Nov, 08:06 Article 2694x read