H5N1 – eine geistige Epidemie? Zweiter Teil. Rassismus als Grund für die Ausladung?
Dr. Billa Hofmann - Die kritische Äußerung jenes Foren-Users über Aids-Leugner wie Dr. Köhnlein und der Situation in Afrika nahm der Autor bei Indymedia.org sowie die Federtiere-Kampagne also als Anlass, um sie als Rassismus zu interpretieren. Es wurde behauptet, dass man mit dieser Äußerung zum einen der Regierung Südafrikas ganz beiläufig eine gewisse Portion Dummheit unterstellen würde. Und zum anderen würde man dadurch der Regierung unterstellen, dass diese nicht in der Lage sei, wissenschaftliche Befunde auf ihren Gehalt hin zu prüfen und ggf. die daraus resultierenden Konsequenzen zu ziehen.
Der Leser soll also glauben, dass jener Foren-User die afrikanische Regierung als rückständig, teilweise nicht zurechnungsfähig oder zumindest irgendwie minderwertig halten würde, dass diese Aussage eine rassistische Dimension hätte und nichts anderes als eine diffamierende Ad hominem –Attacke eines geistlosen Zeitgenossen aus dem Internet sei. Für den Autor und seine Federtier-Kampagne sei es ein großer Skandal, dass der Sprecher der Landesfraktion Bü90/Grüne diese „rassistische Diffamierung“ zum Anlass genommen hätte, um Dr. Köhnlein von der Fachtagung auszuladen.
Ethisch-moralischer Aspekt
In dem Beitrag bei Indymedia wird auch gefordert, dass man es den Zuhörern der Veranstaltung hätte überlassen sollen, Köhnleins Thesen zu beurteilen! Aber was ist mit dem etisch-moralischen Aspekt, soll man diesen dabei völlig außer Acht lassen? Sollten also wissenschaftliche Minderheitsmeinungen, die von dem allgemein anerkannten wissenschaftlichen Konsens abweichen, wirklich unter dem Laienpublikum diskutiert werden?
Dr. Udo Schüklenk, Professor für Ethik, beschäftigte sich als Leiter der Fakultät für Bioethik an der Universität für Witwatersrand in Johannesburg (SA) in seiner Publikation mit genau dieser Frage Professional responsibilities of biomedical scientists in public discourse; J. Med. Ethics 2004: 30; 53-60).
“This article describes how a small but vocal group of biomedical scientists propagates the views that either HIV is not the cause of AIDS, or that it does not exist at all. When these views were rejected by mainstream science, this group took its views and arguments into the public domain, actively campaigning via newspapers, radio, and television to make its views known to the lay public. I describe some of the harmful consequences of the group’s activities, and ask two distinct ethical questions: what moral obligations do scientists who hold such minority views have with regard to a scientifically untrained lay audience, and what moral obligations do mainstream newspapers and government politicians have when it comes to such views. The latter question will be asked because the ‘‘dissidents’’ succeeded for a number of years in convincing the South African government of the soundness of their views. The consequences of their stance affected millions of HIV infected South Africans severely.”
(siehe hier)
Dr. Schüklenk fordert ethische Richtlinien, in denen festgelegt wird, wie Wissenschaftler ihre Arbeiten dem Laienpublikum präsentieren sollten. Sollten diese Richtlinien von manchen Wissenschaftlern nicht berücksichtigt werden, müsste dies ein Alarmzeichen für Medien und Politiker sein, vorsichtig mit den Meinungen umzugehen, die die Richtlinien nicht erfüllen.
Ein Standpunkt, über den man sich ernsthaft Gedanken machen sollte!
Dr. Schüklenk selbst war Anfang der 90er in der Gruppe der Aids-Leugner aktiv. Als er erkannt hatte, dass die neuen Aids Medikamente das Leben der Patienten verlängern, wechselte er die Seiten.
H5N1 infiziert auch unser Bewusstsein
Dass es sich bei H5N1 um eine geistige Epidemie handeln möge, ist auch Thema einer DVD („H5N1 antwortet nicht“, von Michael Leitner und Thomas Hein), die u. a. beim Neue Impulse e. V. (siehe neue-impulse ) bestellt werden kann. Aber auch übers Internet ist der Zugang zu diesem Film möglich (siehe Google-Video ), mit dem Hinweis am Schluss, man möge doch auf das Konto von Neue Impulse e. V. einen Betrag spenden, damit weitere DVD’s produziert werden können.
Auf dieser DVD ist man ebenfalls der Meinung, dass H5N1 nicht unseren Körper, sondern höchstens unser Bewusstsein infizieren kann!
Sprecher auf der DVD sind u. a. Dr. Claus Köhnlein, Hans Tolzin (Impf-Report.de), Angelika Kögel-Schauz (impfaufklärung.de; mittlerweile aber aufgelöst), sowie Allgemeinmedizinerin Juliane Sacher. Dr. Köhnlein spricht auf der DVD - u. a. über das Geschäft mit der Angst und über Tamiflu, dazu sagt er:
„Alle nehmen Tamiflu unkritisch.......Dabei ist das ein durchaus gefährliches Medikament. Es ist ein Neuraminidasehemmer, keiner weiß eigentlich so genau, was passiert, wenn man die Neuraminidase hemmt (Köhnlein).
.......
Das ganze ist also ein Geschäft mit der Angst der Menschen (Sprecher).
Ja, ich meine die ganze Medizin besteht aus Angst. Wir leben sozusagen von dem Geschäft mit der Angst. Das wird systematisch geschürt..... (Köhnlein).“
Ein ähnlicher Kommentar ist auch in dem Buch Virus Wahn zu lesen, das Köhnlein, zusammen mit dem Journalisten Torsten Engelbrecht, geschrieben hat. Auch im Virus Wahn ist immer wieder die Rede davon, dass Tamiflu deshalb so gefährlich sei, weil es ein körpereigenes Enzym, die Neuraminidase, hemmen soll.
„So handelt es sich beim Enzym Neuraminidase, von dem behauptet wird, es sei spezifisch für ein Grippevirus, um körpereigene Substanz, die für den Stoffwechsel entscheidend wichtige Funktionen ausübt. Dies möge jeder bedenken, der Grippemittel und Neuraminidasehemmer wie Tamiflu nimmt.“
Hier geben die Autoren jedoch keine Referenz an; woher wissen sie das? Und vor allem, was wollen sie dem Leser suggerieren? Dass unter der Einnahme von Tamiflu ein körpereigenes Enzym blockiert und der Körper geschädigt wird? Soll das Buch mit seinen angeblich so wasserdicht untermauerten Referenzen für diese Aussage keine Quelle gefunden haben? Interessanterweise scheint sich gerade dieses Statement auch auf vielen anderen Websites gut auszubreiten!
So heißt es im klein-klein Newsletter (klein-klein Verlag) vom 24.02.06:
„Werden Rügener durch Tamiflu getötet?“
„In Wirklichkeit, und das ist jedem Biochemiker klar, hemmen Tamiflu und andere Neuraminidase-Hemmstoffe die ganz normalen, körpereigenen Neuraminidasen. ...... .Hemmt man diese Enzyme, z. B. durch Tamiflu, kommt es zu typischen Schädigungen und Zerstörungen, die dann als durch das H5N1 oder andere fiktive Influenza-Viren verursacht behauptet werden. So ist es denn auch kein Wunder, dass in der Gebrauchsinformation über Tamiflu der Firma Roche nachzulesen ist, dass die behaupteten Nebenwirkungen „auch durch die Virusgrippe verursacht werden können.“
Wer hat nun wen als Quelle angegeben? Dieser Text scheint von Dr. Stefan Lanka persönlich verfasst zu sein, so ist es zumindest auf dieser Website zu lesen.
Sollte tatsächlich Dr. Stefan Lanka die Quelle für den Virus Wahn sein? Sucht man weiter, dann findet man unter „impfkritik.de“, bei Pressespiegel, Aktuelle Meldungen, Meinungen und Analysen (vom 06.05.2006) einen Beitrag von der Redaktion (Tolzin) , mit folgenden Worten:
„Blockiert Tamiflu ein lebenswichtiges körpereigenes Enzym? So handelt es sich beim Enzym Neuraminidase, von dem behauptet wird, es sei spezifisch für ein Grippevirus, um körpereigene Substanz, die für den Stoffwechsel entscheidend wichtige Funktionen ausübt. Dies möge jeder bedenken, der Grippemittel und Neuraminidasehemmer wie Tamiflu nimmt.“
Als Quelle ist angegeben: Virus-Wahn, Torsten Engelbrecht und Claus Köhnlein, emu-Verlag 2006, Seite 216; sehr interessant!
Des Rätsels Lösung
Schauen wir uns mal die Kent-Depesche 14/2006 (vom 30.05.06) an, (hier zu finden).
Thema dieser Depesche ist der Pressekodex. U. a. ist ein Interview zwischen Michael Kent, dem Herausgeber der Kent-Depesche, und einem der Produzenten der DVD, Michael Leitner, zu lesen. In diesem Interview über die „seriösen“ Recherchen zur Vogelgrippe DVD berichtet (Seite 10):
„Schon vor vier Wochen, kurz nachdem ich „H5N1 antwortet nicht“ zu Ende geschnitten hatte, rief mich Angelika Kögel-Schauz an, die wir für diese Doku interviewt hatten. Sie recherchierte in medizinischen Archiven im Internet und hatte in akribischer Weise zusammengetragen, was bei Einnahme von Tamiflu so alles passieren kann. Tamiflu hemmt ja das Enzym Neuraminidase, das angeblich vom behaupteten H5N1 benötigt wird, um menschliche Zellen zu infizieren. Nun ist Neuraminidase ein für das Nervensystem sehr wichtiges Enzym. Schwere Erkrankungen treten auf, wenn der Körper infolge einer Stoffwechselstörung einen Neuraminidasemangel hat: Seh-, Nerven- und Skelettstörungen, muskuläre Schwäche und Unterernährung, Krampfanfälle, Gleichgewichtsstörungen, Innenohrschwerhörigkeit, geistige Entwicklungsstörungen und vieles mehr. Da Tamiflu die Neuraminidase hemmt, ist es also in der Lage, eben diese Krankheitsbilder zu erzeugen.“
Auch Kent beschreibt auf Seite 3, in seinem Vorwort, den Zusammenhang zwischen der Neuraminidasehemmung und den Grippemedikamenten mit folgenden Worten:
„In diesem Zusammenhang haben kürzlich die aufwendigen Recherchen von Angelika Kögel-Schauz zur Wirkung der beiden zugelassenen Neuraminidasehemmer Erschreckendes enthüllt: Beide Medikamente haben nicht nur auf die Neuraminidasen der Influenzaviren eine im therapeutischen Bereich liegende Wirkung, sondern auf die des gesamten menschlichen Organismus! Wenn allerdings die Neuraminidase im Körper gehemmt wird, entspricht dies einem künstlich erzeugten Neuraminidasemangel –und bei diesem kommt es zu schweren nervlichen, psychischen Schäden, Krämpfen, Störungen der Wahrnehmungen und des Bewegungsablaufs (der Motorik).“
Frau Kögel-Schauz, ebenfalls Sprecherin auf der DVD, hatte anscheinend Wichtiges zum Thema Neuraminidase-Hemmer recherchiert. Und sollte sie tatsächlich - wie in der Kent-Depesche zu lesen ist - die Referenz zu diesen Behauptungen gefunden haben?
Es ist in der Tat richtig, dass es eine Stoffwechselerkrankung gibt, die durch einen Neuraminidase-Mangel entsteht, die sog. Mucolipidose (I). Diese Krankheit entsteht allerdings nicht dadurch, dass die Neuraminidase blockiert wird, sondern dass diese dem Körper nicht zur Verfügung steht. Der Körper ist aufgrund der fehlenden Neuraminidase nicht in der Lage, Eiweiß- und Zuckerverbindungen in den Lysosomen (kleine Zellorganellen) zu spalten. Als Folge davon kommt es zu Ablagerungen in diesen Zellorganellen.
Diese Ablagerungen verhindern mit der Zeit eine normale Zellfunktion und damit auch eine normale Organfunktion und –entwicklung. Der Vergleich mit den Folgen des angeborenen Mangels an Neuraminidase, welcher zu MPS (I) führt, ist nicht korrekt, da ein von Geburt an chronischer Defekt gleichgesetzt wird mit einer temporären Neuraminidase-Inhibition über die kurze Periode von 5 bzw. 10 Tagen (was der Anwendung von Tamiflu entspräche). Und zum anderen liegt die Wirkdosis, die dem Körper nach der Einnahme von Tamiflu zur Verfügung steht, nicht in dem Konzentrationsbereich, der nötig ist, um die menschliche Neuraminidase zu hemmen.
Anscheinend wurde bei diesen Recherchen wohl übersehen, dass die menschliche Neuraminidase ausgiebig untersucht worden war. Das ist auch im Europäischen Beurteilungsbericht der Zulassungsbehörde (EMEA) so beschrieben.
Zur Information sei gesagt, dass ein Hersteller seine Unterlagen über ein Arzneimittel, welches er vermarkteten möchte, zuvor bei einer Zulassungsbehörde einreichen muss, um es auf Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität beurteilen zu lassen. Wenn die Arzneimittelbehörde das Produkt für sicher und wirksam begutachtet hat, wird die Zulassung erteilt und der Hersteller darf damit auf den Markt.
So ist in diesem Beurteilungsbericht zu Tamiflu auf Seite 5 (Pharmacodynamics) Folgendes geschrieben:
“Active oseltamivir inhibited in vitro the influenza neuraminidases with Ki and IC50 values in the nanomolar range (0.06 – 1 ng/ml), but had little or no activity against other neuraminidases from other sources (human liver, rat liver or uterus or two bacterial and parainfluenza and Newcastle disease neuraminidases).”
(siehe hier )
Das, was im europäischen Beurteilungsbericht über Tamiflu zu lesen ist, bedeutet nichts anderes, als dass die Hemmkonzentration für Tamiflu, die man braucht, um Viren-Neuraminidase zu blockieren, in einem viel höheren Konzentrationsbereich liegt, und dass diese Hemmkonzentration, mit der die Neuraminidasen aus Influenzaviren blockiert werden, nicht ausreicht, um die Neuraminidase in menschlichem Gewebe zu hemmen.
Ein bisschen Mathematik
Dies wird auch in der Publikation von Mendel und Kollegen bestätigt. Diese Arbeitsgruppe untersuchte die Genauigkeit der Hemmwirkung von Tamiflu, bzw. des aktiven Metaboliten von Tamiflu (Oseltamivircarboxylat/GS4071). Dies wurde durch Messung der Hemmaktivität gegen Neuraminidasen, die aus verschiedenen Quellen (Neuraminidase aus Influenzaviren, aus anderen Viren und Bakterien und aus menschlichem Gewebe) stammten, untersucht. Der Wert, der die Hemmwirkung ausdrückt, ist eine Konstante (Ki). Mendel und Kollegen kamen zu dem Ergebnis, dass die Neuraminidasen aus den Influenzaviren sehr spezifisch gehemmt werden. Die Hemmkonstante, ausgedrückt durch den Wert „Ki“, lag in einem Bereich von 2 x 10-10 bis 1,2 x 10-9 Mol. Gegenüber den anderen Neuraminidasen, wie z. B. der menschlichen Neuraminidase, war Oseltamivircarboxylat um das 106-fache weniger potent in der Hemmwirkung.
Das wichtigste Ergebnis dieser Untersuchung war jedoch, dass 1 mM Oseltamivircarboxylat nicht in der Lage ist, die menschliche Neuraminidase-Aktivität in menschlichen Leberzellen zu hemmen.
Mit seinem Molgewicht von 284 entspricht 1 mM (millimolar) Oseltamivircarboxylat (C14H24N2O4) einer Konzentration von 1/1000 Mol pro Liter, also 284 mg/L (bzw. 284,000 mikrogramm/L).
Diese Konzentration wird aber bei weitem nicht erreicht, wenn man Tamiflu in therapeutischen Dosen (2 x 75 mg) einnimmt. Schaut man sich die Spitzenkonzentrationen (Maxima) der aktiven Wirkform (Oseltamivircarboxylat) im Blut an, die nach der Gabe von 2 x 100 mg Tamiflu gemessen wird (siehe McClellan K und Perry CM) so findet man Konzentrationen von 439 Mikrogramm/L im Blut.
Mendel und Kollegen stellten aber fest, dass 1 mM Oseltamivircarboxylat, also 284,000 Mikrogramm/L, nicht in der Lage ist, menschliche Neuraminidase zu hemmen! Mit Tamiflu erreicht man jedoch „nur“ Spitzenkonzentrationen von 439 Mikrogramm/L.
(Quellen: Mendel et al. Antimicrob Agents Chemother. 1998;42:642, siehe hier, und McClellan K, Perry CM (2001) Oseltamivir: a review of its use in influenza. Drugs; 61: 263 – 283)
Siehe dazu auch den Kommentar von Impfinformationen.de, einer kritischen Homepage, die vom Sinn des Impfens als wichtige Vorsorgemaßnahme überzeugt ist, und die über die Desinformation von Angelika Kögel-Schauz zu Neuraminidasehemmern informiert.
Doch auch andere kritische Seiten erkennen die Gefährlichkeit der Verbreitung von Falschinformationen. Paralex-Info, ein kritisches Informationsportal sowohl für fragwürdige und gefährliche Methoden aus dem Bereich der Alternativmedizin als auch für unkonventionelle und wirksame Heilweisen aus dem Bereich der Paramedizin, bezeichnet Michael Leitner als Journalisten, der Falschinformationen verbreitet, und klärt über dessen Fehlinterpretationen auf (Seite 9-10 des Artikels über HEAL ).
Man sollte wirklich darüber diskutieren, wie sinnvoll die Einführung von ethischen Richtlinien wäre, um wissenschaftliche Ergebnisse in der Öffentlichkeit und vor nicht-wissenschaftlichem Publikum zu präsentieren. Zumindest sollte sich aber jeder einzelne überlegen, wie glaubhaft angeblich wissenschaftlich-recherchierte Ergebnisse sind, wenn diejenigen, die die Nachforschungen dazu gemacht haben, keine fundierte wissenschaftliche Ausbildung vorweisen können.
Glauben Sie wirklich, dass jeder in der Lage ist, wissenschaftliche Ergebnisse richtig zu verstehen und zu interpretieren? Wozu brauchen wir dann noch Fachhochschulen und Universitäten?
H5N1 – eine geistige Epidemie? Erster Teil
H5N1 – eine geistige Epidemie? Zweiter Teil: Rassismus als Grund für die Ausladung?
H5N1 – eine geistige Epidemie? Dritter Teil
1 Million Franken für die elektronenmikroskopische Aufnahme des H5N1-Virus
Der Leser soll also glauben, dass jener Foren-User die afrikanische Regierung als rückständig, teilweise nicht zurechnungsfähig oder zumindest irgendwie minderwertig halten würde, dass diese Aussage eine rassistische Dimension hätte und nichts anderes als eine diffamierende Ad hominem –Attacke eines geistlosen Zeitgenossen aus dem Internet sei. Für den Autor und seine Federtier-Kampagne sei es ein großer Skandal, dass der Sprecher der Landesfraktion Bü90/Grüne diese „rassistische Diffamierung“ zum Anlass genommen hätte, um Dr. Köhnlein von der Fachtagung auszuladen.
Ethisch-moralischer Aspekt
In dem Beitrag bei Indymedia wird auch gefordert, dass man es den Zuhörern der Veranstaltung hätte überlassen sollen, Köhnleins Thesen zu beurteilen! Aber was ist mit dem etisch-moralischen Aspekt, soll man diesen dabei völlig außer Acht lassen? Sollten also wissenschaftliche Minderheitsmeinungen, die von dem allgemein anerkannten wissenschaftlichen Konsens abweichen, wirklich unter dem Laienpublikum diskutiert werden?
Dr. Udo Schüklenk, Professor für Ethik, beschäftigte sich als Leiter der Fakultät für Bioethik an der Universität für Witwatersrand in Johannesburg (SA) in seiner Publikation mit genau dieser Frage Professional responsibilities of biomedical scientists in public discourse; J. Med. Ethics 2004: 30; 53-60).
“This article describes how a small but vocal group of biomedical scientists propagates the views that either HIV is not the cause of AIDS, or that it does not exist at all. When these views were rejected by mainstream science, this group took its views and arguments into the public domain, actively campaigning via newspapers, radio, and television to make its views known to the lay public. I describe some of the harmful consequences of the group’s activities, and ask two distinct ethical questions: what moral obligations do scientists who hold such minority views have with regard to a scientifically untrained lay audience, and what moral obligations do mainstream newspapers and government politicians have when it comes to such views. The latter question will be asked because the ‘‘dissidents’’ succeeded for a number of years in convincing the South African government of the soundness of their views. The consequences of their stance affected millions of HIV infected South Africans severely.”
(siehe hier)
Dr. Schüklenk fordert ethische Richtlinien, in denen festgelegt wird, wie Wissenschaftler ihre Arbeiten dem Laienpublikum präsentieren sollten. Sollten diese Richtlinien von manchen Wissenschaftlern nicht berücksichtigt werden, müsste dies ein Alarmzeichen für Medien und Politiker sein, vorsichtig mit den Meinungen umzugehen, die die Richtlinien nicht erfüllen.
Ein Standpunkt, über den man sich ernsthaft Gedanken machen sollte!
Dr. Schüklenk selbst war Anfang der 90er in der Gruppe der Aids-Leugner aktiv. Als er erkannt hatte, dass die neuen Aids Medikamente das Leben der Patienten verlängern, wechselte er die Seiten.
H5N1 infiziert auch unser Bewusstsein
Dass es sich bei H5N1 um eine geistige Epidemie handeln möge, ist auch Thema einer DVD („H5N1 antwortet nicht“, von Michael Leitner und Thomas Hein), die u. a. beim Neue Impulse e. V. (siehe neue-impulse ) bestellt werden kann. Aber auch übers Internet ist der Zugang zu diesem Film möglich (siehe Google-Video ), mit dem Hinweis am Schluss, man möge doch auf das Konto von Neue Impulse e. V. einen Betrag spenden, damit weitere DVD’s produziert werden können.
Auf dieser DVD ist man ebenfalls der Meinung, dass H5N1 nicht unseren Körper, sondern höchstens unser Bewusstsein infizieren kann!
Sprecher auf der DVD sind u. a. Dr. Claus Köhnlein, Hans Tolzin (Impf-Report.de), Angelika Kögel-Schauz (impfaufklärung.de; mittlerweile aber aufgelöst), sowie Allgemeinmedizinerin Juliane Sacher. Dr. Köhnlein spricht auf der DVD - u. a. über das Geschäft mit der Angst und über Tamiflu, dazu sagt er:
„Alle nehmen Tamiflu unkritisch.......Dabei ist das ein durchaus gefährliches Medikament. Es ist ein Neuraminidasehemmer, keiner weiß eigentlich so genau, was passiert, wenn man die Neuraminidase hemmt (Köhnlein).
.......
Das ganze ist also ein Geschäft mit der Angst der Menschen (Sprecher).
Ja, ich meine die ganze Medizin besteht aus Angst. Wir leben sozusagen von dem Geschäft mit der Angst. Das wird systematisch geschürt..... (Köhnlein).“
Ein ähnlicher Kommentar ist auch in dem Buch Virus Wahn zu lesen, das Köhnlein, zusammen mit dem Journalisten Torsten Engelbrecht, geschrieben hat. Auch im Virus Wahn ist immer wieder die Rede davon, dass Tamiflu deshalb so gefährlich sei, weil es ein körpereigenes Enzym, die Neuraminidase, hemmen soll.
„So handelt es sich beim Enzym Neuraminidase, von dem behauptet wird, es sei spezifisch für ein Grippevirus, um körpereigene Substanz, die für den Stoffwechsel entscheidend wichtige Funktionen ausübt. Dies möge jeder bedenken, der Grippemittel und Neuraminidasehemmer wie Tamiflu nimmt.“
Hier geben die Autoren jedoch keine Referenz an; woher wissen sie das? Und vor allem, was wollen sie dem Leser suggerieren? Dass unter der Einnahme von Tamiflu ein körpereigenes Enzym blockiert und der Körper geschädigt wird? Soll das Buch mit seinen angeblich so wasserdicht untermauerten Referenzen für diese Aussage keine Quelle gefunden haben? Interessanterweise scheint sich gerade dieses Statement auch auf vielen anderen Websites gut auszubreiten!
So heißt es im klein-klein Newsletter (klein-klein Verlag) vom 24.02.06:
„Werden Rügener durch Tamiflu getötet?“
„In Wirklichkeit, und das ist jedem Biochemiker klar, hemmen Tamiflu und andere Neuraminidase-Hemmstoffe die ganz normalen, körpereigenen Neuraminidasen. ...... .Hemmt man diese Enzyme, z. B. durch Tamiflu, kommt es zu typischen Schädigungen und Zerstörungen, die dann als durch das H5N1 oder andere fiktive Influenza-Viren verursacht behauptet werden. So ist es denn auch kein Wunder, dass in der Gebrauchsinformation über Tamiflu der Firma Roche nachzulesen ist, dass die behaupteten Nebenwirkungen „auch durch die Virusgrippe verursacht werden können.“
Wer hat nun wen als Quelle angegeben? Dieser Text scheint von Dr. Stefan Lanka persönlich verfasst zu sein, so ist es zumindest auf dieser Website zu lesen.
Sollte tatsächlich Dr. Stefan Lanka die Quelle für den Virus Wahn sein? Sucht man weiter, dann findet man unter „impfkritik.de“, bei Pressespiegel, Aktuelle Meldungen, Meinungen und Analysen (vom 06.05.2006) einen Beitrag von der Redaktion (Tolzin) , mit folgenden Worten:
„Blockiert Tamiflu ein lebenswichtiges körpereigenes Enzym? So handelt es sich beim Enzym Neuraminidase, von dem behauptet wird, es sei spezifisch für ein Grippevirus, um körpereigene Substanz, die für den Stoffwechsel entscheidend wichtige Funktionen ausübt. Dies möge jeder bedenken, der Grippemittel und Neuraminidasehemmer wie Tamiflu nimmt.“
Als Quelle ist angegeben: Virus-Wahn, Torsten Engelbrecht und Claus Köhnlein, emu-Verlag 2006, Seite 216; sehr interessant!
Des Rätsels Lösung
Schauen wir uns mal die Kent-Depesche 14/2006 (vom 30.05.06) an, (hier zu finden).
Thema dieser Depesche ist der Pressekodex. U. a. ist ein Interview zwischen Michael Kent, dem Herausgeber der Kent-Depesche, und einem der Produzenten der DVD, Michael Leitner, zu lesen. In diesem Interview über die „seriösen“ Recherchen zur Vogelgrippe DVD berichtet (Seite 10):
„Schon vor vier Wochen, kurz nachdem ich „H5N1 antwortet nicht“ zu Ende geschnitten hatte, rief mich Angelika Kögel-Schauz an, die wir für diese Doku interviewt hatten. Sie recherchierte in medizinischen Archiven im Internet und hatte in akribischer Weise zusammengetragen, was bei Einnahme von Tamiflu so alles passieren kann. Tamiflu hemmt ja das Enzym Neuraminidase, das angeblich vom behaupteten H5N1 benötigt wird, um menschliche Zellen zu infizieren. Nun ist Neuraminidase ein für das Nervensystem sehr wichtiges Enzym. Schwere Erkrankungen treten auf, wenn der Körper infolge einer Stoffwechselstörung einen Neuraminidasemangel hat: Seh-, Nerven- und Skelettstörungen, muskuläre Schwäche und Unterernährung, Krampfanfälle, Gleichgewichtsstörungen, Innenohrschwerhörigkeit, geistige Entwicklungsstörungen und vieles mehr. Da Tamiflu die Neuraminidase hemmt, ist es also in der Lage, eben diese Krankheitsbilder zu erzeugen.“
Auch Kent beschreibt auf Seite 3, in seinem Vorwort, den Zusammenhang zwischen der Neuraminidasehemmung und den Grippemedikamenten mit folgenden Worten:
„In diesem Zusammenhang haben kürzlich die aufwendigen Recherchen von Angelika Kögel-Schauz zur Wirkung der beiden zugelassenen Neuraminidasehemmer Erschreckendes enthüllt: Beide Medikamente haben nicht nur auf die Neuraminidasen der Influenzaviren eine im therapeutischen Bereich liegende Wirkung, sondern auf die des gesamten menschlichen Organismus! Wenn allerdings die Neuraminidase im Körper gehemmt wird, entspricht dies einem künstlich erzeugten Neuraminidasemangel –und bei diesem kommt es zu schweren nervlichen, psychischen Schäden, Krämpfen, Störungen der Wahrnehmungen und des Bewegungsablaufs (der Motorik).“
Frau Kögel-Schauz, ebenfalls Sprecherin auf der DVD, hatte anscheinend Wichtiges zum Thema Neuraminidase-Hemmer recherchiert. Und sollte sie tatsächlich - wie in der Kent-Depesche zu lesen ist - die Referenz zu diesen Behauptungen gefunden haben?
Es ist in der Tat richtig, dass es eine Stoffwechselerkrankung gibt, die durch einen Neuraminidase-Mangel entsteht, die sog. Mucolipidose (I). Diese Krankheit entsteht allerdings nicht dadurch, dass die Neuraminidase blockiert wird, sondern dass diese dem Körper nicht zur Verfügung steht. Der Körper ist aufgrund der fehlenden Neuraminidase nicht in der Lage, Eiweiß- und Zuckerverbindungen in den Lysosomen (kleine Zellorganellen) zu spalten. Als Folge davon kommt es zu Ablagerungen in diesen Zellorganellen.
Diese Ablagerungen verhindern mit der Zeit eine normale Zellfunktion und damit auch eine normale Organfunktion und –entwicklung. Der Vergleich mit den Folgen des angeborenen Mangels an Neuraminidase, welcher zu MPS (I) führt, ist nicht korrekt, da ein von Geburt an chronischer Defekt gleichgesetzt wird mit einer temporären Neuraminidase-Inhibition über die kurze Periode von 5 bzw. 10 Tagen (was der Anwendung von Tamiflu entspräche). Und zum anderen liegt die Wirkdosis, die dem Körper nach der Einnahme von Tamiflu zur Verfügung steht, nicht in dem Konzentrationsbereich, der nötig ist, um die menschliche Neuraminidase zu hemmen.
Anscheinend wurde bei diesen Recherchen wohl übersehen, dass die menschliche Neuraminidase ausgiebig untersucht worden war. Das ist auch im Europäischen Beurteilungsbericht der Zulassungsbehörde (EMEA) so beschrieben.
Zur Information sei gesagt, dass ein Hersteller seine Unterlagen über ein Arzneimittel, welches er vermarkteten möchte, zuvor bei einer Zulassungsbehörde einreichen muss, um es auf Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität beurteilen zu lassen. Wenn die Arzneimittelbehörde das Produkt für sicher und wirksam begutachtet hat, wird die Zulassung erteilt und der Hersteller darf damit auf den Markt.
So ist in diesem Beurteilungsbericht zu Tamiflu auf Seite 5 (Pharmacodynamics) Folgendes geschrieben:
“Active oseltamivir inhibited in vitro the influenza neuraminidases with Ki and IC50 values in the nanomolar range (0.06 – 1 ng/ml), but had little or no activity against other neuraminidases from other sources (human liver, rat liver or uterus or two bacterial and parainfluenza and Newcastle disease neuraminidases).”
(siehe hier )
Das, was im europäischen Beurteilungsbericht über Tamiflu zu lesen ist, bedeutet nichts anderes, als dass die Hemmkonzentration für Tamiflu, die man braucht, um Viren-Neuraminidase zu blockieren, in einem viel höheren Konzentrationsbereich liegt, und dass diese Hemmkonzentration, mit der die Neuraminidasen aus Influenzaviren blockiert werden, nicht ausreicht, um die Neuraminidase in menschlichem Gewebe zu hemmen.
Ein bisschen Mathematik
Dies wird auch in der Publikation von Mendel und Kollegen bestätigt. Diese Arbeitsgruppe untersuchte die Genauigkeit der Hemmwirkung von Tamiflu, bzw. des aktiven Metaboliten von Tamiflu (Oseltamivircarboxylat/GS4071). Dies wurde durch Messung der Hemmaktivität gegen Neuraminidasen, die aus verschiedenen Quellen (Neuraminidase aus Influenzaviren, aus anderen Viren und Bakterien und aus menschlichem Gewebe) stammten, untersucht. Der Wert, der die Hemmwirkung ausdrückt, ist eine Konstante (Ki). Mendel und Kollegen kamen zu dem Ergebnis, dass die Neuraminidasen aus den Influenzaviren sehr spezifisch gehemmt werden. Die Hemmkonstante, ausgedrückt durch den Wert „Ki“, lag in einem Bereich von 2 x 10-10 bis 1,2 x 10-9 Mol. Gegenüber den anderen Neuraminidasen, wie z. B. der menschlichen Neuraminidase, war Oseltamivircarboxylat um das 106-fache weniger potent in der Hemmwirkung.
Das wichtigste Ergebnis dieser Untersuchung war jedoch, dass 1 mM Oseltamivircarboxylat nicht in der Lage ist, die menschliche Neuraminidase-Aktivität in menschlichen Leberzellen zu hemmen.
Mit seinem Molgewicht von 284 entspricht 1 mM (millimolar) Oseltamivircarboxylat (C14H24N2O4) einer Konzentration von 1/1000 Mol pro Liter, also 284 mg/L (bzw. 284,000 mikrogramm/L).
Diese Konzentration wird aber bei weitem nicht erreicht, wenn man Tamiflu in therapeutischen Dosen (2 x 75 mg) einnimmt. Schaut man sich die Spitzenkonzentrationen (Maxima) der aktiven Wirkform (Oseltamivircarboxylat) im Blut an, die nach der Gabe von 2 x 100 mg Tamiflu gemessen wird (siehe McClellan K und Perry CM) so findet man Konzentrationen von 439 Mikrogramm/L im Blut.
Mendel und Kollegen stellten aber fest, dass 1 mM Oseltamivircarboxylat, also 284,000 Mikrogramm/L, nicht in der Lage ist, menschliche Neuraminidase zu hemmen! Mit Tamiflu erreicht man jedoch „nur“ Spitzenkonzentrationen von 439 Mikrogramm/L.
(Quellen: Mendel et al. Antimicrob Agents Chemother. 1998;42:642, siehe hier, und McClellan K, Perry CM (2001) Oseltamivir: a review of its use in influenza. Drugs; 61: 263 – 283)
Siehe dazu auch den Kommentar von Impfinformationen.de, einer kritischen Homepage, die vom Sinn des Impfens als wichtige Vorsorgemaßnahme überzeugt ist, und die über die Desinformation von Angelika Kögel-Schauz zu Neuraminidasehemmern informiert.
Doch auch andere kritische Seiten erkennen die Gefährlichkeit der Verbreitung von Falschinformationen. Paralex-Info, ein kritisches Informationsportal sowohl für fragwürdige und gefährliche Methoden aus dem Bereich der Alternativmedizin als auch für unkonventionelle und wirksame Heilweisen aus dem Bereich der Paramedizin, bezeichnet Michael Leitner als Journalisten, der Falschinformationen verbreitet, und klärt über dessen Fehlinterpretationen auf (Seite 9-10 des Artikels über HEAL ).
Man sollte wirklich darüber diskutieren, wie sinnvoll die Einführung von ethischen Richtlinien wäre, um wissenschaftliche Ergebnisse in der Öffentlichkeit und vor nicht-wissenschaftlichem Publikum zu präsentieren. Zumindest sollte sich aber jeder einzelne überlegen, wie glaubhaft angeblich wissenschaftlich-recherchierte Ergebnisse sind, wenn diejenigen, die die Nachforschungen dazu gemacht haben, keine fundierte wissenschaftliche Ausbildung vorweisen können.
Glauben Sie wirklich, dass jeder in der Lage ist, wissenschaftliche Ergebnisse richtig zu verstehen und zu interpretieren? Wozu brauchen wir dann noch Fachhochschulen und Universitäten?
H5N1 – eine geistige Epidemie? Erster Teil
H5N1 – eine geistige Epidemie? Zweiter Teil: Rassismus als Grund für die Ausladung?
H5N1 – eine geistige Epidemie? Dritter Teil
1 Million Franken für die elektronenmikroskopische Aufnahme des H5N1-Virus
sfux - 15. Aug, 08:02 Article 4687x read