Hilflos bei Infektionen? - Antibiotika verlieren ihre Wirksamkeit
Dr. Alexander von Paleske - 25.11. 2007 -- Anfang November berichteten die Medien über eine Untersuchung des Robert Koch Instituts in Berlin. In der Studie wurde eine Zunahme von Resistenzen gegen gängige Antibiotika in deutschen Kliniken festgestellt. So sind z.B die häufigsten Erreger der ausserhalb einer Klinik erworbenen Lungenentzündung, nämlich Pneumokokken, schon in 17% resistent gegen die häufig verwendeten Macrolidantibiotika. Eine knappe Verdoppelung gegenüber dem Jahr 1999.
Viel schlimmer sieht es in den Kliniken selbst aus. Dort breiten sich multiresistente Keime durch den starken und oftmals ungezügelten Verbrauch von hochpotenten Antibiotika aus, oftmals gefördert durch mangelnde Hygiene des Krankenhauspersonals wie z.B. ungenügendes Händewaschen. Hier ist sind vor allem die resistenten Staphylokokken, auch MRSA (Methicillin Resistant Stapylococcus Aureus) zu nennen.
In einigen Kliniken in Grossbritannien beispielsweise beträgt die Resistenz bereits 50% aller Proben, die Staphylokokken als Erreger enthalten.
Damit bestätigt das Robert Koch Institut nur, was bereits in anderen Ländern ebenfalls festgestellt und publiziert wurde: Die Antibiotikaresistenz ist weltweit auf dem Vormarsch.
Auch Erreger von Geschlechtskrankheiten werden resistent
Im Mai berichtete die hochangesehene Medizinzeitung „Lancet“, das US amerikanische Centre for Disease Control, CDC, empfehle nicht länger die Behandlung der Gonorrhö mit Fluorchinolonen (Ofloxacin, Ciprofloxacin u.a.)
Die Fluorchinolone kamen Mitte der 80er Jahre auf den Markt und insbesondere das Ciprofloxacin beeindruckte durch seine enorme Wirksamkeit gegen ein ganzes Spektrum von Problemkeimen. Im Jahre 1993 wurde es dann auch zur Behandlung der Gonorrhö eingesetzt, nachdem Penicilline ihre Wirksamkeit eingebüsst hatten und Fluorchinolone den Vorteil der Tabletteneinahme hatten.
Aus, vorbei. Bis zu einem Viertel der Isolate sind mittlerweile gegen diese Chinolone resistent, bis zum Jahre 2001 waren es erst 1%. Gleichzeitig kam es international zu einem Anstieg von Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhö und Syphilis, in einigen Risikogruppen lag der Anstieg zwischen 1997 und 2003 bei 1.400%.
Damit bleiben zur Behandlung der Gonorrhoe nur noch die als Injektion verfügbaren Cefalosporine der 3. Generation. Das ist besonders katastrophal, weil es dann keine Reservemedikamente zur Behandlung mehr gibt und neue Antibiotika nicht in Sicht sind.
Tiermast als Resistenzschrittmacher
Eine der Hauptursachen für die sich ausbreitende Antibiotikaresistenz lag auch in dem weitverbreiteten Einsatz in der Tiermast, der in Europa erst - als routinemässige Beimischung in das Tierfutter- im Jahre 2006 gestoppt wurde. Ein unglaubliches Versagen der Politiker.
Wie sehr Resistenzen durch den Nichteinsatz in der Tierfütterung verhindert werden können, zeigt das Beispiel Australien. Dort war der Einsatz der Fluorchinolone in der Tierfütterung verboten. Das Resultat war eine extrem niedrige Resistenzrate, wie eine Untersuchung aus Jahre 2006 zeigte.
Aber auch im Obstanbau soll - so verlangen es die schweizer Obstbauern - das Antibiotikum Streptomycin , ein wichtiges Medikament in der Behandlung der Tuberkulose, gegen Feuerbrandbefall der Obstbäume eingesetzt werden
Der Obstverband steht nach wie vor hinter dem von einem Pflanzenschutzmittelhersteller Mitte letzten Jahres eingereichten Gesuch für den Einsatz von Streptomycin. Nach wie vor sei kein anderes Mittel mit einem ähnlich hohen Wirkungsgrad bekannt. Auch das kürzlich vorgestellte Hefepilzpräparat Blossom Protect stelle derzeit keine Alternative zu den Antibiotika dar, liessen die Obstbauern in einer Presseerklärung verlauten.
Die weite Verwendung im Obstanbau dürfte für die Wirksamkeit des Medikaments Streptomycin bei der Behandlung von Infektionskrankheiten,insbesondere der Tuberkulose, nicht ohne Folgen bleiben.
Pharmaforschung konzentriert sich auf chronische Erkrankungen
Die goldenen Jahre der Antibiotika Entwicklung, die mit Entdeckung des Penicillins und des Prontosils ihren Anfang nahmen, sind vorbei.
Ihren Höhepunkt erreichten sie mit der Entwicklung der Cephalosporine der 3. Generation wie des Cefotaxims durch die nicht mehr existierende Firma Hoechst im Jahre 1979, ein Antibiotikum mit einer fantastischen Wirksamkeit gegen fast alle Krankenhaus-Problemkeime, von den Staphylokokken abgesehen. Auch hier heisst es: Vorbei. Der weitverbreitete und oftmals unkritische Einsatz hat auch hier zu erheblichen Resistenzen geführt. Ebenfalls die Chinolone oder Gyrase-Hemmer, die bereits erwähnt wurden.
Mit den Penemen ist diese Entwicklung zum Abschluss gekommen. Neue Antibiotika befinden sich nicht in der Pipeline der forschenden Pharmaindustrie. Damit lässt sich einfach nicht genug Geld verdienen. Die Entwicklung eines Medikaments kostet 500 Millionen US Dollar, 8 von 10 Medikamenten schaffen es nicht bis zum Verbraucher, oftmals wegen der unakzeptablen Nebenwirkungen.
Zum Vergleich: die Entwicklung von Cefalosporinen der 3. Generation bewegte sic h im Bereich von 50 Millionen US Dollar.
Entwicklungskosten, die im Bereich von mehreren Hundert Millionen Dollar liegen lohnen sich beispielsweise bei Krebserkrankungen, wo es zum mehrfachen Einsatz bei demselben Patienten kommt (mehrere Therapiezyklen), oder wie bei chronischen Erkrankungen (Diabetes, Rheuma) zum Dauereinsatz und nicht wie bei den Antibiotika für nur wenige Tage.
Wege aus dem Dilemma
Krankenhaushygiene, zurückhaltendes Verschreiben von Antibiotika etc sind oft genug genannt worden, um die Resistenz unter Kontrolle zu halten, Verbesserungen sind oftmals möglich. Und die Neuentwicklung von Antibiotika unter anderem auch gegen Tuberkulose ist dringend erforderlich. Bestimmte Erkrankungen sind vermeidbar. Dazu gehören ganz besonders die Geschlechtskrankheiten.
Erinnert sei daran, dass es in China in den 50er Jahren gelang, Geschlechtskrankheiten, insbesondere die Syphilis, auszurotten. George Hatem, legendärer Arzt, auch als „Peoples Doctor“ bezeichnet, schloss in Beijing nach der Machtübernahme durch Mao mehr als 244 Bordelle in weniger als 48 Stunden. Anschliessend kam es zu einer breiten Behandlung von Geschlechtskrankheiten.
Mittlerweile ist in China die Syphilis wieder auf dem Vormarsch. Die Inzidenz stieg von 0,5 Fallen per 100.000 im Jahre 1993 auf 5.7 per 100.000 im Jahre 2005. Tendenz: Weiter rapid ansteigend. Der Preis der Freiheit? Aber ein vermeidbarer Preis.
Viel schlimmer sieht es in den Kliniken selbst aus. Dort breiten sich multiresistente Keime durch den starken und oftmals ungezügelten Verbrauch von hochpotenten Antibiotika aus, oftmals gefördert durch mangelnde Hygiene des Krankenhauspersonals wie z.B. ungenügendes Händewaschen. Hier ist sind vor allem die resistenten Staphylokokken, auch MRSA (Methicillin Resistant Stapylococcus Aureus) zu nennen.
In einigen Kliniken in Grossbritannien beispielsweise beträgt die Resistenz bereits 50% aller Proben, die Staphylokokken als Erreger enthalten.
Damit bestätigt das Robert Koch Institut nur, was bereits in anderen Ländern ebenfalls festgestellt und publiziert wurde: Die Antibiotikaresistenz ist weltweit auf dem Vormarsch.
Auch Erreger von Geschlechtskrankheiten werden resistent
Im Mai berichtete die hochangesehene Medizinzeitung „Lancet“, das US amerikanische Centre for Disease Control, CDC, empfehle nicht länger die Behandlung der Gonorrhö mit Fluorchinolonen (Ofloxacin, Ciprofloxacin u.a.)
Die Fluorchinolone kamen Mitte der 80er Jahre auf den Markt und insbesondere das Ciprofloxacin beeindruckte durch seine enorme Wirksamkeit gegen ein ganzes Spektrum von Problemkeimen. Im Jahre 1993 wurde es dann auch zur Behandlung der Gonorrhö eingesetzt, nachdem Penicilline ihre Wirksamkeit eingebüsst hatten und Fluorchinolone den Vorteil der Tabletteneinahme hatten.
Aus, vorbei. Bis zu einem Viertel der Isolate sind mittlerweile gegen diese Chinolone resistent, bis zum Jahre 2001 waren es erst 1%. Gleichzeitig kam es international zu einem Anstieg von Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhö und Syphilis, in einigen Risikogruppen lag der Anstieg zwischen 1997 und 2003 bei 1.400%.
Damit bleiben zur Behandlung der Gonorrhoe nur noch die als Injektion verfügbaren Cefalosporine der 3. Generation. Das ist besonders katastrophal, weil es dann keine Reservemedikamente zur Behandlung mehr gibt und neue Antibiotika nicht in Sicht sind.
Tiermast als Resistenzschrittmacher
Eine der Hauptursachen für die sich ausbreitende Antibiotikaresistenz lag auch in dem weitverbreiteten Einsatz in der Tiermast, der in Europa erst - als routinemässige Beimischung in das Tierfutter- im Jahre 2006 gestoppt wurde. Ein unglaubliches Versagen der Politiker.
Wie sehr Resistenzen durch den Nichteinsatz in der Tierfütterung verhindert werden können, zeigt das Beispiel Australien. Dort war der Einsatz der Fluorchinolone in der Tierfütterung verboten. Das Resultat war eine extrem niedrige Resistenzrate, wie eine Untersuchung aus Jahre 2006 zeigte.
Aber auch im Obstanbau soll - so verlangen es die schweizer Obstbauern - das Antibiotikum Streptomycin , ein wichtiges Medikament in der Behandlung der Tuberkulose, gegen Feuerbrandbefall der Obstbäume eingesetzt werden
Der Obstverband steht nach wie vor hinter dem von einem Pflanzenschutzmittelhersteller Mitte letzten Jahres eingereichten Gesuch für den Einsatz von Streptomycin. Nach wie vor sei kein anderes Mittel mit einem ähnlich hohen Wirkungsgrad bekannt. Auch das kürzlich vorgestellte Hefepilzpräparat Blossom Protect stelle derzeit keine Alternative zu den Antibiotika dar, liessen die Obstbauern in einer Presseerklärung verlauten.
Die weite Verwendung im Obstanbau dürfte für die Wirksamkeit des Medikaments Streptomycin bei der Behandlung von Infektionskrankheiten,insbesondere der Tuberkulose, nicht ohne Folgen bleiben.
Pharmaforschung konzentriert sich auf chronische Erkrankungen
Die goldenen Jahre der Antibiotika Entwicklung, die mit Entdeckung des Penicillins und des Prontosils ihren Anfang nahmen, sind vorbei.
Ihren Höhepunkt erreichten sie mit der Entwicklung der Cephalosporine der 3. Generation wie des Cefotaxims durch die nicht mehr existierende Firma Hoechst im Jahre 1979, ein Antibiotikum mit einer fantastischen Wirksamkeit gegen fast alle Krankenhaus-Problemkeime, von den Staphylokokken abgesehen. Auch hier heisst es: Vorbei. Der weitverbreitete und oftmals unkritische Einsatz hat auch hier zu erheblichen Resistenzen geführt. Ebenfalls die Chinolone oder Gyrase-Hemmer, die bereits erwähnt wurden.
Mit den Penemen ist diese Entwicklung zum Abschluss gekommen. Neue Antibiotika befinden sich nicht in der Pipeline der forschenden Pharmaindustrie. Damit lässt sich einfach nicht genug Geld verdienen. Die Entwicklung eines Medikaments kostet 500 Millionen US Dollar, 8 von 10 Medikamenten schaffen es nicht bis zum Verbraucher, oftmals wegen der unakzeptablen Nebenwirkungen.
Zum Vergleich: die Entwicklung von Cefalosporinen der 3. Generation bewegte sic h im Bereich von 50 Millionen US Dollar.
Entwicklungskosten, die im Bereich von mehreren Hundert Millionen Dollar liegen lohnen sich beispielsweise bei Krebserkrankungen, wo es zum mehrfachen Einsatz bei demselben Patienten kommt (mehrere Therapiezyklen), oder wie bei chronischen Erkrankungen (Diabetes, Rheuma) zum Dauereinsatz und nicht wie bei den Antibiotika für nur wenige Tage.
Wege aus dem Dilemma
Krankenhaushygiene, zurückhaltendes Verschreiben von Antibiotika etc sind oft genug genannt worden, um die Resistenz unter Kontrolle zu halten, Verbesserungen sind oftmals möglich. Und die Neuentwicklung von Antibiotika unter anderem auch gegen Tuberkulose ist dringend erforderlich. Bestimmte Erkrankungen sind vermeidbar. Dazu gehören ganz besonders die Geschlechtskrankheiten.
Erinnert sei daran, dass es in China in den 50er Jahren gelang, Geschlechtskrankheiten, insbesondere die Syphilis, auszurotten. George Hatem, legendärer Arzt, auch als „Peoples Doctor“ bezeichnet, schloss in Beijing nach der Machtübernahme durch Mao mehr als 244 Bordelle in weniger als 48 Stunden. Anschliessend kam es zu einer breiten Behandlung von Geschlechtskrankheiten.
Mittlerweile ist in China die Syphilis wieder auf dem Vormarsch. Die Inzidenz stieg von 0,5 Fallen per 100.000 im Jahre 1993 auf 5.7 per 100.000 im Jahre 2005. Tendenz: Weiter rapid ansteigend. Der Preis der Freiheit? Aber ein vermeidbarer Preis.
sfux - 25. Nov, 10:27 Article 9192x read
Physikalische Möglichkeiten dei Antibiotikaresistenz
Gruß, HB