Dunkle Wolken über Südafrika
Dr. Günter Pabst - Ist das Land am Kap dabei, politisch ein zweites Simbabwe zu werden? Was unterscheidet Südafrika in den politischen und gesellschaftlichen Grundstrukturen von Simbabwe?
Noch vor wenigen Monaten konnte man hierauf überzeugende Antworten geben. Südafrika hat eine freie, sachkundige Presse, eine unabhängige, selbstbewusste Justiz und eine starke, wache Zivilgesellschaft mit Institutionen, die ein gewisses Gegengewicht zum Machtzentrum von Regierung und Regierungspartei darstellen. Gerichte, allen voran das Verfassungsgericht, hatten schon mal Entscheidungen getroffen, die den politischen Machthabern nicht schmecken konnten.
Und regierungsunabhängige Institutionen wie die South African Human Rights Commission (SAHRC), die National Prosecuting Authority (NPA) oder auch die Judicial Services Commission (JSC) hatten gelegentlich beweisen können, dass sie nicht nur in der Verfassungstheorie frei von politischer Einflussnahme waren. In einem solchen Rahmen hatte sich dann auch nach 1994 zunehmend eine Kultur von Respekt, Toleranz und Rechtstaatlichkeit zu entfalten begonnen, auf die Südafrika stolz war.
Diese feinen Strukturen der Machtbalance haben Risse erhalten; sie drohen zu verfallen. Was die Welt in Simbabwe mit ungläubigem Staunen beobachten kann, scheint in Teilen auf dem Weg zu sein ins Nachbarland Südafrika: Missachtung demokratischer Spielregeln, Drohung mit Gewalt, Beseitigung der Gewaltenteilung, kurzum die Unterordnung des gesamten Landes unter die Herrschaft einer Partei. Wer das nicht wahrhaben will, sollte sich einige Anschauungsbeispiele der letzten Wochen vor Augen halten.
Reichlich neue Nahrung für einen robusten Afro-Pessimismus
Da ist zunächst die offizielle Haltung der südafrikanischen Außenpolitik zu den politischen Entwicklungen in Simbabwe. Unter Hinweis auf die Vorzüge einer “stillen Diplomatie” wird schlicht geleugnet, dass Mugabe ein menschenverachtender Despot ist, der sein Land schon längst in den Abgrund gewirtschaftet hat. Diese Kumpanei mit einem verbrecherischen Regime ist nun nicht etwa eine südafrikanische Spezialität; die meisten Führer des Kontinents halten Mugabe die Stange. Sie ignorieren die mahnenden Worte aus respektierten Kreisen der internationalen Staatengemeinschaft und nehmen billigend in Kauf, dass sie damit reichlich neue Nahrung für einen robusten Afro-Pessimismus liefern.
Erste Erkenntnis: Solidarität mit einem alten Kampfgefährten aus Kolonial- und Apartheidzeiten steht über menschlichem Anstand, politischer Klugheit und Respekt vor Recht und demokratischen Spielregeln. Wer sich so gegenüber dem Nachbarn zeigt, hat auch das Potenzial, sich so im eigenen Land zu verhalten. Wo sollte da noch der Unterschied sein?
Presse, Justiz und Zivilgesellschaft?
Aber da gibt es ja noch, jedenfalls in Südafrika, die Gegengewichte: Presse, Justiz und Zivilgesellschaft. Oder vielleicht doch nicht mehr, oder jedenfalls nicht mehr lange? Schon gut möglich, dass Historiker den Wendepunkt in der jungen Demokratie des Landes mit dem ANC-Parteitag im Dezember 2007 in Polokwane verbinden werden: Dem Sieg des Zuma-Lagers über das Mbeki-Camp.
Thabo Mbeki steht sicherlich für das Versagen in vielen politischen Fragen, u.a. auch in der Behandlung des Simbabwe-Desasters. Das ist schlimm genug; doch er demonstriert einen gewissen demokratischen Anstand . Seit jedoch Jacob Zuma an der Spitze des ANC steht und seine Gefolgsleute in den Parteistrukturen das Sagen haben, zeigen sich bedrohliche Ansätze von Machtarroganz und Missachtung der Spielregeln einer rechtstaatlichen Ordnung.
Ausgangspunkt und Gravitationszentrum ist das Strafverfahren gegen Jacob Zuma. Vorgeworfen wird ihm Bestechlichkeit, Betrug und Geldwäsche im Zusammenhang mit Rüstungsgeschäften in den 90er Jahren. Die Ermittlungen laufen seit geraumer Zeit. Sein “Finanzberater” Schabir Shaik, der ihn über Jahre finanziell ausgehalten hatte, war hierfür am 7. Juni 2005 zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Eigentlich eine ziemlich klare Angelegenheit: Shaik war der Aktive, Zuma stand auf der Empfängerseite, also naheliegenderweise als der Korrumpierte. So sah es auch die NPA und ermittelt seit langem mit Akribie.
Zuma Anwälte kreuzen Klingen
Auf vielen Nebenschauplätzen haben die Zuma-Anwälte mit der NPA schon die Klingen gekreuzt, sogar in Mauritius. Dort lagern delikate Beweisstücke, die nun an die NPA herausgegeben werden dürfen. Und auch das Verfassungsgericht ist beschäftigt; dazu später. Für Zuma sind die Ermittlungen nichts anderes als eine Kampagne, um seine politische Karriere zu beenden. Seine Gefolgsleute stoßen ins gleiche Horn; sie fordern eine Einstellung des Verfahrens, auch weil ein fairer Prozess nicht (mehr) möglich sei. Schon allein diese Haltung zeugt von einem möglicherweise gebrochenen Verhältnis zu rechtstaatlichen Spielregeln. Nun aber verschärft sich der Ton, die Gangart wird ruppiger.
Erstes Opfer im Kampf des Zuma-Lagers um mehr Macht im Staat ist die NPA. Effektivster Teil der Organisation ist das Directorate of Special Operations (DSO - genannt “Scorpions”), die Spezialeinheit für schwierige, delikate Ermittlungen (wie im Fall Zuma, aber auch gegen andere hochrangige Politiker und Beamte). Die Scorpions werden demnächst aufgelöst und in die Polizei integriert. Damit folgt die Regierung einem Beschluss des ANC-Parteitages 2007, auf dem bekanntlich die Zuma-Anhänger in der Mehrheit waren. Ohne Scorpions ist die NPA ein Kopf ohne Zähne – ein Schelm, wer Böses denkt?
"Zu den Waffen greifen, um zu töten"
Eskaliert hat die Hysterie um den Fall Zuma am 17. Juni diesen Jahres, einem Feiertag zur Erinnerung an die Jugendrevolte in Soweto 1976. Der Führer der ANC Youth League (ANCYL), Julius Malema, hielt eine feurige Rede, in der er auch die Solidarität der ANCYL zu Zuma bekräftigte. Die Organisation werde “für Zuma zu den Waffen greifen, um zu töten”. Man glaubt es kaum, aber es war so ausgesprochen. Nun sollte man erwarten, dass ein unisoner Sturm der Entrüstung losbricht, von dem Malema nur so weggefegt wird. Weit gefehlt. Natürlich haben sich die Oppositionsparteien und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu Wort gemeldet und den Auftritt verurteilt.
COSATU-Generalsekretär Zwelenzima Vavi jedoch war schnell zur Stelle mit einer Unterstützung Malemas: Die Gewerkschaften hätten immer schon gefordert, das Verfahren gegen Zuma einzustellen. Auch er sei bereit, für Zuma zu den Waffen zu greifen; schliesslich sei dieser einer ihrer Führer.
ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe wies Forderungen zurück, Malema zu disziplinieren. Wenn das geschehe, würde man eine junge Politiker-Karriere vorzeitig beenden; er müsse sich entwickeln können. Die SAHRC blieb zunächst hartnäckig am Ball. Sie forderte Malema zu einer Entschuldigung auf, ansonsten werde man rechtliche Schritte einleiten. Und Malema selbst? Erst zeigte er Unverständnis über die Aufregung auf einigen Seiten. Dann begann er, sein Statement zu rechtfertigen, indem er einen Bezug zum bewaffneten Befreiungskampf gegen die Apartheid herstellte.
Dieser Kampf sei noch nicht gewonnen; er sei nicht beendet, sondern nur suspendiert. Schließlich erklärte er, seine Äußerung sei “nicht wörtlich gemeint”; in seiner Kultur würde man so etwas sagen, um Loyalität zum Ausdruck zu bringen. Letzte Woche traf er sich mit der SAHRC, die ja mit rechtlichen Mitteln gedroht hatte, falls er sich nicht entschuldige. Das tat er aber nicht. Er lies nur verlauten, das böse Wort “töten” nicht mehr öffentlich zu verwenden. Die SAHRC sieht das nun wohl als ausreichend an und wird nun keine weiteren Schritte gegen Malema unternehmen. Die SAHRC – das zweite Opfer im Kampf des Zuma-Lagers um mehr Macht?
Beschwerde gegen Scorpions
Als drittes Opfer ist offensichtlich das Verfassungsgericht im Visier. Angefangen hat dies mit der Verfassungs-Beschwerde der Zuma-Anwälte gegen eine Durchsuchungsaktion der Scorpions, bei der Unterlagen beschlagnahmt wurden waren. Nun wird sich also das höchste Gericht erstmals mit einem Aspekt der Zuma-Ermittlungen befassen müssen. Und schon gibt es neues Anschauungsmaterial für die Erosion des demokratischen Rechtstaates.
Da gab es vor ein paar Wochen einer Begegnung des Chef-Richters des Western Cape, John Hlophe, mit den beiden Verfassungsrichtern Chris Jafta und Bess Nkabinde. Was da in Einzelnen vorging ist umstritten. Jedenfalls hat das Richterkollegium des Constitutional Court eine schriftliche Beschwerde an die JSC eingereicht. Danach habe Hlophe seine Gesprächspartner zu überreden versucht, in dem anhängigen Verfahren zu Gunsten Zumas zu entscheiden.
Dies sei ein unzulässiger Versuch der Beeinflussung des Gerichts und verstoße gegen die Regeln einer rechtstaatlichen Gerichtsbarkeit. Schnell wurden in der Öffentlichkeit Rufe nach einer Absetzung Hlophes laut. Der bezichtigte die Beschwerdeführer im Gegenzug der Lüge. So steht der JSC nicht nur eine Menge Arbeit bei der Aufklärung des Sachverhalts bevor - sie droht nun auch ins Visier zu geraten. Denn in der JSC gibt es einige Querdenker, die sich vom ANC nichts vorschreiben lassen. Bis vor wenigen Tagen schien es noch eine interne Angelegenheit der Justiz zu sein.
Nun aber hat auch dieser Fall eine ganz neue Dimension erlangt. Wieder hat sich der General-Sekretär des ANC zu Wort gemeldet. In einem Interview mit dem Wochenblatt “Mail & Guardian” verstieg sich Gwede Mantashe in geradezu abenteuerliche Statements. John Hlophe werde “zum Sündenbock gemacht”, mit dem das Verfassungsgericht “den Auftakt setze, sich auf Zuma einzuschiessen”. Das Gericht plane eine “gezielten Kampagne gegen Zuma” und sei “Teil der konterrevolutionären Kräfte”, zu denen auch die Oppositionsparteien Democratic Alliance (DA), United Democratic Movement (UDM) und Inkhata Freedom Party (IFP) gehörten.
Dazu muss man wissen, dass es sich bei den Richtern des höchsten Gerichts im Lande nicht etwa um Überbleibsel aus Apartheidzeiten handelt; der Constitutional Court verdankt seine Existenz erst der neuen Verfassung. Es ist also ein Gremium, das integraler Bestandteil des neuen rechtstaatlichen Systems ist, besetzt mit Juristen, die allgemein als hervorragend qualifiziert gelten. Das Aushängeschild der dritten Gewalt im Staat als konterrevolutionäre Kraft – was für Abgrund! Man wir diese Äußerungen aus der Spitze des ANC wohl als eine Art Wendepunkt in der demokratischen Entwicklung des Landes ansehen müssen.
Die Regieanweisung könnte demnach so lauten: Die Revolution ist noch nicht beendet; der bewaffnete Kampf ist nur suspendiert; wer dem Sieg der Revolution im Wege steht, muss mit dem Einsatz von Waffengewalt rechnen; das Verfassungsgericht steht im Weg; eine Entscheidung zu Lasten Zumas wäre der Beweis. Hirngespinst oder logische Ableitung aus Äußerungen der letzten Wochen?
Es sieht wirklich nicht gut aus in einem Land, in dem sich Politiker wie Zuma, Malema, Mantashe und Gewerkschaftler wie Vavi in Führungspositionen befinden. In Simbabwe kamen Diktatur, Gesetzlosigkeit und wirtschaftlicher Niedergang nicht über Nacht. Es begann ganz allmählich und machte sich breit, weil niemand den Anfängen entschlossen entgegentrat.
Dieser Artikel wurde durch Capetown-online ermöglicht
Dr. Günter Papst hat in den letzten Jahren zu verschiedenen rechtlichen, steuerlichen, wirtschaftlichen und politischen Themen in Fachzeitschriften und Magazinen Beiträge veröffentlicht. Mehrfach wurde er eingeladen, vor Wirtschaftsdelegationen in Südafrika und auf Seminaren und Workshops in Deutschland Vorträge zu diversen Südafrika-Themen zu halten. Dr. Papst ist Rechtsanwalt, seine Hompage finden sie unter Papst & Papst Consulting.
Noch vor wenigen Monaten konnte man hierauf überzeugende Antworten geben. Südafrika hat eine freie, sachkundige Presse, eine unabhängige, selbstbewusste Justiz und eine starke, wache Zivilgesellschaft mit Institutionen, die ein gewisses Gegengewicht zum Machtzentrum von Regierung und Regierungspartei darstellen. Gerichte, allen voran das Verfassungsgericht, hatten schon mal Entscheidungen getroffen, die den politischen Machthabern nicht schmecken konnten.
Und regierungsunabhängige Institutionen wie die South African Human Rights Commission (SAHRC), die National Prosecuting Authority (NPA) oder auch die Judicial Services Commission (JSC) hatten gelegentlich beweisen können, dass sie nicht nur in der Verfassungstheorie frei von politischer Einflussnahme waren. In einem solchen Rahmen hatte sich dann auch nach 1994 zunehmend eine Kultur von Respekt, Toleranz und Rechtstaatlichkeit zu entfalten begonnen, auf die Südafrika stolz war.
Diese feinen Strukturen der Machtbalance haben Risse erhalten; sie drohen zu verfallen. Was die Welt in Simbabwe mit ungläubigem Staunen beobachten kann, scheint in Teilen auf dem Weg zu sein ins Nachbarland Südafrika: Missachtung demokratischer Spielregeln, Drohung mit Gewalt, Beseitigung der Gewaltenteilung, kurzum die Unterordnung des gesamten Landes unter die Herrschaft einer Partei. Wer das nicht wahrhaben will, sollte sich einige Anschauungsbeispiele der letzten Wochen vor Augen halten.
Reichlich neue Nahrung für einen robusten Afro-Pessimismus
Da ist zunächst die offizielle Haltung der südafrikanischen Außenpolitik zu den politischen Entwicklungen in Simbabwe. Unter Hinweis auf die Vorzüge einer “stillen Diplomatie” wird schlicht geleugnet, dass Mugabe ein menschenverachtender Despot ist, der sein Land schon längst in den Abgrund gewirtschaftet hat. Diese Kumpanei mit einem verbrecherischen Regime ist nun nicht etwa eine südafrikanische Spezialität; die meisten Führer des Kontinents halten Mugabe die Stange. Sie ignorieren die mahnenden Worte aus respektierten Kreisen der internationalen Staatengemeinschaft und nehmen billigend in Kauf, dass sie damit reichlich neue Nahrung für einen robusten Afro-Pessimismus liefern.
Erste Erkenntnis: Solidarität mit einem alten Kampfgefährten aus Kolonial- und Apartheidzeiten steht über menschlichem Anstand, politischer Klugheit und Respekt vor Recht und demokratischen Spielregeln. Wer sich so gegenüber dem Nachbarn zeigt, hat auch das Potenzial, sich so im eigenen Land zu verhalten. Wo sollte da noch der Unterschied sein?
Presse, Justiz und Zivilgesellschaft?
Aber da gibt es ja noch, jedenfalls in Südafrika, die Gegengewichte: Presse, Justiz und Zivilgesellschaft. Oder vielleicht doch nicht mehr, oder jedenfalls nicht mehr lange? Schon gut möglich, dass Historiker den Wendepunkt in der jungen Demokratie des Landes mit dem ANC-Parteitag im Dezember 2007 in Polokwane verbinden werden: Dem Sieg des Zuma-Lagers über das Mbeki-Camp.
Thabo Mbeki steht sicherlich für das Versagen in vielen politischen Fragen, u.a. auch in der Behandlung des Simbabwe-Desasters. Das ist schlimm genug; doch er demonstriert einen gewissen demokratischen Anstand . Seit jedoch Jacob Zuma an der Spitze des ANC steht und seine Gefolgsleute in den Parteistrukturen das Sagen haben, zeigen sich bedrohliche Ansätze von Machtarroganz und Missachtung der Spielregeln einer rechtstaatlichen Ordnung.
Ausgangspunkt und Gravitationszentrum ist das Strafverfahren gegen Jacob Zuma. Vorgeworfen wird ihm Bestechlichkeit, Betrug und Geldwäsche im Zusammenhang mit Rüstungsgeschäften in den 90er Jahren. Die Ermittlungen laufen seit geraumer Zeit. Sein “Finanzberater” Schabir Shaik, der ihn über Jahre finanziell ausgehalten hatte, war hierfür am 7. Juni 2005 zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Eigentlich eine ziemlich klare Angelegenheit: Shaik war der Aktive, Zuma stand auf der Empfängerseite, also naheliegenderweise als der Korrumpierte. So sah es auch die NPA und ermittelt seit langem mit Akribie.
Zuma Anwälte kreuzen Klingen
Auf vielen Nebenschauplätzen haben die Zuma-Anwälte mit der NPA schon die Klingen gekreuzt, sogar in Mauritius. Dort lagern delikate Beweisstücke, die nun an die NPA herausgegeben werden dürfen. Und auch das Verfassungsgericht ist beschäftigt; dazu später. Für Zuma sind die Ermittlungen nichts anderes als eine Kampagne, um seine politische Karriere zu beenden. Seine Gefolgsleute stoßen ins gleiche Horn; sie fordern eine Einstellung des Verfahrens, auch weil ein fairer Prozess nicht (mehr) möglich sei. Schon allein diese Haltung zeugt von einem möglicherweise gebrochenen Verhältnis zu rechtstaatlichen Spielregeln. Nun aber verschärft sich der Ton, die Gangart wird ruppiger.
Erstes Opfer im Kampf des Zuma-Lagers um mehr Macht im Staat ist die NPA. Effektivster Teil der Organisation ist das Directorate of Special Operations (DSO - genannt “Scorpions”), die Spezialeinheit für schwierige, delikate Ermittlungen (wie im Fall Zuma, aber auch gegen andere hochrangige Politiker und Beamte). Die Scorpions werden demnächst aufgelöst und in die Polizei integriert. Damit folgt die Regierung einem Beschluss des ANC-Parteitages 2007, auf dem bekanntlich die Zuma-Anhänger in der Mehrheit waren. Ohne Scorpions ist die NPA ein Kopf ohne Zähne – ein Schelm, wer Böses denkt?
"Zu den Waffen greifen, um zu töten"
Eskaliert hat die Hysterie um den Fall Zuma am 17. Juni diesen Jahres, einem Feiertag zur Erinnerung an die Jugendrevolte in Soweto 1976. Der Führer der ANC Youth League (ANCYL), Julius Malema, hielt eine feurige Rede, in der er auch die Solidarität der ANCYL zu Zuma bekräftigte. Die Organisation werde “für Zuma zu den Waffen greifen, um zu töten”. Man glaubt es kaum, aber es war so ausgesprochen. Nun sollte man erwarten, dass ein unisoner Sturm der Entrüstung losbricht, von dem Malema nur so weggefegt wird. Weit gefehlt. Natürlich haben sich die Oppositionsparteien und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu Wort gemeldet und den Auftritt verurteilt.
COSATU-Generalsekretär Zwelenzima Vavi jedoch war schnell zur Stelle mit einer Unterstützung Malemas: Die Gewerkschaften hätten immer schon gefordert, das Verfahren gegen Zuma einzustellen. Auch er sei bereit, für Zuma zu den Waffen zu greifen; schliesslich sei dieser einer ihrer Führer.
ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe wies Forderungen zurück, Malema zu disziplinieren. Wenn das geschehe, würde man eine junge Politiker-Karriere vorzeitig beenden; er müsse sich entwickeln können. Die SAHRC blieb zunächst hartnäckig am Ball. Sie forderte Malema zu einer Entschuldigung auf, ansonsten werde man rechtliche Schritte einleiten. Und Malema selbst? Erst zeigte er Unverständnis über die Aufregung auf einigen Seiten. Dann begann er, sein Statement zu rechtfertigen, indem er einen Bezug zum bewaffneten Befreiungskampf gegen die Apartheid herstellte.
Dieser Kampf sei noch nicht gewonnen; er sei nicht beendet, sondern nur suspendiert. Schließlich erklärte er, seine Äußerung sei “nicht wörtlich gemeint”; in seiner Kultur würde man so etwas sagen, um Loyalität zum Ausdruck zu bringen. Letzte Woche traf er sich mit der SAHRC, die ja mit rechtlichen Mitteln gedroht hatte, falls er sich nicht entschuldige. Das tat er aber nicht. Er lies nur verlauten, das böse Wort “töten” nicht mehr öffentlich zu verwenden. Die SAHRC sieht das nun wohl als ausreichend an und wird nun keine weiteren Schritte gegen Malema unternehmen. Die SAHRC – das zweite Opfer im Kampf des Zuma-Lagers um mehr Macht?
Beschwerde gegen Scorpions
Als drittes Opfer ist offensichtlich das Verfassungsgericht im Visier. Angefangen hat dies mit der Verfassungs-Beschwerde der Zuma-Anwälte gegen eine Durchsuchungsaktion der Scorpions, bei der Unterlagen beschlagnahmt wurden waren. Nun wird sich also das höchste Gericht erstmals mit einem Aspekt der Zuma-Ermittlungen befassen müssen. Und schon gibt es neues Anschauungsmaterial für die Erosion des demokratischen Rechtstaates.
Da gab es vor ein paar Wochen einer Begegnung des Chef-Richters des Western Cape, John Hlophe, mit den beiden Verfassungsrichtern Chris Jafta und Bess Nkabinde. Was da in Einzelnen vorging ist umstritten. Jedenfalls hat das Richterkollegium des Constitutional Court eine schriftliche Beschwerde an die JSC eingereicht. Danach habe Hlophe seine Gesprächspartner zu überreden versucht, in dem anhängigen Verfahren zu Gunsten Zumas zu entscheiden.
Dies sei ein unzulässiger Versuch der Beeinflussung des Gerichts und verstoße gegen die Regeln einer rechtstaatlichen Gerichtsbarkeit. Schnell wurden in der Öffentlichkeit Rufe nach einer Absetzung Hlophes laut. Der bezichtigte die Beschwerdeführer im Gegenzug der Lüge. So steht der JSC nicht nur eine Menge Arbeit bei der Aufklärung des Sachverhalts bevor - sie droht nun auch ins Visier zu geraten. Denn in der JSC gibt es einige Querdenker, die sich vom ANC nichts vorschreiben lassen. Bis vor wenigen Tagen schien es noch eine interne Angelegenheit der Justiz zu sein.
Nun aber hat auch dieser Fall eine ganz neue Dimension erlangt. Wieder hat sich der General-Sekretär des ANC zu Wort gemeldet. In einem Interview mit dem Wochenblatt “Mail & Guardian” verstieg sich Gwede Mantashe in geradezu abenteuerliche Statements. John Hlophe werde “zum Sündenbock gemacht”, mit dem das Verfassungsgericht “den Auftakt setze, sich auf Zuma einzuschiessen”. Das Gericht plane eine “gezielten Kampagne gegen Zuma” und sei “Teil der konterrevolutionären Kräfte”, zu denen auch die Oppositionsparteien Democratic Alliance (DA), United Democratic Movement (UDM) und Inkhata Freedom Party (IFP) gehörten.
Dazu muss man wissen, dass es sich bei den Richtern des höchsten Gerichts im Lande nicht etwa um Überbleibsel aus Apartheidzeiten handelt; der Constitutional Court verdankt seine Existenz erst der neuen Verfassung. Es ist also ein Gremium, das integraler Bestandteil des neuen rechtstaatlichen Systems ist, besetzt mit Juristen, die allgemein als hervorragend qualifiziert gelten. Das Aushängeschild der dritten Gewalt im Staat als konterrevolutionäre Kraft – was für Abgrund! Man wir diese Äußerungen aus der Spitze des ANC wohl als eine Art Wendepunkt in der demokratischen Entwicklung des Landes ansehen müssen.
Die Regieanweisung könnte demnach so lauten: Die Revolution ist noch nicht beendet; der bewaffnete Kampf ist nur suspendiert; wer dem Sieg der Revolution im Wege steht, muss mit dem Einsatz von Waffengewalt rechnen; das Verfassungsgericht steht im Weg; eine Entscheidung zu Lasten Zumas wäre der Beweis. Hirngespinst oder logische Ableitung aus Äußerungen der letzten Wochen?
Es sieht wirklich nicht gut aus in einem Land, in dem sich Politiker wie Zuma, Malema, Mantashe und Gewerkschaftler wie Vavi in Führungspositionen befinden. In Simbabwe kamen Diktatur, Gesetzlosigkeit und wirtschaftlicher Niedergang nicht über Nacht. Es begann ganz allmählich und machte sich breit, weil niemand den Anfängen entschlossen entgegentrat.
Dieser Artikel wurde durch Capetown-online ermöglicht
Dr. Günter Papst hat in den letzten Jahren zu verschiedenen rechtlichen, steuerlichen, wirtschaftlichen und politischen Themen in Fachzeitschriften und Magazinen Beiträge veröffentlicht. Mehrfach wurde er eingeladen, vor Wirtschaftsdelegationen in Südafrika und auf Seminaren und Workshops in Deutschland Vorträge zu diversen Südafrika-Themen zu halten. Dr. Papst ist Rechtsanwalt, seine Hompage finden sie unter Papst & Papst Consulting.
sfux - 23. Jul, 08:00 Article 4617x read
Seit langem dunkle Wolken
Angefangen hatte es mit der Abschaffung der offenen Diskussion innerhalb der Regierungspartei ANC. Stattdessen fuehrte Mbeki die Intrige und das Durchdruecken der Entscheidungen von oben nach unten ohne Diskussion ein.
Sehr anschaulich beschrieben in dem Buch des ehemaligen Parlamentsabgeordneten des ANC, Andrew Feinstein "After the Party".
Bereits zuvor hatten die wohl begabtesten ANC Politiker Cyril Ramaphosa und Tokyo Sexwale das Handtuch geworfen, sie waren Mbekis Intrigenspiel mehr als satt.
Auch umgab sich Mbeki mit einem Kuechenkabinett von Jasagern, das ihm ein kritisches Hinterfragen ersparte.
Weiter gings mit seiner HIV-AIDS Leugnerei, die Tausenden von Suedafrikanern das Leben gekostet hat und noch kosten wird und im Verbund nicht nur die Ausbreitung der HIV-Aids Seuche, sondern auch noch die massive Ausbreitung der Tuberkulose und jetzt auch der Multidrug resistenten Tuberkulose foerderte.
Dazu liess seine voellig hoffnungslose Gesundheitsministerin Manto Tshabalala Msimang, in Botswana wegen Diebstahls an Patienten vorbestraft, den Dr. Rath aus Deutschland seine Pillchen verkaufen, und die Patienten von dem Einnehmen der antiretroviralen Medikamente abhalten.
Sie selbst propagierte Rote Beete und Knoblauch als Mittel gegen die HIV Krankheit.
Weiter Mbekis Reaktion auf die Xenophobiekrise, die Tausende zu internen Fluechtlingen gemacht hat.
Dann die ungezuegelte Ausbreitung der Kriminalitaet, insbesondere der Gewaltkriminalitaet, die dazu gefuehrt hat, dass die Zahl der Menschen, die aus Suedafrika auswandern wollen mittlerweile bei 20% liegt. Kommentar Mbeki: Kriminalitaet von Weissen aufgebauscht.
Weiter gehts mit der Stromversorgungskrise. Als Mbeki von 10 Jahren darauf aufmerksam gemacht wurde, dass Engpaesse drohen werden,die jetzt Realitaet sind, wischte er das ohne Sachkenntnis vom Tisch.
Dann das Absetzen des Generalstaatsanwalts Vusi Pikoli, das Kasperletheater um den Staatsrundfunk SABC und seinen Intendanten Mpofu, die Simbabwe-Krise und und und..
Die Wut und Empoerung ueber das Versagen Mbekis und seine kalte intellektuelle Arroganz machten erst den Wiederaufstieg von Zuma moeglich, auch dass Mbeki nicht seine Kandidatur fuer den ANC Vorsitz bei der Konferenz in Polokwane zurueckzog und einen Kompromisskandidaten, z.B. Sexwale ins Gespraech brachte foerderte das alles nur..
Der Macher duesterer Wolken in Suedafrika heisst Thabo Mbeki, der niemals haette Praesident werden duerfen. Die Episode Hlope/Verfassungsgericht ist dann die Pflanze,die dann auf diesem Morast gedeiht
Worin nun der "demokratische Anstand" des Herrn Mbeki bestehen soll, vermag ich ebenfalls nicht zu erkennen.
Mbeki bezeichnete den Ausgang der Wahlen in Zimbabwe im Jahre 2002, die durch Terror und Wahlbetrug gekennzeichnet waren als"legitimate" eine glatte Verhoehnung demokratischer Prinzipien. Und auch jetzt, anders als beispielsweise die Regierung Botswanas, leugnte er nicht nur eine Krise in Zimbabwe, sondern drueckte sich um eine Bewertung der Terrorstichwahl.
Das ist demokratisch unanstaendig und sonst gar nichts.
Dr.Alexander von Paleske
Seit langem dunkle Wolken
Ich hätte es nicht besser ausdrücken können.
Danke,
Dr. v. Hajmasy