Kürzen und Schliessen – das Programm der Gross(artig)en Koalition im Gesundheitswesen
Dr. Alexander von Paleske ---- 20.11. 2013 --- Auch wenn die Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU und SPD noch nicht abgeschlossen, und - fast noch wichtiger – die Posten und Pöstchen noch nicht verteilt sind: Bereits aus den Erfahrungen mit der letzten Grossen Koalition von 2005-2009, und dem, was bisher aus den Verhandlungen zu hören ist: Es wird keine Reform des Gesundheitswesens zugunsten von Patienten und Beschäftigten geben, obgleich sich ja durchgreifende Reformen mit einer Grossen Koalition viel leichter durchsetzen liessen.
Aber im Gesundheitswesen sind sich die Koalitionäre einig: Krankenhäuser sollen geschlossen; und Kosten gesenkt werden.
Ulla Schmidt & Co lassen grüssen
Bereits in der rot-grünen Koalition 1998-2005, und dann in der Grossen schwarz-roten Koalition von 2005-2009, vor allem unter Federführung der Dienstwagen-Affärenministerin Ulla Schmidt, wurden Gesetze verabschiedet und Massnahmen getroffen,
- die vor allem die Vielfalt der Krankenkassen beseitigten
- den Wettbewerb unter den Krankenhäusern anheizten
- mit der Fallpauschale die unnötigen Operationen in die Höhe, und die kleineren bürgernahen Krankenhäuser mit vielen multimorbiden Patienten in die Verlustzone trieben.
- die der sich anbahnenden Katastrophe der Antibiotikaresistenz bestenfalls völlig unzureichend zu Leibe rückten: den Antibiotikaverbrauch in der Tierhaltung in die Höhe trieben, statt ihn zu senken, und die antibiotikaintensive Massentierhaltung nicht einmal im Ansatz begrenzten.
Schliesslich Schwarz-Gelb mit Abnicken der SPD ein Hygiene-Gesetz verabschiedete, das mangels Personal gar nicht umgesetzt werden kann.
Verhandlungsführer einig
Nun haben nach mehrstündigen Verhandlungen in der Arbeitsgruppe Gesundheit die Verhandlungsführer Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) angekündigt, weitere Krankenhäuser zu schliessen. Lediglich in dünnbesiedelten Landstrichen sollen Unterstützungszahlungen geleistet werden, um eine Schliessung zu verhindern.
Viele der insgesamt 2000 Krankenhäuser sind mittlerweile insolvenzgefährdet, die Hälfte schreibt rote Zahlen.
Der Plan der Koalitionäre: Insolvente Krankenhäuser in Altenheime umzuwandeln.
Bürgernah, aber insolvent
Dabei sind es gerade die kleineren bürgernahem Krankenhäuser, die in Zukunft bei der zunehmenden Alterung, und damit steigender Multimorbidität der Bevölkerung, noch dringender benötigt werden.
Nach Einführung der Fallpauschale vor 10 Jahren „lohnt“ sich die Behandlung dieser alten, kranken Menschen nicht, die Fallpauschale wirkt dabei als Fallbeil gleich in mehrere Richtungen:
- gegenüber den Patienten, die schnellstmöglich aus dem Krankenhaus herausgeworfen werden müssen,
- gegenüber den bürgernahen kleineren Krankennhäusern, die wegen dieser Langzeitpatienten und der geringen Fallpauschale in die Verlustzone geraten, und dichtgemacht werden sollen. Nicht die Krankenhäuser sind prinzipiell insolvent, sondern sie werden durch die Fallpauschale und andere Vorgaben in die Insolvenz getrieben.
Fallpauschale als Gelddruckmaschine
Gleichzeitig ist die Fallpauschale eine Gelddruckmaschine für grosse Krankenhäuser, oftmals bereits in der Hand von Klinikkonzernen wie Helios, Asklepios, Rhön etc., die sich schwerpunktmässig dann auf lukrative Eingriffe konzentrieren.
Vielfach wurden und werden die Indikationen zu invasiven Eingriffen auch noch systematisch ausgeweitet, obgleich sich die Indikationslage insgesamt kaum verändert hat.
Statt Hippokrates-Eid und des Gebots des „Non nocere“ werden ärztliche Handlungen betriebswirtschaftlichen Vorgaben untergeordnet. Die Ärzte haben sich gefälligst zu fügen.
Um diese Explosion von lukrativen Eingriffen einzudämmen, soll nicht etwa die Ursache für diese Fehlentwicklung, die Fallpauschale, beseitigt werden, nein, die habe sich „bewährt“
Zweitmeinung als Scheinausweg
Vielmehr sollen nach den Vorstellungen der Koalitionäre die Patienten berechtigt sein, eine „Zweitmeinung“ auf Kosten der Kasse einzuholen, allerdings nicht immer, sondern nur bei bestimmten Eingriffen. Zu diesem Zweck soll zwischen der Indikationsstellung einer Nicht-Notfall- Operation und deren Durchführung eine 10-Tagesfrist eingebaut werden.
Pflege am Computer
Die Pflege soll verbessert werden, indem alle pflegerischen Leistungen nachgewiesen werden müssen, also jedem Gang zum Patienten folgt anschliessend die Eingabe in den Computer zu Dokumentationszwecken.
Offenbar hat der unerträgliche Zustand, dass Krankenhausärzte bereits jetzt bis zu 50% ihrer Zeit mit der Eingabe von Daten am Computer verbringen, nicht etwa abschreckend, vielmehr errmutigend gewirkt.
Es stellt sich die Frage, ob Parlamentarier, die dann derartige Massnahmen beschliessen, jemals längere Zeit haupt- oder nebenberuflich sich in einem Krankenhaus aufgehalten haben, also mit Sachverstand entscheiden.
Dass im Parlament auch Abgeordnete sitzen, die nicht einmal eine abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können, wie die Grüne Katrin Göring-Eckardt, sei nur noch am Rande erwähnt.
Fazit
Es wird alles noch schlechter, und auf keinen Fall besser werden, und statt im Krankenhaus werden in Zukunft viele alte Menschen im Altersheim sozusagen „ambulant“ behandelt, auch wenn sie eine Krankenhausaufnahme benötigen.
Zur Medikamentenresistenz als drohende Apokalypse
Neue Hiobsbotschaften zur Antibiotika-Resistenz - Massnahmen dagegen nicht in Sicht
Grossbritannien: Gefahr der Antibiotikaresistenz vergleichbar mit Terrorismusgefahr und Gefahr der Klimaveränderung
Deutsche Spitzenforscher: Späte Warnung vor Antibiotikaresistenz und unzureichende Vorschläge
Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit
Will Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner uns für dumm verkaufen? – Ein Kommentar zur geplanten Reform des Tierarzneirechts
Verband zur Förderung der Massentierhaltung Deutschlands (VEFMAD) dankt der Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, rot-grüne Reformen, und die Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen
Betrug an den Krankenkassen? – Ein Einwurf
Neuer Skandal in der Berliner Charité – oder: was nicht sein darf auch nicht sein kann
Krankenkassen im Goldrausch, Neurodermitiskranke im Bezahldrama
Weg mit dem Ballast, oder: Lasst schneller sterben und ihr werdet belohnt – Perverse Finanzanreize für britische Krankenhäuser
Weiter bergab im europäischen Gesundheitswesen
Strafgesetzbuch und Sterbehilfe - Eine Nachbemerkung zum Fall der Krebsärztin Dr. Mechthild Bach
Siehe auch die informativen ZEIT-Artikel:
Klappe halten und wegsehen ZEIT vom 20.9. 2012 S. 32
Das Ende der Schweigepflicht ZEIT vom 15.5. 2012
Zu Ulla Schmidt
Limburger Bischof beglückwünscht SPD–Ex-Affärenministerin Ulla Schmidt zur Bundestagsvizepräsidentschaft
SPD-Ulla Schmidt schreibt an SPD-Hoffnungsträger Peer Steinbrück
Ministerin Ulla Schmidt: Nie wieder unter Hartz IV- Bedingungen leben
Danksagung an Event-Manager Manfred Schmidt für die Ulla-Schmidt-Geburtstagsparty
Aber im Gesundheitswesen sind sich die Koalitionäre einig: Krankenhäuser sollen geschlossen; und Kosten gesenkt werden.
Ulla Schmidt & Co lassen grüssen
Bereits in der rot-grünen Koalition 1998-2005, und dann in der Grossen schwarz-roten Koalition von 2005-2009, vor allem unter Federführung der Dienstwagen-Affärenministerin Ulla Schmidt, wurden Gesetze verabschiedet und Massnahmen getroffen,
- die vor allem die Vielfalt der Krankenkassen beseitigten
- den Wettbewerb unter den Krankenhäusern anheizten
- mit der Fallpauschale die unnötigen Operationen in die Höhe, und die kleineren bürgernahen Krankenhäuser mit vielen multimorbiden Patienten in die Verlustzone trieben.
- die der sich anbahnenden Katastrophe der Antibiotikaresistenz bestenfalls völlig unzureichend zu Leibe rückten: den Antibiotikaverbrauch in der Tierhaltung in die Höhe trieben, statt ihn zu senken, und die antibiotikaintensive Massentierhaltung nicht einmal im Ansatz begrenzten.
Schliesslich Schwarz-Gelb mit Abnicken der SPD ein Hygiene-Gesetz verabschiedete, das mangels Personal gar nicht umgesetzt werden kann.
Verhandlungsführer einig
Nun haben nach mehrstündigen Verhandlungen in der Arbeitsgruppe Gesundheit die Verhandlungsführer Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) angekündigt, weitere Krankenhäuser zu schliessen. Lediglich in dünnbesiedelten Landstrichen sollen Unterstützungszahlungen geleistet werden, um eine Schliessung zu verhindern.
Viele der insgesamt 2000 Krankenhäuser sind mittlerweile insolvenzgefährdet, die Hälfte schreibt rote Zahlen.
Der Plan der Koalitionäre: Insolvente Krankenhäuser in Altenheime umzuwandeln.
Bürgernah, aber insolvent
Dabei sind es gerade die kleineren bürgernahem Krankenhäuser, die in Zukunft bei der zunehmenden Alterung, und damit steigender Multimorbidität der Bevölkerung, noch dringender benötigt werden.
Nach Einführung der Fallpauschale vor 10 Jahren „lohnt“ sich die Behandlung dieser alten, kranken Menschen nicht, die Fallpauschale wirkt dabei als Fallbeil gleich in mehrere Richtungen:
- gegenüber den Patienten, die schnellstmöglich aus dem Krankenhaus herausgeworfen werden müssen,
- gegenüber den bürgernahen kleineren Krankennhäusern, die wegen dieser Langzeitpatienten und der geringen Fallpauschale in die Verlustzone geraten, und dichtgemacht werden sollen. Nicht die Krankenhäuser sind prinzipiell insolvent, sondern sie werden durch die Fallpauschale und andere Vorgaben in die Insolvenz getrieben.
Fallpauschale als Gelddruckmaschine
Gleichzeitig ist die Fallpauschale eine Gelddruckmaschine für grosse Krankenhäuser, oftmals bereits in der Hand von Klinikkonzernen wie Helios, Asklepios, Rhön etc., die sich schwerpunktmässig dann auf lukrative Eingriffe konzentrieren.
Vielfach wurden und werden die Indikationen zu invasiven Eingriffen auch noch systematisch ausgeweitet, obgleich sich die Indikationslage insgesamt kaum verändert hat.
Statt Hippokrates-Eid und des Gebots des „Non nocere“ werden ärztliche Handlungen betriebswirtschaftlichen Vorgaben untergeordnet. Die Ärzte haben sich gefälligst zu fügen.
Um diese Explosion von lukrativen Eingriffen einzudämmen, soll nicht etwa die Ursache für diese Fehlentwicklung, die Fallpauschale, beseitigt werden, nein, die habe sich „bewährt“
Zweitmeinung als Scheinausweg
Vielmehr sollen nach den Vorstellungen der Koalitionäre die Patienten berechtigt sein, eine „Zweitmeinung“ auf Kosten der Kasse einzuholen, allerdings nicht immer, sondern nur bei bestimmten Eingriffen. Zu diesem Zweck soll zwischen der Indikationsstellung einer Nicht-Notfall- Operation und deren Durchführung eine 10-Tagesfrist eingebaut werden.
Pflege am Computer
Die Pflege soll verbessert werden, indem alle pflegerischen Leistungen nachgewiesen werden müssen, also jedem Gang zum Patienten folgt anschliessend die Eingabe in den Computer zu Dokumentationszwecken.
Offenbar hat der unerträgliche Zustand, dass Krankenhausärzte bereits jetzt bis zu 50% ihrer Zeit mit der Eingabe von Daten am Computer verbringen, nicht etwa abschreckend, vielmehr errmutigend gewirkt.
Es stellt sich die Frage, ob Parlamentarier, die dann derartige Massnahmen beschliessen, jemals längere Zeit haupt- oder nebenberuflich sich in einem Krankenhaus aufgehalten haben, also mit Sachverstand entscheiden.
Dass im Parlament auch Abgeordnete sitzen, die nicht einmal eine abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können, wie die Grüne Katrin Göring-Eckardt, sei nur noch am Rande erwähnt.
Fazit
Es wird alles noch schlechter, und auf keinen Fall besser werden, und statt im Krankenhaus werden in Zukunft viele alte Menschen im Altersheim sozusagen „ambulant“ behandelt, auch wenn sie eine Krankenhausaufnahme benötigen.
Zur Medikamentenresistenz als drohende Apokalypse
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Siehe auch die informativen ZEIT-Artikel:
Klappe halten und wegsehen ZEIT vom 20.9. 2012 S. 32
Das Ende der Schweigepflicht ZEIT vom 15.5. 2012
Zu Ulla Schmidt
Limburger Bischof beglückwünscht SPD–Ex-Affärenministerin Ulla Schmidt zur Bundestagsvizepräsidentschaft
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Danksagung an Event-Manager Manfred Schmidt für die Ulla-Schmidt-Geburtstagsparty
onlinedienst - 20. Nov, 21:09 Article 3848x read
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