Diagnose: Krebs
Dr. Alexander von Paleske ---- 16.5. 2009 --- Vor sechs Wochen kam eine junge Kollegin am hiesigen Krankenhaus in meine Ambulanz. Sie hatte ihr Medizinstudium, mangels einer medizinischen Fakultät hier, im Ausland vor zwei Jahren abgeschlossen und arbeitete nun in der Medizinischen Klinik als Assistenzärztin, Medical Officer hier genannt.
Sie hatte mich durch ihr Engagement und Kompetenz beeindruckt. Ganz abgesehen davon, dass sie ausserordentlich freundlich und eigentlich immer „gut drauf“ war.
Normalerweise bringen die Kollegen ihre Patienten, deren Röntgenbilder oder Krankenakten mit, um sich Rat zu holen oder um einen Eingriff durchführen zu lassen, wie eine Feinnadelpunktion oder eine Knochenmarkspunktion.
Aber die Kollegin brachte weder einen Patienten zu mir, noch hatte sie Röntgenbilder oder Krankenakten bei sich. Meine Frage, wo der Patient sei, beantwortete sie mit einem Wort: „me“
Ich war einigermassen überrascht. Dann deutete sie auf eine Schwellung im rechten Halsbereich und bat um eine Punktion. Bei der Untersuchung stellte ich eindeutig geschwollene Lymphknoten im rechten Halsbereich fest. Die Kollegin hatte zunächst eine Privatklinik aufgesucht, dort hatte man eine Feinnadelpunktion durchgeführt und die Ausstriche in ein Labor nach Südafrika geschickt. Der Befund von dort: Reaktive Lymphknotenvergrösserung. Also kein Krebs. Erleichterung auf der ganzen Linie.
Die Lymphknoten, so bedeute ihr der Kollege nach Erhalt des Befundes, würden sich alsbald zurückbilden. Nichts Ernsthaftes.
Die Lymphknoten bildeten sich aber nicht zurück, sondern wurden grösser.
Nun kam sie also zu mir. Nach Durchführung der Punktion und anschliessenden Färbung der Ausstriche genügte ein kurzer Blick durch das Mikroskop, um festzustellen, dass die Kollegin keineswegs an einer harmlosen Lymphknotenvergrösserung litt, sondern an Krebs, an Lymphdrüsenkrebs genauer gesagt, an einem hochgradig malignen Non-Hodgkin Lymphom.
Auch wenn ich nun seit 30 Jahren als Arzt arbeite und seit 28 Jahren in einer Krebsabteilung, so stellt die Mitteilung der Diagnose einer potenziell tödlichen Erkrankung immer wieder eine menschliche Herausforderung für den behandelnden Arzt dar. Ganz besonders dann, wenn es sich um einen Menschen handelt, den man gut kennt und der noch dazu gerade am Beginn seines Berufslebens steht.
Die Kollegin hatte gehofft, es würde sich lediglich um Tuberkulose handeln. Die Diagnose „Krebs“ traf sie wie ein Keulenschlag. Sie begann hemmungslos zu weinen. Ich nahm sie in den Arm und versuchte sie zu trösten, aber wie kann man eine Kollegin trösten, die sehr gut weiss, dass es sich zwar um eine heilbare Erkrankung handelt, aber „nur“ 50% geheilt werden können. Oder sollte ich sagen immerhin, denn als mein Vater, den ich nur von Bildern kenne, im Jahre 1947 an dieser Krankheit erkrankte und starb, da war die Heilungsrate gleich null.
Pray for me
Nachdem der Befund duch eine Lymphknotenbiopsie abgesichert war, überwies ich sie nach Südafrika zur Weiterbehandlung. „Pray for me“ – bete für mich - war ihre SMS-Message, als sie das Ambulanzfahrzeug bestieg, das sie nach Johannesburg/Südafrika brachte. Und das war sehr ernst gemeint, denn die Religion spielt hier in Afrika eine viel grössere Rolle als in Europa.
Mittlerweile ist sie zurück und im Einsatz auf der Station. Die noch nicht abgeschlossene Chemotherapie konnte ihrem positiven Lebensmut nichts anhaben. Und die Lymphknoten sind geschmolzen wie Schnee in der Sonne unter der Therapie.
Hoffentlich bleibt es so.
Cancer surge overwhelms AIDS-struck Botswana
Bittere Pillen für die Dritte Welt
Sie hatte mich durch ihr Engagement und Kompetenz beeindruckt. Ganz abgesehen davon, dass sie ausserordentlich freundlich und eigentlich immer „gut drauf“ war.
Normalerweise bringen die Kollegen ihre Patienten, deren Röntgenbilder oder Krankenakten mit, um sich Rat zu holen oder um einen Eingriff durchführen zu lassen, wie eine Feinnadelpunktion oder eine Knochenmarkspunktion.
Aber die Kollegin brachte weder einen Patienten zu mir, noch hatte sie Röntgenbilder oder Krankenakten bei sich. Meine Frage, wo der Patient sei, beantwortete sie mit einem Wort: „me“
Ich war einigermassen überrascht. Dann deutete sie auf eine Schwellung im rechten Halsbereich und bat um eine Punktion. Bei der Untersuchung stellte ich eindeutig geschwollene Lymphknoten im rechten Halsbereich fest. Die Kollegin hatte zunächst eine Privatklinik aufgesucht, dort hatte man eine Feinnadelpunktion durchgeführt und die Ausstriche in ein Labor nach Südafrika geschickt. Der Befund von dort: Reaktive Lymphknotenvergrösserung. Also kein Krebs. Erleichterung auf der ganzen Linie.
Die Lymphknoten, so bedeute ihr der Kollege nach Erhalt des Befundes, würden sich alsbald zurückbilden. Nichts Ernsthaftes.
Die Lymphknoten bildeten sich aber nicht zurück, sondern wurden grösser.
Nun kam sie also zu mir. Nach Durchführung der Punktion und anschliessenden Färbung der Ausstriche genügte ein kurzer Blick durch das Mikroskop, um festzustellen, dass die Kollegin keineswegs an einer harmlosen Lymphknotenvergrösserung litt, sondern an Krebs, an Lymphdrüsenkrebs genauer gesagt, an einem hochgradig malignen Non-Hodgkin Lymphom.
Auch wenn ich nun seit 30 Jahren als Arzt arbeite und seit 28 Jahren in einer Krebsabteilung, so stellt die Mitteilung der Diagnose einer potenziell tödlichen Erkrankung immer wieder eine menschliche Herausforderung für den behandelnden Arzt dar. Ganz besonders dann, wenn es sich um einen Menschen handelt, den man gut kennt und der noch dazu gerade am Beginn seines Berufslebens steht.
Die Kollegin hatte gehofft, es würde sich lediglich um Tuberkulose handeln. Die Diagnose „Krebs“ traf sie wie ein Keulenschlag. Sie begann hemmungslos zu weinen. Ich nahm sie in den Arm und versuchte sie zu trösten, aber wie kann man eine Kollegin trösten, die sehr gut weiss, dass es sich zwar um eine heilbare Erkrankung handelt, aber „nur“ 50% geheilt werden können. Oder sollte ich sagen immerhin, denn als mein Vater, den ich nur von Bildern kenne, im Jahre 1947 an dieser Krankheit erkrankte und starb, da war die Heilungsrate gleich null.
Pray for me
Nachdem der Befund duch eine Lymphknotenbiopsie abgesichert war, überwies ich sie nach Südafrika zur Weiterbehandlung. „Pray for me“ – bete für mich - war ihre SMS-Message, als sie das Ambulanzfahrzeug bestieg, das sie nach Johannesburg/Südafrika brachte. Und das war sehr ernst gemeint, denn die Religion spielt hier in Afrika eine viel grössere Rolle als in Europa.
Mittlerweile ist sie zurück und im Einsatz auf der Station. Die noch nicht abgeschlossene Chemotherapie konnte ihrem positiven Lebensmut nichts anhaben. Und die Lymphknoten sind geschmolzen wie Schnee in der Sonne unter der Therapie.
Hoffentlich bleibt es so.
Cancer surge overwhelms AIDS-struck Botswana
Bittere Pillen für die Dritte Welt
onlinedienst - 16. Mai, 23:33 Article 4837x read