Afrika – Ein Kontinent wird zum reinen Rohstoffverkäufer
Dr. Alexander von Paleske --- 20.10. 2012 ---
Vor vier Wochen kaufte ich zum wohl letzten Mal im Fabrik-Shop der Firma Archer ein. Eine Textilfabrik in Bulawayo, die seit Jahrzehnten hochwertige Textilien herstellt, meist aus Baumwolle heimischer Produktion.
Die Firma musste Insolvenz anmelden und ging damit den Weg fast aller Textilfabriken in Bulawayo, dem einstigen industriellen Herz Simbabwes.
Dort gab es nicht nur eine blühende Textilindustrie, sondern auch andere weiterverarbeitende Gewerbe, wie z.B. Schuhfabriken und Fleischverarbeitung. Vorbei.
Die Fabrikhallen stehen jetzt entweder leer und wurden in Lagerräume für Supermärkte umgewandelt, wo nur noch wenige Menschen Beschäftigung finden. Die Arbeitslosigkeit ist entsprechend hoch, und weiter im Steigen begriffen, trotz der ökonomischen Teilerholung.
Gründe für Misere
Die Gründe für diese Misere sind leicht zu finden: Zum einen wird Simbabwe, wie viele andere Länder der Dritten Welt, mit gebrauchten Textilien überschwemmt, die aus Altkleidersammlungen in Europa und den USA stammen.
Verkauf gebrauchter Textilien in Bulawayo. Fotos: Dr. v. Paleske
Zum anderen sind die Textilgeschäfte der Stadt voll mit chinesischen Billigprodukten, gegen welche die lokale Industrie - trotz ihrer weit höherwertigen Qualität, aber auch höherem Preis - nicht mithalten kann: Niedriger Preis schlägt höhere Qualität.
Textilfabriken wie David Whitehead, Security Mills, Merlin, Cotton Printers, Ascot Clothing, einstmals Glanzstücke einheimischer Produktion, haben dichtgemacht.
Die heimische Baumwolle wird jetzt unverarbeitet nach China und in andere Länder exportiert, die Exporterlöse sind nur ein Bruchteil verglichen mit den einstmaligen Textilprodukten.
Dieser Trend lässt sich in vielen afrikanischen Ländern beobachten, auch in Südafrika.
Nur Rohstoffexporte
Gleichzeitig steigt der Export von Rohstoffen an, sofern die Länder diese besitzen. Aber die Rohstoffförderung, hier in Simbabwe vor allem Kohle, Gold, Kupfer und jetzt auch Diamanten, und im landwirtschaftlichen Bereich Tabak und Baumwolle, schafft vergleichsweise nur wenige Arbeitsplätze.
Andere Industrieinvestitionen: Fehlanzeige.
Die Folge: Die Rohstoffe des Kontinents Afrika, der zum weltweit grössten Rohstofferzeuger aufsteigen wird, werden zum unverarbeiteten einzigen Exportartikel. Die Staaten Afrikas umgekehrt zu Importnationen von Fertigprodukten, mit zunehmend negativer Handelsbilanz. Und sie werden von den oftmals starken Schwankungen der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt extrem abhängig.
Für die lokale Bevölkerung gibt es mangels Industrie keine ausreichende Beschäftigung.
Gewaltsame Auseinandersetzungen nehmen zu
Mehr noch: da die Rohstoffe zum einzigen Exportartikel werden, steigen die gewaltsamen Auseinandersetzungen um den Zugang zu ihnen. Das lässt sich exemplarisch am Konflikt zwischen Sudan und Südsudan (Erdöl) beobachten.
Das war auch der Hintergrund kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen Eritrea und Äthiopien. Das war und ist aber vor allem auch der Hintergrund der Destabilisierung des rohstoffreichen Ostkongo (Rohstoffe: Coltan Gold und Edelhölzer) mit Hilfe von Proxy-Armeen (M 23) durch das rohstoffarme Ruanda, das eine Annexion der ostkongolesischen Provinz Kivu anstrebt.
Publizistisch dabei auch noch unterstützt - man glaubt es kaum – von der TAZ und ihrem Chef der Auslandsredaktion Dominic Johnson.
Hinzu kommen innerstaatliche Konflikte wie in Nigeria (Nigerdelta) und Angola (Cabinda), wo die lokale Bevölkerung entweder gar nicht, oder nur sehr, sehr wenig von den Rohstoffexporten profitiert, aber die volle Wucht der oftmals schweren Umweltverschmutzung zu spüren bekommt und tragen muss. Aufstände waren und sind die logische Folge.
Umweltschäden in der ölreichen, bettelarmen Angola-Enklave Cabinda. Mail & Guardian Südafrika vom 28.9. 2012
Klage gegen Ölmulti Shell wegen Umweltverschmutzung im Nigerdelta vor einem Gericht in den Niederlanden. Kläger: Fischer aus dem Nigerdelta. Screenshot: Dr. v. Paleske
Die betreffenden Regierungen reagieren auf diese Entwicklungen entweder hilflos, oder gar interesselos, zumal, wie in Angola und Nigeria, korrupte Eliten sich die Taschen mit den Deviseneinnahmen aus den Rohstoffverkäufen vollstopfen, und dann im Ausland investieren, das haben wir jüngst am Beispiel Angolas aufgezeigt.
Ex Präsident Thabo Mbeki warnt
In einem Interview mit der südafrikanischen Wochenzeitung „Sunday Independent“ vor zwei Wochen warnte der ehemalige Staatspräsident Südafrikas, Thabo Mbeki dann auch die afrikanischen Staatschefs vor Aufständen nach dem Muster des arabischen Frühlings, wenn sie weiter nur damit beschäftigt sind, ihren persönlichen Reichtum zu vermehren, statt die Interessen der Bevölkerung zu den ihrigen zu machen.
Sunday Independent (Südafrika) vom 7.10. 2012
“You will see in many parts of the (African) continent where people assume positions of leadership as an opportunity to accumulate (personal) wealth. The patience of the youth and ordinary Africans is waning and their frustrations could explode.”
Wohl wahr.
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Die Firma musste Insolvenz anmelden und ging damit den Weg fast aller Textilfabriken in Bulawayo, dem einstigen industriellen Herz Simbabwes.
Dort gab es nicht nur eine blühende Textilindustrie, sondern auch andere weiterverarbeitende Gewerbe, wie z.B. Schuhfabriken und Fleischverarbeitung. Vorbei.
Die Fabrikhallen stehen jetzt entweder leer und wurden in Lagerräume für Supermärkte umgewandelt, wo nur noch wenige Menschen Beschäftigung finden. Die Arbeitslosigkeit ist entsprechend hoch, und weiter im Steigen begriffen, trotz der ökonomischen Teilerholung.
Gründe für Misere
Die Gründe für diese Misere sind leicht zu finden: Zum einen wird Simbabwe, wie viele andere Länder der Dritten Welt, mit gebrauchten Textilien überschwemmt, die aus Altkleidersammlungen in Europa und den USA stammen.
Verkauf gebrauchter Textilien in Bulawayo. Fotos: Dr. v. Paleske
Zum anderen sind die Textilgeschäfte der Stadt voll mit chinesischen Billigprodukten, gegen welche die lokale Industrie - trotz ihrer weit höherwertigen Qualität, aber auch höherem Preis - nicht mithalten kann: Niedriger Preis schlägt höhere Qualität.
Textilfabriken wie David Whitehead, Security Mills, Merlin, Cotton Printers, Ascot Clothing, einstmals Glanzstücke einheimischer Produktion, haben dichtgemacht.
Die heimische Baumwolle wird jetzt unverarbeitet nach China und in andere Länder exportiert, die Exporterlöse sind nur ein Bruchteil verglichen mit den einstmaligen Textilprodukten.
Dieser Trend lässt sich in vielen afrikanischen Ländern beobachten, auch in Südafrika.
Nur Rohstoffexporte
Gleichzeitig steigt der Export von Rohstoffen an, sofern die Länder diese besitzen. Aber die Rohstoffförderung, hier in Simbabwe vor allem Kohle, Gold, Kupfer und jetzt auch Diamanten, und im landwirtschaftlichen Bereich Tabak und Baumwolle, schafft vergleichsweise nur wenige Arbeitsplätze.
Andere Industrieinvestitionen: Fehlanzeige.
Die Folge: Die Rohstoffe des Kontinents Afrika, der zum weltweit grössten Rohstofferzeuger aufsteigen wird, werden zum unverarbeiteten einzigen Exportartikel. Die Staaten Afrikas umgekehrt zu Importnationen von Fertigprodukten, mit zunehmend negativer Handelsbilanz. Und sie werden von den oftmals starken Schwankungen der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt extrem abhängig.
Für die lokale Bevölkerung gibt es mangels Industrie keine ausreichende Beschäftigung.
Gewaltsame Auseinandersetzungen nehmen zu
Mehr noch: da die Rohstoffe zum einzigen Exportartikel werden, steigen die gewaltsamen Auseinandersetzungen um den Zugang zu ihnen. Das lässt sich exemplarisch am Konflikt zwischen Sudan und Südsudan (Erdöl) beobachten.
Das war auch der Hintergrund kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen Eritrea und Äthiopien. Das war und ist aber vor allem auch der Hintergrund der Destabilisierung des rohstoffreichen Ostkongo (Rohstoffe: Coltan Gold und Edelhölzer) mit Hilfe von Proxy-Armeen (M 23) durch das rohstoffarme Ruanda, das eine Annexion der ostkongolesischen Provinz Kivu anstrebt.
Publizistisch dabei auch noch unterstützt - man glaubt es kaum – von der TAZ und ihrem Chef der Auslandsredaktion Dominic Johnson.
Hinzu kommen innerstaatliche Konflikte wie in Nigeria (Nigerdelta) und Angola (Cabinda), wo die lokale Bevölkerung entweder gar nicht, oder nur sehr, sehr wenig von den Rohstoffexporten profitiert, aber die volle Wucht der oftmals schweren Umweltverschmutzung zu spüren bekommt und tragen muss. Aufstände waren und sind die logische Folge.
Umweltschäden in der ölreichen, bettelarmen Angola-Enklave Cabinda. Mail & Guardian Südafrika vom 28.9. 2012
Klage gegen Ölmulti Shell wegen Umweltverschmutzung im Nigerdelta vor einem Gericht in den Niederlanden. Kläger: Fischer aus dem Nigerdelta. Screenshot: Dr. v. Paleske
Die betreffenden Regierungen reagieren auf diese Entwicklungen entweder hilflos, oder gar interesselos, zumal, wie in Angola und Nigeria, korrupte Eliten sich die Taschen mit den Deviseneinnahmen aus den Rohstoffverkäufen vollstopfen, und dann im Ausland investieren, das haben wir jüngst am Beispiel Angolas aufgezeigt.
Ex Präsident Thabo Mbeki warnt
In einem Interview mit der südafrikanischen Wochenzeitung „Sunday Independent“ vor zwei Wochen warnte der ehemalige Staatspräsident Südafrikas, Thabo Mbeki dann auch die afrikanischen Staatschefs vor Aufständen nach dem Muster des arabischen Frühlings, wenn sie weiter nur damit beschäftigt sind, ihren persönlichen Reichtum zu vermehren, statt die Interessen der Bevölkerung zu den ihrigen zu machen.
Sunday Independent (Südafrika) vom 7.10. 2012
“You will see in many parts of the (African) continent where people assume positions of leadership as an opportunity to accumulate (personal) wealth. The patience of the youth and ordinary Africans is waning and their frustrations could explode.”
Wohl wahr.
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onlinedienst - 20. Okt, 18:10 Article 4645x read
Dumping - u. Freihandelspolitik der EU sind...
Economic Partnership Agreement wie es im europäischen Bürokratensumpf euphemistisch unschrieben wird, ist nichts anderes als ein postkolonialer Raubzug.
Schon im Jahr 2006 hat "eine Delegation des Europa-Ausschusses der Französischen Nationalversammlung" einen kritischen Bericht dazu verfasst.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
Ein ebenfalls sehr guter Artikel zu dem Thema:
"Freihandel macht hungrig"
http://www.monde-diplomatique.de/pm/2012/01/13.mondeText.artikel,a0037.idx,8
Liebe Grüße
Jack