Nervige Töne am Kap
Die deutschsprachige Presse zu diesem Ereignis wie immer, schwankend zwischen Vorurteil und Anmassung. Während die Einen vor all zu großen Hoffnungen emsig warnten, mäkelten die Anderen reflexartig über Pleiten, Pech und Pannen rund um das WM-Vorspiel. Einen Preis für geschmacklosen Journalismus hat hier mal wieder die BILD verdient: „Ich, der BILD-Reporter, war auf der gefährlichsten Fanmeile der Welt.“ Soweit Soweto, Kommentar zwecklos! Was allerdings auch nach dem Lärm der Rüsseltröten dringend auf Lösungen durch die verantwortlichen Politiker wartet, ist die hohe Kriminalität und die mangelnde Sicherheit im Land.
Und damit sind wir schon bei neuen Misstönen vom Kap. Heftig quietschend und stöhnend ist die südafrikanische Wirtschaft in die Rezession geschlittert. Willkommen im Club möchte man fast sagen! Für das Land ist es die erste Rezession seit 17 Jahren und die schlimmste seit fast 30 Jahren. Gedämpft werden die negativen Zahlen durch das 70 Milliarden Euro schwere Infrastrukturprogramm, das bis 2012 läuft. Sonst wäre das Minus locker im zweistelligen Bereich aufgeschlagen. Nach einem Wachstum von bis zu 5 Prozent in den letzten Jahren, ist das Land nun heftig von der Rezession getroffen. Anders als in Deutschland lässt sich dem Bankensektor kein Vorwurf machen. Vielmehr sind es die gesunkenen Rohstoffpreise und die schwache globale Nachfrage. Abzuwarten bleibt, ob die Fußball-WM und der damit verbundene Tourismus den Aufschwung bringen werden.
In den letzten Tagen sind die Töne so richtig laut geworden. Auslöser waren meist die gleichen Menschen, die vor kurzem noch so fröhlich in die kultigen Plastiktröten geblasen hatten. Denn zum erste Mal fühlten sich die Slumbewohner von der ANC-Regierung betrogen. Die Armen haben nun mal ein anderes Zeitgefühl, wenn es um ihre Belange und Forderungen geht. Und da ist es wieder, das Bild aus längst vergangenen Apartheid-Zeiten: skandierende Demonstranten, brennende Autoreifen, laut gebrüllte Forderungen in eilig herbei getragene Mikrofone und die ersten fliegenden Steine. Dabei ist es erst drei Monate her, dass wir uns alle fragten, ob der frisch gewählte Präsident Jacob Zuma dem Land nun Gutes oder Schlechtes bringen würde. Das vorzeitige Ende der eigentlich hunderttägigen Schonfrist hat sich Jacob Zuma allerdings selbst zuzuschreiben. Vollmundig und letztlich haltlos waren die vielen Versprechen des Volkstribuns vor der Wahl. Bewusst robust war da noch sein Auftreten vor den Massen in den Townships, um sich so deutlich von der bisherigen intellektuellen ANC-Elite, um seinen Amtsvorgänger Thabo Mbeki abzugrenzen. Wohl auch um Vorbehalte zu entkräften und der heimischen Wirtschaft keine Angriffsfläche zu bieten, gibt sich Zuma seit seiner Vereidigung brav bis zur Unsichtbarkeit. So lässt sich politisch nichts gestalten und Schlagzeilen haben die neuen Minister nur durch den Ankauf von Luxuslimousinen aus ihren Etats gemacht. Dagegen ist die ministerielle Nutzung von Dienstwagen in Deutschland, respektive Spanien, zu vernachlässigen.
Derweil weiten sich die Streiks im Lande aus. Besonders stark ist der öffentliche Dienst betroffen. Da richten sich natürlich alle Augen auf den schweigenden Präsident Zuma. Lediglich der Generalsekretär des ANC erklärt lakonisch: "Wir verurteilen die mit den sozialen Protesten verbundene Gewalt und untersuchen ihre Ursachen". Der von Zuma wenig geschätzte Karikaturist Zapiro zeichnete hierzu eine Welle aus Lohnstreiks, Straßenprotesten und geplünderten Läden, die über Zuma hinwegfegt. Schlichte Bezeichnung ist das vom Namen des Präsidenten abgeleitete Wortspiel „Zunami“ und den hat sich das Zuma-Lager doch irgendwie anders vorgestellt.
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