Der Fall Susanne Klatten und die Presse
Dr. Alexander von Paleske ---- 2.11.2008 --- Deutschlands reichste Frau ist einem Erpresser zum Opfer gefallen – nun ja - nicht der erste und nicht der letzte Fall, aber die Umstände des Falles wären für einige Presseorgane wie die BILD, immer hungrig nach solchen Geschichten, Grund genug, jetzt richtig in die Vollen zu gehen. Solch eine Gelegenheit kann und darf man sich doch einfach nicht entgehen lassen. Der „kleine Mann“ möchte doch nur allzugerne wissen, was sich hinter den Vorhängen solch einer reichen Familie abspielt, zumal wenn eine steinreiche Frau und deren Freundinnen sich offenbar mit einem drittklassigen kriminellen Gigolo einlassen.
Ein Werbeetat und eine Beisshemmung
Die Geschichte wird wohl aber – nicht nur in der BILD – eine ganz andere Wendung nehmen. Frau Klattens Privatleben dürfte weitgehend geschont werden und die Geschichte wird wohl auf die Mitleidsschiene geschoben werden – Arme reiche Frau. Glück gehabt? Nein, mit Glück hat das nichts zu tun.
Natürlich hat jedermann Anspruch auf den Schutz der Privatsphäre, theoretisch jedenfalls. Ein derartiger Schutz gilt aber bei einer ganzen Reihe von Presseorganen offenbar nicht immer für jedermann. Und das kann etwas mit dem Geschäft zu tun haben.
Frau Klatten ist nicht nur eine reiche Erbin, sondern sie sitzt dank ihres geerbten Aktienpakets im Aufsichtsrat bei BMW. Bei der Chemiefirma Altana hält sie die Mehrheit. Der Vater Susanne Klattens, Herbert Quandt, hatte seinerzeit nach der denkwürdigen Hauptversammlung am 9. Dezember 1959 sich bei BMW massiv engagiert. Das Unternehmen stand vor dem Aus und der Übernahme durch Mercedes. Ein Engagement, das sich lohnen sollte. Denn heute ist BMW eine der grössten Firmen in Deutschland. Und ein Unternehmen, das über einen üppigen Werbeetat verfügt. Mit solch einem Auftraggeber möchte man es nicht verderben, denn jedes Presseorgan und nicht nur diese sind in Deutschland vom Anzeigengeschäft abhängig.
Schwarze Flecken der Quandt Firmen
Es hat auch immerhin mehr als 60 Jahre gedauert, bis die schwarzen Flecken der Quandt-Firmen, allen voran der Akkumulatorenwerke AFA, über einen Fernsehfilm einer breiteren Oeffentlichkeit bekannt gemacht wurden, wenn man einmal von Rüdiger Jungbluths Buch über die Quandt-Dynastie absieht.
Nach den Forschungen des Hannoveraner Historikers Hermann Schroeder waren bei der AFA in Hannover-Stöcken während des 2. Weltkriegs Zwangsarbeiter eingesetzt, die unter unmenschlichen Bedingungen schuften mussten und nach der Arbeit einem sadistischen SS Aufseher namens Herbert Griem ausgesetzt waren. Kurz vor dem Eintreffen der Alliierten wurden sie fortgeschafft und dann teils von Fallschirmjägern erschossen, teils in eine Scheune eingesperrt und dann bei lebendigem Leibe verbrannt. 1016 verbrannte Leichen zählten die Alliierten nach ihrem Eintreffen.
Eskapaden waren vermutlich bekannt
Vermutlich waren die Eskapaden der Quandt-Erbin in den entsprechenden Zirkeln bekannt, aber darüber berichtet man wohl eher nicht, wohl auch nicht bei der BUNTEN, denn Hubert Burda ist ja mit Frau Klatten befreundet, sie war eine Zeit lang als Vorstandsassistentin bei ihm tätig, sondern viel lieber über Ernst-August von Hannover oder Boris Becker und die Besenkammer. Diese Herrschaften haben keinen Einfluss auf einen Werbeetat, das ist relativ risikolos,wenn man von gelegentlichen Schadensersatzprozessen einmal absieht, ganz zu schweigen von „kleinen Leuten“, wenn sie für eine „an den Pranger“ Geschichte bei BILD taugen.
Und so könnte der Fall Susanne Klatten auch ein Lehrstück über die Presse in Deutschland und ihre Abhängigkeiten sein.
Nachtrag
Die Comment-Section musste -leider- gesperrt werden, weil wir mit einer Flut von teils beleidigenden, teils völlig unsachlichen Kommentaren überhäuft wurden, die vor allem in zwei Vorwürfen gipfelten:
1. Unwahre Gruselgeschichte, soweit es die Ermordung der KZ-Häftlinge/Zwangsarbeiter von Hannover-Stoecken angeht. Dies ist keine Gruselgeschichte, sondern belegt, siehe Ruediger Jungbluth "Die Quandts" Campus Verlag 2002 Seite 190ff (199).
Der Zug mit den kranken Häftlingen aus Stoecken fuhr im April 1945 nach Westen. Eine Weiterfahrt ab Mieste war aber nicht mehr möglich.... In Mieste waren auch KZ Häftlinge aus anderen Lagern eingetroffen.. Von den Stoeckenern mussten etwa 65 Tote begraben werden...
Von Mieste aus wurden Hunderte von Menschen zu Fuss weitergetrieben. Für einige wenige gab es Ackerwagen. Die Kolonne erreichte Estedt, wo deutsche Fallschirmjäger zur Erschiessung angetreten waren.Dem Massaker fielen 110 Menschen zum Opfer. Die Ueberlebenden mussten weitermarschieren. In Gardelegen berieten örtliche Funktionäre und Befehlshaber von Partei, Wehrmacht und SS über das Schicksal der Häftlinge Diese Menschen waren ja Zeugen bei einer Verfolgung der Täter. Daher gab der Kreisleiter der NSDAP, Gerhard Thiele, den Befehl, die Häftlinge in einer Feldscheune zu verbrennen.
Es handelte sich bei dem Gebäude um eine grosse gemauerte Halle mit mehreren Schiebetüren. Darin wurden die Menschen eingesperrt. SS Leute verriegelten die Türen und legten Feuer. Sie warfen auch Handgranaten in die brennende Scheune. Auf Fliehende schossen sie mit Maschinenpistolen. Am Morgen des folgenden Tages begannen Männer des Volkssturms damit, eine grosse Grube auszuheben. Doch sie schafften es nicht, die vielen verkohlten Leichen rechtzeitig zu vergraben. Am 14 April 1945 erreichten US-Soldaten Gardelegen. Am Tag darauf entdeckten sie den Massenmord. Es wurden 1016 Tote gezählt .
Jungbluth ist ein ausgewiesener investigativer Wirtschaftsjournalist.
Weitere Quellen bei Eingabe der Key Words Quandt und Stoecken bei Google.
2. Billigung der Erpressung zum Nachteil Frau Klatten.
Auch das ist eine, wie ich meine, krasse Fehlinterpretation.
Mit keiner Zeile wurde die Handlungsweise der Täter gebilligt.
Der Artikel beschäftigt sich mit der Behandlung dieser Fälle mit einem derartigen Hintergrund in der Presse. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Dr. v. Paleske
E-Mail avpaleske@botsnet.bw
Der Fall Susanne Klatten-eine Nachlese
Kurzer Prozess für den Klatten-Gigolo?
Der Fall Susanne Klatten: Ein Strafprozess der prozessualen Erbärmlichkeiten?
Ein Werbeetat und eine Beisshemmung
Die Geschichte wird wohl aber – nicht nur in der BILD – eine ganz andere Wendung nehmen. Frau Klattens Privatleben dürfte weitgehend geschont werden und die Geschichte wird wohl auf die Mitleidsschiene geschoben werden – Arme reiche Frau. Glück gehabt? Nein, mit Glück hat das nichts zu tun.
Natürlich hat jedermann Anspruch auf den Schutz der Privatsphäre, theoretisch jedenfalls. Ein derartiger Schutz gilt aber bei einer ganzen Reihe von Presseorganen offenbar nicht immer für jedermann. Und das kann etwas mit dem Geschäft zu tun haben.
Frau Klatten ist nicht nur eine reiche Erbin, sondern sie sitzt dank ihres geerbten Aktienpakets im Aufsichtsrat bei BMW. Bei der Chemiefirma Altana hält sie die Mehrheit. Der Vater Susanne Klattens, Herbert Quandt, hatte seinerzeit nach der denkwürdigen Hauptversammlung am 9. Dezember 1959 sich bei BMW massiv engagiert. Das Unternehmen stand vor dem Aus und der Übernahme durch Mercedes. Ein Engagement, das sich lohnen sollte. Denn heute ist BMW eine der grössten Firmen in Deutschland. Und ein Unternehmen, das über einen üppigen Werbeetat verfügt. Mit solch einem Auftraggeber möchte man es nicht verderben, denn jedes Presseorgan und nicht nur diese sind in Deutschland vom Anzeigengeschäft abhängig.
Schwarze Flecken der Quandt Firmen
Es hat auch immerhin mehr als 60 Jahre gedauert, bis die schwarzen Flecken der Quandt-Firmen, allen voran der Akkumulatorenwerke AFA, über einen Fernsehfilm einer breiteren Oeffentlichkeit bekannt gemacht wurden, wenn man einmal von Rüdiger Jungbluths Buch über die Quandt-Dynastie absieht.
Nach den Forschungen des Hannoveraner Historikers Hermann Schroeder waren bei der AFA in Hannover-Stöcken während des 2. Weltkriegs Zwangsarbeiter eingesetzt, die unter unmenschlichen Bedingungen schuften mussten und nach der Arbeit einem sadistischen SS Aufseher namens Herbert Griem ausgesetzt waren. Kurz vor dem Eintreffen der Alliierten wurden sie fortgeschafft und dann teils von Fallschirmjägern erschossen, teils in eine Scheune eingesperrt und dann bei lebendigem Leibe verbrannt. 1016 verbrannte Leichen zählten die Alliierten nach ihrem Eintreffen.
Eskapaden waren vermutlich bekannt
Vermutlich waren die Eskapaden der Quandt-Erbin in den entsprechenden Zirkeln bekannt, aber darüber berichtet man wohl eher nicht, wohl auch nicht bei der BUNTEN, denn Hubert Burda ist ja mit Frau Klatten befreundet, sie war eine Zeit lang als Vorstandsassistentin bei ihm tätig, sondern viel lieber über Ernst-August von Hannover oder Boris Becker und die Besenkammer. Diese Herrschaften haben keinen Einfluss auf einen Werbeetat, das ist relativ risikolos,wenn man von gelegentlichen Schadensersatzprozessen einmal absieht, ganz zu schweigen von „kleinen Leuten“, wenn sie für eine „an den Pranger“ Geschichte bei BILD taugen.
Und so könnte der Fall Susanne Klatten auch ein Lehrstück über die Presse in Deutschland und ihre Abhängigkeiten sein.
Nachtrag
Die Comment-Section musste -leider- gesperrt werden, weil wir mit einer Flut von teils beleidigenden, teils völlig unsachlichen Kommentaren überhäuft wurden, die vor allem in zwei Vorwürfen gipfelten:
1. Unwahre Gruselgeschichte, soweit es die Ermordung der KZ-Häftlinge/Zwangsarbeiter von Hannover-Stoecken angeht. Dies ist keine Gruselgeschichte, sondern belegt, siehe Ruediger Jungbluth "Die Quandts" Campus Verlag 2002 Seite 190ff (199).
Der Zug mit den kranken Häftlingen aus Stoecken fuhr im April 1945 nach Westen. Eine Weiterfahrt ab Mieste war aber nicht mehr möglich.... In Mieste waren auch KZ Häftlinge aus anderen Lagern eingetroffen.. Von den Stoeckenern mussten etwa 65 Tote begraben werden...
Von Mieste aus wurden Hunderte von Menschen zu Fuss weitergetrieben. Für einige wenige gab es Ackerwagen. Die Kolonne erreichte Estedt, wo deutsche Fallschirmjäger zur Erschiessung angetreten waren.Dem Massaker fielen 110 Menschen zum Opfer. Die Ueberlebenden mussten weitermarschieren. In Gardelegen berieten örtliche Funktionäre und Befehlshaber von Partei, Wehrmacht und SS über das Schicksal der Häftlinge Diese Menschen waren ja Zeugen bei einer Verfolgung der Täter. Daher gab der Kreisleiter der NSDAP, Gerhard Thiele, den Befehl, die Häftlinge in einer Feldscheune zu verbrennen.
Es handelte sich bei dem Gebäude um eine grosse gemauerte Halle mit mehreren Schiebetüren. Darin wurden die Menschen eingesperrt. SS Leute verriegelten die Türen und legten Feuer. Sie warfen auch Handgranaten in die brennende Scheune. Auf Fliehende schossen sie mit Maschinenpistolen. Am Morgen des folgenden Tages begannen Männer des Volkssturms damit, eine grosse Grube auszuheben. Doch sie schafften es nicht, die vielen verkohlten Leichen rechtzeitig zu vergraben. Am 14 April 1945 erreichten US-Soldaten Gardelegen. Am Tag darauf entdeckten sie den Massenmord. Es wurden 1016 Tote gezählt .
Jungbluth ist ein ausgewiesener investigativer Wirtschaftsjournalist.
Weitere Quellen bei Eingabe der Key Words Quandt und Stoecken bei Google.
2. Billigung der Erpressung zum Nachteil Frau Klatten.
Auch das ist eine, wie ich meine, krasse Fehlinterpretation.
Mit keiner Zeile wurde die Handlungsweise der Täter gebilligt.
Der Artikel beschäftigt sich mit der Behandlung dieser Fälle mit einem derartigen Hintergrund in der Presse. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Dr. v. Paleske
E-Mail avpaleske@botsnet.bw
Der Fall Susanne Klatten-eine Nachlese
Kurzer Prozess für den Klatten-Gigolo?
Der Fall Susanne Klatten: Ein Strafprozess der prozessualen Erbärmlichkeiten?
onlinedienst - 2. Nov, 07:58 Article 7182x read