Arzt in China – ein gefährlicher Beruf?
Dr. Alexander von Paleske --- 15.9. 2010 ---
Als 1949 die Volksrepublik China ausgerufen wurde, gab es dort wenige Ärzte, entsprechend hoch war deren Ansehen. Und es gab einige ausländische Ärzte wie den Deutschen Hans Müller und den US-Amerikaner George Hatem, die selbstlos ihren Einsatz leisteten und später in führende Positionen im Gesundheitsbereich aufstiegen.
George Hatem
Professor Hans Müller, der 1972 schliesslich zum Vizepräsidenten der Medizinischen Universität Pekings aufstieg.
Die in der Folgezeit erreichten Fortschritte waren beachtlich:
- Nahezu vollständige Ausrottung der Geschlechtskrankheiten. George Hatem schloss nach der Einnahme Beijings durch die Volksbefreiungsarmee innerhalb von 48 Stunden mehr als 200 Bordelle.
- Ausbildung eines medizinischen Nachwuchses
- Einsatz von Barfußärzten, um eine breite minimale Basisversorgung einschließlich Geburtenkontrolle sicherzustellen.
Die durchschnittliche Lebenserwartung, die 1949 bei 35 Jahren lag, stieg auf 63.5 Jahre 1970 -1975 und auf 72 Jahre in den Jahren 200-2005.
China hat konsequent eine Geburtenkontrolle praktiziert, als für andere Länder das noch ein Fremdwort war.
Wirtschaftsreformen und ihre Probleme
Mittlerweile haben sich durch die vollzogenen Wirtschaftsreformen auch einige unerwünschte, als überwunden geglaubte Probleme zurückgemeldet: Dazu zählen insbesondere die Geschlechtskrankheiten, die mit dem Wiedererscheinen der Prostitution im rasanten Anstieg begriffen sind, vor allem Gonorrhoe und Syphilis .Die Inzidenz stieg von 0,5 Fällen per 100.000 im Jahre 1993 auf 5.7 per 100.000 im Jahre 2005.
Und eine andere unerquickliche Erscheinung macht sich breit: Der zunehmende Verlust des Respekts vor Ärzten und Pflegepersonal in der breitenBevölkerung.
Ärzte als Opfer
Immer häufiger werden Ärzte Opfer von tätlichen Angriffen seitens Patienten und / oder deren Angehörigen.
So wurden beispielsweise im Juni dieses Jahres ein Arzt und eine Krankenschwester in der Provinz Shandong erstochen. Der Sohn wollte damit den Tod seines Vaters rächen, der 13 Jahre zuvor an unheilbarem Leberkrebs verstorben war.
Ein Arzt verletzte sich schwer, als er, von Angehörigen eines verstobenen Kindes verfolgt, in seiner Not aus einem Fenster im 5. Stock des Krankenhauses sprang.
Die in der hochangesehenen Medizinzeitung Lancet im Editorial der Ausgabe vom 22. August Seite 657 geschilderten Missstände waren für mich keineswegs eine Neuigkeit. Ich kannte sie in groben Zügen bereits aus Erzählungen meiner chinesischen Kollegen, mit denen ich im Princess Marina Zentralkrankenhaus in Gaborone /Botswana zusammen arbeitete. Auch von der sich ausbreitenden Korruption, den „Briefumschlägen“ , die unter dem Tisch durchgereicht wurden, um eine bessere Versorgung sicherzustellen, hatte ich gehört.
Sensationsberichte mit und ohne Substanz
Verschärft werden diese Probleme im Gesundheitsbereich noch durch Sensationsberichte in den chinesischen Medien.
Während die chinesische Regierung von der Kritik ausgenommen ist, darf auf Individuen und einzelne Institutionen in den Medien durchaus eingedroschen werden.
So berichtete die Southern Metropolis Daily, die meistverbreitete Zeitung in Guandong, fälschlich über eine Hebamme, die nach der Geburt den After einer Patienten einfach zugenäht zu habe. Eine Sensationsmeldung, eine unwahre.
Das staatliche Fernsehen CCTV bezichtigte das renommierte 1. Krankenhaus der Pekinger Universität, illegale Praktiken auszuüben, indem es Medizinstudenten angeblich gestatte, selbst zum Skalpell zu greifen und zu operieren.
Wer krank ist muss zahlen
Nach der Machtübernahme durch die KP Chinas wurde das gesamte Gesundheitswesen verstaatlicht. Die Krankenhäuser wurden voll finanziell unterstützt. Das änderte sich jedoch mit dem Beginn der Wirtschaftsreformen im Jahre 1985.
Heutzutage müssen sich die Krankenhäuser selbst um die Finanzierung kümmern, mit der unerquicklichen Folge, den Patienten die Kosten aufzubürden, was vielfach offenbar nur, bzw. am einfachsten, durch unnötige Untersuchungen und unnötige Behandlungen zu bewerkstelligen ist.
Hinzu kommen die Extrazahlungen - besser als Bestechungen zu bezeichnen - an die oftmals vergleichsweise unterbezahlten Ärzte, sei es durch die Patienten selbst bzw. deren Angehörige, oder aber durch Pharmafirmen, die dann den Einsatz von ihren Präparaten erwarten.
Ansehensschwindsucht
Das einstmals hohe gesellschaftliche Ansehen der Ärzte ist schwindsüchtig, das einstmals tiefe Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Ärzten schwer angeschlagen - das Resultat einer fehlgeleiteten unsozialen Politik. Stattdessen nistet sich nun tiefes Misstrauen ein. Die geschilderten Gewaltausbrüche sind die Folge davon.
Obgleich die Zulassung zum Medizinstudium nur einer verschwindend kleinen Minderheit von Schulabgängern möglich ist, nur den Aller-Aller-Besten eines Jahrgangs, sagte mir einer der chinesischen Kollegen in Gaborone, bereits im Besitz eines PhD, er wolle so rasch wie möglich den Arztberuf an den Nagel hängen und erkundigte sich nach Geschäftsmöglichkeiten in Simbabwe, wohin ich zurückkehrte.
Rückblick: Hans Müller - Arzt im kommunistischen China
Hilflos bei Infektionen - Antibiotika verlieren ihre Wirksamkeit
Als 1949 die Volksrepublik China ausgerufen wurde, gab es dort wenige Ärzte, entsprechend hoch war deren Ansehen. Und es gab einige ausländische Ärzte wie den Deutschen Hans Müller und den US-Amerikaner George Hatem, die selbstlos ihren Einsatz leisteten und später in führende Positionen im Gesundheitsbereich aufstiegen.
George Hatem
Professor Hans Müller, der 1972 schliesslich zum Vizepräsidenten der Medizinischen Universität Pekings aufstieg.
Die in der Folgezeit erreichten Fortschritte waren beachtlich:
- Nahezu vollständige Ausrottung der Geschlechtskrankheiten. George Hatem schloss nach der Einnahme Beijings durch die Volksbefreiungsarmee innerhalb von 48 Stunden mehr als 200 Bordelle.
- Ausbildung eines medizinischen Nachwuchses
- Einsatz von Barfußärzten, um eine breite minimale Basisversorgung einschließlich Geburtenkontrolle sicherzustellen.
Die durchschnittliche Lebenserwartung, die 1949 bei 35 Jahren lag, stieg auf 63.5 Jahre 1970 -1975 und auf 72 Jahre in den Jahren 200-2005.
China hat konsequent eine Geburtenkontrolle praktiziert, als für andere Länder das noch ein Fremdwort war.
Wirtschaftsreformen und ihre Probleme
Mittlerweile haben sich durch die vollzogenen Wirtschaftsreformen auch einige unerwünschte, als überwunden geglaubte Probleme zurückgemeldet: Dazu zählen insbesondere die Geschlechtskrankheiten, die mit dem Wiedererscheinen der Prostitution im rasanten Anstieg begriffen sind, vor allem Gonorrhoe und Syphilis .Die Inzidenz stieg von 0,5 Fällen per 100.000 im Jahre 1993 auf 5.7 per 100.000 im Jahre 2005.
Und eine andere unerquickliche Erscheinung macht sich breit: Der zunehmende Verlust des Respekts vor Ärzten und Pflegepersonal in der breitenBevölkerung.
Ärzte als Opfer
Immer häufiger werden Ärzte Opfer von tätlichen Angriffen seitens Patienten und / oder deren Angehörigen.
So wurden beispielsweise im Juni dieses Jahres ein Arzt und eine Krankenschwester in der Provinz Shandong erstochen. Der Sohn wollte damit den Tod seines Vaters rächen, der 13 Jahre zuvor an unheilbarem Leberkrebs verstorben war.
Ein Arzt verletzte sich schwer, als er, von Angehörigen eines verstobenen Kindes verfolgt, in seiner Not aus einem Fenster im 5. Stock des Krankenhauses sprang.
Die in der hochangesehenen Medizinzeitung Lancet im Editorial der Ausgabe vom 22. August Seite 657 geschilderten Missstände waren für mich keineswegs eine Neuigkeit. Ich kannte sie in groben Zügen bereits aus Erzählungen meiner chinesischen Kollegen, mit denen ich im Princess Marina Zentralkrankenhaus in Gaborone /Botswana zusammen arbeitete. Auch von der sich ausbreitenden Korruption, den „Briefumschlägen“ , die unter dem Tisch durchgereicht wurden, um eine bessere Versorgung sicherzustellen, hatte ich gehört.
Sensationsberichte mit und ohne Substanz
Verschärft werden diese Probleme im Gesundheitsbereich noch durch Sensationsberichte in den chinesischen Medien.
Während die chinesische Regierung von der Kritik ausgenommen ist, darf auf Individuen und einzelne Institutionen in den Medien durchaus eingedroschen werden.
So berichtete die Southern Metropolis Daily, die meistverbreitete Zeitung in Guandong, fälschlich über eine Hebamme, die nach der Geburt den After einer Patienten einfach zugenäht zu habe. Eine Sensationsmeldung, eine unwahre.
Das staatliche Fernsehen CCTV bezichtigte das renommierte 1. Krankenhaus der Pekinger Universität, illegale Praktiken auszuüben, indem es Medizinstudenten angeblich gestatte, selbst zum Skalpell zu greifen und zu operieren.
Wer krank ist muss zahlen
Nach der Machtübernahme durch die KP Chinas wurde das gesamte Gesundheitswesen verstaatlicht. Die Krankenhäuser wurden voll finanziell unterstützt. Das änderte sich jedoch mit dem Beginn der Wirtschaftsreformen im Jahre 1985.
Heutzutage müssen sich die Krankenhäuser selbst um die Finanzierung kümmern, mit der unerquicklichen Folge, den Patienten die Kosten aufzubürden, was vielfach offenbar nur, bzw. am einfachsten, durch unnötige Untersuchungen und unnötige Behandlungen zu bewerkstelligen ist.
Hinzu kommen die Extrazahlungen - besser als Bestechungen zu bezeichnen - an die oftmals vergleichsweise unterbezahlten Ärzte, sei es durch die Patienten selbst bzw. deren Angehörige, oder aber durch Pharmafirmen, die dann den Einsatz von ihren Präparaten erwarten.
Ansehensschwindsucht
Das einstmals hohe gesellschaftliche Ansehen der Ärzte ist schwindsüchtig, das einstmals tiefe Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Ärzten schwer angeschlagen - das Resultat einer fehlgeleiteten unsozialen Politik. Stattdessen nistet sich nun tiefes Misstrauen ein. Die geschilderten Gewaltausbrüche sind die Folge davon.
Obgleich die Zulassung zum Medizinstudium nur einer verschwindend kleinen Minderheit von Schulabgängern möglich ist, nur den Aller-Aller-Besten eines Jahrgangs, sagte mir einer der chinesischen Kollegen in Gaborone, bereits im Besitz eines PhD, er wolle so rasch wie möglich den Arztberuf an den Nagel hängen und erkundigte sich nach Geschäftsmöglichkeiten in Simbabwe, wohin ich zurückkehrte.
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Hilflos bei Infektionen - Antibiotika verlieren ihre Wirksamkeit
onlinedienst - 15. Sep, 15:17 Article 4614x read