Die Antibiotikaresistenz nimmt zu, die Ignoranz deutscher Politiker jedoch nicht ab
Dr. Alexander von Paleske ---- 27.10. 2014 ----
Heute hat der Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sich erstmals zu einem der grössten Probleme der Medizin geäussert: der dramatischen Zunahme der Resistenz von Bakterien gegen herkömmliche Antibiotika.
Zitat aus der Rheinischen Post-online vom 27.10.2014:
"Wenn Antibiotika nicht mehr wirken, können schon Infektionen, die heute gut heilbar sind, zu schweren Gesundheitsschäden führen. Ziel müsse eine weltweite Verschreibungspflicht von Antibiotika sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sei beauftragt worden, 2015 einen globalen Aktionsplan zur Bekämpfung der Resistenzen zu erarbeiten"
Hauptverursacher unterschlagen.
Natürlich unterschlägt Gröhe einen der Hauptverursacher der Antibiotikaresistenz: die ungezügelte Verabreichung dieser wertvollen Medikamente in der Massentierhaltung.
Hermann Gröhe ........warten auf die WHO
In Zahlen für Deutschland: In der Tiermast werden in Deutschland rund 1700 Tonnen Antibiotika pro Jahr verfüttert.
Die in der Tiermedizin verbrauchte Menge ist damit 40 mal so hoch, wie in allen Krankenhäusern zusammengenommen, und immer noch 7 mal so hoch, wie in der gesamten Humanmedizin in Deutschland.
Die WHO soll's richten
Nun soll also die WHO einen Aktionsplan erstellen, eine Organisation, der wir in diesem Zusammenhang bereits Schlafmützigkeit vorgeworfen haben.
Hinzu kommt das jämmerliche Versagen der Organisation in der Ebola Krise, das wir ebenfalls anprangerten. Die WHO ist in ihrer gegenwärtigen Struktur nicht in der Lage, sich auf die Hauptgefahren im Gesundheitswesen weltweit und deren Bekämpfung zu konzentrieren.
Stattdessen hält sie sich auch noch auf Nebenfeldern auf, wo sie nichts zu suchen hat. Bestes Beispiel: die Lymphom-Klassifizierung, international von führenden Pathologen, darunter dem Berliner Harald Stein vorzüglich vorangebracht, die ihren Niederschlag in der international dann akzeptierten REAL-Klassifizierung fand.
Prompt meinte die WHO, die keinerlei Anteil an diesem Zustandekommen hatte, sie müsse jetzt daraus eine WHO-Klassifizierung machen, sozusagen als Nachweis ihrer Tätigkeit.
Jetzt soll es weitergehen mit Transplantationsregistern, die längst eingerichtet sind, wie die der EBMT.
Durch Abschieben des Problems auf die WHO wird Bundesgesundheitsminister Gröhe jedenfalls die zunehmende Antibiotikaresistenz der Bakterien in Deutschland nicht unter Kontrolle bringen können.
Anderswo längst weiter
Andere Länder sind da längst weiter – ohne auf die WHO zu warten:
So hat der britische Gesundheitsminister Greg Clark nicht nur der Antibiotikaresistenz den Krieg erklärt, sondern eine grössere Initiative gestartet, koordiniert vom britischen Medical Research Council (MRC) und bestehend aus Mitgliedern von weiteren sechs Research Councils, die er "Kriegskabinett" nannte.
Zusammen haben sie das „Antimicrobial Resistance Funders Forum (ARFF)“, gegründet, das dem Informationsaustausch und der Koordinierung von Aktivitäten dienen soll.
Der Leiter der Abteilung Infektion und Immunität des MRC, Desmond Walsh, erklärte:
The threat of antimicrobial resistance is more than a threat, it’s turning into reality. We want to bring together in a coordinated manner the expertise of a range if different disciplines.
Grossbritannien denkt also gar nicht daran, darauf zu warten, bis die WHO irgendeinen Aktionsplan vorstellt. Den können sie selbst entwickeln.
Initiative auch in den USA
In den USA hat das Wissenschaftliche Beratergremium des Präsidenten (US President‘s Council of Advisers on Science and Technology (PCAST) sich zu Aufgabe gemacht, in den nächsten Wochen Vorschläge zur Eindämmung der Antibiotikaresistenz zu machen, die in den USA jährlich rund 23.000 Menschenleben fordert.
In den USA werden sage und schreibe 80% aller hergestellten Antibiotika in der Tiermast verfüttert. Deshalb fordert die Mikrobiologin und Kongressabgeordnete Louise Slaughter eine drastische Einschränkung des Einsatzes dort.
Fazit:
Die Zeit drängt. Das Gesundheitsministerium sollte daher sofort ebenfalls eine Task Force einsetzen, die Vorschläge macht, wie der Antibiotikaverbrauch drastisch eingeschränkt werden kann, ohne Rücksicht auf irgendwelche Lobbyisten der Massentierhaltung und Tiermast.
Immerhin sterben bereits jetzt in Deutschland pro Jahr 15.000 Menschen an Infektionen, im Krankenhaus erworben, meistens durch multiresistente Bakterien verursacht.
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Zitat aus der Rheinischen Post-online vom 27.10.2014:
"Wenn Antibiotika nicht mehr wirken, können schon Infektionen, die heute gut heilbar sind, zu schweren Gesundheitsschäden führen. Ziel müsse eine weltweite Verschreibungspflicht von Antibiotika sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sei beauftragt worden, 2015 einen globalen Aktionsplan zur Bekämpfung der Resistenzen zu erarbeiten"
Hauptverursacher unterschlagen.
Natürlich unterschlägt Gröhe einen der Hauptverursacher der Antibiotikaresistenz: die ungezügelte Verabreichung dieser wertvollen Medikamente in der Massentierhaltung.
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In Zahlen für Deutschland: In der Tiermast werden in Deutschland rund 1700 Tonnen Antibiotika pro Jahr verfüttert.
Die in der Tiermedizin verbrauchte Menge ist damit 40 mal so hoch, wie in allen Krankenhäusern zusammengenommen, und immer noch 7 mal so hoch, wie in der gesamten Humanmedizin in Deutschland.
Die WHO soll's richten
Nun soll also die WHO einen Aktionsplan erstellen, eine Organisation, der wir in diesem Zusammenhang bereits Schlafmützigkeit vorgeworfen haben.
Hinzu kommt das jämmerliche Versagen der Organisation in der Ebola Krise, das wir ebenfalls anprangerten. Die WHO ist in ihrer gegenwärtigen Struktur nicht in der Lage, sich auf die Hauptgefahren im Gesundheitswesen weltweit und deren Bekämpfung zu konzentrieren.
Stattdessen hält sie sich auch noch auf Nebenfeldern auf, wo sie nichts zu suchen hat. Bestes Beispiel: die Lymphom-Klassifizierung, international von führenden Pathologen, darunter dem Berliner Harald Stein vorzüglich vorangebracht, die ihren Niederschlag in der international dann akzeptierten REAL-Klassifizierung fand.
Prompt meinte die WHO, die keinerlei Anteil an diesem Zustandekommen hatte, sie müsse jetzt daraus eine WHO-Klassifizierung machen, sozusagen als Nachweis ihrer Tätigkeit.
Jetzt soll es weitergehen mit Transplantationsregistern, die längst eingerichtet sind, wie die der EBMT.
Durch Abschieben des Problems auf die WHO wird Bundesgesundheitsminister Gröhe jedenfalls die zunehmende Antibiotikaresistenz der Bakterien in Deutschland nicht unter Kontrolle bringen können.
Anderswo längst weiter
Andere Länder sind da längst weiter – ohne auf die WHO zu warten:
So hat der britische Gesundheitsminister Greg Clark nicht nur der Antibiotikaresistenz den Krieg erklärt, sondern eine grössere Initiative gestartet, koordiniert vom britischen Medical Research Council (MRC) und bestehend aus Mitgliedern von weiteren sechs Research Councils, die er "Kriegskabinett" nannte.
Zusammen haben sie das „Antimicrobial Resistance Funders Forum (ARFF)“, gegründet, das dem Informationsaustausch und der Koordinierung von Aktivitäten dienen soll.
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The threat of antimicrobial resistance is more than a threat, it’s turning into reality. We want to bring together in a coordinated manner the expertise of a range if different disciplines.
Grossbritannien denkt also gar nicht daran, darauf zu warten, bis die WHO irgendeinen Aktionsplan vorstellt. Den können sie selbst entwickeln.
Initiative auch in den USA
In den USA hat das Wissenschaftliche Beratergremium des Präsidenten (US President‘s Council of Advisers on Science and Technology (PCAST) sich zu Aufgabe gemacht, in den nächsten Wochen Vorschläge zur Eindämmung der Antibiotikaresistenz zu machen, die in den USA jährlich rund 23.000 Menschenleben fordert.
In den USA werden sage und schreibe 80% aller hergestellten Antibiotika in der Tiermast verfüttert. Deshalb fordert die Mikrobiologin und Kongressabgeordnete Louise Slaughter eine drastische Einschränkung des Einsatzes dort.
Fazit:
Die Zeit drängt. Das Gesundheitsministerium sollte daher sofort ebenfalls eine Task Force einsetzen, die Vorschläge macht, wie der Antibiotikaverbrauch drastisch eingeschränkt werden kann, ohne Rücksicht auf irgendwelche Lobbyisten der Massentierhaltung und Tiermast.
Immerhin sterben bereits jetzt in Deutschland pro Jahr 15.000 Menschen an Infektionen, im Krankenhaus erworben, meistens durch multiresistente Bakterien verursacht.
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onlinedienst - 27. Okt, 21:32 Article 4901x read