Genscher und Fischer – zwei ehemalige Aussenminister zum Neuen Kalten Krieg mit Russland
Dr. Alexander von Paleske --- 26.10. 2014 ----
Vor einem Monat hat sich der ehemalige langjährige Aussenminister Hans-Dietrich Genscher in einem Interview mit dem Journalisten Heiner Bremer zu dem Konflikt mit Russland wie folgt geäussert:
"Als die Mauer in Berlin gefallen war, hat man die Charta von Paris beschlossen, und erklärt - alle Beteiligten - man wolle jetzt gemeinsam das Europäische Haus bauen. Das hiess im allgemeinen Verständnis und in meinem Verständnis, dass wir nach dem Ende des kalten Krieges die Teilung Europas überwinden.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass es im Westen Leute gibt, die dieses Ziel der Überwindung der Teilung Europas vertauscht haben gegen ein anderes: nämlich die Teilungslinie aus der Mitte Europas an die Westgrenze Russlands zu verschieben".
Hans Dietrich Genscher im Interview
Fischers neues Büch
Der Nach-Nachfolger von Genscher, Joseph Martin (Joschka) Fischer, hat sich ebenfalls zu diesem Thema verbreitert, und zwar in einem neuen Buch mit dem Titel „Scheitert Europa?“.
Fischers neues Buch
Aber anders als Genscher, der für Geduld mit Putin und Verhandlungen mit Russland plädiert, vor allem aber eine Rückkehr zur Charta von Paris, schlägt Fischer eine ganz andere Richtung ein: eine aggressive.
In einem Vorabdruck in der ZEIT sind wesentliche Passagen des Buches destilliert. Dort heisst es:
„Putin führt einen Kampf gegen die "Dekadenz" des Westens. Die EU muss darauf entschlossen reagieren und sich strategisch neu aufstellen“.
Dass Russland vor allem und schon seit Jahren entschlossen einen Kampf gegen den Terror-Salafismus führt, ist Fischer offenbar entgangen, oder er hält es für nebensächlich.
Weiter heisst es:
.
„Die Erweiterungspolitik der EU ist eben nicht nur ein lästiges Anhängsel, das die Ruhe EU-Europas stört, sondern ganz im Gegenteil: sie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Sicherheit der Europäischen Union, ja, ihre entscheidende Machtprojektion nach aussen in ihre geopolitische Nachbarschaft."
Weg von der Pariser Charta
Das hat nun in der Tat nichts mehr mit der Pariser Charta nach dem Mauerfall zu tun, sondern ist der Vorschlag für krude expansionistische Machtpolitik, die Konflikte heraufbeschwören muss, und dies bereits getan hat, aber auch militärische Interventionen rechtfertigt..
Der kalte Krieg ist nach Europa zurückgekehrt.
Die nächste Frage für Herrn Fischer ist dann: wie kann diese Auseinandersetzung für Europa und gegen Russland entschieden werden?
Die Antwortet lautet so: Durch Containment, ein Begriff aus der politischen Mottenkiste des kalten Krieges, von dem US Diplomaten George F. Kennan 1947 geprägt: „Bis hierher und nicht weiter“, was natürlich, auch dafür plädiert Fischer, nur durch militärische Stärke erreicht werden kann.
Diese militärische Stärke setze wieder ein politisch vereinigtes Europa voraus, Dies aber sei, so Fischer, in weite Ferne gerückt, überaus unpraktisch ohnehin, weil mit Veto-Rechten einzelner Mitglieder ausgestattet.
Fischers politischer Ladenhüter
Und nun packt Fischer als Lösung einen Ladenhüter aus, den er schon einmal in seiner „Grossen Rede“ in der Berliner Humboldt-Universität im Sommer 2000 der Weltöffentlichkeit vorgestellt hatte: Ein Kerneuropa bestehend aus Deutschland, Frankreich und wenigen weiteren Ländern als Schrittmacherstaaten, die ein "Gravitationszentrum" bilden, eine europäische Avantgarde, nach dem Motto: Wir gehen voran und zeigen, wie das zukünftige Europa funktionieren soll.
Joseph Martin (Joschka) Fischer .....politischen Ladenhüter ausgepackt
Die erste Ohrfeige für diesen politischen Unfug kam seinerzeit von Frankreichs damaligen Europa-Minister Moskovici, der Fischer vorwarf, die Debatte über die konkreten Probleme der EU durch vage Erörterungen über das Endziel zu gefährden. Auch dieses "vage Endziel" taucht natürlich wieder in seinem Büchlein auf, wenn auch eher als Frage, die sich Europa stellen müsste.
Polen bezichtigte ihn, mit der Avantgarde-Idee neue Trennlinien innerhalb Europas aufzureissen, und Grossbritannien beschuldigte ihn, einem europäischen Superstaat innerhalb der EU kreieren zu wollen.
Nichts dazugelernt
Fischer zeigt, dass er nichts dazugelernt hat, mehr noch: der alte Ladenhüter - nunmehr aufgepeppt als Schweizer Kantonalmodell (Fischer: "Ich war jetzt öfter mal in der Schweiz zu Vorträgen") - entpuppt sich natürlich letzten Endes als ein zentraleuropäisches militärisches Kommandozentrum, das sich von der abgeschlafften Grossmacht USA emanzipieren soll, um die Auseinandersetzungen mit Russland besser bestehen zu können.
Europa braucht derartigen Unfug, derartige Kriegstreiberei nicht. Was Europa braucht ist eine Rückkehr zur Friedenspolitik, wie sie seinerzeit durch Willy Brandt mit den Worten eingeleitet wurde:
"Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein, im Innern und nach außen"
Grund zur Dankbarkeit
Gerade am 25. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer sollte Dankbarkeit gegenüber Russland am Platze sein, dieser Wiedervereinigung sich nicht in den Weg gestellt zu haben, und damit ein neues Kapitel in den beiderseitigen Beziehungen aufgeschlagen zu haben.
Deutschland braucht weder beleidigende Besuchsabsagen des Bundespräsidenten, der ohnehin auf den Wiedervereinigungszug erst draufsprang, als dieser längst in Bewegung war - und der offenbar alte Rechnungen mit Russland begleichen möchte - noch einen ideologischen Spannungs-Verschärfer wie Fischer, oder eine Grüne wie Katrin Göring-Eckardt, die in einem Interview mit der ZEIT behauptet, die Grünen wären noch nie eine pazifistische Partei gewesen, und gerne die Bundeswehr im Auslandseinsatz sehen möchte.
Fazit:
Vom Kauf des Fischer-Buches rate ich ab.
Mehr Buch von Fischer:
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"Als die Mauer in Berlin gefallen war, hat man die Charta von Paris beschlossen, und erklärt - alle Beteiligten - man wolle jetzt gemeinsam das Europäische Haus bauen. Das hiess im allgemeinen Verständnis und in meinem Verständnis, dass wir nach dem Ende des kalten Krieges die Teilung Europas überwinden.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass es im Westen Leute gibt, die dieses Ziel der Überwindung der Teilung Europas vertauscht haben gegen ein anderes: nämlich die Teilungslinie aus der Mitte Europas an die Westgrenze Russlands zu verschieben".
Hans Dietrich Genscher im Interview
Fischers neues Büch
Der Nach-Nachfolger von Genscher, Joseph Martin (Joschka) Fischer, hat sich ebenfalls zu diesem Thema verbreitert, und zwar in einem neuen Buch mit dem Titel „Scheitert Europa?“.
Fischers neues Buch
Aber anders als Genscher, der für Geduld mit Putin und Verhandlungen mit Russland plädiert, vor allem aber eine Rückkehr zur Charta von Paris, schlägt Fischer eine ganz andere Richtung ein: eine aggressive.
In einem Vorabdruck in der ZEIT sind wesentliche Passagen des Buches destilliert. Dort heisst es:
„Putin führt einen Kampf gegen die "Dekadenz" des Westens. Die EU muss darauf entschlossen reagieren und sich strategisch neu aufstellen“.
Dass Russland vor allem und schon seit Jahren entschlossen einen Kampf gegen den Terror-Salafismus führt, ist Fischer offenbar entgangen, oder er hält es für nebensächlich.
Weiter heisst es:
.
„Die Erweiterungspolitik der EU ist eben nicht nur ein lästiges Anhängsel, das die Ruhe EU-Europas stört, sondern ganz im Gegenteil: sie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Sicherheit der Europäischen Union, ja, ihre entscheidende Machtprojektion nach aussen in ihre geopolitische Nachbarschaft."
Weg von der Pariser Charta
Das hat nun in der Tat nichts mehr mit der Pariser Charta nach dem Mauerfall zu tun, sondern ist der Vorschlag für krude expansionistische Machtpolitik, die Konflikte heraufbeschwören muss, und dies bereits getan hat, aber auch militärische Interventionen rechtfertigt..
Der kalte Krieg ist nach Europa zurückgekehrt.
Die nächste Frage für Herrn Fischer ist dann: wie kann diese Auseinandersetzung für Europa und gegen Russland entschieden werden?
Die Antwortet lautet so: Durch Containment, ein Begriff aus der politischen Mottenkiste des kalten Krieges, von dem US Diplomaten George F. Kennan 1947 geprägt: „Bis hierher und nicht weiter“, was natürlich, auch dafür plädiert Fischer, nur durch militärische Stärke erreicht werden kann.
Diese militärische Stärke setze wieder ein politisch vereinigtes Europa voraus, Dies aber sei, so Fischer, in weite Ferne gerückt, überaus unpraktisch ohnehin, weil mit Veto-Rechten einzelner Mitglieder ausgestattet.
Fischers politischer Ladenhüter
Und nun packt Fischer als Lösung einen Ladenhüter aus, den er schon einmal in seiner „Grossen Rede“ in der Berliner Humboldt-Universität im Sommer 2000 der Weltöffentlichkeit vorgestellt hatte: Ein Kerneuropa bestehend aus Deutschland, Frankreich und wenigen weiteren Ländern als Schrittmacherstaaten, die ein "Gravitationszentrum" bilden, eine europäische Avantgarde, nach dem Motto: Wir gehen voran und zeigen, wie das zukünftige Europa funktionieren soll.
Joseph Martin (Joschka) Fischer .....politischen Ladenhüter ausgepackt
Die erste Ohrfeige für diesen politischen Unfug kam seinerzeit von Frankreichs damaligen Europa-Minister Moskovici, der Fischer vorwarf, die Debatte über die konkreten Probleme der EU durch vage Erörterungen über das Endziel zu gefährden. Auch dieses "vage Endziel" taucht natürlich wieder in seinem Büchlein auf, wenn auch eher als Frage, die sich Europa stellen müsste.
Polen bezichtigte ihn, mit der Avantgarde-Idee neue Trennlinien innerhalb Europas aufzureissen, und Grossbritannien beschuldigte ihn, einem europäischen Superstaat innerhalb der EU kreieren zu wollen.
Nichts dazugelernt
Fischer zeigt, dass er nichts dazugelernt hat, mehr noch: der alte Ladenhüter - nunmehr aufgepeppt als Schweizer Kantonalmodell (Fischer: "Ich war jetzt öfter mal in der Schweiz zu Vorträgen") - entpuppt sich natürlich letzten Endes als ein zentraleuropäisches militärisches Kommandozentrum, das sich von der abgeschlafften Grossmacht USA emanzipieren soll, um die Auseinandersetzungen mit Russland besser bestehen zu können.
Europa braucht derartigen Unfug, derartige Kriegstreiberei nicht. Was Europa braucht ist eine Rückkehr zur Friedenspolitik, wie sie seinerzeit durch Willy Brandt mit den Worten eingeleitet wurde:
"Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein, im Innern und nach außen"
Grund zur Dankbarkeit
Gerade am 25. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer sollte Dankbarkeit gegenüber Russland am Platze sein, dieser Wiedervereinigung sich nicht in den Weg gestellt zu haben, und damit ein neues Kapitel in den beiderseitigen Beziehungen aufgeschlagen zu haben.
Deutschland braucht weder beleidigende Besuchsabsagen des Bundespräsidenten, der ohnehin auf den Wiedervereinigungszug erst draufsprang, als dieser längst in Bewegung war - und der offenbar alte Rechnungen mit Russland begleichen möchte - noch einen ideologischen Spannungs-Verschärfer wie Fischer, oder eine Grüne wie Katrin Göring-Eckardt, die in einem Interview mit der ZEIT behauptet, die Grünen wären noch nie eine pazifistische Partei gewesen, und gerne die Bundeswehr im Auslandseinsatz sehen möchte.
Fazit:
Vom Kauf des Fischer-Buches rate ich ab.
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onlinedienst - 26. Okt, 11:04 Article 6491x read
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