Keine wirklich offenen Fragen im Falle des Todesschuss-Polizisten Karl-Heinz Kurras
Dr. Alexander von Paleske ----- 19.2. 2015 ---- Karl Heinz Kurras, ein West-Berliner Polizist, der den Studenten Benno Ohnesorg am 2.6. 1967 tötete, starb am 16.12. 2014, was allerdings erst gestern in den Medien gemeldet wurde . Kein Grund, sich weiter mit dieser Person zu beschäftigen, wenn nicht der SPIEGEL versucht, hieraus noch einmal einen spannenden Artikel zu machen, welcher das damalige politische Umfeld allerdings nicht berücksichtigt, und so diesen bedeutungslosen Herrn zu einer Person der Geschichte versucht hochzustilisieren, der auch noch angeblich Geheimnisse mit ins Grab nahm.
SPIEGEL Schlagzeile:
.
Mit der Tötung Benno Ohnesorgs befeuerte der West-Berliner Polizist Karl-Heinz Kurras die Revolte von 1968. Die wichtigsten Geheimnisse nahm der schillernde Stasi-Spion mit ins Grab.
Ein Blick zurück
Am 2. Juni stattete der iranische Herrscher, Schah Reza Pahlevi, West-Berlin einen Besuch ab.
Der Schah, der 1953 nur durch einen vom CIA und dem britischen Geheimdienst Mi6 inszenierten Putsch gegen die gewählte Regierung Mossadeq aus dem Exil zurück an die Macht gekommen war - Mossadeq plante die Nationalisierung der Ölquellen - hatte eine brutale Diktatur installiert, in welcher der Geheimdienst SAVAK eine wichtige Rolle spielte.
Demo gegen einen Diktator
Gegen den Besuch dieses Herrschers auf dem Pfauenthron riefen Studentenverbände in Berlin und die iranische Studentenorganisation CISNU zu einer Demonstration auf, die ihren Höhepunkt vor der Kroll-Oper finden sollte. Dort wollte der Schah mit seinem Gefolge, auf Einladung des Berliner Senats, sich an den künstlerischen Darbietungen laben.
Das Interesse des Schahs an ungestörtem Kulturgenuss sah der Innensenator Berlins als schützenswerter an, als das Recht der Studenten, gegen diesen brutalen Herrscher zu demonstrieren. Schliesslich war der Schah ein Freund Deutschlands, unterstützte den Alleinvertretungsanspruch der Bundesregierung, verkaufte Öl an Deutschland um importierte viele deutsche Podukte,
Ausserdem hatte die ehemalige Gemahlin des Schahs, die Deutsch-Perserin Soraya, über Jahre die deutsche Regenbogenpresse mit herzergreifenden Geschichtchen bewegt.
Knüppeln für den Diktator
Also knüppelte die Berliner Polizei auf die Demonstranten ein und trieb sie auseinander, unter tatkräftiger Mithilfe von sogenannten "Jubelpersern", grösstenteils Agenten des iranischen Geheimdienstes SAVAK. Diese Missachtung des grundgesetzlich verbürgten Demonstrationsrechts war der erste von insgesamt vier Skandalen.
BILD hetzt gegen Studenten
Der zweite Skandal war die Hetzpropaganda , welche die Berliner Springerpresse, die grosse Teile des Berliner Tagesszeitungs-Marktes beherrschte, Tag für Tag gegen die „verlausten und verdreckten Studenten“ verbreitete, und damit eine Art Progromstimmung schaffte. Ein übler Missbrauch der Pressefreiheit.
Peter Boenisch, der Springers „Kettenhund“ BILD ausführen durfte, war keine Schlagzeile primitiv und hetzerisch genug, als dass sie nicht noch hätte unterboten werden können.
Motto:
Müssen wir uns das gefallen lassen? - Nein, natürlich nicht,
so der Tenor.
Die Wochenzeitung „Die Zeit“ warf damals der Springer Presse vor:
- Verfälschung der Wahrheit
- Minderheiten, die per Schlagzeile gejagt wurden
- Unterdrückung von Nachrichten
- Springer-Redakteure, die das Manipulieren von Nachrichten als besondere Form der Recherche ansahen.
Als der Springer Verlag diese Behauptungen 1968 verbieten lassen wollte, musste er angesichts des von der ZEIT vorgelegten Materials vor der Pressekammer des Landgerichts Hamburg eine dicke Niederlage kassieren.
Der Tod eines friedlichen Demonstranten
Vor diesem Hintergrund der dritte Skandal: Karl Heinz Kurras tötete den am Boden liegenden Studenten Benno Ohnesorg, der als ausserordentlich friedfertig bekannt war, mit einem Kopfschuss.
Aber: Statt Kurras, ein einfach gestrickter Polizist mit deutschen Sekundärtugenden, hätte es in dieser aufgeladenen Atmosphäre auch ein anderer Polizist sein können.
Die Unterstellung des SPIEGEL, Kurras, nebenher auch noch ein Mitarbeiter der Stasi der DDR, habe möglicherweise die Bundesrepublik destabilisieren wollen, ist nachgerade lächerlich. Diese Jacke war Kurras mindestens 5 Nummern zu gross.
Und in dieser aufgeladenen Atmosphäre knapp ein Jahr später auch noch das Attentat auf Rudi Dutschke, an dessen Folgen er 11 Jahre später starb.
Freispruch für einen Totschläger
Die Tötung des Benno Ohnesorg, landete schliesslich als Strafsache vor Gericht, und endete mit einem Freispruch: Der vierte Skandal.
Die Justiz der Bundesrepublik im Nachkriegsdeutschland - und nicht nur sie - war satt mit ehemaligen Nazis durchsetzt. Eine Justiz, die selbst Hans Joachim Rehse, Beisitzer beim Volksgerichtshof - ein Gericht, das Todesurteile gegen Nazi-Gegner am Fliessband verhängte - vom Vorwurf der Rechtsbeugung freisprach, obwohl das Gericht tagtäglich nichts anderes als tödliche Rechtsbeugung betrieb.
Vorsitzender Richter dieses faschistischen Terrorinstruments war Roland Freisler, dessen Witwe nach dem Kriege jahrelang eine Beamtenpension ihres verstorbenen Gatten erhielt, die auch noch erhöht wurde mit dem Argument, er wäre in der Zwischenzeit gehaltsmässig aufgestiegen.
So waren die Verhältnisse, damals, als der Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger hiess, ehemaliges NSDAP Mitglied und seinerzeit im Auswärtigen Amt beschäftigt.
Die Studenten, die damals demonstrierten, trauten diesen Repräsentanten nicht. Auch wenn sie über das Ziel hinausschossen, so waren es doch sie, welche das Thema Faschismus, und „wie es geschehen konnte“, auf die Tagesordnung setzten.
Keine Ausnahmeerscheinung
Nein, dieser Kurras war mit seiner Einstellung keine Ausnahmeerscheinung im Polizeiapparat, damals.
Kurras war nichts als ein (gewaltbereites) Rädchen im Getriebe Nachkriegsdeutschlands, ein Land, das erst mühsam mit seiner Vergangenheit ins Reine kam.
Auch die Spionagetätigkeit für die DDR war nicht gerade selten bei Amtsträgern, die – soweit nach der Wiedervereinigung aufgedeckt - allesamt straflos davonkamen.
Der DDR passte allerdings die Tötung Benno Ohnesorgs ganz und gar nicht ins Konzept. Und so beendete sie die Zusammenarbeit mit Kurras.
Kein SPIEGEL-Artikel, der das Prädikat "lesenswert" verdient.
Mehr zum SPIEGEL
Der SPIEGEL: Zwei Abgänge schaffen alleine noch keine Wende
Die SPIEGEL-Krise steuert ihrem Höhepunkt entgegen
Gruner und Jahr in Hamburg – die Gründerfamilie Jahr verlässt das Verlagsschiff
Wird die BILD-Zeitung zur Journalistenschmiede? – Noch ein BILD-Mann zum SPIEGEL
SPIEGEL-Chefredaktion: der nächste bitte?
Ober-Grüner und "Steuerspar-Fachmann" Anton Hofreiter, Blackwater (Academi)-Söldner in der Ukraine, Günter Wallraff und ein Nachrichtenmagazin namens SPIEGEL
Der SPIEGEL: Vom Aufdecker zum Abdecker?
Nachrichtenmagazin SPIEGEL in der Krise: Eine Fahrt ins journalistische Nirgendwo?
Neues SPIEGEL-Domizil in Hamburgs Hafencity, oder: Umzug in den "Palazzo Prozzi"
Discounter ALDI-Süd, ein ehemaliger leitender Angestellter, Günter Wallraff und der SPIEGEL oder: Angriff ganz unten?
Günter Wallraff als Paketzusteller – eine persönliche Anmerkung
Zensur bei Spiegel-Online – ein persönlicher Erfahrungsbericht
SPIEGEL Schlagzeile:
.
Mit der Tötung Benno Ohnesorgs befeuerte der West-Berliner Polizist Karl-Heinz Kurras die Revolte von 1968. Die wichtigsten Geheimnisse nahm der schillernde Stasi-Spion mit ins Grab.
Ein Blick zurück
Am 2. Juni stattete der iranische Herrscher, Schah Reza Pahlevi, West-Berlin einen Besuch ab.
Der Schah, der 1953 nur durch einen vom CIA und dem britischen Geheimdienst Mi6 inszenierten Putsch gegen die gewählte Regierung Mossadeq aus dem Exil zurück an die Macht gekommen war - Mossadeq plante die Nationalisierung der Ölquellen - hatte eine brutale Diktatur installiert, in welcher der Geheimdienst SAVAK eine wichtige Rolle spielte.
Demo gegen einen Diktator
Gegen den Besuch dieses Herrschers auf dem Pfauenthron riefen Studentenverbände in Berlin und die iranische Studentenorganisation CISNU zu einer Demonstration auf, die ihren Höhepunkt vor der Kroll-Oper finden sollte. Dort wollte der Schah mit seinem Gefolge, auf Einladung des Berliner Senats, sich an den künstlerischen Darbietungen laben.
Das Interesse des Schahs an ungestörtem Kulturgenuss sah der Innensenator Berlins als schützenswerter an, als das Recht der Studenten, gegen diesen brutalen Herrscher zu demonstrieren. Schliesslich war der Schah ein Freund Deutschlands, unterstützte den Alleinvertretungsanspruch der Bundesregierung, verkaufte Öl an Deutschland um importierte viele deutsche Podukte,
Ausserdem hatte die ehemalige Gemahlin des Schahs, die Deutsch-Perserin Soraya, über Jahre die deutsche Regenbogenpresse mit herzergreifenden Geschichtchen bewegt.
Knüppeln für den Diktator
Also knüppelte die Berliner Polizei auf die Demonstranten ein und trieb sie auseinander, unter tatkräftiger Mithilfe von sogenannten "Jubelpersern", grösstenteils Agenten des iranischen Geheimdienstes SAVAK. Diese Missachtung des grundgesetzlich verbürgten Demonstrationsrechts war der erste von insgesamt vier Skandalen.
BILD hetzt gegen Studenten
Der zweite Skandal war die Hetzpropaganda , welche die Berliner Springerpresse, die grosse Teile des Berliner Tagesszeitungs-Marktes beherrschte, Tag für Tag gegen die „verlausten und verdreckten Studenten“ verbreitete, und damit eine Art Progromstimmung schaffte. Ein übler Missbrauch der Pressefreiheit.
Peter Boenisch, der Springers „Kettenhund“ BILD ausführen durfte, war keine Schlagzeile primitiv und hetzerisch genug, als dass sie nicht noch hätte unterboten werden können.
Motto:
Müssen wir uns das gefallen lassen? - Nein, natürlich nicht,
so der Tenor.
Die Wochenzeitung „Die Zeit“ warf damals der Springer Presse vor:
- Verfälschung der Wahrheit
- Minderheiten, die per Schlagzeile gejagt wurden
- Unterdrückung von Nachrichten
- Springer-Redakteure, die das Manipulieren von Nachrichten als besondere Form der Recherche ansahen.
Als der Springer Verlag diese Behauptungen 1968 verbieten lassen wollte, musste er angesichts des von der ZEIT vorgelegten Materials vor der Pressekammer des Landgerichts Hamburg eine dicke Niederlage kassieren.
Der Tod eines friedlichen Demonstranten
Vor diesem Hintergrund der dritte Skandal: Karl Heinz Kurras tötete den am Boden liegenden Studenten Benno Ohnesorg, der als ausserordentlich friedfertig bekannt war, mit einem Kopfschuss.
Aber: Statt Kurras, ein einfach gestrickter Polizist mit deutschen Sekundärtugenden, hätte es in dieser aufgeladenen Atmosphäre auch ein anderer Polizist sein können.
Die Unterstellung des SPIEGEL, Kurras, nebenher auch noch ein Mitarbeiter der Stasi der DDR, habe möglicherweise die Bundesrepublik destabilisieren wollen, ist nachgerade lächerlich. Diese Jacke war Kurras mindestens 5 Nummern zu gross.
Und in dieser aufgeladenen Atmosphäre knapp ein Jahr später auch noch das Attentat auf Rudi Dutschke, an dessen Folgen er 11 Jahre später starb.
Freispruch für einen Totschläger
Die Tötung des Benno Ohnesorg, landete schliesslich als Strafsache vor Gericht, und endete mit einem Freispruch: Der vierte Skandal.
Die Justiz der Bundesrepublik im Nachkriegsdeutschland - und nicht nur sie - war satt mit ehemaligen Nazis durchsetzt. Eine Justiz, die selbst Hans Joachim Rehse, Beisitzer beim Volksgerichtshof - ein Gericht, das Todesurteile gegen Nazi-Gegner am Fliessband verhängte - vom Vorwurf der Rechtsbeugung freisprach, obwohl das Gericht tagtäglich nichts anderes als tödliche Rechtsbeugung betrieb.
Vorsitzender Richter dieses faschistischen Terrorinstruments war Roland Freisler, dessen Witwe nach dem Kriege jahrelang eine Beamtenpension ihres verstorbenen Gatten erhielt, die auch noch erhöht wurde mit dem Argument, er wäre in der Zwischenzeit gehaltsmässig aufgestiegen.
So waren die Verhältnisse, damals, als der Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger hiess, ehemaliges NSDAP Mitglied und seinerzeit im Auswärtigen Amt beschäftigt.
Die Studenten, die damals demonstrierten, trauten diesen Repräsentanten nicht. Auch wenn sie über das Ziel hinausschossen, so waren es doch sie, welche das Thema Faschismus, und „wie es geschehen konnte“, auf die Tagesordnung setzten.
Keine Ausnahmeerscheinung
Nein, dieser Kurras war mit seiner Einstellung keine Ausnahmeerscheinung im Polizeiapparat, damals.
Kurras war nichts als ein (gewaltbereites) Rädchen im Getriebe Nachkriegsdeutschlands, ein Land, das erst mühsam mit seiner Vergangenheit ins Reine kam.
Auch die Spionagetätigkeit für die DDR war nicht gerade selten bei Amtsträgern, die – soweit nach der Wiedervereinigung aufgedeckt - allesamt straflos davonkamen.
Der DDR passte allerdings die Tötung Benno Ohnesorgs ganz und gar nicht ins Konzept. Und so beendete sie die Zusammenarbeit mit Kurras.
Kein SPIEGEL-Artikel, der das Prädikat "lesenswert" verdient.
Mehr zum SPIEGEL
Der SPIEGEL: Zwei Abgänge schaffen alleine noch keine Wende
Die SPIEGEL-Krise steuert ihrem Höhepunkt entgegen
Gruner und Jahr in Hamburg – die Gründerfamilie Jahr verlässt das Verlagsschiff
Wird die BILD-Zeitung zur Journalistenschmiede? – Noch ein BILD-Mann zum SPIEGEL
SPIEGEL-Chefredaktion: der nächste bitte?
Ober-Grüner und "Steuerspar-Fachmann" Anton Hofreiter, Blackwater (Academi)-Söldner in der Ukraine, Günter Wallraff und ein Nachrichtenmagazin namens SPIEGEL
Der SPIEGEL: Vom Aufdecker zum Abdecker?
Nachrichtenmagazin SPIEGEL in der Krise: Eine Fahrt ins journalistische Nirgendwo?
Neues SPIEGEL-Domizil in Hamburgs Hafencity, oder: Umzug in den "Palazzo Prozzi"
Discounter ALDI-Süd, ein ehemaliger leitender Angestellter, Günter Wallraff und der SPIEGEL oder: Angriff ganz unten?
Günter Wallraff als Paketzusteller – eine persönliche Anmerkung
Zensur bei Spiegel-Online – ein persönlicher Erfahrungsbericht
onlinedienst - 19. Feb, 08:29 Article 5096x read