Grüne Woche vorbei, die Massentierhaltung bleibt – Oder: Wieviel Torheit darf’s denn sein?
Dr. Alexander von Paleske --- 8.2. 2014 ---
Die grüne Woche in Berlin ging am 29. Januar zu Ende, das Riesenproblem der Massentierhaltung, der industriellen Fleischproduktion, aber bleibt.
Wird noch schlimmer
Nein, es wird noch schlimmer, denn sie soll noch ausgeweitet werden. Zwar kam das Thema Massentierhaltung auf, aber vor allem unter dem Gesichtspunkt der nicht artgerechten Tierhaltung.
Das ist jedoch völlig unzureichend.
Die Massentierhaltung, besser als industrielle Produktion von Fleisch, in "Tierfabriken" zu bezeichnen, , bedroht massiv die in den letzten Jahrzehnten gemachten Fortschritte in der Medizin bei der Behandlung bakterieller Infektionen.
Gerade auch durch den unvermeidlichen Grosseinsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung haben die Resistenzen der Bakterien mittlerweile ein alarmierendes Ausmass angenommen.
Aber das war offenbar kein brennendes Thema auf der grünen Woche trotz der schwarzen Zukunft
Zu wenig Tiere oder zu wenig verantwortungsvolle Politiker?
Schlimmer noch: der Agrarminister Brandenburgs, Jörg Vogelsänger (SPD), will die Massentierhaltung noch drastisch ausweiten. Kurz vor Beginn der Grünen Woche in Berlin erklärte er:
„Brandenburg hat zu wenig Tiere, und neue Mastanlagen sind Investitionen ins Tierwohl.
Ganz offensichtlich hat Brandenburg - nicht nur Brandenburg – keineswegs zu wenig Tiere in der Massentierhaltung, sondern zu wenig Politiker, die mit einem gesunden Menschenverstand und ausreichendem Problembewusstsein ausgerüstet sind.
Brutstätten der Antibiotikaresistenz: Tierfabriken - Screenshot: Dr. v. Paleske
Der Fleischkonsum wächst in Deutschland seit den 1960er Jahren unaufhörlich: Pro Kopf verzehrt jeder Deutsche mittlerweile im Jahr durchschnittlich 60 Kilogramm Fleisch. In seinem Leben isst jeder damit durchschnittlich 1094 Tiere, davon 945 Hühner, 46 Puten, 46 Schweine, 37 Enten, zwölf Gänse, vier Schafe und vier Rinder.
Der Konsum von Schweine- und Hühnerfleisch wird weiter steigen. Damit steigt auch der Bedarf an Futtergetreide, und dies angesichts weltweit immer knapper werdender Nahrungsmittel.
Blinde Industriegläubigkeit
Was sich im Falle Brandenburgs wieder einmal ausdrückt, ist die blinde Industriegläubigkeit der SPD, ohne Rücksicht auf die damit verbundenen Gefahren, wie sie die SPD seit dem Beginn der Umweltbewegung auszeichnete, und die dazu beitrug, dass die SPD dank eines Vertrauensverlustes in der Wählergunst abstürzte.
Statt für geringeren Fleischkonsum zu werben, und die Gefahren der Massentierhaltung zu benennen, soll die Produktion und damit der Konsum weiter angekurbelt werden.
Langsames Umdenken auch in den USA
Inzwischen beginnt auch in den USA ein Umdenkungsprozess, allerdings im Schneckentempo. Dort, wo die Massenproduktion insbesondere bei Schweinen und Geflügel weit verbreitet ist, warnte die Pew Commission on Industrial Farm Animal Production vor den Auswirkungen des zügellosen Einsatzes von Antibiotika.
Mittlerweile forderte die Food and Drug Administration (FDA )die Hersteller von Antibiotika auf, dafür zu sorgen, dass diese nicht mehr dem Futter beigemischt werden.
Allerdings ist dies in Europa bereits seit dem Jahre 2006 verboten, ohne dass sich an dem Verbrauch der Antibiotika in der Massentierhaltung auch nur irgend etwas geändert hätte. Ganz im Gegenteil: der Verbrauch stieg weiter an, insbesondere in der Geflügelzucht, weil es keines der Tiere ohne Antibiotika bis zum Schlachttag schafft. Mit dem Unterschied, dass seit 2006 die Antibiotika nicht mehr dem Futter beigemischt werden, sondern ins Trinkwasser gekippt werden – welch ein Fortschritt.
In Zahlen: Im Jahre 2011 wurden 1734 Tonnen Antibiotika in der Massentierhaltung in Deutschland verfüttert - 40 mal so viel wie in allen Krankenhäusern zusammengenommen, und 7 mal mehr als in der gesamten Humanmedizin in Deutschland.
Der neue Grünen- Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter mahnte nur lau auf der Grünen Woche:
„Wir müssen weg von der nicht artgerechten Massentierhaltung."
Von den Riesengefahren keine Rede. Dass auch die Grünen sich des Themas nur in völlig unzureichender Form annehmen, zeigt nur, wie sklerotisch dieser Verein längst geworden ist.
Aber es ist gerade dieses Gefahrenpotential, das sofortiges Handeln erfordert.
Kleiner Lichtblick
Ein kleiner Lichtblick ist die Bildung eines Aktionsbündnisses gegen die Massentierhaltung, zu dem sich 34 regionale Verbände der Landwirtschaft, des Umwelt- und Naturschutzes sowie andere zivil-gesellschaftliche Kräfte und Initiativen im November 2013 zusammengeschlossen haben.
Zur Massentierhaltung
Neue Hiobsbotschaften zur Antibiotika-Resistenz - Massnahmen dagegen nicht in Sicht
Ergebnisse neuer Studie machen die Abschaffung der Massentierhaltung noch dringlicher
Der ARZNEIMITTELBRIEF zur Krise der Antibiotikaresistenz
Grossbritannien: Gefahr der Antibiotikaresistenz vergleichbar mit Terrorismusgefahr und Gefahr der Klimaveränderung
Deutsche Spitzenforscher: Späte Warnung vor Antibiotikaresistenz und unzureichende Vorschläge
Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit
Neue schlechte Nachrichten zur bakteriellen Resistenz gegen Antibiotika
Putenlaster-Unfall, kranke Puten und grüne Stellungnahmen zu schwarzer Zukunft
Erst Bremen, jetzt Leipzig – Die Antibiotikaresistenz breitet sich aus
Zwei Schreckensmeldungen zur Antibiotika-Verfütterung in der Massentierhaltung
Frühchentod und Antibiotikaresistenz
Antibiotikaresistenz: Nach Pest, Tripper, MRSA, NDM-1, TB, Campylobacter nun die Salmonellen
Bleibt die Gonorrhoe (Tripper) behandelbar?
Antibiotika-Resistenz: Spätes Erwachen. Oder: Minister Bahrs Wort zum Sonntag
WHO, Weltgesundheitstag und Antibiotikaresistenz - eine Nachbemerkung
Pest-Seuche und Antibiotika-Resistenz
Antibiotika oder Massentierhaltung?
Der Dioxin-Skandal flaut ab, die Probleme der Massentierhaltung bleiben
Hilflos bei Infektionen - Antibiotika verlieren ihre Wirksamkeit
Tierfabriken, Schweineviren und die Zukunft
Bittere Pillen für die Dritte Welt
Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
Welt-Tuberkulose Tag - eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch</
Tuberkulose und die Krise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kein Nachlassen der Schreckensmeldungen
Will Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner uns für dumm verkaufen? – Ein Kommentar zur geplanten Reform des Tierarzneirechts
Verband zur Förderung der Massentierhaltung Deutschlands (VEFMAD) dankt der Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner
Die grüne Woche in Berlin ging am 29. Januar zu Ende, das Riesenproblem der Massentierhaltung, der industriellen Fleischproduktion, aber bleibt.
Wird noch schlimmer
Nein, es wird noch schlimmer, denn sie soll noch ausgeweitet werden. Zwar kam das Thema Massentierhaltung auf, aber vor allem unter dem Gesichtspunkt der nicht artgerechten Tierhaltung.
Das ist jedoch völlig unzureichend.
Die Massentierhaltung, besser als industrielle Produktion von Fleisch, in "Tierfabriken" zu bezeichnen, , bedroht massiv die in den letzten Jahrzehnten gemachten Fortschritte in der Medizin bei der Behandlung bakterieller Infektionen.
Gerade auch durch den unvermeidlichen Grosseinsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung haben die Resistenzen der Bakterien mittlerweile ein alarmierendes Ausmass angenommen.
Aber das war offenbar kein brennendes Thema auf der grünen Woche trotz der schwarzen Zukunft
Zu wenig Tiere oder zu wenig verantwortungsvolle Politiker?
Schlimmer noch: der Agrarminister Brandenburgs, Jörg Vogelsänger (SPD), will die Massentierhaltung noch drastisch ausweiten. Kurz vor Beginn der Grünen Woche in Berlin erklärte er:
„Brandenburg hat zu wenig Tiere, und neue Mastanlagen sind Investitionen ins Tierwohl.
Ganz offensichtlich hat Brandenburg - nicht nur Brandenburg – keineswegs zu wenig Tiere in der Massentierhaltung, sondern zu wenig Politiker, die mit einem gesunden Menschenverstand und ausreichendem Problembewusstsein ausgerüstet sind.
Brutstätten der Antibiotikaresistenz: Tierfabriken - Screenshot: Dr. v. Paleske
Der Fleischkonsum wächst in Deutschland seit den 1960er Jahren unaufhörlich: Pro Kopf verzehrt jeder Deutsche mittlerweile im Jahr durchschnittlich 60 Kilogramm Fleisch. In seinem Leben isst jeder damit durchschnittlich 1094 Tiere, davon 945 Hühner, 46 Puten, 46 Schweine, 37 Enten, zwölf Gänse, vier Schafe und vier Rinder.
Der Konsum von Schweine- und Hühnerfleisch wird weiter steigen. Damit steigt auch der Bedarf an Futtergetreide, und dies angesichts weltweit immer knapper werdender Nahrungsmittel.
Blinde Industriegläubigkeit
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Statt für geringeren Fleischkonsum zu werben, und die Gefahren der Massentierhaltung zu benennen, soll die Produktion und damit der Konsum weiter angekurbelt werden.
Langsames Umdenken auch in den USA
Inzwischen beginnt auch in den USA ein Umdenkungsprozess, allerdings im Schneckentempo. Dort, wo die Massenproduktion insbesondere bei Schweinen und Geflügel weit verbreitet ist, warnte die Pew Commission on Industrial Farm Animal Production vor den Auswirkungen des zügellosen Einsatzes von Antibiotika.
Mittlerweile forderte die Food and Drug Administration (FDA )die Hersteller von Antibiotika auf, dafür zu sorgen, dass diese nicht mehr dem Futter beigemischt werden.
Allerdings ist dies in Europa bereits seit dem Jahre 2006 verboten, ohne dass sich an dem Verbrauch der Antibiotika in der Massentierhaltung auch nur irgend etwas geändert hätte. Ganz im Gegenteil: der Verbrauch stieg weiter an, insbesondere in der Geflügelzucht, weil es keines der Tiere ohne Antibiotika bis zum Schlachttag schafft. Mit dem Unterschied, dass seit 2006 die Antibiotika nicht mehr dem Futter beigemischt werden, sondern ins Trinkwasser gekippt werden – welch ein Fortschritt.
In Zahlen: Im Jahre 2011 wurden 1734 Tonnen Antibiotika in der Massentierhaltung in Deutschland verfüttert - 40 mal so viel wie in allen Krankenhäusern zusammengenommen, und 7 mal mehr als in der gesamten Humanmedizin in Deutschland.
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„Wir müssen weg von der nicht artgerechten Massentierhaltung."
Von den Riesengefahren keine Rede. Dass auch die Grünen sich des Themas nur in völlig unzureichender Form annehmen, zeigt nur, wie sklerotisch dieser Verein längst geworden ist.
Aber es ist gerade dieses Gefahrenpotential, das sofortiges Handeln erfordert.
Kleiner Lichtblick
Ein kleiner Lichtblick ist die Bildung eines Aktionsbündnisses gegen die Massentierhaltung, zu dem sich 34 regionale Verbände der Landwirtschaft, des Umwelt- und Naturschutzes sowie andere zivil-gesellschaftliche Kräfte und Initiativen im November 2013 zusammengeschlossen haben.
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onlinedienst - 8. Feb, 15:08 Article 5179x read