Nicht auf Twitter und nicht auf Facebook – ein persönlicher Bericht aus London
Dr. Alexander von Paleske --- 30.9. 2010 ---- Wenn ich auf Twitter oder auf Facebook wäre, dann wüssten meine Follower bzw. Bekannten, dass ich zur Zeit in London bin, und einen Auffrischungskurs in Hämatologie am Hammersmith- Hospital besuche.
Hammersmith Hospital
Und ich hätte berichtet, dass 1986 ich dort zu einem Attachment in der Abteilung für Knochenmarktransplantation (KMT) war, als seinerzeit die Reaktorkatastrophe vonTschenobyl passierte und der Leiter der KMT, Prof. John Goldman gefragt wurde, ob er einige der Strahlenopfer transplantieren könnte.
Sie wüssten, dass ich zweimal umsteigen muss, um von meiner Unterkunft dorthin zu gelangen, und sie wüssten auch, dass die Menschen immer in großer Eile sind und hastig in den U-Bahnstationen sich bewegen, obgleich der Zeitgewinn für diese Eile eigentlich nur minimal ist.
Aber ich bin weder auf Twitter, noch auf Facebook, kurzum, ich bin altmodisch, hoffnungslos altmodisch.
Nein, ich fühle mich auch keineswegs denjenigen überlegen, die gerne twittern, und auch nicht denjenigen, die auf Facebook unterwegs sind „ by choice“ also in voller Kenntnis dessen, was mit ihren Daten möglicherweise geschieht und welche Konsequenzen sich eines Tages daraus ergeben könnten.
Ich ärgere mich deshalb über die Datensammler, die unter dem Vorwand der Gemeinnützigkeit „Dein Freund“ mich ausforschen und dann diese Daten ohne meine Zustimmung weiterverwenden bzw. weiterverkaufen.
Mein Privatbereich
Ich habe immer (noch) die Einstellung, dass es einen Privatbereich gibt, der getrennt von der Öffentlichkeit gehalten werden sollte, und dass dieser Privatbereich auch gegen Eindringlinge verteidigt werden muss, so man es will..
Vielleicht ist auch das völlig überholt.
Was mich daher aufregt: Ich weiß nicht, welche Infos, die ich zu meinem Privatbereich zähle, nicht doch in die Hände von notorischen Info-Sammlern gelangen, obgleich ich gar nicht gefragt wurde, und wo ich meine persönliche Info auch gar nicht aufgehoben wissen will.
Deshalb hat mich natürlich empört, was Stefan Tomik vergangene Woche in der FAZ in einem Artikel über Google schrieb, einen „Datensammelverein“ mit dem wir uns hier - aus leider gegebenem Anlass - bereits mehrfach beschäftigten:
„Es ist ein faustischer Pakt, den Google mit unzähligen Betreibern von Websites geschlossen hat. Google stellt ihnen eine Software zur Verfügung, mit der sie die Besucher ihrer Seiten beobachten können. So sehen sie, wo jemand wohnt, welche Seite er vorher angeschaut hat, wie er sich im Internetangebot bewegt, wohin er weiterklickt, wann er aussteigt und sogar, wann er wiederkommt. Selbst wenn Monate dazwischen liegen.
Das Programm „Google Analytics“ liefert sehr nützliche Statistiken, und viele Seitenbetreiber lieben es. Sie „optimieren“ damit ihren Internetauftritt. Google verteilt die Software kostenlos, aber nicht ohne Hintergedanken. Denn die Informationen werden automatisch nach Amerika geschickt und in Googles Rechenzentren verarbeitet. So erhält der Internetkonzern Zugriff auf die Daten von Hunderten von Millionen Nutzern aus aller Welt. Die meisten wissen gar nichts davon.
Wiener G'schichten
Ich komme alle zwei Jahre – auf eigene Kosten - hierher nach London, um den Anschluss an Neuerungen in der Diagnose und Behandlung hämatologischer Erkrankungen nicht zu verlieren, auch wenn ich das meiste davon, mangels Medikamenten vor Ort, also in Simbabwe, nicht umsetzen kann. Aber ich lerne immerhin, was potenziell möglich ist. Und manchmal bekommen wir ja auch Medikamente kostenlos, wie Gleevec, das neuere Medikament zur Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie.
Seit 1995 komme ich relativ regelmäßig zu diesen Meetings, da in Deutschland nichts Vergleichbares angeboten wird.
Stattdessen gibt es dort jede Menge von der Pharma-Industrie gesponserte Veranstaltungen.
Im vergangenen Jahr bekam ich selbst eine Einladung, damals noch in Botswana tätig, zu einem von der Firma Roche organisierten Meeting in Wien.
Ich habe mich hinterher schrecklich darüber geärgert. Es war eine Werbeveranstaltung für ein zweifellos gutes Medikament, Rituximab (Mabthera).
Die Veranstaltung war aber lediglich darauf zugeschnitten, einen neuen Anwendungsbereich – die chronisch lymphatische Leukämie - für dieses Medikament zu promoten.
Der Roche-Kongress tagt
Werbung wie bei Waschmitteln. Kongressfotos: Dr. v. Paleske
Da rund 1000 Ärzte aus aller Welt eingeladen worden waren, inklusive Flugkosten und erstklassige Hotelunterbringung plus einem Dinner in der Hofburg, lagen die Kosten dieser Veranstaltung im einstelligen Millionenbereich. Klar, dass diese Kosten letztlich von den Patienten zu zahlen sind.
"Value for Money" im Hammersmith Hospital
Kein bezahltes Dinner, Kurskosten und Anreise sind von den Teilnehmern selbst zu bezahlen. Dafür exzellente Vorträge
von Top-Hämatologen aus Europa.
Eine Reise, die sich gelohnt hat..
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Sie wüssten, dass ich zweimal umsteigen muss, um von meiner Unterkunft dorthin zu gelangen, und sie wüssten auch, dass die Menschen immer in großer Eile sind und hastig in den U-Bahnstationen sich bewegen, obgleich der Zeitgewinn für diese Eile eigentlich nur minimal ist.
Aber ich bin weder auf Twitter, noch auf Facebook, kurzum, ich bin altmodisch, hoffnungslos altmodisch.
Nein, ich fühle mich auch keineswegs denjenigen überlegen, die gerne twittern, und auch nicht denjenigen, die auf Facebook unterwegs sind „ by choice“ also in voller Kenntnis dessen, was mit ihren Daten möglicherweise geschieht und welche Konsequenzen sich eines Tages daraus ergeben könnten.
Ich ärgere mich deshalb über die Datensammler, die unter dem Vorwand der Gemeinnützigkeit „Dein Freund“ mich ausforschen und dann diese Daten ohne meine Zustimmung weiterverwenden bzw. weiterverkaufen.
Mein Privatbereich
Ich habe immer (noch) die Einstellung, dass es einen Privatbereich gibt, der getrennt von der Öffentlichkeit gehalten werden sollte, und dass dieser Privatbereich auch gegen Eindringlinge verteidigt werden muss, so man es will..
Vielleicht ist auch das völlig überholt.
Was mich daher aufregt: Ich weiß nicht, welche Infos, die ich zu meinem Privatbereich zähle, nicht doch in die Hände von notorischen Info-Sammlern gelangen, obgleich ich gar nicht gefragt wurde, und wo ich meine persönliche Info auch gar nicht aufgehoben wissen will.
Deshalb hat mich natürlich empört, was Stefan Tomik vergangene Woche in der FAZ in einem Artikel über Google schrieb, einen „Datensammelverein“ mit dem wir uns hier - aus leider gegebenem Anlass - bereits mehrfach beschäftigten:
„Es ist ein faustischer Pakt, den Google mit unzähligen Betreibern von Websites geschlossen hat. Google stellt ihnen eine Software zur Verfügung, mit der sie die Besucher ihrer Seiten beobachten können. So sehen sie, wo jemand wohnt, welche Seite er vorher angeschaut hat, wie er sich im Internetangebot bewegt, wohin er weiterklickt, wann er aussteigt und sogar, wann er wiederkommt. Selbst wenn Monate dazwischen liegen.
Das Programm „Google Analytics“ liefert sehr nützliche Statistiken, und viele Seitenbetreiber lieben es. Sie „optimieren“ damit ihren Internetauftritt. Google verteilt die Software kostenlos, aber nicht ohne Hintergedanken. Denn die Informationen werden automatisch nach Amerika geschickt und in Googles Rechenzentren verarbeitet. So erhält der Internetkonzern Zugriff auf die Daten von Hunderten von Millionen Nutzern aus aller Welt. Die meisten wissen gar nichts davon.
Wiener G'schichten
Ich komme alle zwei Jahre – auf eigene Kosten - hierher nach London, um den Anschluss an Neuerungen in der Diagnose und Behandlung hämatologischer Erkrankungen nicht zu verlieren, auch wenn ich das meiste davon, mangels Medikamenten vor Ort, also in Simbabwe, nicht umsetzen kann. Aber ich lerne immerhin, was potenziell möglich ist. Und manchmal bekommen wir ja auch Medikamente kostenlos, wie Gleevec, das neuere Medikament zur Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie.
Seit 1995 komme ich relativ regelmäßig zu diesen Meetings, da in Deutschland nichts Vergleichbares angeboten wird.
Stattdessen gibt es dort jede Menge von der Pharma-Industrie gesponserte Veranstaltungen.
Im vergangenen Jahr bekam ich selbst eine Einladung, damals noch in Botswana tätig, zu einem von der Firma Roche organisierten Meeting in Wien.
Ich habe mich hinterher schrecklich darüber geärgert. Es war eine Werbeveranstaltung für ein zweifellos gutes Medikament, Rituximab (Mabthera).
Die Veranstaltung war aber lediglich darauf zugeschnitten, einen neuen Anwendungsbereich – die chronisch lymphatische Leukämie - für dieses Medikament zu promoten.
Der Roche-Kongress tagt
Werbung wie bei Waschmitteln. Kongressfotos: Dr. v. Paleske
Da rund 1000 Ärzte aus aller Welt eingeladen worden waren, inklusive Flugkosten und erstklassige Hotelunterbringung plus einem Dinner in der Hofburg, lagen die Kosten dieser Veranstaltung im einstelligen Millionenbereich. Klar, dass diese Kosten letztlich von den Patienten zu zahlen sind.
"Value for Money" im Hammersmith Hospital
Kein bezahltes Dinner, Kurskosten und Anreise sind von den Teilnehmern selbst zu bezahlen. Dafür exzellente Vorträge
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onlinedienst - 30. Sep, 16:34 Article 2864x read