Antibiotika-Resistenz: Spätes Erwachen. Oder: Minister Bahrs Wort zum Sonntag
Dr. Alexander von Paleske --- 12.6. 2011 --
Die Antibiotikaresistenz ist alarmierend. Wir haben mehrfach auf diese drohende Gefahr, die viele Errungenschaften der modernen Medizin zunichte machen würde, hingewiesen.
Zeit läuft davon
Die Gefahr droht nicht nur, vielmehr läuft die Zeit davon, noch dringend notwendige Gegenmaßnahmen zu treffen.
Andere Länder haben das immerhin erkannt, so berichtet die international hochangesehene Medizinzeitung LANCET am 28 Mai 2011 (Lancet Vol. 377, Seite 1823 f.) über eine 2-tägige Krisenkonferenz in Sydney / Australien, die im Februar 2011 stattfand, und an der sowohl Vertreter der Humanmedizin, als auch der Veterinärmedizin, und der Pharmaindustrie teilnahmen.
Die Konferenz beschloss, die australische Regierung zu drängen, eine nationale Behörde zu schaffen, die
- Daten sammeln soll über den Verbrauch von Antibiotika
- Kontinuierlich die Resistenzlage ermittelt, und zwar landesweit innerhalb und außerhalb von Krankenhäusern, und im Bereich der Veterinärmedizin, also der Nutztierhaltung, wo Antibiotika massenhaft zum Einsatz kommen, und zwar dauernd
.
- Ratschläge für den sparsamen Verbrauch von Antibiotika geben soll und zwar sowohl in der Humanmedizin wie in der Veterinärmedizin.
50 % überfüssig
Nach Auffassung der Konferenzteilnehmer sind 50% der verschriebenen Antibiotika in der Humanmedizin nicht indiziert, also überflüssig. Das zeigt sich, wenn man den z.B. den Verbrauch in Australien in Relation zu einem Land setzt, in dem die Menschen trotz halb so großem Verbrauchs auch nicht kürzer leben: In den Niederlanden.
Ein Superbug aus Indien
Mittlerweile ist der zuerst in Abwässern in Indien entdeckte, total resistente Stamm, der das Enzym New Delhi Metallo-Betalactamase (NDM-1)produziert – ein potentielles Todesurteil für Patienten bei systemischer Infektion mit diesem Keimen – in Australien wie auch in Südkorea angekommen.
Gleichzeitig tendiert das Interesse der Pharmafirmen, neue innovative Antibiotika zu erforschen und zu produzieren, eher gegen Null, weil sich damit nicht genügend Gewinne erzielen lassen. Stichwort: Nur kurzdauernder Einsatz beim jeweiligen Patienten.
Stattdessen gehen Milliardenbeträge in die Erforschung neuer Arzneien zur Behandlung von chronischen Krankheiten, wo also Patienten dauernd, oder zumindest eine längere Zeit, Medikamente einnehmen müssen (Diabetes, Krebs, Herzerkrankungen, Hochdruck, Rheuma etc.).
Tiermast und Antibiotika
Aber nicht nur in der Humanmedizin, gerade auch in der Veterinärmedizin sind drastische Maßnahmen erforderlich. Dort muss der horrende Antibiotikaverbrauch zur Tiermast massiv zurückgefahren werden, was letztlich nur über die Beseitigung der Massentierhaltung, den sogenannten Tierfabriken und Fischfarmen, möglich sein wird.
Zuletzt hat das EHEC Bakterium, das aller Wahrscheinlichkeit nach mit Bio-Dünger auf die Sprossen kam, und das gegen fast alle herkömmlichen Antibiotika bereits resistent ist, gezeigt, wohin die Reise geht.
Bahrs Wort zum Sonntag
Nun hat sich der Bundesgesundheitsminister Bahr heute zu diesem Thema in der Bild am Sonntag zu Wort gemeldet:.
"In Deutschland müssen Antibiotika gezielter eingesetzt werden, um Resistenzen zu vermeiden", sagte Bahr der "Bild am Sonntag". Derzeit würden diese "oft zu breit und nicht spezifisch genug eingesetzt". Der FDP-Politiker verwies auf Pläne der Bundesregierung, den Antibiotikaverbrauch zumindest in Krankenhäusern künftig zu erfassen“
Man braucht kein großer Fachmann zu sein, um zu erkennen, dass angesichts der kritischen Lage dies geradezu lächerlich ungenügende Maßnahmen sind.
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Die Antibiotikaresistenz ist alarmierend. Wir haben mehrfach auf diese drohende Gefahr, die viele Errungenschaften der modernen Medizin zunichte machen würde, hingewiesen.
Zeit läuft davon
Die Gefahr droht nicht nur, vielmehr läuft die Zeit davon, noch dringend notwendige Gegenmaßnahmen zu treffen.
Andere Länder haben das immerhin erkannt, so berichtet die international hochangesehene Medizinzeitung LANCET am 28 Mai 2011 (Lancet Vol. 377, Seite 1823 f.) über eine 2-tägige Krisenkonferenz in Sydney / Australien, die im Februar 2011 stattfand, und an der sowohl Vertreter der Humanmedizin, als auch der Veterinärmedizin, und der Pharmaindustrie teilnahmen.
Die Konferenz beschloss, die australische Regierung zu drängen, eine nationale Behörde zu schaffen, die
- Daten sammeln soll über den Verbrauch von Antibiotika
- Kontinuierlich die Resistenzlage ermittelt, und zwar landesweit innerhalb und außerhalb von Krankenhäusern, und im Bereich der Veterinärmedizin, also der Nutztierhaltung, wo Antibiotika massenhaft zum Einsatz kommen, und zwar dauernd
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- Ratschläge für den sparsamen Verbrauch von Antibiotika geben soll und zwar sowohl in der Humanmedizin wie in der Veterinärmedizin.
50 % überfüssig
Nach Auffassung der Konferenzteilnehmer sind 50% der verschriebenen Antibiotika in der Humanmedizin nicht indiziert, also überflüssig. Das zeigt sich, wenn man den z.B. den Verbrauch in Australien in Relation zu einem Land setzt, in dem die Menschen trotz halb so großem Verbrauchs auch nicht kürzer leben: In den Niederlanden.
Ein Superbug aus Indien
Mittlerweile ist der zuerst in Abwässern in Indien entdeckte, total resistente Stamm, der das Enzym New Delhi Metallo-Betalactamase (NDM-1)produziert – ein potentielles Todesurteil für Patienten bei systemischer Infektion mit diesem Keimen – in Australien wie auch in Südkorea angekommen.
Gleichzeitig tendiert das Interesse der Pharmafirmen, neue innovative Antibiotika zu erforschen und zu produzieren, eher gegen Null, weil sich damit nicht genügend Gewinne erzielen lassen. Stichwort: Nur kurzdauernder Einsatz beim jeweiligen Patienten.
Stattdessen gehen Milliardenbeträge in die Erforschung neuer Arzneien zur Behandlung von chronischen Krankheiten, wo also Patienten dauernd, oder zumindest eine längere Zeit, Medikamente einnehmen müssen (Diabetes, Krebs, Herzerkrankungen, Hochdruck, Rheuma etc.).
Tiermast und Antibiotika
Aber nicht nur in der Humanmedizin, gerade auch in der Veterinärmedizin sind drastische Maßnahmen erforderlich. Dort muss der horrende Antibiotikaverbrauch zur Tiermast massiv zurückgefahren werden, was letztlich nur über die Beseitigung der Massentierhaltung, den sogenannten Tierfabriken und Fischfarmen, möglich sein wird.
Zuletzt hat das EHEC Bakterium, das aller Wahrscheinlichkeit nach mit Bio-Dünger auf die Sprossen kam, und das gegen fast alle herkömmlichen Antibiotika bereits resistent ist, gezeigt, wohin die Reise geht.
Bahrs Wort zum Sonntag
Nun hat sich der Bundesgesundheitsminister Bahr heute zu diesem Thema in der Bild am Sonntag zu Wort gemeldet:.
"In Deutschland müssen Antibiotika gezielter eingesetzt werden, um Resistenzen zu vermeiden", sagte Bahr der "Bild am Sonntag". Derzeit würden diese "oft zu breit und nicht spezifisch genug eingesetzt". Der FDP-Politiker verwies auf Pläne der Bundesregierung, den Antibiotikaverbrauch zumindest in Krankenhäusern künftig zu erfassen“
Man braucht kein großer Fachmann zu sein, um zu erkennen, dass angesichts der kritischen Lage dies geradezu lächerlich ungenügende Maßnahmen sind.
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WHO, Weltgesundheitstag und Antibiotikaresistenz - eine Nachbemerkung
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onlinedienst - 12. Jun, 16:07 Article 4812x read