EHEC- Blame-Game oder: Lärmende Schuldzuweisungen ohne durchgreifende Forderungen nach Konsequenzen
Dr. Alexander von Paleske --- 27.5. 2010 ---
- Kommen die Gurken aus Spanien?
- Oder kommen sie gar aus den putzsauberen Niederlanden?
- Sind sie auf deutschem Staatsgebiet mit dem Erdboden in Berührung gekommen, und zwar massenhaft?
- War also das Deutsche Erdreich verseucht mit EHEC?
Fragen, welche zur Zeit in den Medien aufgeworfen werden. Aber sie sind nur teilweise relevant, zum Teil sind sie angesichts der Lage reichlich unwichtig.
Fest steht, dass offenbar auf spanischen Gurken der Erreger nachgewiesen wurde, der identisch ist mit dem von Kranken isolierten Stamm.
Damit ist noch nicht einmal absolut sicher geklärt, ob dies auch die einzige Infektionsquelle war.
Fest steht weiterhin: Der EHEC-Erreger breitet sich in Deutschland immer weiter aus. Die Zahl der Infizierten liegt mittlerweile bei mehr als 1000. 276 von ihnen sind an der schwerwiegenden Komplikation des hämolytisch-uramischen Syndroms (HUS) erkrankt, und die Zahl steigt weiter. Acht (28.5. 2011) EHEC-bedingte Todesfälle sind mittlerweile bestätigt.
Normalerweise sind es nicht mehr als 60 HUS-Fälle pro Jahr in Deutschland.
Ein diagnostischer Durchbruch gelang der Münsteraner Arbeitsgruppe von Mikrobiologen unter Leitung von Professor Helge Karch: Sie haben in sehr kurzer Zeit den speziellen EHEC-Stamm identifiziert.. Sein Name: HUSEC 41.
Prof. Helge Karch - ..... diagnostischer Durchbruch in Münster.
EHEC-Bakterienkolonie - Screenshots: Dr. v. Paleske
Er ist zwar seit einigen Jahren unter Wissenschaftlern bekannt, aber bisher war weltweit kein Ausbruch mit diesem Erreger dokumentiert.
Allmacht und Ohnmacht
Die rasche Isolierung und Typisierung des Erregers ist zweifellos eine hervorragende Leistung der Wissenschaft, samt der Aufschlüsselung von genetischen Veränderungen, die das Bakterium - einstmals harmlos - mittlerweile so gefährlich machen.
Aber die Erkenntnis wird bisher nicht als Alarmsignal verstanden.
Die beste Diagnose ist nichts wert, wenn anschließend keine Therapie zur Verfügung steht, und die beste Erkenntnis ist nichts wert, wenn nicht daraus notwendige Konsequenzen gezogen werden.
Bleiben wir zunächst noch bei der Diagnose: Dieser Erreger hat seine Harmlosigkeit entweder durch Spontanmutationen, oder durch Info-Übertragung von Bakterien zu Bakterien eingebüßt, und produziert jetzt Shiga-Toxin, verantwortlich für HUS.
Dieser Erreger - und das wird gerne unterschlagen - ist außerdem noch multiresistent gegen nahezu alle vorhandenen Breitspektrum-Antibiotika dank Extended Spectrum Betalactamasen, also insbesondere gegen die bisher Betalactamase-festen Cefalosporine.
Übrig bleiben dann lediglich die Carbapeneme, gegen die aber mittlerweile ebenfalls Resistenzen durch Carbapenemasen (bei anderen Bakterien) beobachtet wurden.
Liegt im Trend
Damit liegt dieses HUS-auslösende EHEC-Bakterium absolut im Trend der Multiresistenz, welche durch die Verfütterung von Antibiotika bei Tiermast und Massentierhaltung gefördert wird.
Zwar wird die beim Menschen ausgelöste Krankheit nicht mit Antibiotika behandelt, weil das vermehrte Absterben der Bakterien nach Antibiotika-Gabe zu einer vermehrten Freisetzung des Shiga-Toxins führen würde, aber es zeigt deutlich, dass dieses Bakterium, offenbar durch den über Antibiotika ausgelösten Selektionsdruck, sich ungehindert vermehren und verbreiten konnte.
Wie müsste eine durchgreifende Therapie aussehen?
Die beste Therapie ist, wie immer, die Prophylaxe, das Verbot der Massentierhaltung, auch wenn dies zum deutlichen Rückgang und zur Verteuerung der Fleischproduktion führen würde.
Weiter das Unterbinden des ungezügelten Einsatzes von Antibiotika, deren Verbrauch in der Veterinärmedizin zur Zeit weiter rasant ansteigt.
Dann das Verbot der nicht artgerechten Fütterung von Tieren, welche derartigen unheilvollen Bakterien-Selektionen offensichtlich Vorschub leistet, wir berichteten darüber. So wie seinerzeit die Verfütterung von Fleisch und Hirnteilen an Rinder die BSE-Seuche (Rinderwahnsinn) nach sich zog.
Nutztiere müssten im übrigen wesentlich regelmäßiger auf die Entwicklung derartiger Super-Bugs untersucht werden, denn eine lückenlose Überwachung der Lebensmittel kann es gar nicht geben, sondern bestenfalls Stichproben.
Hinzu kommt die strikte Einhaltung des Verbots der Verwendung von Fäkalien als Dünger für Gemüsepflanzen, Salate, bestimmte Früchte wie Erdbeeren etc.
Es bleibt zu hoffen, dass die Politiker endlich handeln, gegen alle zu erwartenden Widerstände.
Oder muss es erst einen Super-GAU geben, so wie bei der Atomkraft?.
EHEC-Epidemie in Deutschland: Die Finger deuten auf Massentierhaltung und Tiermast
WHO, Weltgesundheitstag und Antibiotikaresistenz - eine Nachbemerkung
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Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
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Fragen, welche zur Zeit in den Medien aufgeworfen werden. Aber sie sind nur teilweise relevant, zum Teil sind sie angesichts der Lage reichlich unwichtig.
Fest steht, dass offenbar auf spanischen Gurken der Erreger nachgewiesen wurde, der identisch ist mit dem von Kranken isolierten Stamm.
Damit ist noch nicht einmal absolut sicher geklärt, ob dies auch die einzige Infektionsquelle war.
Fest steht weiterhin: Der EHEC-Erreger breitet sich in Deutschland immer weiter aus. Die Zahl der Infizierten liegt mittlerweile bei mehr als 1000. 276 von ihnen sind an der schwerwiegenden Komplikation des hämolytisch-uramischen Syndroms (HUS) erkrankt, und die Zahl steigt weiter. Acht (28.5. 2011) EHEC-bedingte Todesfälle sind mittlerweile bestätigt.
Normalerweise sind es nicht mehr als 60 HUS-Fälle pro Jahr in Deutschland.
Ein diagnostischer Durchbruch gelang der Münsteraner Arbeitsgruppe von Mikrobiologen unter Leitung von Professor Helge Karch: Sie haben in sehr kurzer Zeit den speziellen EHEC-Stamm identifiziert.. Sein Name: HUSEC 41.
Prof. Helge Karch - ..... diagnostischer Durchbruch in Münster.
EHEC-Bakterienkolonie - Screenshots: Dr. v. Paleske
Er ist zwar seit einigen Jahren unter Wissenschaftlern bekannt, aber bisher war weltweit kein Ausbruch mit diesem Erreger dokumentiert.
Allmacht und Ohnmacht
Die rasche Isolierung und Typisierung des Erregers ist zweifellos eine hervorragende Leistung der Wissenschaft, samt der Aufschlüsselung von genetischen Veränderungen, die das Bakterium - einstmals harmlos - mittlerweile so gefährlich machen.
Aber die Erkenntnis wird bisher nicht als Alarmsignal verstanden.
Die beste Diagnose ist nichts wert, wenn anschließend keine Therapie zur Verfügung steht, und die beste Erkenntnis ist nichts wert, wenn nicht daraus notwendige Konsequenzen gezogen werden.
Bleiben wir zunächst noch bei der Diagnose: Dieser Erreger hat seine Harmlosigkeit entweder durch Spontanmutationen, oder durch Info-Übertragung von Bakterien zu Bakterien eingebüßt, und produziert jetzt Shiga-Toxin, verantwortlich für HUS.
Dieser Erreger - und das wird gerne unterschlagen - ist außerdem noch multiresistent gegen nahezu alle vorhandenen Breitspektrum-Antibiotika dank Extended Spectrum Betalactamasen, also insbesondere gegen die bisher Betalactamase-festen Cefalosporine.
Übrig bleiben dann lediglich die Carbapeneme, gegen die aber mittlerweile ebenfalls Resistenzen durch Carbapenemasen (bei anderen Bakterien) beobachtet wurden.
Liegt im Trend
Damit liegt dieses HUS-auslösende EHEC-Bakterium absolut im Trend der Multiresistenz, welche durch die Verfütterung von Antibiotika bei Tiermast und Massentierhaltung gefördert wird.
Zwar wird die beim Menschen ausgelöste Krankheit nicht mit Antibiotika behandelt, weil das vermehrte Absterben der Bakterien nach Antibiotika-Gabe zu einer vermehrten Freisetzung des Shiga-Toxins führen würde, aber es zeigt deutlich, dass dieses Bakterium, offenbar durch den über Antibiotika ausgelösten Selektionsdruck, sich ungehindert vermehren und verbreiten konnte.
Wie müsste eine durchgreifende Therapie aussehen?
Die beste Therapie ist, wie immer, die Prophylaxe, das Verbot der Massentierhaltung, auch wenn dies zum deutlichen Rückgang und zur Verteuerung der Fleischproduktion führen würde.
Weiter das Unterbinden des ungezügelten Einsatzes von Antibiotika, deren Verbrauch in der Veterinärmedizin zur Zeit weiter rasant ansteigt.
Dann das Verbot der nicht artgerechten Fütterung von Tieren, welche derartigen unheilvollen Bakterien-Selektionen offensichtlich Vorschub leistet, wir berichteten darüber. So wie seinerzeit die Verfütterung von Fleisch und Hirnteilen an Rinder die BSE-Seuche (Rinderwahnsinn) nach sich zog.
Nutztiere müssten im übrigen wesentlich regelmäßiger auf die Entwicklung derartiger Super-Bugs untersucht werden, denn eine lückenlose Überwachung der Lebensmittel kann es gar nicht geben, sondern bestenfalls Stichproben.
Hinzu kommt die strikte Einhaltung des Verbots der Verwendung von Fäkalien als Dünger für Gemüsepflanzen, Salate, bestimmte Früchte wie Erdbeeren etc.
Es bleibt zu hoffen, dass die Politiker endlich handeln, gegen alle zu erwartenden Widerstände.
Oder muss es erst einen Super-GAU geben, so wie bei der Atomkraft?.
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onlinedienst - 27. Mai, 20:18 Article 4272x read
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