Global Fund – oder: Warum Aushändigen von Geld nicht reicht
Dr. Alexander von Paleske --- 19.9. 2010 -- Geber verlieren Vertrauen in sambisches Gesundheitsministerium – das berichtete die Medizinzeitung Lancet am 7. August 2010 (Lancet, Vol. 376 pp 403-404).
Erstmalig wurden Mittelzusagen in Höhe von 139 Millionen US Dollar bereits – wenn auch nur vorübergehend - im August 2009 eingefroren. Mittel, die vom Global Fund zur Bekämpfung von AIDS, Malaria und Tuberkulose bereitgestellt worden waren.
Der Grund: Von den bereits ausgezahlten Mitteln waren von Ministeriums-Mitarbeitern 7 Millionen US Dollar entwendet worden.
Weitere 8 Millionen US Dollar, die für ein Projekt , das bereits bewilligt worden waren, kamen nicht zur Auszahlung, waren also "gebunkert" worden, ohne aber dem Global Fund darüber Bericht zu erstatten..
Der Diebstahl und die unterlassene Berichterstattung, welche möglicherweise Teil der Vorbereitung einer weiteren Entwendung waren, kamen nur heraus, weil ein Mitarbeiter im Gesundheitsministerium auspackte.
Es war nicht der einzige Skandal im Zusammenhang mit der Verwendung von Mitteln des Global Fund. Auch im Nachbarland Simbabwe verschwanden Gelder.
Im Jahre 2008 erhielten dort statt der vorgesehenen 27.000 HIV-Kranken nur 495 Patienten antiretrovirale Medikamente, obgleich das Geld vom Global Fund bereitgestellt und an die Notenbank Simbabwes bereits überwiesen worden war. Von den für Simbabwe bereitgestellten Geldern in Höhe von 13 Millionen Dollar waren 7,3 Millionen von der Notenbank
"zweckentfremdet" worden.
Gleichwohl liegt die Verantwortung dafür nicht allein bei den Empfängerländern, vielmehr liegt auch ein Gutteil beim Global Fund selbst, zu dem Deutschland eines der Hauptgeberländer ist.
Es ist die Konstruktion des Funds selbst und die Form der Mittelkontrolle, die in armen Ländern zur Entwendung und Missbrauch offenbar einlädt.
Der Global Fund und seine Mittel
Auf einem Treffen der Staatschefs der acht führenden Industrienationen (G8 Treffen), wurde 2001 in Genua/Italien die Einrichtung des Fonds beschlossen, der Mittel zur Bekämpfung der drei großen Geißeln der Dritten Welt, nämlich Malaria, AIDS und Tuberkulose erhalten sollte, und zwar sowohl zur Behandlung, wie auch zur Prävention.
In den Jahren 2002-2008 wurden insgesamt 11.4 Milliarden US Dollar bereitgestellt, für insgesamt 550 Projekte in 136 Ländern.
Im Kampf gegen AIDS stellt der Fund mittlerweile ein Viertel, im Kampf gegen Tuberkulose zwei Drittel und im Kampf gegen Malaria drei Viertel aller insgesamt zu Verfügung gestellten Gelder.
Übergabe eines CD4 Lymphozytenzählers am 10.9. 2010 in Bulawayo
Auch hier keine Zweckentfremdung. Fotos: Dr.v. Paleske
Es sind nicht nur Regierungen, die in den Fond einzahlen, der sich mittlerweile voll von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die anfangs administrative Hilfe leistete, abgenabelt hat.
Im August 2006 spendierte auch Microsoft-Gründer Bill Gates 500 Millionen US Dollar für den Fond, den er eine der wichtigsten Gesundheitsinitiativen der Welt nannte.
Was der Global Fund anders macht
Was unterscheidet diesen Fund nun von bisherigen Gebern wie der WHO, der Weltbank und zwischenstaatlichen Abkommen und Entwicklungshilfezahlungen?
Einmal die Konzentration auf drei Krankheiten, die zu Recht als die Geißeln der Menschen in der Dritten Welt bezeichnet werden können, nämlich TB, Malaria und AIDS; Wobei heute schon mehr als 50% der Tuberkulosekranken im südlichen Afrika HIV infiziert sind, als eine Ko-Infektion vorliegt bzw. die HIV Krankheit als Schrittmacher für Tuberkulose anzusehen ist.
Nicht nur das, nun breiten sich die Multidrug Resistant TB (MDR) und die Extremely Resistant TB (XDR) mit großer Geschwindigkeit weiter aus, während
die Erforschung neuer Anti-TB-Medikamente bestenfalls halbherzig angepackt wird.
Transparenz als Prinzip
Positiv hervorgehoben werden muss die Transparenz, die Informationen wer und was bekommt sind auf der Website von Global Fund einsehbar.
Als Vorteil muss auch hervorgehoben werden, dass der Global Fund ein Finanzierungsinstrument ist, das nur Grants; aber keine Darlehen vergibt, und damit nicht zur weiteren Vergrößerung der Verschuldung von Dritte Welt Ländern beiträgt, im Gegensatz z.B. zur Weltbank.
Die vom Global Fund bewilligten Gelder werden nur nach einer scharfen Prüfung der eingereichten Anträge ausgezahlt. Zunächst für eine 6 monatige Periode , danach für weitere zwei Jahre.
So weit ist alles bestens, und die Einrichtung des Global Funds ist zweifellos ein grosser Fortschritt, die Mittelkürzung seitens der Geberländer in Folge der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise sehr bedauerlich.
Aber es gibt offenbar erhebliche Probleme bei der Überwachung der eingesetzten Mittel, die dringend gelöst werden müssen.
Ungenügende Kontrolle der Mittelverwendung
Organisationen wie WHO, UNAIDS stellen nicht nur Mittel für Projekte bereit, sondern überwachen mit einem Stab von Mitarbeitern auch die Implementierung der Programme.
Genau da sitzen die Schwachstellen des Global Fund, die zu den beschriebenen Plünderungen von bereitgestellten Geldern geführt haben.
Der Global Fund hat nämlich, anders als die anderen genannten Organisationen, keinerlei Personal, um die Implementierung zu überwachen. Vielmehr stützt er sich auf die eingehenden Erfolgsberichte, ohne diese im Detail verifizieren zu können.
Mittlerweile, angesichts der enormen Mittel, um die es hier geht, haben sich etliche zu Spezialisten herangebildet, die hochprofessionell aussehende Grant-Vorschläge einreichen, welche auf dem Papier hervorragend ausschauen, in Wirklichkeit aber ganz oder teilweise nur aus heißer Luft bestehen.
Nicht in allen Fällen wird das von den Bewilligungs-Komitees des Global Fund durchschaut.
Immerhin, für eine bestimmte Zeit können solche Finanzartisten damit Geld machen.
Aber selbst wenn das Projekt unterstützungswürdig ist, bestehen bei der Implementierung reichlich Möglichkeiten, Geld abzuzweigen.
Griff in die Ladenkasse und inflationäre Rechnungen
Da die Gelder für die Grants oftmals direkt, wie im Falle Sambias, an das Gesundheitsministerium gezahlt und dort verwaltet werden, lädt das geradezu zum Griff in die Ladenkasse ein.
Aber selbst bei der Umsetzung eines unterstützungswürdigen Projekts bestehen Möglichkeiten, Geld abzuzweigen. Zum Beispiel durch inflationäre Rechnungen für Medikamente oder andere Güter, die angeschafft werden müssen.
Eigene Erfahrungen
Wie das läuft konnte ich selbst bereits kurz nach meiner Rückkehr in Zimbabwe feststellen.
Medikamente zur Behandlung von Krebskranken und Diabetikern – insofern ging es hier nicht um Global-Fund Gelder - wurden von einer lokalen „Großhandelsfirma“ angeliefert, welche die Ausschreibung gewonnen hatte. Allerdings handelte es sich um eine Scheinausschreibung, denn alle beteiligten Firmen arbeiteten offenbar betrügerisch zusammen.
Das Resultat: Insuline und Zytostatika wurden zum 10-fachen des Marktpreises an das Krankenhaus in Bulawayo verkauft.
Die Angelegenheit flog auf, als sich bei mir Patienten über die exorbitanten Preise, die sie für ihre Krebsmedikamente bezahlen mussten, beschwerten.
Ich durchsuchte daraufhin in der Krankenhausapotheke die Lieferscheine und fand die astronomischen (betrügerischen) Preise heraus.
Bericht in der Zeitung News Daily </i>mehrere Monate später
Eine derartige missbräuchliche Verwendung von Geldern lässt sich nur durch eine stringente Kontrolle der Umsetzung von geförderten Projekten erreichen. So wie es für andere Organisationen selbstverständlich ist.
Hier besteht für den Global Fund erheblicher Handlungsbedarf.
Entwicklungshilfe alternativ und effektiv
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Der Grund: Von den bereits ausgezahlten Mitteln waren von Ministeriums-Mitarbeitern 7 Millionen US Dollar entwendet worden.
Weitere 8 Millionen US Dollar, die für ein Projekt , das bereits bewilligt worden waren, kamen nicht zur Auszahlung, waren also "gebunkert" worden, ohne aber dem Global Fund darüber Bericht zu erstatten..
Der Diebstahl und die unterlassene Berichterstattung, welche möglicherweise Teil der Vorbereitung einer weiteren Entwendung waren, kamen nur heraus, weil ein Mitarbeiter im Gesundheitsministerium auspackte.
Es war nicht der einzige Skandal im Zusammenhang mit der Verwendung von Mitteln des Global Fund. Auch im Nachbarland Simbabwe verschwanden Gelder.
Im Jahre 2008 erhielten dort statt der vorgesehenen 27.000 HIV-Kranken nur 495 Patienten antiretrovirale Medikamente, obgleich das Geld vom Global Fund bereitgestellt und an die Notenbank Simbabwes bereits überwiesen worden war. Von den für Simbabwe bereitgestellten Geldern in Höhe von 13 Millionen Dollar waren 7,3 Millionen von der Notenbank
"zweckentfremdet" worden.
Gleichwohl liegt die Verantwortung dafür nicht allein bei den Empfängerländern, vielmehr liegt auch ein Gutteil beim Global Fund selbst, zu dem Deutschland eines der Hauptgeberländer ist.
Es ist die Konstruktion des Funds selbst und die Form der Mittelkontrolle, die in armen Ländern zur Entwendung und Missbrauch offenbar einlädt.
Der Global Fund und seine Mittel
Auf einem Treffen der Staatschefs der acht führenden Industrienationen (G8 Treffen), wurde 2001 in Genua/Italien die Einrichtung des Fonds beschlossen, der Mittel zur Bekämpfung der drei großen Geißeln der Dritten Welt, nämlich Malaria, AIDS und Tuberkulose erhalten sollte, und zwar sowohl zur Behandlung, wie auch zur Prävention.
In den Jahren 2002-2008 wurden insgesamt 11.4 Milliarden US Dollar bereitgestellt, für insgesamt 550 Projekte in 136 Ländern.
Im Kampf gegen AIDS stellt der Fund mittlerweile ein Viertel, im Kampf gegen Tuberkulose zwei Drittel und im Kampf gegen Malaria drei Viertel aller insgesamt zu Verfügung gestellten Gelder.
Übergabe eines CD4 Lymphozytenzählers am 10.9. 2010 in Bulawayo
Auch hier keine Zweckentfremdung. Fotos: Dr.v. Paleske
Es sind nicht nur Regierungen, die in den Fond einzahlen, der sich mittlerweile voll von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die anfangs administrative Hilfe leistete, abgenabelt hat.
Im August 2006 spendierte auch Microsoft-Gründer Bill Gates 500 Millionen US Dollar für den Fond, den er eine der wichtigsten Gesundheitsinitiativen der Welt nannte.
Was der Global Fund anders macht
Was unterscheidet diesen Fund nun von bisherigen Gebern wie der WHO, der Weltbank und zwischenstaatlichen Abkommen und Entwicklungshilfezahlungen?
Einmal die Konzentration auf drei Krankheiten, die zu Recht als die Geißeln der Menschen in der Dritten Welt bezeichnet werden können, nämlich TB, Malaria und AIDS; Wobei heute schon mehr als 50% der Tuberkulosekranken im südlichen Afrika HIV infiziert sind, als eine Ko-Infektion vorliegt bzw. die HIV Krankheit als Schrittmacher für Tuberkulose anzusehen ist.
Nicht nur das, nun breiten sich die Multidrug Resistant TB (MDR) und die Extremely Resistant TB (XDR) mit großer Geschwindigkeit weiter aus, während
die Erforschung neuer Anti-TB-Medikamente bestenfalls halbherzig angepackt wird.
Transparenz als Prinzip
Positiv hervorgehoben werden muss die Transparenz, die Informationen wer und was bekommt sind auf der Website von Global Fund einsehbar.
Als Vorteil muss auch hervorgehoben werden, dass der Global Fund ein Finanzierungsinstrument ist, das nur Grants; aber keine Darlehen vergibt, und damit nicht zur weiteren Vergrößerung der Verschuldung von Dritte Welt Ländern beiträgt, im Gegensatz z.B. zur Weltbank.
Die vom Global Fund bewilligten Gelder werden nur nach einer scharfen Prüfung der eingereichten Anträge ausgezahlt. Zunächst für eine 6 monatige Periode , danach für weitere zwei Jahre.
So weit ist alles bestens, und die Einrichtung des Global Funds ist zweifellos ein grosser Fortschritt, die Mittelkürzung seitens der Geberländer in Folge der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise sehr bedauerlich.
Aber es gibt offenbar erhebliche Probleme bei der Überwachung der eingesetzten Mittel, die dringend gelöst werden müssen.
Ungenügende Kontrolle der Mittelverwendung
Organisationen wie WHO, UNAIDS stellen nicht nur Mittel für Projekte bereit, sondern überwachen mit einem Stab von Mitarbeitern auch die Implementierung der Programme.
Genau da sitzen die Schwachstellen des Global Fund, die zu den beschriebenen Plünderungen von bereitgestellten Geldern geführt haben.
Der Global Fund hat nämlich, anders als die anderen genannten Organisationen, keinerlei Personal, um die Implementierung zu überwachen. Vielmehr stützt er sich auf die eingehenden Erfolgsberichte, ohne diese im Detail verifizieren zu können.
Mittlerweile, angesichts der enormen Mittel, um die es hier geht, haben sich etliche zu Spezialisten herangebildet, die hochprofessionell aussehende Grant-Vorschläge einreichen, welche auf dem Papier hervorragend ausschauen, in Wirklichkeit aber ganz oder teilweise nur aus heißer Luft bestehen.
Nicht in allen Fällen wird das von den Bewilligungs-Komitees des Global Fund durchschaut.
Immerhin, für eine bestimmte Zeit können solche Finanzartisten damit Geld machen.
Aber selbst wenn das Projekt unterstützungswürdig ist, bestehen bei der Implementierung reichlich Möglichkeiten, Geld abzuzweigen.
Griff in die Ladenkasse und inflationäre Rechnungen
Da die Gelder für die Grants oftmals direkt, wie im Falle Sambias, an das Gesundheitsministerium gezahlt und dort verwaltet werden, lädt das geradezu zum Griff in die Ladenkasse ein.
Aber selbst bei der Umsetzung eines unterstützungswürdigen Projekts bestehen Möglichkeiten, Geld abzuzweigen. Zum Beispiel durch inflationäre Rechnungen für Medikamente oder andere Güter, die angeschafft werden müssen.
Eigene Erfahrungen
Wie das läuft konnte ich selbst bereits kurz nach meiner Rückkehr in Zimbabwe feststellen.
Medikamente zur Behandlung von Krebskranken und Diabetikern – insofern ging es hier nicht um Global-Fund Gelder - wurden von einer lokalen „Großhandelsfirma“ angeliefert, welche die Ausschreibung gewonnen hatte. Allerdings handelte es sich um eine Scheinausschreibung, denn alle beteiligten Firmen arbeiteten offenbar betrügerisch zusammen.
Das Resultat: Insuline und Zytostatika wurden zum 10-fachen des Marktpreises an das Krankenhaus in Bulawayo verkauft.
Die Angelegenheit flog auf, als sich bei mir Patienten über die exorbitanten Preise, die sie für ihre Krebsmedikamente bezahlen mussten, beschwerten.
Ich durchsuchte daraufhin in der Krankenhausapotheke die Lieferscheine und fand die astronomischen (betrügerischen) Preise heraus.
Bericht in der Zeitung News Daily </i>mehrere Monate später
Eine derartige missbräuchliche Verwendung von Geldern lässt sich nur durch eine stringente Kontrolle der Umsetzung von geförderten Projekten erreichen. So wie es für andere Organisationen selbstverständlich ist.
Hier besteht für den Global Fund erheblicher Handlungsbedarf.
Entwicklungshilfe alternativ und effektiv
Ein Tag wie jeder andere - In einem Krankenhaus in Simbabwe
Dumela Ngaka - 8 Jahre als Krebsarzt in Botswana - Ein persönlicher Erfahrungsbericht
Diagnose: Krebs
Cancer surge overwhelms AIDS-struck Botswana
Bittere Pillen für die Dritte Welt
HIV kein Virus oder harmloses Virus ??
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onlinedienst - 19. Sep, 17:26 Article 4830x read