K(l)eine Dosis Geschichte oder: Joseph (Joschka) Fischers Märchenstunde
Dr. Alexander von Paleske --- 10.3. 2011 --- Der ehemalige Außenminister J. Fischer hat am 18.2. 2011 sein neuestes Buch„ I am not convinced“ herausgebracht und auf den Büchermarkt geworfen. Es soll ein Bestseller werden.
Fischer-Märchen
Bereits einen Tag zuvor hatte die Wochenzeitung Die ZEIT , die schon oftmals ihre Spalten für die scheinbar tiefschürfenden Auslassungen des “größten Opportunisten den ich kenne“ (Top Journalist Günter Gaus über J. Fischer) geöffnet hatte, einen unkommentierten Auszug aus dem Buch unter der Überschrift „Eine kleine Dosis Geschichte“ abgedruckt.
Wir haben uns bereits in einer Satire mit diesem Buch beschäftigt, an dieser Stelle wollen wir uns auf eines der zentralen und nach wie vor aktuellen Themen konzentrieren: den Afghanistankrieg.
Nicht weil wir Fischers Buch für so bedeutsam erachten, sondern weil Fischer versucht, die entscheidenden Fehler in Sachen Afghanistan während seiner Amtszeit unter den Tisch zu kehren, deren Folgen heute das Afghanistan-Desaster ausmachen.
Joseph Fischer schreibt zum Thema Afghanistankrieg:
"Warum kämpft die Bundeswehr heute, zu Beginn des Jahres 2011, immer noch in Afghanistan? Die Antwort ist gleichermaßen einfach wie lehrreich: weil sich die USA von dort schon einmal übereilt und ohne ein Minimum an regionaler Ordnung zu hinterlassen zurückgezogen haben. Dies war 1989, nach dem Abzug der Sowjetarmee aus dem Land am Hindukusch. Regionale und nationale Interessen füllten das entstandene Machtvakuum, das die beiden Supermächte hinterlassen hatten, durch einen blutigen afghanischen Bürgerkrieg aus, und in dessen Folge wurde das Land unter der Herrschaft der Taliban zu einer Basis des internationalen Terrorismus.
So weit stimmt die kritische Analyse noch, aber das war ja auch zu einer Zeit, als Fischer noch als Sponti in Frankfurt unterwegs war bzw. dann ab 1982 Mitglied der Grünen.
Mach es noch einmal Uncle Sam
Die USA haben die afghanischen Freiheitskämpfer Afghanistan (aus-) genutzt, um der konkurrierenden Supermacht Sowjetunion dort eine Schlappe beizubringen, durch Bewaffnung mit den Stinger- Luftabwehrraketen und massive finanzielle Unterstützung.
Als die Sowjetarmee sich nach herben Verlusten im Jahre 1989 schließlich aus Afghanistan zurückzog, überließen die USA eines der ärmsten Länder mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von knapp 40 Jahre und einer der weltweit höchsten Raten von Mütter- und Säuglingssterblichkeit ihrem Schicksal.
Die Botschaft der USA in Kabul wurde geschlossen.
Nach dem Abzug der Sowjetarmee brach der Bürgerkrieg aus, in dem schließlich die Taliban die Oberhand gewannen, nicht zuletzt weil sie ein Mindestmaß an Ordnung versprachen - religiöser Ordnung.
Osama kommt
Osama bin Laden, der seinerzeit gegen die sowjetischen Okkupanten gekämpft hatte, erhielt dann von den Taliban die Erlaubnis, mit seiner Terrortruppe, die gerade aus dem Sudan herausgeworfen worden war, nach Afghanistan umzuziehen und dort Ausbildungslager - besser als Terrorcamps zu bezeichnen - zu errichten.
Durch diese Camps wurden im Laufe der folgenden Jahre mehrere tausend Terroristen geschleust, die Terrorangriffe gegen die US Botschaften in Nairobi und Dar-es- Salaam, sowie der Angriff auf das US-Kriegsschiff USS Cole vorbereitet, und schließlich die Terrorangriffe des 9. September 2001, welche den Einmarsch der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan zur Folge hatte .
Fischer erzählt Märchen
Aber nun heißt es bei Fischer weiter:
"Gewiss, man kann auf Dauer gegen die Mehrheit der Bevölkerung keinen Krieg führen. Aber kann man aus Afghanistan in absehbarer Zeit einfach abziehen, ohne die Lehren dieser Geschichte zu beherzigen? Denselben Fehler sehenden Auges also zweimal machen? Ohne eine einigermaßen belastbare regionale Ordnung und einen innerafghanischen Machtausgleich würde ein Abzug zu einem politischen und moralischen Vabanquespiel der Nato werden.
Was, wenn Afghanistan wieder zur Terrorbasis würde? Und wie viele verstümmelte Frauen und Mädchen nach der erneuten Machtübernahme durch die Taliban würde die westliche Öffentlichkeit wohl aushalten, bevor erneut der Schrei nach Intervention ertönen würde? Was wird mit der Nuklearmacht Pakistan? Was mit der Möchtegern-Nuklearmacht Iran? All diese Fragen und noch viele mehr würden durch eine solche, im Wesentlichen innenpolitisch motivierte Entscheidung aufgeworfen, auf die es bis heute keine Antworten gibt".
Tatsache ist: Die Bush-Regierung, die bereits kurz nach 9/11 Pläne für den Einmarsch in den Irak vorbereitete, hat von Anfang an klargemacht, dass der Einsatz in Afghanistan reine Terrorismusbekämpfung sei, aber nichts mit Nation-Building und Wiederaufbauhilfe zu tun habe. Insofern war die Strategie gegenüber Afghanistan in diesem Punkte um keinen Deut anders, als nach dem Abzug der Sowjetarmee.
Mit anderen Worten. Das Schicksal Afghanistans und seiner Bewohner war den USA herzlich gleichgültig.
Auch auf deutscher Seite war keine von den USA wirklich differente Strategie zu erkennen. Auch gibt es keinerlei Hinweise dafür, dass Fischer versucht hätte, hier korrigierend einzugreifen.
Ignorierung der Geschichte Afghanistans
Trotz der Afghanistan-Konferenz in Bonn wurde offenbar keine wirklich substantielle Analyse gemacht, die zwangsläufig folgendes zu Tage gefördert hätte, was der Ex-Botschafter in Afghanistan, Dr. Kilian, im Rahmen eines Interviews hier ausführte:
"Die Sowjets wollten einen Zentralstaat. Sie scheiterten mit ihrem 10-jährigen Versuch der Unterwerfung Afghanistans nicht so sehr, weil man sie als gottlose Kommunisten und Islamfeinde hasste, sondern weil sie versuchten, das Land mit zentralen Institutionen zu überziehen. Weder Karsai noch seine Nachfolger werden es schaffen, landesweite Autorität zu besitzen. Auch die parlamentarische Demokratie mit Parteien und Wahlkreisen wird es sehr schwer haben, in Afghanistan populär zu werden. Man folgt dort lieber dem örtlichen "Khan", der als Ortsvorsteher, Mullah, Stammesältester oder Warlord Autorität ausübt. Hier beginnen also bereits die Fragezeichen unserer und der gesamten westlichen Afghanistanpolitik.
Jetzt sind wir in der wenig beneidenswerten Lage, dass Karsai von seinen Landsleuten als westliches Implantat empfunden wird, dass die NATO-Truppen einschließlich der Deutschen als Besatzungssoldaten gesehen werden, die Karsais Mannschaft mit Waffengewalt schützt, obwohl er im Verdacht der Bestechlichkeit, der Verwicklung in Rauschgifthandel und der Wahlfälschung steht"..
Von den bis heute insgesamt 300 Milliarden nach Afghanistan gepumpten US Dollar wurde nur ein verschwindend geringer Teil für die Entwicklungshilfe Afghanistans bereitgestellt, der absolute Löwenanteil ging in die Kriegsmaschinerie.
An der sozialen Lage der Bevölkerung hat sich so gut wie nichts geändert.
Das Land hat die dritthöchste Kindersterblichkeit in der Welt, mehr als 20% aller Kinder unter 6 Jahren sterben vor Erreichen des 7. Lebensjahres.
300.000 Kinder sterben jedes Jahr an Krankheiten und/oder Unterernährung, wobei die Unterernährung die Kinder wiederum anfälliger für Krankheiten macht.
Die Zahl der Kinder, die wegen Unterernährung behandelt werden, sofern sie das Glück haben, eine Behandlungseinrichtung wie ein Hospital oder eine Krankenstation in erreichbarer Nähe zu haben, hat sich Jahr für Jahr erhöht, von 2100 im Jahre 2005 auf 7100 im Jahre 2008.
Mehr als die Hälfte der Kinder unter 6 Jahren sind unterernährt
Die Rate von akuter und schwerer Unterernährung bei Kindern liegt zwischen 6 und 10%, in einigen Gebieten bei 16%.
Sauberes Trinkwasser fehlt in vielen Gegenden, nur 22% der Bevölkerung Afghanistans haben diesen „Luxus“ . Das Resultat sind Durchfallerkrankungen vor allem bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen.
35% der Haushalte haben keine ausreichende Kalorienzufuhr
12 Millionen Menschen haben ein Einkommen von weniger als 0.45 US Dollar pro Tag
42 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der absoluten Armutsgrenze. Selbst wenn Nahrung auf dem Markt erhältlich ist, können sich viele Familien die nicht leisten.
Als Resultat stagniert die durchschnittliche Lebenserwartung bei 43 Jahren.
Fischer verschweigt dies alles, von der Lage der unterdrückten Frauen in Afghanistan einmal abgesehen: weder die anhaltende Müttersterblichkeit, noch die Säuglingssterblichkeit, noch die Unterernährung und die aus allem resultierende geringe Lebenserwartung findet sich in seinen Ausführungen. Aus gutem Grund: er müsste dann ja eingestehen, dass er für diesen Skandal bzw. dessen Nichtbeseitigung mit verantwortlich zeichnet.
Stimung dreht
Nachdem die Afghanen zu diesen Tatsachen schließlich aufwachten, dass nämlich ihnen ungefragt eine, noch dazu extrem korrupte, Zentralregierung übergestülpt wurde, dass außerdem es in erster Linie um den Kampf gegen den Terrorismus ging, aber nicht das Land aus seiner Armut zu befreien, drehte sich die Stimmung im Lande.
Waren es 2005 noch 80% der erwachsenen Bevölkerung welche die militärische Präsenz der internationalen Streitmacht ISAF befürworteten, so sind es 2009 bereits weniger als 50%. Verstärkt noch durch die Opfer unter der Zivilbevölkerung als Folge des Krieges. Im vergangenen Jahr waren es 2775 Tote.
Hinzu kamen Menschenrechtsverletzungen wie Folter von Gefangenen, der Einsatz von brutalen Söldnern, die in einem weitgehend rechtsfreien Raum operieren, und gezielte Tötungen.
Rückkehr der Taliban
Anfang 2009 waren 40% des Landes entweder unter der direkten vollständigen Kontrolle der Taliban, oder galten zumindest als von den Taliban infiltriert.
Die Taliban hatten mittlerweile effektiv eine Parallelregierung errichtet.
Nach der fast vollständigen Vertreibung der Taliban im Jahre 2001 / 2002 konnten im Windschatten der ausbleibenden Aufbauhilfe und Armutsbekämpfung, die Taliban ihren Kampf um die Rückeroberung der Macht beginnen.
Im Jahre 2005 waren es immerhin schon 11 Provinzen, die wieder einen de facto Taliban-Gouverneur hatten, im Jahre 2009 aber bereits 33 der 34 Provinzen.
Parallel damit gelang ihnen die Einrichtung von islamischer Administration wie Gerichten etc.
Dies wird in dem gerade herausgekommenen Buch von Peter L. Bergen „The longest war“ dokumentiert, einem sehr lesenswerten Buch, das sich im Detail mit dem Aufstieg von Al Qaeda beschäftigt.
Versäumisse nicht umkehrbar
Die Versäumnisse der Vergangenheit, sowohl Deutschlands als auch seiner Verbündeten , die Fischer unterschlägt, lassen sich jedoch nicht mehr rückgängig machen.
Was Fischer im Prinzip verlangt, ist, dass die deutschen Soldaten nun für die auch von ihm in der Vergangenheit gemachten Fehler den Kopf hinhalten sollen, in einem Krieg, der nicht zu gewinnen ist und für den es nur eine politische Lösung mit den Taliban geben kann, aber nicht mehr gegen sie.
Fazit
Fischers Auslassungen zu Afghanistan sind keine Aufhellung sondern Geschichtsklitterung. Eine Kaufempfehlung kann für dieses Buch diesseits nicht abgegeben werden.
Und dass die ZEIT einen auszugsweisen Vorabdruck in ihren Politikteil hereinsetzt, ohne sich mit der katastrophalen Politik Fischers wenigstens in Ansätzen kritisch auseinanderzusetzen, hat nichts, aber auch gar nichts mit liberaler Meinungsführerschaft zu tun, welche die ZEIT in der Vergangenheit zu Recht reklamieren konnte.
Satire zu Joseph alias Joschka Fischer
Professor J. Fischer: Jetzt rechne ich mit Gasprom Schröder ab
Professor J. Fischers Vorlesung – oder: politischer Opportunismus führt zum Erfolg
Joschka Fischer schreibt an ZEIT-Editor Dr. Theo Sommer
Hallo, ist das der Sonderzug nach Bilderberg? - Da muss ich hin
Keine Satire
Joseph (Joschka) Fischer - ein Entnazifizierungsheld im Auswärtigen Amt
Zu Afghanistan
Meuterei auf der Gorch Fock – bald auch in Afghanistan?
Abzug aus Afghanistan und Rückkehr aus Afghanistan
Tod in Afghanistan - Undank in der Heimat
Aus der Hölle in Krankheit und Obdachlosigkeit – US-Soldaten nach der Rückkehr von der Front
Afghanistan: Rückt das Ende des Schreckens näher?
Vietnam damals, Afghanistan heute: Kriegsverbrechen und Irreführung
Afghanistan – wann kommt der Waffenstillstand?
Blackwater–Söldner in Afghanistan oder: Mit der Bundeswehr Seit an Seit
Der Krieg in Afghanistan und eine führende liberale deutsche Wochenzeitung
Afghanistan: Milliarden für den Krieg, Peanuts zur Bekämpfung von Hunger und Unterernährung
Verteidigung westlicher Kulturwerte am Hindukusch oder: So fröhlich ist das Söldnerleben in Afghanistan
Keine Strafverfolgung deutscher Soldaten in Afghanistan?
Unsere kanadischen Folterfreunde in Afghanistan
Justiz in der Krise oder Krisenjustiz?
Mission impossible – Josef Joffes Iran-Kriegs-Artikel in der ZEIT</a
Interviews mit Botschafter a.D. Dr. Werner Kilian
Nach der Afghanistankonferenz - Dr. Werner Kilian im Interview
Schrecken ohne Ende? - Ein Interview mit Botschafter a.D. Dr. Werner Kilian
Fischer-Märchen
Bereits einen Tag zuvor hatte die Wochenzeitung Die ZEIT , die schon oftmals ihre Spalten für die scheinbar tiefschürfenden Auslassungen des “größten Opportunisten den ich kenne“ (Top Journalist Günter Gaus über J. Fischer) geöffnet hatte, einen unkommentierten Auszug aus dem Buch unter der Überschrift „Eine kleine Dosis Geschichte“ abgedruckt.
Wir haben uns bereits in einer Satire mit diesem Buch beschäftigt, an dieser Stelle wollen wir uns auf eines der zentralen und nach wie vor aktuellen Themen konzentrieren: den Afghanistankrieg.
Nicht weil wir Fischers Buch für so bedeutsam erachten, sondern weil Fischer versucht, die entscheidenden Fehler in Sachen Afghanistan während seiner Amtszeit unter den Tisch zu kehren, deren Folgen heute das Afghanistan-Desaster ausmachen.
Joseph Fischer schreibt zum Thema Afghanistankrieg:
"Warum kämpft die Bundeswehr heute, zu Beginn des Jahres 2011, immer noch in Afghanistan? Die Antwort ist gleichermaßen einfach wie lehrreich: weil sich die USA von dort schon einmal übereilt und ohne ein Minimum an regionaler Ordnung zu hinterlassen zurückgezogen haben. Dies war 1989, nach dem Abzug der Sowjetarmee aus dem Land am Hindukusch. Regionale und nationale Interessen füllten das entstandene Machtvakuum, das die beiden Supermächte hinterlassen hatten, durch einen blutigen afghanischen Bürgerkrieg aus, und in dessen Folge wurde das Land unter der Herrschaft der Taliban zu einer Basis des internationalen Terrorismus.
So weit stimmt die kritische Analyse noch, aber das war ja auch zu einer Zeit, als Fischer noch als Sponti in Frankfurt unterwegs war bzw. dann ab 1982 Mitglied der Grünen.
Mach es noch einmal Uncle Sam
Die USA haben die afghanischen Freiheitskämpfer Afghanistan (aus-) genutzt, um der konkurrierenden Supermacht Sowjetunion dort eine Schlappe beizubringen, durch Bewaffnung mit den Stinger- Luftabwehrraketen und massive finanzielle Unterstützung.
Als die Sowjetarmee sich nach herben Verlusten im Jahre 1989 schließlich aus Afghanistan zurückzog, überließen die USA eines der ärmsten Länder mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von knapp 40 Jahre und einer der weltweit höchsten Raten von Mütter- und Säuglingssterblichkeit ihrem Schicksal.
Die Botschaft der USA in Kabul wurde geschlossen.
Nach dem Abzug der Sowjetarmee brach der Bürgerkrieg aus, in dem schließlich die Taliban die Oberhand gewannen, nicht zuletzt weil sie ein Mindestmaß an Ordnung versprachen - religiöser Ordnung.
Osama kommt
Osama bin Laden, der seinerzeit gegen die sowjetischen Okkupanten gekämpft hatte, erhielt dann von den Taliban die Erlaubnis, mit seiner Terrortruppe, die gerade aus dem Sudan herausgeworfen worden war, nach Afghanistan umzuziehen und dort Ausbildungslager - besser als Terrorcamps zu bezeichnen - zu errichten.
Durch diese Camps wurden im Laufe der folgenden Jahre mehrere tausend Terroristen geschleust, die Terrorangriffe gegen die US Botschaften in Nairobi und Dar-es- Salaam, sowie der Angriff auf das US-Kriegsschiff USS Cole vorbereitet, und schließlich die Terrorangriffe des 9. September 2001, welche den Einmarsch der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan zur Folge hatte .
Fischer erzählt Märchen
Aber nun heißt es bei Fischer weiter:
"Gewiss, man kann auf Dauer gegen die Mehrheit der Bevölkerung keinen Krieg führen. Aber kann man aus Afghanistan in absehbarer Zeit einfach abziehen, ohne die Lehren dieser Geschichte zu beherzigen? Denselben Fehler sehenden Auges also zweimal machen? Ohne eine einigermaßen belastbare regionale Ordnung und einen innerafghanischen Machtausgleich würde ein Abzug zu einem politischen und moralischen Vabanquespiel der Nato werden.
Was, wenn Afghanistan wieder zur Terrorbasis würde? Und wie viele verstümmelte Frauen und Mädchen nach der erneuten Machtübernahme durch die Taliban würde die westliche Öffentlichkeit wohl aushalten, bevor erneut der Schrei nach Intervention ertönen würde? Was wird mit der Nuklearmacht Pakistan? Was mit der Möchtegern-Nuklearmacht Iran? All diese Fragen und noch viele mehr würden durch eine solche, im Wesentlichen innenpolitisch motivierte Entscheidung aufgeworfen, auf die es bis heute keine Antworten gibt".
Tatsache ist: Die Bush-Regierung, die bereits kurz nach 9/11 Pläne für den Einmarsch in den Irak vorbereitete, hat von Anfang an klargemacht, dass der Einsatz in Afghanistan reine Terrorismusbekämpfung sei, aber nichts mit Nation-Building und Wiederaufbauhilfe zu tun habe. Insofern war die Strategie gegenüber Afghanistan in diesem Punkte um keinen Deut anders, als nach dem Abzug der Sowjetarmee.
Mit anderen Worten. Das Schicksal Afghanistans und seiner Bewohner war den USA herzlich gleichgültig.
Auch auf deutscher Seite war keine von den USA wirklich differente Strategie zu erkennen. Auch gibt es keinerlei Hinweise dafür, dass Fischer versucht hätte, hier korrigierend einzugreifen.
Ignorierung der Geschichte Afghanistans
Trotz der Afghanistan-Konferenz in Bonn wurde offenbar keine wirklich substantielle Analyse gemacht, die zwangsläufig folgendes zu Tage gefördert hätte, was der Ex-Botschafter in Afghanistan, Dr. Kilian, im Rahmen eines Interviews hier ausführte:
"Die Sowjets wollten einen Zentralstaat. Sie scheiterten mit ihrem 10-jährigen Versuch der Unterwerfung Afghanistans nicht so sehr, weil man sie als gottlose Kommunisten und Islamfeinde hasste, sondern weil sie versuchten, das Land mit zentralen Institutionen zu überziehen. Weder Karsai noch seine Nachfolger werden es schaffen, landesweite Autorität zu besitzen. Auch die parlamentarische Demokratie mit Parteien und Wahlkreisen wird es sehr schwer haben, in Afghanistan populär zu werden. Man folgt dort lieber dem örtlichen "Khan", der als Ortsvorsteher, Mullah, Stammesältester oder Warlord Autorität ausübt. Hier beginnen also bereits die Fragezeichen unserer und der gesamten westlichen Afghanistanpolitik.
Jetzt sind wir in der wenig beneidenswerten Lage, dass Karsai von seinen Landsleuten als westliches Implantat empfunden wird, dass die NATO-Truppen einschließlich der Deutschen als Besatzungssoldaten gesehen werden, die Karsais Mannschaft mit Waffengewalt schützt, obwohl er im Verdacht der Bestechlichkeit, der Verwicklung in Rauschgifthandel und der Wahlfälschung steht"..
Von den bis heute insgesamt 300 Milliarden nach Afghanistan gepumpten US Dollar wurde nur ein verschwindend geringer Teil für die Entwicklungshilfe Afghanistans bereitgestellt, der absolute Löwenanteil ging in die Kriegsmaschinerie.
An der sozialen Lage der Bevölkerung hat sich so gut wie nichts geändert.
Das Land hat die dritthöchste Kindersterblichkeit in der Welt, mehr als 20% aller Kinder unter 6 Jahren sterben vor Erreichen des 7. Lebensjahres.
300.000 Kinder sterben jedes Jahr an Krankheiten und/oder Unterernährung, wobei die Unterernährung die Kinder wiederum anfälliger für Krankheiten macht.
Die Zahl der Kinder, die wegen Unterernährung behandelt werden, sofern sie das Glück haben, eine Behandlungseinrichtung wie ein Hospital oder eine Krankenstation in erreichbarer Nähe zu haben, hat sich Jahr für Jahr erhöht, von 2100 im Jahre 2005 auf 7100 im Jahre 2008.
Mehr als die Hälfte der Kinder unter 6 Jahren sind unterernährt
Die Rate von akuter und schwerer Unterernährung bei Kindern liegt zwischen 6 und 10%, in einigen Gebieten bei 16%.
Sauberes Trinkwasser fehlt in vielen Gegenden, nur 22% der Bevölkerung Afghanistans haben diesen „Luxus“ . Das Resultat sind Durchfallerkrankungen vor allem bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen.
35% der Haushalte haben keine ausreichende Kalorienzufuhr
12 Millionen Menschen haben ein Einkommen von weniger als 0.45 US Dollar pro Tag
42 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der absoluten Armutsgrenze. Selbst wenn Nahrung auf dem Markt erhältlich ist, können sich viele Familien die nicht leisten.
Als Resultat stagniert die durchschnittliche Lebenserwartung bei 43 Jahren.
Fischer verschweigt dies alles, von der Lage der unterdrückten Frauen in Afghanistan einmal abgesehen: weder die anhaltende Müttersterblichkeit, noch die Säuglingssterblichkeit, noch die Unterernährung und die aus allem resultierende geringe Lebenserwartung findet sich in seinen Ausführungen. Aus gutem Grund: er müsste dann ja eingestehen, dass er für diesen Skandal bzw. dessen Nichtbeseitigung mit verantwortlich zeichnet.
Stimung dreht
Nachdem die Afghanen zu diesen Tatsachen schließlich aufwachten, dass nämlich ihnen ungefragt eine, noch dazu extrem korrupte, Zentralregierung übergestülpt wurde, dass außerdem es in erster Linie um den Kampf gegen den Terrorismus ging, aber nicht das Land aus seiner Armut zu befreien, drehte sich die Stimmung im Lande.
Waren es 2005 noch 80% der erwachsenen Bevölkerung welche die militärische Präsenz der internationalen Streitmacht ISAF befürworteten, so sind es 2009 bereits weniger als 50%. Verstärkt noch durch die Opfer unter der Zivilbevölkerung als Folge des Krieges. Im vergangenen Jahr waren es 2775 Tote.
Hinzu kamen Menschenrechtsverletzungen wie Folter von Gefangenen, der Einsatz von brutalen Söldnern, die in einem weitgehend rechtsfreien Raum operieren, und gezielte Tötungen.
Rückkehr der Taliban
Anfang 2009 waren 40% des Landes entweder unter der direkten vollständigen Kontrolle der Taliban, oder galten zumindest als von den Taliban infiltriert.
Die Taliban hatten mittlerweile effektiv eine Parallelregierung errichtet.
Nach der fast vollständigen Vertreibung der Taliban im Jahre 2001 / 2002 konnten im Windschatten der ausbleibenden Aufbauhilfe und Armutsbekämpfung, die Taliban ihren Kampf um die Rückeroberung der Macht beginnen.
Im Jahre 2005 waren es immerhin schon 11 Provinzen, die wieder einen de facto Taliban-Gouverneur hatten, im Jahre 2009 aber bereits 33 der 34 Provinzen.
Parallel damit gelang ihnen die Einrichtung von islamischer Administration wie Gerichten etc.
Dies wird in dem gerade herausgekommenen Buch von Peter L. Bergen „The longest war“ dokumentiert, einem sehr lesenswerten Buch, das sich im Detail mit dem Aufstieg von Al Qaeda beschäftigt.
Versäumisse nicht umkehrbar
Die Versäumnisse der Vergangenheit, sowohl Deutschlands als auch seiner Verbündeten , die Fischer unterschlägt, lassen sich jedoch nicht mehr rückgängig machen.
Was Fischer im Prinzip verlangt, ist, dass die deutschen Soldaten nun für die auch von ihm in der Vergangenheit gemachten Fehler den Kopf hinhalten sollen, in einem Krieg, der nicht zu gewinnen ist und für den es nur eine politische Lösung mit den Taliban geben kann, aber nicht mehr gegen sie.
Fazit
Fischers Auslassungen zu Afghanistan sind keine Aufhellung sondern Geschichtsklitterung. Eine Kaufempfehlung kann für dieses Buch diesseits nicht abgegeben werden.
Und dass die ZEIT einen auszugsweisen Vorabdruck in ihren Politikteil hereinsetzt, ohne sich mit der katastrophalen Politik Fischers wenigstens in Ansätzen kritisch auseinanderzusetzen, hat nichts, aber auch gar nichts mit liberaler Meinungsführerschaft zu tun, welche die ZEIT in der Vergangenheit zu Recht reklamieren konnte.
Satire zu Joseph alias Joschka Fischer
Professor J. Fischer: Jetzt rechne ich mit Gasprom Schröder ab
Professor J. Fischers Vorlesung – oder: politischer Opportunismus führt zum Erfolg
Joschka Fischer schreibt an ZEIT-Editor Dr. Theo Sommer
Hallo, ist das der Sonderzug nach Bilderberg? - Da muss ich hin
Keine Satire
Joseph (Joschka) Fischer - ein Entnazifizierungsheld im Auswärtigen Amt
Zu Afghanistan
Meuterei auf der Gorch Fock – bald auch in Afghanistan?
Abzug aus Afghanistan und Rückkehr aus Afghanistan
Tod in Afghanistan - Undank in der Heimat
Aus der Hölle in Krankheit und Obdachlosigkeit – US-Soldaten nach der Rückkehr von der Front
Afghanistan: Rückt das Ende des Schreckens näher?
Vietnam damals, Afghanistan heute: Kriegsverbrechen und Irreführung
Afghanistan – wann kommt der Waffenstillstand?
Blackwater–Söldner in Afghanistan oder: Mit der Bundeswehr Seit an Seit
Der Krieg in Afghanistan und eine führende liberale deutsche Wochenzeitung
Afghanistan: Milliarden für den Krieg, Peanuts zur Bekämpfung von Hunger und Unterernährung
Verteidigung westlicher Kulturwerte am Hindukusch oder: So fröhlich ist das Söldnerleben in Afghanistan
Keine Strafverfolgung deutscher Soldaten in Afghanistan?
Unsere kanadischen Folterfreunde in Afghanistan
Justiz in der Krise oder Krisenjustiz?
Mission impossible – Josef Joffes Iran-Kriegs-Artikel in der ZEIT</a
Interviews mit Botschafter a.D. Dr. Werner Kilian
Nach der Afghanistankonferenz - Dr. Werner Kilian im Interview
Schrecken ohne Ende? - Ein Interview mit Botschafter a.D. Dr. Werner Kilian
onlinedienst - 10. Mär, 11:21 Article 6568x read
Danke, für Fallobst
Die Grünen, aber auch die anderen sog Volksparteien, sind für mich unwählbar geworden, denn m E ist es egal, für wen aus dieser Vereinigung ich stimme!
Den gesamten Club nenne ich 'Soziale Einheitspartei Doitschland', kurz SED!
Sozial sind die aber nur den Bankstern gegenüber!
Deshalb: I show'EM the middle finger!
Grüsse!
Gerry S.