Steinmeier in Afghanistan: Von der Wahrheit weit entfernt
Dr. Alexander von Paleske ---- 10.2. 2014 --------
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, zur Zeit der beliebteste Politiker laut dem Deutschlandtrend, ist zum ersten Mal in seiner zweiten Amtszeit nach Afghanistan gereist.
Dort gab er sogleich die folgende Stellungnahme ab:
„Wir werden uns verpflichtet sehen, das was hier in Afghanistan in den letzten mehr als 12 Jahren auf den Weg gekommen ist, so gut wie möglich sichern zu helfen. Wenn man zurückschaut: Wir sind nicht da, wo wir uns vor mehr als 12 Jahren gesehen haben, wir haben nicht alles das erreicht, was wir uns vorgestellt haben, aber wir sollten nicht gering schätzen, was erreicht worden ist.“
Steinmeier in Afghanistan mit Präsident Karsai .....von der Wahrheit weit entfernt.
Angesichts der Verhältnisse in Afghanistan kann dies allerdings nur als blanker Hohn bezeichnet werden. Gestern hat die UN Zahlen veröffentlicht, die eine ganz andere Sprache sprechen:
- 2013 sind wurden insgesamt 2.959 Zivilisten als Folge des Krieges getötet und 5.656 verletzt - ein Anstieg um 14 Prozent im Vergleich zu 2012.
- mehr Kinder und Frauen sind zu Schaden gekommen als jemals seit Beginn der UN-Erhebung 2009:
- 561 Kinder wurden getötet und 1.195 weitere verwundet , ein Plus von 34 Prozent gegenüber 2012
- 235 Frauen wurden getötet und 511 verwundet, 36 Prozent mehr als 2012.
Weiter erklärte Steinmeier:
„Mit dem Abzug der internationalen Kampftruppen zum Jahresende ist nun ein Wendepunkt erreicht. Er hoffe, dass vieles von dem, was unter Gefahr für Leib und Leben auf den Weg gebracht worden ist, erhalten bleibt und das Land den Weg in eine Zukunft finde, die nicht von Gewalt geprägt sei.“
Plumpe Schönfärberei
Es bedarf keiner prophetischen Gabe um zu erkennen, dass der Krieg nach dem Abzug der ISAF–Truppen Ende des Jahres „vietnamisiert“, also zum reinen Bürgerkrieg wird, so wie seinerzeit nach dem Abzug der US-Truppen aus Vietnam, und nach dem Abzug der Sowjettruppen aus Afghanistan 1989.
Er wird sogar noch blutiger werden, und angesichts der bereits heute bestehenden Kontrolle der Taliban über weite Teile des Landes letztlich zu deren Machübernahme führen.
Von „Zukunft ohne Gewalt“ kann daher kaum die Rede sein. Und da dies Steinmeier nicht unbekannt sein dürfte, müssen seine Äusserungen als Versuch der plumpen Schönfärberei angesehen werden.
Weiter erklärte er:
Das, was erreicht worden ist, dürfe aber nicht gering geschätzt werden. In Afghanistan werden keine Terroristen mehr ausgebildet. Dies sei ein Ziel gewesen, als der Einsatz vor knapp 13 Jahren begonnen habe. Zudem könnten Kinder wieder zu Schule gehen, die Gesundheitsversorgung ist besser geworden, und viele Kulturstätten seien vor der Vernichtung gerettet.
Fakten sprechen andere Sprache
Auch hier sprechen die Fakten wiederum eine ganz andere Sprache:
- Zehntausende Afghanen sind nach dem Einmarsch der ISAF im Jahre 2001 zu internen Flüchtlingen geworden.
Eingeschneites Flüchtlingslager am Stadtrand von Kabul. Screenshot: Dr. v. Paleske
- Die gesundheitliche Lage der Bevölkerung ist nach einem bereits im Jahre 2009 veröffentlichten UN-Bericht katastrophal, woran sich auch in der Zwischenzeit nichts geändert hat:
- das Land hat die dritthöchste Kindersterblichkeit in der Welt, mehr als 20% aller Kinder unter 6 Jahren sterben vor Erreichen des 7. Lebensjahres.
- 300.000 Kinder sterben jedes Jahr an Krankheiten und/oder Unterernährung, wobei die Unterernährung die Kinder wiederum anfälliger für Krankheiten macht.
-Mehr als die Hälfte der Kinder unter 6 Jahren sind unterernährt
- Die Rate von akuter und schwerer Unterernährung bei Kindern liegt zwischen 6 und 10%, in einigen Gebieten bei 16%.
- Die Zahl der Kinder, die wegen Unterernährung behandelt werden, sofern sie das Glück haben, eine Behandlungseinrichtung wie ein Hospital oder eine Krankenstation in erreichbarer Nähe zu haben, hat sich Jahr für Jahr erhöht, von 2100 im Jahre 2005 auf 7100 im Jahre 2008.
- Sauberes Trinkwasser fehlt in vielen Gegenden, nur 22% der Bevölkerung Afghanistans haben diesen „Luxus“ . Das Resultat sind Durchfallerkrankungen vor allem bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen.
- 35% der Haushalte haben keine ausreichende Kalorienzufuhr
- 12 Millionen Menschen haben ein Einkommen von weniger als 0.45 US-Dollar pro Tag
- 42% der Bevölkerung leben unterhalb der absoluten Armutsgrenze. Selbst wenn Nahrung auf dem Markt erhältlich ist, können sich viele Familien die nicht leisten.
Zum Zeitpunkt des Berichts waren bereits knapp 300 Milliarden US Dollar in den Krieg geflossen grösstenteils in die Kriegsmaschinerie, bis heute sind es rund 500 Milliarden US-Dollar.
Allein der Abzug der ISAF wird 6 Milliarden US Dollar kosten. An der sozialen Lage der Bevölkerung hat sich jedoch nichts geändert. Steinmeiers Worte über die angeblich verbesserte Gesundheitsversorgung sind die glatte Unwahrheit.
Mehr Terrorcamps als je zuvor
Lassen wir mal die angeblich geretteten Kulturstätten beiseite. Was die al Qaida-Terroristen angeht, so sind die längst in andere Gebiete abgewandert und bestreiten dort ihr Ausbildungsprogramm. Genannt seinen Al Qaida im Yemen, Al Shabab in Somalia, Boko Haram in Nord-Nigeria, und Al Qaida im Maghreb.
All diese Gruppen haben mit dem letztlich erfolgreichen Kampf der Taliban gegen die ISAF starken Aufwind bekommen.
Grösster Opiumproduzent
Nicht zu vergessen: Die Opiumproduktion, die nach dem Einmarsch der ISAF so richtig Fahrt ausgenommen, und Afghanistan mittlerweile zum weltweit grössten Opiumproduzenten gemacht hat.
Mohnanbau in Afghanistan. .....weltweit grösster Opiumproduzent Screenshot: Dr. v. Paleske
Auch hier lassen sich die Worte Steinmeiers nur als Hohn verstehen.
Schliesslich, das sollte nicht vergessen werden, haben 55 Bundeswehrsoldaten ihr Leben verloren, Dutzende, wenn nicht Hunderte kehrten traumatisiert zurück.
Dies allles auch nur als teilweise Erfolgsbilanz zu verkaufen, muss schon als grobe Volksverdummung bezeichnet werden - vom beliebtesten Politiker der Republik.
Zu Afghanistan
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Meuterei auf der Gorch Fock – bald auch in Afghanistan?
Abzug aus Afghanistan und Rückkehr aus Afghanistan
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Aus der Hölle in Krankheit und Obdachlosigkeit – US-Soldaten nach der Rückkehr von der Front
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Unsere kanadischen Folterfreunde in Afghanistan
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, zur Zeit der beliebteste Politiker laut dem Deutschlandtrend, ist zum ersten Mal in seiner zweiten Amtszeit nach Afghanistan gereist.
Dort gab er sogleich die folgende Stellungnahme ab:
„Wir werden uns verpflichtet sehen, das was hier in Afghanistan in den letzten mehr als 12 Jahren auf den Weg gekommen ist, so gut wie möglich sichern zu helfen. Wenn man zurückschaut: Wir sind nicht da, wo wir uns vor mehr als 12 Jahren gesehen haben, wir haben nicht alles das erreicht, was wir uns vorgestellt haben, aber wir sollten nicht gering schätzen, was erreicht worden ist.“
Steinmeier in Afghanistan mit Präsident Karsai .....von der Wahrheit weit entfernt.
Angesichts der Verhältnisse in Afghanistan kann dies allerdings nur als blanker Hohn bezeichnet werden. Gestern hat die UN Zahlen veröffentlicht, die eine ganz andere Sprache sprechen:
- 2013 sind wurden insgesamt 2.959 Zivilisten als Folge des Krieges getötet und 5.656 verletzt - ein Anstieg um 14 Prozent im Vergleich zu 2012.
- mehr Kinder und Frauen sind zu Schaden gekommen als jemals seit Beginn der UN-Erhebung 2009:
- 561 Kinder wurden getötet und 1.195 weitere verwundet , ein Plus von 34 Prozent gegenüber 2012
- 235 Frauen wurden getötet und 511 verwundet, 36 Prozent mehr als 2012.
Weiter erklärte Steinmeier:
„Mit dem Abzug der internationalen Kampftruppen zum Jahresende ist nun ein Wendepunkt erreicht. Er hoffe, dass vieles von dem, was unter Gefahr für Leib und Leben auf den Weg gebracht worden ist, erhalten bleibt und das Land den Weg in eine Zukunft finde, die nicht von Gewalt geprägt sei.“
Plumpe Schönfärberei
Es bedarf keiner prophetischen Gabe um zu erkennen, dass der Krieg nach dem Abzug der ISAF–Truppen Ende des Jahres „vietnamisiert“, also zum reinen Bürgerkrieg wird, so wie seinerzeit nach dem Abzug der US-Truppen aus Vietnam, und nach dem Abzug der Sowjettruppen aus Afghanistan 1989.
Er wird sogar noch blutiger werden, und angesichts der bereits heute bestehenden Kontrolle der Taliban über weite Teile des Landes letztlich zu deren Machübernahme führen.
Von „Zukunft ohne Gewalt“ kann daher kaum die Rede sein. Und da dies Steinmeier nicht unbekannt sein dürfte, müssen seine Äusserungen als Versuch der plumpen Schönfärberei angesehen werden.
Weiter erklärte er:
Das, was erreicht worden ist, dürfe aber nicht gering geschätzt werden. In Afghanistan werden keine Terroristen mehr ausgebildet. Dies sei ein Ziel gewesen, als der Einsatz vor knapp 13 Jahren begonnen habe. Zudem könnten Kinder wieder zu Schule gehen, die Gesundheitsversorgung ist besser geworden, und viele Kulturstätten seien vor der Vernichtung gerettet.
Fakten sprechen andere Sprache
Auch hier sprechen die Fakten wiederum eine ganz andere Sprache:
- Zehntausende Afghanen sind nach dem Einmarsch der ISAF im Jahre 2001 zu internen Flüchtlingen geworden.
Eingeschneites Flüchtlingslager am Stadtrand von Kabul. Screenshot: Dr. v. Paleske
- Die gesundheitliche Lage der Bevölkerung ist nach einem bereits im Jahre 2009 veröffentlichten UN-Bericht katastrophal, woran sich auch in der Zwischenzeit nichts geändert hat:
- das Land hat die dritthöchste Kindersterblichkeit in der Welt, mehr als 20% aller Kinder unter 6 Jahren sterben vor Erreichen des 7. Lebensjahres.
- 300.000 Kinder sterben jedes Jahr an Krankheiten und/oder Unterernährung, wobei die Unterernährung die Kinder wiederum anfälliger für Krankheiten macht.
-Mehr als die Hälfte der Kinder unter 6 Jahren sind unterernährt
- Die Rate von akuter und schwerer Unterernährung bei Kindern liegt zwischen 6 und 10%, in einigen Gebieten bei 16%.
- Die Zahl der Kinder, die wegen Unterernährung behandelt werden, sofern sie das Glück haben, eine Behandlungseinrichtung wie ein Hospital oder eine Krankenstation in erreichbarer Nähe zu haben, hat sich Jahr für Jahr erhöht, von 2100 im Jahre 2005 auf 7100 im Jahre 2008.
- Sauberes Trinkwasser fehlt in vielen Gegenden, nur 22% der Bevölkerung Afghanistans haben diesen „Luxus“ . Das Resultat sind Durchfallerkrankungen vor allem bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen.
- 35% der Haushalte haben keine ausreichende Kalorienzufuhr
- 12 Millionen Menschen haben ein Einkommen von weniger als 0.45 US-Dollar pro Tag
- 42% der Bevölkerung leben unterhalb der absoluten Armutsgrenze. Selbst wenn Nahrung auf dem Markt erhältlich ist, können sich viele Familien die nicht leisten.
Zum Zeitpunkt des Berichts waren bereits knapp 300 Milliarden US Dollar in den Krieg geflossen grösstenteils in die Kriegsmaschinerie, bis heute sind es rund 500 Milliarden US-Dollar.
Allein der Abzug der ISAF wird 6 Milliarden US Dollar kosten. An der sozialen Lage der Bevölkerung hat sich jedoch nichts geändert. Steinmeiers Worte über die angeblich verbesserte Gesundheitsversorgung sind die glatte Unwahrheit.
Mehr Terrorcamps als je zuvor
Lassen wir mal die angeblich geretteten Kulturstätten beiseite. Was die al Qaida-Terroristen angeht, so sind die längst in andere Gebiete abgewandert und bestreiten dort ihr Ausbildungsprogramm. Genannt seinen Al Qaida im Yemen, Al Shabab in Somalia, Boko Haram in Nord-Nigeria, und Al Qaida im Maghreb.
All diese Gruppen haben mit dem letztlich erfolgreichen Kampf der Taliban gegen die ISAF starken Aufwind bekommen.
Grösster Opiumproduzent
Nicht zu vergessen: Die Opiumproduktion, die nach dem Einmarsch der ISAF so richtig Fahrt ausgenommen, und Afghanistan mittlerweile zum weltweit grössten Opiumproduzenten gemacht hat.
Mohnanbau in Afghanistan. .....weltweit grösster Opiumproduzent Screenshot: Dr. v. Paleske
Auch hier lassen sich die Worte Steinmeiers nur als Hohn verstehen.
Schliesslich, das sollte nicht vergessen werden, haben 55 Bundeswehrsoldaten ihr Leben verloren, Dutzende, wenn nicht Hunderte kehrten traumatisiert zurück.
Dies allles auch nur als teilweise Erfolgsbilanz zu verkaufen, muss schon als grobe Volksverdummung bezeichnet werden - vom beliebtesten Politiker der Republik.
Zu Afghanistan
Afghanistan: das vorerst letzte Kriegs-Kapitel hat begonnen
Nach der Afghanistankonferenz - Dr. Werner Kilian im Interview
Schrecken ohne Ende? - Ein Interview mit Botschafter a.D. Dr. Werner Kilian
My Lai in Afghanistan und Besuch der Angela Merkel
Bundeswehr in Afghanistan: Der Abzug sollte rasch kommen
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Liberale Wochenzeitung gibt Afghanistan-Krieg verloren
9/11 - 10 Jahre danach
Rückzug aus Afghanistan - oder: nach uns die Sintflut. Fällt nun Berlin?
Afghanistan: Frühjahrsoffensive der Taliban, die Bundeswehr schießt auf Demonstranten
K(l)eine Dosis Geschichte oder: Joseph (Joschka) Fischers Märchenstunde
Meuterei auf der Gorch Fock – bald auch in Afghanistan?
Abzug aus Afghanistan und Rückkehr aus Afghanistan
Tod in Afghanistan - Undank in der Heimat
Aus der Hölle in Krankheit und Obdachlosigkeit – US-Soldaten nach der Rückkehr von der Front
Afghanistan: Rückt das Ende des Schreckens näher?
Vietnam damals, Afghanistan heute: Kriegsverbrechen und Irreführung
Afghanistan – wann kommt der Waffenstillstand?
Blackwater–Söldner in Afghanistan oder: Mit der Bundeswehr Seit an Seit
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Afghanistan: Milliarden für den Krieg, Peanuts zur Bekämpfung von Hunger und Unterernährung
Verteidigung westlicher Kulturwerte am Hindukusch oder: So fröhlich ist das Söldnerleben in Afghanistan
Keine Strafverfolgung deutscher Soldaten in Afghanistan?
Unsere kanadischen Folterfreunde in Afghanistan
onlinedienst - 10. Feb, 06:06 Article 5661x read